Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche
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13.06.2012, 15:57
Beitrag: #13
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RE: Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche
Die französische Revolution hat ja zunächst mal einem blutigen Regime den Weg bereitet, von dem auch die Kirche nicht verschont blieb. In Rom blieb wohl die Parole der Revolutionäre im Ohr hängen, die den damals regierenden Papst Pius VI. leichtfertig als "Pius den Letzten" bezeichneten. Das dürfte auch der Grund gewesen sein, dass in den folgenden zwei Jahrhunderten der bis dahin eher selten benutzte Papstname "Pius" zum häufigsten wurde (von Pius VII., der 1800 gewählt wurde bis Pius XII. der 1958 starb).
Bis ins 19. Jahrhundert hinein, war die Kirche tatsächlich der Ansicht, sie können nur über politischen Einfluss als Autorität wahrgenommen werden, weshalb sie den (schlecht organisierten) Kirchenstaat unbedingt halten wollte. Das Unfehlbarkeitsdogma diente auch der Kompensation des weltlichen Machtverlustes. Das entspringt aber nicht mittelalterlichem Denken. Gerade im Mittelalter herrschte ein vergleichsweise entspanntes Verhältnis zwischen Rom und den Ortskirchen. Das lag natürlich auch daran, dass das geistige Denken recht homogen war und nicht so sehr von radikal abweichenden Strömungen durchsetzt wurde, wie sie zunächst die Reformation, später dann Humanismus, Aufklärung oder Idealismus mit sich brachten. Beginnend mit der Reformation setzte auch ein römischer Machtanspruch ein, den es so vorher nicht gab. Das Trienter Konzil des 16. Jahrhunderts, setzte zwar die Römische Liturgie als Maßstab ein, nahm allerdings viel mehr Rücksicht auf Eigentraditionen als 400 Jahre später das Zweite Vatikanische Konzil. Die tridentinischen Beschlüsse änderten zunächst nichts an der liturgischen Viefalt in Europa. Am Beispiel Frankreichs läßt sich erkennen, dass der gallische Ritus erhalten blieb und später sogar durch einen neo-gallischen Ritus ersetzt wurde (aus dem Teile sogar in die Liturgiereform des 20. Jahrhunderts einflossen). Erst die Rundumschläge der Französischen Revolution haben die französischen Katholiken - wie des übrigen Europas - enger an Rom gebunden. Es zeigt sich, dass im 19. Jahrhundert bis auf die Diözesen Lyon und Mailand fast überall in Europa das Römische Meßbuch eingeführt war. Das war aber keine Vorgabe des Papstes, sondern eine Solidarisierung der Ortskirchen wie sie sie selbst zu Zeiten der Reformation nicht denkbar war. |
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