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Rätsel-Lösungen und "Vertiefendes"
22.01.2024, 23:35
Beitrag: #36
RE: Rätsel-Lösungen und "Vertiefendes"
(22.01.2024 21:09)Suebe schrieb:  Hey,
was macht ihr da aus unserer altwürttembergischen Lichtgestalt?
Dem Helden unserer "Nationalhymne"?
"Saßen viele deutsche Fürsten einst zu Worms im Kaisersaal ..."
"dass ich mein Haupt kann kühnlich legen, jedem Untertan in Schoß..."
"Graf im Bart, ihr seid der Reichste, euer Land trägt Edelstein...."
Philipp Melanchthon hat diese Begebenheit während des Reichstages in Worms geschildert,
man darf wohl davon ausgehen, dass der Kern stimmt.

Es war wohl eine echte Liebesheirat.
Anscheinend haben sich die beiden, Barbara und Eberhard, in späteren Jahres "auseinander" entwickelt. Was ziemlich sicher an der Kinderlosigkeit lag.
In späteren Jahren soll Barbara, so schreibt wenigstens Scholz, wegen Fettleibigkeit fast bewegungsunfähig gewesen sein.
https://zeitreise-bb.de/barbara/
sodass sich eine Reise nach Mantua von dem her nicht mehr machen ließ.

Es scheint mir so, dass das, was ihr hier dem Eberhard I. zurechnet, eigentlich sein Nachfolger Eberhard II. zu verantworten hat, weder wollte er den vereinbarten Unterhalt bezahlen noch das Witwengut herausgeben.
Der wurde aber schon nach 2 Jahren unter Kuratel gestellt und von dem Moment hat Barbara einen ihr genehmen Witwenhof in Böblingen geführt.

Hier
https://www.landesarchiv-bw.de/de/themen...enge/72170
ein Link zu einer virtuellen Ausstellung des Stuttgarter Hauptstaatsarchivs zu Barbara Gonzaga
auch ca. 80 Briefe kann man sich betrachten und, auch auf Deutsch vorlesen lassen.

Briefe hat Barbara nicht wenige nach Mantua geschickt,

Als erstes meine Hauptquelle für mein letztes Rätsel, wo Barbara von Mantua, Herzogin von Württemberg, die Gesuchte war:

Christina Antenhofer: Briefe zwischen Süd und Nord. Die Hochzeit und Ehe von Paula de Gonzaga und Leonhard von Görz im Spiegel der fürstlichen Kommunikation (1473-1500) (= Schlern-Schriften 336). Universitätsverlag Wagner, Innsbruck, 2007. ISBN 978-3-7030-0433-9

Christina Antenhofer ist Universitätsprofessorin, ob das für oder gegen sie spricht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Allerdings ist bei ihrer Arbeit anzumerken, dass es in erster Linie um Barbaras Schwester Paula und deren Ehe mit Leonhard von Görz geht. Also gut vorstellbar, dass eine Arbeit, in der es ausschließlich um Barbara geht und daher weitere Quellen zu Barbara Verwendung finden, ein etwas anderes Bild über die Ehe von Barbara und Eberhard entstehen lässt, zudem oft auch der Kontext eine Rolle spielt.

In unserem konkreten Fall soll Barbara ihre Briefe an ihre Schwester heimlich verschickt haben, da ihr Eberhard diese Korrespondenz nicht gestattete. Ich habe nicht den Eindruck, dass Antengruber das erfunden hat. Allerdings geht es um Briefe, in denen es um die Eheprobleme der Schwester nach dem Vollzug ihrer Ehe mit Leonhard ging. Es wäre also vorstellbar, wenn Eberhard ansonsten Barbaras Korrespondenz an ihre Familie erlaubte oder nicht verhinderte, dass es sich dabei um einen Spezialfall handelt. Vielleicht gab es politische Gründe für Eberhard, sich und seine Ehefrau aus den Eheproblemen von Schwager und Schwägerin herauszuhalten.

Ebenso wäre vorstellbar, dass Eberhard seine Italienreisen ohne Barbara unternahm, weil ihr gesundheitlich eine längere Reise nicht zugemutet werden konnte und nicht.

Auch wenn Eberhard offensichtlich nicht die erste Wahl für Barbara oder ihre Familie war, bedeutet das nicht automatisch, dass die Ehe von Anfang an ein Desaster war. Bei (angeblichen) Liebesheiraten, die das wohl doch nicht waren, wie zum Beispiel Katharina von Österreich - Konrad von Maidberg oder Maximilian von Österreich - Maria von Burgund, bin ich inzwischen ein wenig vorsichtig, aber dass Eheleute sich zunächst einmal gut verstanden und sogar Gefühle für einander entwickelten, wird es damals doch gegeben haben.

Allerdings ist doch anzumerken, dass in Eurer Nationalhymne Eberhards Qualitäten als Ehemann kein Thema sind. Auch ist er nicht der reichste Fürst wegen der Gemahlin, die er besitzt. Nein, es ist die Treue seiner Untertanen, weswegen er zuletzt von allen als der reichste Fürst anerkannt wird.

Die Probleme, dass verwitwete Fürstinnen um den ihnen zugesicherten Unterhalt und ihr Witwengut kämpfen mussten, weil sich die Erben des Ehemanns, manchmal auch die eigenen Kinder, nicht an das hielten, was vereinbart war, kam öfter vor. Ebenso, dass es die Ehemänner schlicht verabsäumt oder unterlassen hatten, das Wittum ihrer Ehefrauen noch zu ihren Lebzeiten festzulegen. Dies besonders dann nicht, wenn es keine gemeinsamen Kinder gab und die Mitgift der Gemahlin nicht oder nur zum Teil ausgezahlt worden war.
(Ein gutes Beispiel für so einen Ehemann war übrigens Eberhards Schwager Leonhard von Görz. Zunächst sicherte er Barbaras Schwester Paula finanziell nicht ab bzw. überschrieb er ihr Besitzungen, die längst die Republik Venedig an sich gebracht hatte. Nach ihrem Tod setzte sie ihre Familie als alleinige Erben ein, worauf er das, was sie zu vererben hatte, nicht an ihre Familie übergab, sondern einem Orden, dem er es als Stiftung für ihr Seelenheil überließ.)

In der neueren Forschung wird Eberhards Ehe mit Barbara eher kritisch gesehen, wobei das natürlich auch den aktuellen Zeitgeist geschuldet sein kann. (In diesem Fall befindet sich Eberhard im Bart allerdings in bester Gesellschaft.)

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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