Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 1 Bewertungen - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche
16.06.2012, 09:40
Beitrag: #18
RE: Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche
Folge 2 : „Wir sehen wahrlich den Höllenpfuhl offen“ - Kirche und Menschrechte im Ultramontanismus

„Um die Wahrheit sagen zu dürfen, jetzt ist die Stunde für die Mächte der Finsternis, welche die Kinder der Auserwählung sieben wie den Weizen. Wahrlich, es trauerte die Erde und sie zerfloß in Tränen, [...] geschändet von ihren Bewohnern, da sie die Gesetze übertraten, das Recht beugten, das ewige Bündnis zerbrachen.“ Mit diesen Worten reagierte Papst Gregor XVI (1831 – 1846) in seiner Enzyklika „Mirari Vos“ auf die Entwicklungen hin zu den Menschenrechten weg von der gottgegebenen Ordnung. Die Enzyklika, 1832 publiziert, ist eine einzige Kampfansage gegen die Menschenrechte, die 1789 erklärt worden sind. Die Zeit an sich, geprägt von fast schon ungewohnter politischer Ruhe, zeigte jedoch eine leichte liberalisierung in Mitteleuropa.

Der Papst sieht sich in einer Verteidigerolle, seine Haltung ist stark defensiv, häufig ist eine regelrechte Polemik herauslesbar. So etwa sieht er den freien Buchdruck als Gefahr, die niemals genug verurteilt werden können, ja er sei sogar abscheulich. Mit dieser Einstellung gegenüber den geistigen Freiheitsrechten brachte sich die Kirche viele Kritik ein. Gregors Antwort darauf ist allerdings wenig zimperlich: „Wir sehen wahrlich den Höllenpfuhl offen!“ Das ist wohl die stärkste Diffamierung der liberalen Bürgerschicht.

Im Gegenzug ist zu sagen, dass auch der Geist der französischen Revolution sich deutlich in der breiten Gesellschaftsschicht schon bemerkbar gemacht hat. Hieß es dort doch „reißt die Kirchtürme ein!“. Der Kirchtum als Zeichen für die Macht der Kirche, die dem Geist des Menschen widerstrebt. Die Menschenrechte werden in Mirari Vos abgelehnt, aber eben nicht alle – so nimmt Papst Gregor in dieser Enzyklika keinerlei Stellung auf das Recht auf Eigentum noch auf das Recht sich frei niederzulassen, sowie die Unschuldsvermutung bei Angeklagten. Daraus wird deutlich, was die Kirche eigentlich stört: Freiheit der Forschung, Gewissens- und Glaubensfreiheit. Auch das Modell der Demokratie wird zwar nun in wenigen Anspielungen gennant – deutlich wird aber, dass der hohe Klerus wohl nicht die demokratische Verfassung preferiert.

Die Ultramontanen sind abgeneigt gegen die geistige Menschenrechte. Jedoch scheint die Kirche noch das zu retten, was sie retten können – immerhin nehmen sich liberalere Theologen später der Arbeiterfrage an – so der Mainzer Bischof Johann Wilhelm Ketteler. Im Jahre 1864 verfasst er „Arbeiterfrage und Christentum“, greift aber in seinem Fazit ebenfalls den Liberalismus, hier die Gewerbefreiheit an: „Das ist der Sklavenmarkt unseres liberalen Europas, zugeschnitten nach dem Muster unseres humanen, aufgeklärten, antichristlichen Liberalismus und Freimaurertums“. Freimaurertum, antichristlichen Liberalismus, Humanismus alles Feindesbilder der ultramontanen Kirche, die geistige Freiheit verbreiten und Ursprung allem Übels seien.

Literatur zur Folge 2:

von Kettleler, Wilhelm Emanuel: DIe Arbeiterfrage und das Christentum. In Iserloh, Erwin (Hrsg.), Wilhelm Emanuel von Ketteler: 1811 – 1877,Paderborn, 1990. S. 79 – 85.

Papst Gregor XVI: Enzyklika Mirari Vos. In: Marmy, Emil (Hg.): Mensch und Gemeinschaft in christlicher Schau. Dokumente, Freiburg / Schweiz, 1945. S. 15 – 31.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Emm...n_Ketteler [aufgerufen 04.06.2012]

Folge 3: Schwierig aber wichtig: Die Theologie der Ultramontanen: Das erste vatikanische Konzil 1870 – 1871.

Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten

"Im übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielem Bücherschreiben und viel studieren ermüdet den Leib!" Kohelet 12,12
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Nachrichten in diesem Thema
RE: Ein Haus voll Glorie schauet – der Ultramontanismus der katholischen Kirche - WernerS - 16.06.2012 09:40

Möglicherweise verwandte Themen...
Thema: Verfasser Antworten: Ansichten: Letzter Beitrag
  Katholische Kirche & Menschenrechte - Ein Lernprozess? WernerS 51 80.223 06.02.2013 20:54
Letzter Beitrag: WernerS

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds