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Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
15.11.2016, 12:58
Beitrag: #61
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(14.11.2016 20:13)Aguyar schrieb:  Mit der "Königswürde" wäre ich skeptisch. Im "Bello Gallico" wird dieselbe Motivation für den Tod des Helvetiers Orgetorix verantwortlich gemacht. Auch er soll nach der Königswürde gestrebt haben - und der war Kelte, nicht Germane.
Ich habe sowieso den Eindruck, dass die römischen Begriffe "rex" und "dux" für germanische Anführer resp. "Fürsten" eher Verlegenheitsbezeichnungen waren und die Römer eigentlich keine Ahnung hatten, wie die Germanen ihre Anführer bezeichneten - wenn es denn überhaupt eine einheitliche germanische Herrschaftsordnung gab.

Ich selbst bin mal auf die Nase gefallen, als ich versucht habe, die Begriffe "rex" und "dux" (u.a. auch bei Tacitus erwähnt) gemäss Übersetzung auf die frühmittelalterlichen Bezeichnungen "künic" (König) und "herizogo" (Herzog) zu beziehen. Und da Tacitus schreibt, dass im Gegensatz zum "rex" der "dux" gewählt wurde, habe ich geschlossen, dass der Unterschied zwischen dem frühmittelalterlichen König und Herzog darin bestanden haben müsse, dass der König seine Herrschaft auf Grund seiner Abstammung (Geblütsrecht, Königsheil) ausgeübt habe während der Herzog eben vom Thing mehr oder weniger demokratisch als Kriegsanführer gewählt (zeitlich limitiert) worden sei.

Diese Theorie war allerdings nicht stimmig. Der grösste Schönheitsfehler bestand darin, dass keine einzige Quelle existiert, welche die Wahl irgendeines Herzogs bestätigen würde. Die Herzöge waren allesamt entweder von Königen eingesetzt worden oder herrschten über ihren "Stamm" aufgrund ihrer Abstammung.

Dass Tacitus jetzt mit der "Wahl des dux" gelogen hat, glaube ich dennoch nicht. Es ist einfach nur so, dass die frühmittelalterlichen Könige und Herzöge (die küng und herizogo) des 8. Jahrhundert (früheste Ewähnung eines "Herizogo") eben nicht mit den von den Römern erwähnten germanischen "rex" und "dux" der Germanen identisch sind. Es gibt im Frühmittelalter nicht den geringstgen Hinweis auf Herzöge, die nicht edler Abstimmung waren, sondern nur aufgrund ihrer Tüchtigkeit gewählt wurden, wie es Tacitus vom dux der Germanen berichtet.

Man weiss schlicht und ergreifend nicht, wie die Germanen selbst ihre Anführer zu Zeiten von Tacitus oder von Cäsar nannten - wie man überhaupt auch kaum etwas über ihre Organisations- oder Herrschaftsform zu jener Zeit weiss.

Wir haben 2 bekannte Beispiele für Herzöge. Das sind Widukind und Arminius. Beide Male hat es vielleicht gar keine formale Wahl gegeben. Sie gewannen einfach viele Unterstützer.
Über die Bestimmung der militärischen Anführer im Feldzug der Ubier gegen die Sueben hat Cäsar uns leider keine Informationen gegeben, ob hier lokale Things gewählt haben o. der Ältestenrat die Anführer bestimmt hat.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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16.11.2016, 17:55
Beitrag: #62
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(31.08.2016 13:01)Suebe schrieb:  Zu beachten bitte ich auch, dass das "nur wenig differnzierte" Gesellschaftsmodell der Slawen auf die Völkerwanderungszeitlichen Germanen eine relativ grosse Anziehungskraft ausübtet.

Tatsächlich?

Wo ist das wissenschaftlich nachgewiesen? Oder ist es lediglich eine Vermutung?
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16.11.2016, 19:53
Beitrag: #63
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
(16.11.2016 17:55)Dietrich schrieb:  
(31.08.2016 13:01)Suebe schrieb:  Zu beachten bitte ich auch, dass das "nur wenig differnzierte" Gesellschaftsmodell der Slawen auf die Völkerwanderungszeitlichen Germanen eine relativ grosse Anziehungskraft ausübtet.

Tatsächlich?

Wo ist das wissenschaftlich nachgewiesen? Oder ist es lediglich eine Vermutung?

Für den hörigen Bauern hat ein Leben ohne Großbauern bestimmt Verlockungen. Die slavisierung Ostmitteleuropas erfolgte aber auf verschiedenem Weg.
- In der Ukraine/südliches Weisrussland entstanden Urslawen. Südliche Baltoslawen trennten sich unter dem Einfluß von Germanen und Iranern von den Balten. Anschließend breiteten sie sich in alle Richtungen aus und slawisierten im Laufe desMittelalters auch ihre nördlichen baltischen Nachbarn.
-Im Bund mit den Bulgaren und Avaren dominierten die Slawen von der Bevölkerungszahl und assimilierten andere Bewohner. Slawen eroberten unter der Herrschaft der Awaren Böhmen, Mähren und Südpolen/Schlesien.Die germanische Bevölkerung dort floh o. wurde versklavt und assimiliert. Die Slaven breiteten sich dann nach Norden aus. Dort entstanden wohl auch Mischstämme, welche auch gemischte Sprachformen sprachen, die aber teilweise als slawisch definiert wurden. Im Gebiet der Semnonen/Surbi/Sorben ist das germanische Substrat älter - germanischer. Im Gebiet der entstehenden Pomoranen/Kaschuben ist das germanische Substrat jünger und für uns leichter zu identifizieren - schwerer abgrenzbar von Plattdeutsch.
- Semnonen und Rugier slawisierten sich möglicherweise selbst, indem sie viele slawische Bauern in ihrem Gebiet ansiedelten, bis sie selbst slawisch waren.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
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16.11.2016, 20:36
Beitrag: #64
RE: Wie verlief in der Spätantike die Immigration von Norden ins Römische Reich?
Dass das "Gesellschaftsmodell der Slawen" eine große Anziehungskraft auf die Germanen zur Zeit der Völkerwanderung ausgeübt haben soll, lässt sich nicht wissenschaftlich belegen. Ich habe bislang auch nie davon gelesen.

Da die Germanen des 5./6. Jh. auf einer kulturell höheren Stufe als ie Slawen standen, ist eher anzunehmen, dass z.B. die bereits staatlich organisierten Ost- und Westgoten in Südrussland und Dakien Vorbild für die angrenzenden slawischen Stämme gewesen sind.
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