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Rätsel-Lösungen und "Vertiefendes"
06.05.2024, 23:41
Beitrag: #54
RE: Rätsel-Lösungen und "Vertiefendes"
Da ich davon ausgegangen bin, dass der Gesuchte in meinen letzten Rätsel nicht einfach zu finden sein wird, habe ich das Schicksal von zwei seiner Schwiegersöhnen mit einbezogen und mir gedacht, dass dann immerhin gleich drei Möglichkeiten gegeben sind, um auf die Lösung zu kommen.

Der Gesuchte war Johannes Truchsess von Waldburg (geb. um 1344; gest. im März 1424), ansässig auf der Waldburg bei Ravensburg und häufig auch in der Stadt Ravensburg, wo es ihm allerdings nicht gelang, die Herrschaft zu übernehmen. Politisch war er trotz einiger Niederlagen recht erfolgreich, nicht gerade zimperlich, und er verstand es meistens auf der Gewinnerseite zu sein. Ansehen und Besitz konnte er erfolgreich mehren.

Ein gutes Kapital war für ihn der Heiratsmarkt, denn drei seiner Ehefrauen versorgten ihn mit Kapital und guten politischen Verbindungen und die vierte verschaffte ihm eine stattliche Nachkommenschaft, zu der gleich drei erfolgreiche Söhne zählten. Wegen seiner vier Ehefrauen wurde er später auch "Hans mit den vier Frauen" genannt. Etwas, was er mit Kaiser Karl IV. teilte, denn dieser war ebenfalls viermal verheiratet und beide Herren profitierten von den Ehefrauen.

Die vier Ehefrauen des Johannes von Waldburg, die er alle überlebte, waren:
Ehefrau 1: Elisabeth von Habsburg-Laufenburg
Ehefrau 2: Catarina von Cilli, sie war zum Zeitpunkt der Eheschließung eine verwitwete Gräfin von Görz und dürfte eine Tante des Grafen Hermann von Cilli und somit eine Großtante von Barbara von Cilli, der Ehefrau von Kaiser Sigismund gewesen sein
Ehefrau 3: Elisabeth von Montfort, genannt 1275-1293, Tochter des Grafen Hugo (IV.) von Montfort (gest. 1310) und von Gräfin Anna von Veringen (für Suebe vielleicht nicht uninteressant, sie dürfte eine Urenkelin von Hartmann von Grüningen gewesen sein)
Ehefrau 4: Ursula von Abensberg

Die meisten seiner namentlich bekannten Kinder stammten aus seiner vierten Ehe, darunter seine drei Söhne, welche die Familie erfolgreich weiterführen sollten:
* Eberhard (I.) von Waldburg zu Scheer und Friedberg, später Graf von Sonnenberg (gest. 1479)
* Jakob I. von Waldburg-Trauchburg, genannt der "Goldene Ritter" (gest. um 1460)
* Georg von Waldburg-Zeil (gest. 1467)

Georg von Waldburg-Zeil war zwar zu seinen Lebzeiten der am wenigstens Bekannte von den drei Brüdern, aber ihm verdankten die "Truchsesse" ihren Bestand bis in die Gegenwart, gehen doch auf ihn jene Familienzweige zurück, die bis heute bestehen. Ein sehr bekannter Nachfahre von ihm war der als "Bauernjörg" berüchtigte Söldnerführer Georg von Waldburg-Zeil (gest. 1531).

Der Gesuchte hatte ein sehr langes Leben und erlebte mehrere Herrscher im Heiligen Römischen Reich. Zwei von ihnen erhoben die meisten seiner Töchter zu Reichsgräfinnen oder Reichsfreiinnen. Seine Tochter Anna aus seiner ersten Ehe mit Elisabeth von Habsburg-Laufenburg war zweimal verheiratet und wurde mit ihren Kindern von König Ruprecht zur Reichsfreiin erhoben. Seine Töchter Agnes und Verena, beide vermutlich aus seiner letzten Ehe mit Ursula von Abensberg, wurden, wohl anlässlich ihrer Heiraten, vom späteren Kaiser Sigismund zu Reichsgräfinnen erhoben.

Bei der Tochter Ursula ist sich die Geschichtsforschung bisher nicht einig, ob sie aus der zweiten Ehe mit Caterina von Cilli oder aus der letzten Ehe stammte. Die Überlegung, dass sie vielleicht aus der zweiten Ehe war, hängt auch damit zusammen, dass es einiges in ihrer Lebensgeschichte gut erklären würde.

Sicher scheint in der Forschung dagegen, dass Johannes von Waldburg aus der dritten Ehe keine Kinder hatte.
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Von den vielen Töchtern haben zwei eine gewisse Bekanntheit: Verena und Ursula.

Verena von Waldburg (gest. 1443) war in erster Ehe mit einem Freiherren von Zimmern verheiratet. Sie war jene Tochter, die in zweiter Ehe den einmal bekannten Herrn heiratete, der wesentlich jünger als sie gewesen sein dürfte und heute eher vergessen ist bzw. im Schatten einiger anderer Herren steht, die etwa eine Generation später gelebt haben. Zu diesen gehört zum Beispiel ein gewisser Götz von Berlichingen.

Der Ehemann war der Graf Hans von Rechberg (gest. 1464, in Villingen). Er war ein Angehöriger des niederen schwäbischen Adels und zu seinen Lebzeiten als "Fehdeunternehmer" an zahlreichen Fehden, Kriegs- und Raubzügen in der Reichslandschaft Schwaben beteiligt, wobei er nicht nur in eigener Sache, sondern häufig auch für unterschiedliche Angehörige des Hochadels (Habsburger, Württemberger) tätig war.

Die Verliererin unter seinen Kindern war Ursula von Waldburg, die mit Ulrich von Starkenberg verheiratet war. Aus dieser Ehe hatte sie vermutlich einen Sohn, dem kein langes Leben beschieden war, und die Tochter Veronika, mit der die Familie der Starkenberger auch in "weiblicher Linie" ausstarb. Im 13. Jahrhundert waren die Starkenberger in der Grafschaft Tirol eine der mächtigsten Adelsfamilien. Die politischen Geschehnisse, in die Ulrich von Starkenberg geraten sollte oder sich verwickeln ließ (die Forschungslage wirkt auf mich da noch recht undurchsichtig), kosteten seiner Familie jedoch binnen weniger Jahre ihre Machtstellung.

Ursula selbst verteidigte in der für beide verhängnisvollen "Starkenberger Fehde" die im heutigen Südtirol gelegene Burg Schenna. Zwar musste sie diese nach wenigen Wochen aufgeben, doch fand sie in der Welt der Sage und Legende dafür als tapfere Heldin eine gewisse Anerkennung. Nach dem Verschwinden ihres Ehemannes aus der Geschichte (sein Schicksal ist bisher ungeklärt) versuchte sie über Vermittlung und die Gerichte wenigstens Teile des Starkenberger Vermögens zurückzubekommen. Letztlich hatten sie und ihr Schwager sogar einen gewissen Erfolg, als die Tochter Veronika schließlich den steirischen Adligen Bernhard Gradner heiratete, der gemeinsam mit seinem Bruder zunächst ein Freund und Günstling des jungen Herzog Siegmund "des Münzreichen" war, was wohl der Grund für einen Vergleich und eine Aussöhnung war.

Ursula erlebte allerdings nicht mehr, den Sturz der Gradner-Brüder, die dann vorübergehend bei der Urner Eidgenossenschaft ins Exil gingen. (Wobei letztlich selbst den Urner Eidgenossen ihre weiteren ständigen Auseinandersetzungen mit Herzog Siegmund reichten und sie von dort ebenfalls ins Exil gehen konnten.) Letztlich übernahmen die Gradner die Herrschaft über Eglisau. Veronika und Bernhard hinterließen keine Kinder.

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Schnelle Erstinformation im Internet zu Johannes von Waldburg und seiner Familie findet sich auf Wikipedia. Zu ihm und einigen der hier genannten Personen wie die Töchter Verena und Ursula oder den Schwiegersohn Hans von Rechberg, gibt es eigene Artikel.
Link zu Johannes von Waldburg auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_I..._Waldburg.

Zu den Söhnen gibt es keine Artikel auf Wikipedia. Zu Jakob und Eberhard, die beide auch im späteren Bundesland Vorarlberg mitgemischt haben bzw. ansässig waren, gibt es allerdings Artikel auf der Regiowiki.AT unter den Links: https://regiowiki.at/wiki/Jakob_von_Waldburg und https://regiowiki.at/wiki/Eberhard_von_Waldburg. Dort findet sich auch ein Artikel zu Ulrich von Starkenberg: https://regiowiki.at/wiki/Ulrich_von_Starkenberg. Bei den Artikel gibt es jedenfalls Literaturverweise zur Selbstinformation.

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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