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Hexenverfolgung
14.09.2021, 10:42
Beitrag: #1
Hexenverfolgung
Jetzt wollte ich einfach einen Link posten, und habe festgestellt, dass dieses Thema bisher noch kein größeres Thema im Forum war... Deswegen habe ich ein neues Thema aufgemacht- falls das falsch war, bitte korrigieren.

Es geht um einen Artikel aus dem Spiegel, der durchaus Diskussionsstoff bietet...

Hexenjagd von Salem

Wie in dem Artikel auch beschrieben, griff der Dramatiker Arthur Miller mit "Die Hexenjagd" die Geschehnisse in Salem auf und verarbeitete sie auch als Kritik an den McCarthy Prozessen in den Vereinigten Staaten der 50 er Jahre. Ganz nebenbei ging mir die Hexenjagd immer sehr viel mehr unter die Haut als "Der Tod des Handlungsreisenden"... Großartiges Theaterstück, das in gewisser Weise nach wie vor und immer wieder aufs neue Aktuell ist...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
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14.09.2021, 12:43
Beitrag: #2
RE: Hexenverfolgung
Du hast recht, ein Thema das man unbedingt breiter behandekn sollte.

Im Link einer Ausgabe der Hohenzollerischen Heimat
https://www.hohenzollerischer-geschichts...67_ocr.pdf

eine Zusammenstellung der Hexenprozesse im späteren Hohenzollern
Die 1742 in Straßberg/Hohenzollern hingerichtete Katharina Geiger ist wohl eine der letzten als "vermeintliche Hexe" hingerichteten Frauen in Deutschland

Der letzte "Fall" der Auflistung betrifft Tailfingen, altwürttembergisch, und es hat sich da nicht um einen Prozess gehandelt, sonder "lediglich" um die Beschuldigung einer Frau als Hexe.
Und die Justiz in Stuttgart hat den "Anzeigenden" böse heimgeleuchtet, bei ihnen sozusagen einen "Hirndadderich" diagnostiziert.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.09.2021, 16:09
Beitrag: #3
RE: Hexenverfolgung
Es ist schon erstaunlich, dass die Hexenverfolgung immer wieder mit dem Mittelalter assoziiert wird, aber vor allem zwischen 1600 und 1750 stattfand.
Ich habe mich mit dem Thema zentral nie beschäftigt- klar habe ich hier und da mal etwas gelesen, auch die Vorschriften, mit denen man überprüfte, ob jemand eine Hexe war (was ja in der Regel mit dem Tod der Beschuldigten endete- damit war sie vom Vorwurf der Hexerei zwar freigesprochen, hatte aber irgendwie nichts mehr davon).
Es gibt ja bestimmt eine These darüber, warum der Hexenglauben in jener Zeit so stark war.
Wenn man sich die Zeit anschaut, dann frage ich mich, ob der Glaube an Hexen in dieser Zeit etwas mit der Reformation zu tun hatte. Die Reformation hat ja die bisherigen Glaubensvorstellungen über den haufen geworfen, und als Folge davon sind leider auch einige Extreme entstanden...
Da ich mich in früheren Jahren mehr mit englischer Geschichte beschäftigt habe als mit deutscher (historische Romane gab es halt früher vor allem aus England oder Ägypten..Wink),hatte ich schon den Eindruck, dass der Hexenglauben mit dem extremen Glauben der Puritaner (wie auch in Salem) in Verbindung stand. Da sie ihre natürlichen Regungen nicht immer unterdrücken konnten, aber ein gottgefälliges Leben führen wollten, musste ja immer jemand schuld sein, wenn es ihnen nicht gelang...
Hm, paßt zu dem Zitat, das mein Sohn als Ethikhausaufgabe beurteilen sollte: "Der Mensch ist weder Engel noch Tier. Aber der Versuch, einen Engel aus ihm zu machen, wird stets das Tier hervorrufen" oder so ähnlich....

Der Herrscher, dem meines Wissens nach als erster ein regelrechter Hexenwahn nachgesagt wurde, war Jakob I von England und VI von Schottland... Aber wie gesagt, über Deutschland weiß ich hier nicht allzu viel...

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14.09.2021, 20:02
Beitrag: #4
RE: Hexenverfolgung
Endgültig vorbei mit den Hexenprozessen wars dann mit der Aufklärung.

Auffallend ist, dass relativ viele Frauen aus der Oberschicht den Prozessen zum Opfer gefallen sind.
Ihre Ehemänner meist nicht in der Lage waren die Frauen zu schützen.

Wobei die Richter in den Prozessen offensichtlich sich keines Unrechtes bewusst waren. In der Regel wurde zB in meiner Ecke ein Gutachten der Universität Tübingen eingeholt. Vor der Exekution.

Im Raum Sigmaringen wurden im 17. Jahrhundert auch einige Kinder Opfer dieser Prozesse. incl. Hinrichtung.....
In der Hohenzollerischen Heimat gab es auch mal einen Aufsatz dazu, finde ihn allerdings zZ nicht Blush
Über die württ. Kinderhexenprozesse gibt s ein ganzes Buch (habe ich, aber wo???)

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.09.2021, 20:40
Beitrag: #5
RE: Hexenverfolgung
In einer literarischen Gattung des Mittelalters, den Island Sagas, ist auffällig, dass Personen als Hexen nur dann getötet werden, wenn sie Schaden anrichten (und auch das nicht immer). Bestraft wird hier also nicht, ob jemand als Hexe tätig ist, sondern konkrete (negative) Auswirkungen dieser Hexerei.

Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass auch im Mittelalter im heutige Europa Verfolgung und Strafe zunächst den Auswirkungen angeblicher Hexerei gilt. Erst im 15. Jahrhundert beginnen dann allmählich erste tatsächliche Hexenverfolgungen, wobei die Zahlen allerdings noch recht moderat wirken. Interessant ist auch, dass bei zwei historisch bekannten Fällen (Jeanne d'Arc, Agnes Bernauer) hinter dem ganzen Procedere politische Gründe stecken. Bei Jeanne d'Arc wurde die Hexerei-Beschuldigung beim ersten Prozess schließlich in der Anklage selbst fallen gelassen.

Abgesehen davon habe ich inzwischen eher den Eindruck, dass es nicht einfach eine Hexenverfolgung gab, sondern die Hexenverfolgungen zum Teil sehr unterschiedliche Hintergründe hatten. So dürfte hinter der Bamberger Hexenverfolgung (im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts) unter dem Bischof Fuchs eine politische Auseinandersetzung zwischen ihm und den Bürgerschaft von Bamberg gestanden haben. Bei anderen Hexenverfolgungen fällt auf, dass sie Gebiete mit einer recht instabilen Herrschaftsstruktur betrafen.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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14.09.2021, 22:10
Beitrag: #6
RE: Hexenverfolgung
(14.09.2021 16:09)Bunbury schrieb:  Es ist schon erstaunlich, dass die Hexenverfolgung immer wieder mit dem Mittelalter assoziiert wird, aber vor allem zwischen 1600 und 1750 stattfand.

Auffällig ist auch, dass gerade die späten Hexenprozesse m.E. öfter in evangelischen Regionen stattfanden und vor weltlichen Gerichten stattfanden.

Im erzkatholischen Spanien spielte zwar die Inquisition eine wichtige Rolle, es gab aber keine "Hexenverfolgung".

https://chrismon.evangelisch.de/hexen

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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15.09.2021, 11:34
Beitrag: #7
RE: Hexenverfolgung
(14.09.2021 22:10)Arkona schrieb:  
(14.09.2021 16:09)Bunbury schrieb:  Es ist schon erstaunlich, dass die Hexenverfolgung immer wieder mit dem Mittelalter assoziiert wird, aber vor allem zwischen 1600 und 1750 stattfand.

Auffällig ist auch, dass gerade die späten Hexenprozesse m.E. öfter in evangelischen Regionen stattfanden und vor weltlichen Gerichten stattfanden.

Im erzkatholischen Spanien spielte zwar die Inquisition eine wichtige Rolle, es gab aber keine "Hexenverfolgung".

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Zumindest war die Verfolgung bei den Protestanten nicht weniger heftig.

In Mergentheim, Sitz des Deutschen Ordens, kam die Frau eines höheren Verwaltungsbeamten unter Verdacht. Die "Kanzlerin"
Das Verfahren endete mit Schuldspruch und Hinrichtung. Der "Chef" des Deutschen Orden (korrekter Titel zZt. entfallenHuh) hatte große Angst vor der Frau und blieb bis zur vollzogenen Hinrichtung weit weg von Mergentheim

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.09.2021, 12:07
Beitrag: #8
RE: Hexenverfolgung
(14.09.2021 22:10)Arkona schrieb:  
(14.09.2021 16:09)Bunbury schrieb:  Es ist schon erstaunlich, dass die Hexenverfolgung immer wieder mit dem Mittelalter assoziiert wird, aber vor allem zwischen 1600 und 1750 stattfand.

Auffällig ist auch, dass gerade die späten Hexenprozesse m.E. öfter in evangelischen Regionen stattfanden und vor weltlichen Gerichten stattfanden.

Im erzkatholischen Spanien spielte zwar die Inquisition eine wichtige Rolle, es gab aber keine "Hexenverfolgung".

https://chrismon.evangelisch.de/hexen

Ich glaube, dass in Spanien vor allem die "Ketzer" auf dem Scheiterhaufen endeten, also Ungläubige, oder irre ich mich da?
Wobei auch das ja immer wieder politisch motiviert war, wenn die Kirche an den Besitz eines Mannes/Frau kommen wollte...

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17.09.2021, 12:16
Beitrag: #9
RE: Hexenverfolgung
(14.09.2021 20:02)Suebe schrieb:  Auffallend ist, dass relativ viele Frauen aus der Oberschicht den Prozessen zum Opfer gefallen sind.
Ihre Ehemänner meist nicht in der Lage waren die Frauen zu schützen.

Gibt es dafür Erklärungen? War es z.B. opportun, die Frau eines Rivalen anzuklagen, um diesen Rivalen selbst kleinzuhalten?

(14.09.2021 20:02)Suebe schrieb:  Wobei die Richter in den Prozessen offensichtlich sich keines Unrechtes bewusst waren. In der Regel wurde zB in meiner Ecke ein Gutachten der Universität Tübingen eingeholt. Vor der Exekution.

Damit hat man ja auch in Amerika kein Problem- Cotton Maher war sich keiner Schuld bewußt und gilt heute noch vielen als großer Prediger. Naja, zumindest war es zu der Zeit noch so, als Ed McBain seine Krimis schrieb- er hat einen der Detektives nach ihm benannt und auch mehrfach darauf verwiesen, nach wem er benannt wurde...


(14.09.2021 20:02)Suebe schrieb:  Im Raum Sigmaringen wurden im 17. Jahrhundert auch einige Kinder Opfer dieser Prozesse. incl. Hinrichtung.....
Unglaublich, oder? Aber auch in Salem ist ja ein vierjähriges Mädchen als Hexe verurteilt worden...

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17.09.2021, 15:26
Beitrag: #10
RE: Hexenverfolgung
(17.09.2021 12:16)Bunbury schrieb:  
(14.09.2021 20:02)Suebe schrieb:  Auffallend ist, dass relativ viele Frauen aus der Oberschicht den Prozessen zum Opfer gefallen sind.
Ihre Ehemänner meist nicht in der Lage waren die Frauen zu schützen.

Gibt es dafür Erklärungen? War es z.B. opportun, die Frau eines Rivalen anzuklagen, um diesen Rivalen selbst kleinzuhalten?

./.

(14.09.2021 20:02)Suebe schrieb:  Im Raum Sigmaringen wurden im 17. Jahrhundert auch einige Kinder Opfer dieser Prozesse. incl. Hinrichtung.....
Unglaublich, oder? Aber auch in Salem ist ja ein vierjähriges Mädchen als Hexe verurteilt worden...

Die Exekutionen (2oder3) durch Enthauptung, fanden wohl im Sigmaringer Schloss statt....
ob ich jenes Gemäuer noch mal von innen anschauen kann????
So schnell jedenfalls nicht.

Zu den Frauen der Oberschicht,
in einer der jährlichen Zeitschriften des Württ. Geschichtsvereins ist zu der "Mergentheimer Kanzlerin" ein Aufsatz, der sich nicht zuletzt mit diesem Fakt befasst. Lese nachIdea

Man beachte aber auch was Kepler für riesen Schwierigkeiten hatte seine Mutter vor dem Schlimmsten zu bewahren.

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17.09.2021, 16:01
Beitrag: #11
RE: Hexenverfolgung
(17.09.2021 15:26)Suebe schrieb:  Man beachte aber auch was Kepler für riesen Schwierigkeiten hatte seine Mutter vor dem Schlimmsten zu bewahren.

Also doch Massenhysterie und Zeitgeist, der halt von einigen wenigen auch für eigene Zwecke ausgenutzt wurde?
Wenn ich mehr Mumm hätte als ich habe, würde ich ja mal versuchen, eine Parallele zur Jetztzeit herzustellen- aber ich denke mal ernsthaft darüber nach...Wink

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17.09.2021, 20:57
Beitrag: #12
RE: Hexenverfolgung
(17.09.2021 12:07)Bunbury schrieb:  Ich glaube, dass in Spanien vor allem die "Ketzer" auf dem Scheiterhaufen endeten, also Ungläubige, oder irre ich mich da?
Wobei auch das ja immer wieder politisch motiviert war, wenn die Kirche an den Besitz eines Mannes/Frau kommen wollte...

Nun, in Spanien hatte man ja eine ganze Palette von "Ketzereien", die es auszurotten galt. Reformierte (Kalvinisten und Lutheraner), "heimliche" Juden (Marranen), Morisken (also getaufte Araber, die aber angeblich ihrem alten Glauben treu blieben und als 5.Kolonne der Osmanen angesehen wurden). Die beiden letzteren Gruppen wurden per Edikt vertrieben, damals siedelten sich viele vertriebene Juden in den flandrischen Städten an und begründeten mit deren Reichtum und Blüte. Stichwort: Diamantenviertel in Antwerpen.

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17.09.2021, 22:19
Beitrag: #13
RE: Hexenverfolgung
Die spanische Inquisition war zwar von 1478 bis 1834 tätig, die meisten Opfer waren jedoch in den ersten ca. 100 Jahren zu beklagen, vor allem unter der Herrschaft der Katholischen Könige Isabella und Ferdinand. Die meisten Opfer waren jüdische oder arabische Konvertiten, denen man unterstellte, ihren alten Glauben noch zu praktizieren. Lutheraner machten nur einen geringen Anteil aus, Reformierte wurden hauptsächlich in den Spanischen Niederlanden verfolgt.

Die römische, spanische oder portugiesische Inquisition darf jedoch nicht mit der eigentlichen Hexenverfolgung gleichgesetzt werden. Das waren voneinander unterschiedliche Prozesse, auch wenn es für die Opfer der Inquisition und der Hexenprozesse oft auf den Scheiterhaufen endete.

Etwa 75 bis 80 % der Opfer der Hexenprozesse in Europa waren Frauen. Besonders in Skandinavien war aber die Anzahl männlicher Opfer sehr hoch. Die Frauen waren häufig Angehörige der städtischen Mittel- oder Oberschicht. Ein bekanntes Opfer war Katharina Kepler, die nur infolge des unermüdlichen Einsatzes ihres Sohnes Johannes Kepler gerettet werden konnte.

Die Hexenprozesse in den Fürstbistümern Würzburg und Bamberg sind sich auch, aber nicht nur, mit der verstärkten Rekatholisierung während des Dreißigjährigen Krieges zu erklären. Die Intensität in diesen beiden Fürstbistümer ist sicher auch in der Person des Fürstbischofs Johann Georg von Aschhausen bzw. seines Würzburger Nachfolger Philipp von Ehrenberg und seines Bamberger Nachfplger Johann Georg Fuchs von Dornheim zu sehen. Unter Franz von Hatzfeld, der wieder Würzburger und Bamberger Bischof war, ebbten die Hexenverfolgungen wieder ab. Die lag sicher nicht nur am neuen Bischof, sondern auch an der schwedischen Besetzung bzw. der Politik von Axel Oxenstierna und dem Bemühen Bernhard von Weimar, sich als Herzog von Franken zu behaupten.

Man darf auch nicht vergessen, dass der Fürstbischof von Münster - Christoph Bernhard von Galen - nach dem Dreißigjährigen Krieg die Hexenverfolgungen bekämpfte und schließlich verbot.

Ein eifriger Hexenverfolger war Benedikt Carpzov der Jüngere, der als Begründer der deutschen Rechtswissenschaften gilt. Aus der Familie Carpzov stammen einige bedeutende Juristen und lutherische Theologen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Dass sich sehr viele lutherische Theologen und Juristen an den Hexenverfolgungen beteiligten, lässt sich mit Luther selbst begründen, der an den Teufel glaubte und ihn mit allen Mitteln bekämpfen wollte.

Die Hexenverfolgungen in England unter Jakob I. stehen sicher auch im Zusammenhang mit der Person des Königs.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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20.09.2021, 22:32
Beitrag: #14
RE: Hexenverfolgung
Was die Frauen aus der Oberschicht betrifft, so habe ich keineswegs den Eindruck, dass die wirklich eine so große Zahl bildeten, sondern sie waren namentlich wahrscheinlich eher zu erfassen als Frauen aus der Unterschicht, könnte das auch damit zusammenhängen, dass die einfach "prominenter waren" und mehr Spuren hinterlassen haben. Wenn die "Hexe" beziehungsweise ihre Familie über Geld verfügte und ihr daher die Gerichtskosten etc. in Rechnung gestellt werden konnten, scheint sie zum Beispiel bereits im Rechnungsbuch namentlich auf - es gibt genug Opfer, bei denen das nicht der Fall ist.
Ein Beispiel wäre hier die Steirerin Katharina Paldauf (hingerichtet als Hexe 1675), um die sich als "Blumenhexe" einige Legenden bildeten. Ihr Ehemann war als Pfleger der Riegersburg (heute Bundesland Steiermark, Teil der Republik Österreich) vermögend genug, sodass er für die Gerichtskosten inklusive Hinrichtung seiner Ehefrau zur Kasse "gebeten" werden konnte, ein wesentlicher Unterschied zu den meisten anderen Opfern des großen "Feldbacher Hexenprozesses" (1673-1675).
(Erstinformation zu Katharina Paldauf auf Wikipedia, Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_Paldauf

Familien mit entsprechender Vernetzung und Beziehungen hatten zumindest mehr Möglichkeiten, sich zu wehren, auch wenn das nicht immer etwas brachte. Aber damit hinterließen sie bereits mehr historisch wahrnehmbare Spuren. Der Fall einer Katharina Kepler wäre wahrscheinlich heute gar nicht bekannt, wenn sie eben nicht die Mutter des Mathematikers und Astronomen Johannes Kepler gewesen wäre.

Im "Innsbrucker Hexenprozess" von 1485, der vor einigen Jahren eine gewisse Bekanntheit hatte, habe ich erst vor kurzem zufällig auf der Regiowiki.AT eine Auflistung der als Hexe angeklagten Frauen gefunden, mehr dazu unter https://regiowiki.at/wiki/Innsbrucker_He...ss_(1485), Abschnitt "Beteiligte Personen". Dort sind alle Opfer verlinkt, die Biographien sind nicht gerade interessant und lesen sich recht einförmig, aber bisher wurde höchstens eine Betroffene, die Scheuberin, namentlich genannt. (Die hat als einzige auch einen Artikel auf der Wikipedia bekommen.)

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21.09.2021, 22:12
Beitrag: #15
RE: Hexenverfolgung
Das wird wohl stimmen. Johannes Kepler nutzte sein Netzwerk, um seine Mutter zu retten. Er bekam sogar Unterstützung von Wallenstein.

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22.09.2021, 15:07
Beitrag: #16
RE: Hexenverfolgung
Ich habe jetzt mal angefangen meine "Hexenliteratur" (wusste gar nicht dass ich soviel zum Thema habe) querzulesen.
Mit erstaunlichen Funden.

Es gab in ca. 50% der Hexenptrozessen einen Schuldspruch. In der Regel dann mit Hinrichtung.
Etwa 130 Hexenprozesse wurden von den Angeklagten hinterher vor das Reichskammergericht gebracht.
Oftmals haben die Hexengerichte auch bei Freispruch von den Angeklagten einen "Landesverweis" und die "Urfehde" erpresst. So sind die "Freigesprochenen" einmal ihres Vermögens verlustigt gegangen, damit konnten die Kosten der Prozesse geregelt werden, und zum anderen war ihnen damit jedes weitere Rechtsmittel verwehrt.
Insbesondere dieser beiden Punkte wegen wurde in der Regel das Reichskammergericht angerufen.

Die Verfahrensakten des Reichskammergerichts liegen bis heute vor. Leider sind jedoch die Urteilsbücher verloren gegangen.

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