Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
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01.06.2022, 15:31
Beitrag: #1
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Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Vor 244 Jahren wurde in Wiblingen, heute Ulm-Wiblingen der Jurist Josef Nickel wegen Gotteslästerung
enthauptet, verbrannt und die Asche in die Iller gestreut. Einstiger Jesuiten-Zögling hatte er nichtsdestotrotz im evanglischen Tübingen studiert, (nach anderen Quellen in Paris) wo ihm etliches von Voltair etc. untergekommen ist. Kurz zuvor hatte er in Ulm den Journalisten Schubart besucht gehabt, der ihm ein "harmloses Büchlein" geliehen hatte. Was Schubart in der Folge etliche schlaflose Nächte bereitet hat. Nickel hat in einem katholischen Wirtshaus etliches von Voltair usw. verkündet, wurde angezeigt, in den "übelsten Kerker" gesperrt und zum Tod verurteilt, "gnadenhalber" vor dem Scheiterhaufen enthauptet.... Zum großen Entsetzen des aufgeklärten Deutschlands Schubart schrieb später, das hätte nur in der hintersten, verkommensten Ecke des katholischen Schwabens geschehen können. Quelle: Andrea Hahn, Poesie im Kreuzgang |
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01.06.2022, 23:06
Beitrag: #2
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Wer herrschte eigentlich damals über Wiblingen?
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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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02.06.2022, 08:59
Beitrag: #3
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Klasse, ich habe Teresa wieder aktivieren können!
Kloster Wiblingen https://www.kloster-wiblingen.de/ der Abt zdZ hat anscheinend ganz erhebliche Verdienste am letzten Klosterbau |
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02.06.2022, 09:15
Beitrag: #4
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Ach so, halt, ich habe wohl zuviel Regionalkenntnisse vorausgesetzt. Sorry
Der Journalist Schubart ist der, den Herzog Karl Eugen nach Blaubeuren locken ließ, dort wurde er festgenommen und auf den Asperg gebracht. Er hatte sich über die neue Frau des Herzogs lustig gemacht. Bei der Anlieferung auf dem Asperg war des Herzogs neue Frau Franziska von Hohenheim, die im evangelischen Württemberg bis heute den Ruf einer Heiligen hat, zugegen. Dort hat ihn der Herzog sage und schreibe 10 Jahre festgehalten. Rachsucht einer Heiligen?????? |
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02.06.2022, 14:55
Beitrag: #5
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(02.06.2022 09:15)Suebe schrieb: Ach so, halt, ich habe wohl zuviel Regionalkenntnisse vorausgesetzt. Sorry Das spielte sich genau 6 Monate und 22 Tage nach der Hinrichtung Nickels ab ein Vorgang, die Inhaftierung Schubarts, wie er nur im tiefsten verkommensten Teil des evangelischen Schwabens möglich war.... obwohl, 10 Jahre Haft ist natürlich nicht so schlimm wie Hinrichtung....... |
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02.06.2022, 15:05
Beitrag: #6
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Vielleicht noch etwas außer Hinrichtung und 10 Jahre Haft..........
In Blaubeuren am Blautopf residierte bis 1912 der Oberamtsrichter Wilhelm Dodel (ich habe den Geburtsort und ein paar Ahnen mit ihm gemeinsam) der Schwäbische Salomon. So genannt auf Grund seiner Salomonischen Urteile deren bekanntestes das mit der Geiß und dem Geißbock ist. Am Markttag überkamen Geiß und Geißbock Hormonschwallungen und sie kamen darüber ins Geschirr der Geschirrfrau, die dieses verkaufen wollte. Dodel urteilte: Der Besitzer der Geiß muss zwei Drittel des Schadens bezahlen. Der Besitzer des Bocks ein Drittel????? Urteilsbegründung: Die Geiß stand mit vier Füßen im Geschirr, der Bock nur mit zweien. Wie hieß der Titel der Quelle? "Poesie im Kreuzgang" |
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02.06.2022, 22:41
Beitrag: #7
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Der Journalist Schubart ist mir bekannt, ebenso Franziska von Hohenheim. Allerdings kenne ich mich geographisch dort nicht wirklich aus, da dort bis Napoleon doch relativ viele verschiedene Herrschaftsinhaber waren.
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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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03.06.2022, 10:23
Beitrag: #8
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(02.06.2022 22:41)Teresa C. schrieb: ./.Ab 1800 bis 1810 gehts dann richtig durcheinander, da kommen auch Regionalisten ins Straucheln, was da immer gerade "wem" gehörte. Die Grenzen Baiern/Württemberg wurden dann 1810 nachhaltig geregelt, Württemberg/Baden endgültig erst 1975 (echt wahr nach 23 Jahren Baden-Württemberg) Die Bewohner des Hohentwiel zB, werden auch 30 Leute gewesen sein, wollten ums Verrecken keine Gelbfüssler werden... Enklaven, Exklaven hin und her, "Teilbesitz" und dann noch preußisch Hohenzollern dazwischen..... Sorry geht weit ab vom Thema. Hinzuweisen war halt darauf, dass sich die beiden christlichen Bekenntnisse in BW nicht gegenseitig schandlich tun brauchen. Die haben beide Dreck am Stecken. |
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03.06.2022, 11:38
Beitrag: #9
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(03.06.2022 10:23)Suebe schrieb: Hinzuweisen war halt darauf, dass sich die beiden christlichen Bekenntnisse in BW nicht gegenseitig schandlich tun brauchen. Ich lese nur mit, weil ich keine Ahnung habe, es aber sehr interessant finde. Der Anfang monotheistischer Religionen war der Anfang von religöser Intoleranz... also, klar, dass beide Dreck am Stecken haben. (Brauche da keine Antwort, wollte nur für etwas Traffic sorgen.) Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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06.06.2022, 10:28
Beitrag: #10
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Ich habe eher den Eindruck gehabt, dass sie in Württemberg im 19. Jahrhundert die religiösen Dinge ein wenig lockerer gehandhabt haben dürften, als zum Beispiel in den meisten Teilen der damaligen Habsburgermonarchie. Bei Lokalforschung (es ging um das Geburtsdatum eines Unternehmers im Gebiet der heutigen Stadt Wien) wurde ich schließlich fündig, und der Eintrag des Pfarrers war dann noch recht interessant.
Der Vater (Protestant) war in der Biedermeierzeit (in der 2. Republik Österreich vor dem EU-Beitritt die übliche Bezeichnung für den Vormärz) aus Württemberg nach Wien gekommen, hatte dort eine katholische Weinhauertochter aus dem heutigen Bundesland Niederösterreich geheiratet und ein bedeutendes Unternehmen aufgebaut. Seine Kinder wurden als Katholiken erzogen, er selbst war aber bis zu seinem Tod Protestant und wurde auch auf einem evangelischen Friedhof beigesetzt, wo übrigens auch weitere (katholische) Familienmitglieder ihre letzte Ruhestätte später gefunden haben. Und jetzt das Interessante an dem Beitrag ins Taufbuch, der seinen Sohn betrifft. Der katholische Pfarrer hat ausdrücklich vermerkt, dass der protestantische Vater bei der Taufe anwesend war, auf eigenen Wunsch, und es ist noch deutlich aus seinem Eintrag zu erkennen, wie überrascht der Pfarrer darüber war. Offensichtlich war es für ihn etwas völlig Ungewöhnliches, dass bei der katholischen Taufe seines Sohnes ein protestantischer Vater unbedingt dabei sein will. Wie erwähnt, der Vater war aus dem Königreich Württemberg und die Geschehnisse fanden in einem der damaligen Wiener Vororte statt. ---------------------------
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06.06.2022, 10:36
Beitrag: #11
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(03.06.2022 11:38)Bunbury schrieb:(03.06.2022 10:23)Suebe schrieb: Hinzuweisen war halt darauf, dass sich die beiden christlichen Bekenntnisse in BW nicht gegenseitig schandlich tun brauchen. Ich glaube nicht, dass der Anfang von monotheistischen Religionen wirklich der Anfang von religiöser Intoleranz war. Allerdings ist der praktische Vorteil einer polytheistischen Religion, dass es nun einmal leichter ist, andere Religionen in diese zu integrieren. Das betrifft aber nicht nur polytheistische Religionen, auch der Buddhismus ist zum Beispiel eine Religionsform, die sich gut mit anderen Religionen kombinieren lässt. Im Christentum haben wir immerhin mit Papst Gregor VI. im Mittelalter einen "Religionsreformer", der heidnisches Brauchtum in die christliche Religion integrierte, indem er ihm so etwas wie einen christlichen Hintergrund gab. Eine viel zielführender Lösung als alles, was heidnisch sein soll, verbieten zu lassen. Eigentlich schade, dass Leute mit solchen Lösungen in der Geschichte und auch noch heute relativ selten zu finden sind. Es gilt meistens leider doch immer - es kann nur das eine Richtige geben ... ---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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06.06.2022, 13:43
Beitrag: #12
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(06.06.2022 10:36)Teresa C. schrieb: Ich glaube nicht, dass der Anfang von monotheistischen Religionen wirklich der Anfang von religiöser Intoleranz war. Doch, war es leider. Stichwort Echnaton.... (06.06.2022 10:36)Teresa C. schrieb: Allerdings ist der praktische Vorteil einer polytheistischen Religion, dass es nun einmal leichter ist, andere Religionen in diese zu integrieren. Das betrifft aber nicht nur polytheistische Religionen, auch der Buddhismus ist zum Beispiel eine Religionsform, die sich gut mit anderen Religionen kombinieren lässt. Der Buddhismus ist eine Religion, in der die überirdische Macht überhaupt keine Gestalt annimmt- und ist damit eine Art Überreligion, in die sich alles andere wunderbar einfügen lässt... Jesus lässt sich wunderbar auch buddhistisch erklären, umgekehrt wird es schon schwieriger.. (06.06.2022 10:36)Teresa C. schrieb: Im Christentum haben wir immerhin mit Papst Gregor VI. im Mittelalter einen "Religionsreformer", der heidnisches Brauchtum in die christliche Religion integrierte, indem er ihm so etwas wie einen christlichen Hintergrund gab. Eine viel zielführender Lösung als alles, was heidnisch sein soll, verbieten zu lassen. Im Hinblick auf welches Ziel? Sicherlich ist es die bessere Methode, aber ich weiß nicht, wem wirklich damit gedient war, z.B. aus der keltischen Göttin Brigantia die Heilige Brigid zu machen- du gute hat dabei durchaus einige Eigentschaften eingebüßt- vor allem die, die dem (männlich dominierten) Christentum an Frauen so gar nicht gefällt... Natürlich ist es besser, so eine Methode zu wählen als Gewalt, was ja auch leider oft genug der Fall war- besser wäre es allerdings gewesen, es jedem selbst zu überlassen, wen er verehren will. So geht es doch wieder nur darum, das montheistische Christentum als die überlegene Religion zu etablieren... und genau das ist ja das generelle Problem- montheistische Religionen neigen dazu zu glauben, sie seien bessere Religionen...und die einzig wahren... (06.06.2022 10:36)Teresa C. schrieb: Eigentlich schade, dass Leute mit solchen Lösungen in der Geschichte und auch noch heute relativ selten zu finden sind. Es gilt meistens leider doch immer - es kann nur das eine Richtige geben ...Und das leider nicht nur in der Religion... auch in der Politik und in der Wirtschaft... obwohl, gerade, was Religion und Wirtschaft angeht, gibt es ein paar sehr interessante Überlegungen von Max Uthoff... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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07.06.2022, 15:01
Beitrag: #13
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(06.06.2022 10:28)Teresa C. schrieb: Ich habe eher den Eindruck gehabt, dass sie in Württemberg im 19. Jahrhundert die religiösen Dinge ein wenig lockerer gehandhabt haben dürften, als zum Beispiel in den meisten Teilen der damaligen Habsburgermonarchie. Den objektiven Beweis werde ich nicht antreten können. ABER Da habe ich starke Zweifel. Ich habe in allen umliegenden Orten Vorfahren! Die Orte müssen lediglich evangelisch gewesen sein. In katholischen Orten, von der Reformation bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts NICHTS, leere Menge, Zero Da wurden Geschäfte miteinander abgeschlossen, gehandelt, usw. undsofort, aber dann war Schluss. Noch meine Generation wurde angesichts einer "neuen Bekanntschaft" gefragt: "Und? stimmts Gesangbuch?" Der entscheidende Punkt für das Lebensglück........... Ohne Witz |
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07.06.2022, 17:58
Beitrag: #14
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(07.06.2022 15:01)Suebe schrieb: Da wurden Geschäfte miteinander abgeschlossen, gehandelt, usw. undsofort, aber dann war Schluss. Daran erinnere ich mich auch noch... Mein Onkel stand kurz davor, meinen Cousin zu enterben, weil er eine Katholikin heiraten wollte- um 1970 herum... und das in Hessen, wo es ja häufig der Fall, das zwei benachbarte Orte mehrheitlich unterschiedlichen Konfessionen haben- der eine Ort überwiegend evangelisch (die evangelische Kirche in meinem Heimatort wurde 16 Hundert und ein paar Gequetschte, die katholische 1972 gebaut) der andere Ort 2,5, km weit weg überwiegend katholisch (z.B. im Nachbarort, in dem ich dann aufs Gymnasium ging- da war die katholische Kirche von 16 00 und ebbes, und die evangelische stammte aus den 1970 er Jahren) und bei der Gebietsreform um 1970 herum wurden munter katholische und evangelische Dörfer zu einem neuen Ort zusammengefaßt, was nicht jedem recht war... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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07.06.2022, 23:32
Beitrag: #15
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Ich weiss, dass es in gewissen Gegenden quasi unmöglich war, gemischt katholisch-evangelisch zu heiraten, bis weit ins 20. Jahrhundert. Wobei diese Intoleranz mehr von katholischer Seite ausging. Man hätte eher einen farbigen Schwiegersohn akzeptiert als einen Lutheraner. Und wenn es schon so weit kam: Kinder aus solcher Verbindung MUSSTEN nach katholischem Ritus getauft werden, sonst drohten womöglich Strafen bis hin zur Exkommunikation.
Es wäre mal interessant, wenn mal ein Genetiker an dieses Thema herangeht. Es müssen sich über die Jahrhunderte Unterschiede manifestiert haben. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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08.06.2022, 08:51
Beitrag: #16
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(07.06.2022 23:32)Arkona schrieb: ./. Schon durch die Eheschließung ohne den kirchlichen Segen waren/sind die Katholen exkommuniziert. Mein Onkel evangelisch, war geschieden. Seine zweite war katholisch. Solange die Erste lebte, gab es keine katholische Trauung. Die gab es dann erst, als das Braupaar hoch in den 70ern war. Soll eine schöne Hochzeit gewesen sein... ich war nicht dort... obwohl ich Onkel und Tante eigentlich schätzte.... Zitat:Es wäre mal interessant, wenn mal ein Genetiker an dieses Thema herangeht. Es müssen sich über die Jahrhunderte Unterschiede manifestiert haben.Zustimmung, das wäre echt interessant |
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08.06.2022, 11:13
Beitrag: #17
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Aktuell:
Herzog Carl von Württemberg ist gestern. 7.6.2022 gestorben. Er wäre König gewesen, wenn nicht Anno 1918 aus dem Königreich Württemberg der Volksstaat Württemberg geworden wäre. Das ist nämlich der andere Punkt. Der letzte König war evangelisch, hatte aber keine männlichen Kinder. So hätte Württemberg wieder einen kath. Herrscher bekommen. Wieder, denn die Herzöge im 18. Jahrhundert waren auch überwiegend katholisch. Seitenlinien im Habsburgischen/kaiserlichen Dienst, wo sie katholisch geworden waren. Bei den Untertanen ein gezicke bis zum geht nicht mehr. Aber für die Herrscher ist das doch nicht relevant. Mit anderen Worten: Religion ist Opium für das Volk |
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08.06.2022, 16:03
Beitrag: #18
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(07.06.2022 23:32)Arkona schrieb: Es wäre mal interessant, wenn mal ein Genetiker an dieses Thema herangeht. Es müssen sich über die Jahrhunderte Unterschiede manifestiert haben. Glaubst du wirklich? Es sind immerhin "nur" 500 Jahre- und die Bevölkerungsanteile waren dann vielleicht doch zu groß... Ist ja letztendlich nicht wie bei den Amish- zur Not wurde dann eine Braut mit passender Konfession von weiter her "importiert"... Aber möglich ist es- nur hat das bisher wohl noch keiner untersucht. Ich kann mir momentan auch nicht vorstellen, wer so eine Studie bezahlen sollte... obwohl- ein paar Euro würde ich im Crowd Funding dazu geben... Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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13.06.2022, 11:42
Beitrag: #19
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Was mir in dem Zusammenhang aufgefallen ist,
die deutschsprachigen Literaten des 19.+20. Jahrhunderts sind vom Glaubens-Bekenntnis her evangelisch, israelisch oder weltanschaulich, nur ganz Ausnahmsweise katholisch. So auf die Schnelle fällt mir lediglich Heinrich Böll ein. Bin ich da auf dem Holzweg? Wenn nicht, was könnte das für Gründe haben? |
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13.06.2022, 16:48
Beitrag: #20
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
So ganz salopp gesagt- Deutschleistungskurs Oberstufe erklärt es...
Es beginnt mit der Aufklärung, in der die Vernunft zum Ideal wurde. Bei den Protestanten hatte es ja Martin Luther schon übernommen, einige der Tugenden in den Glauben einzubauen, die dann auch die Aufklärer (allerdings ohne den Glaubensteil) zum Ideal erklärten, von daher hatten sie eine größere Schnittmenge. Und die klassische Deutsche Literatur entwickelte sich ja aus der Aufklärung heraus. Literatur lebt von Konflikten, von inneren Konflikten der Protagonisten ebenso wie von Konflikten mit der Außenwelt... und Schriftsteller haben immer auch ein Stück weit ein Sendungsbewußtsein und wollen diese Konflikte in die Welt tragen. Und das paßt, so wie ich die Religionen kennengelernt habe, mit dem katholischen Glauben nur selten zusammen. Jemand, der katholisch geprägt ist und die Welt verändern möchte, versucht es dann wahrscheinlich eher in der Politik als als Autor... Nur meine Gedanken, vielleicht liege ich ja auch völlig daneben... (Aber sehr interessante Diskussion!) Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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13.06.2022, 22:22
Beitrag: #21
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(13.06.2022 16:48)Bunbury schrieb: So ganz salopp gesagt- Deutschleistungskurs Oberstufe erklärt es... Nicht nur als Geistesleuchten haben sich Anhänger der reformierten Kirchen hervorgetan. Es ist auffällig, dass Lutheraner und noch mehr Calvinisten wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich waren bzw. sind. Das ist sicher der "Bete und arbeite -Philosophie" zu verdanken. Ich denke da an den Aufstieg des Bürgertums in Holland. Man müsste mal die Biografien der zahlreichen "schwäbischer Cleverle, Erfinder und Firmengründer" daraufhin untersuchen, das wäre doch was für dich, @Suebe. Ich wette um eine Flasche Trollinger, die übergroße Mehrheit von ihnen kam aus protestantischen Familien. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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14.06.2022, 12:24
Beitrag: #22
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
(13.06.2022 22:22)Arkona schrieb:(13.06.2022 16:48)Bunbury schrieb: ./. Das ist natürlich längst untersucht und, ebenfalls natürlich, auch vielfach bestätigt. Obwohl zB unser inzwischen pensionierter Stadtarchivar das Gegenteil versuchte zu beweisen... Andererseits ist mir die Aussage bekannt: "Dort wo der Humus mehr wie 30? Zentimeter stark ist, ist man katholisch." Womit belegt werden soll, dass die katholischen mit der Verbesserung der Böden weit erfolgreicher gewesen sein sollen. Der Hinweis Bunburys auf die Aufklärung ist interessant und verlangt die Untersuchung. |
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14.06.2022, 13:37
Beitrag: #23
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Da hätte ich aus meiner Praxis noch was beizutragen. In Holland (Flevoland) gibt es ein Städtchen Urk. Fast alle Einwohner sind Calvinisten, noch heute gehen sie so gut wie alle Sonntags in die Kirche. Sehr viele sind Nordseefischer. Diese Burschen sind bekannt als "Bibelfischer" und berüchtigt für ihre rabiaten Methoden auf See, sie fischen rücksichtslos und drohen mit Rammen, kommt man ihnen in die Quere. Als man anfing, die Windparks zu errichten, probten sie einen Zwergenaufstand und blockierten auf See die Arbeiten daran.
Sie leben halt noch ganz nach alttestamentarischen Grundsätzen, wonach Gott uns die Welt gegeben hat, auf dass wir sie uns untertan machen. Das heisst, jeder Fisch der im Wasser schwimmt, ist ihr Eigentum. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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21.06.2022, 16:35
Beitrag: #24
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RE: Am 1. Juni 1776 Hinrichtung in Wiblingen
Da ist mir im Jahrbuch des Hohenzollerischen Geschichtsvereins 2019/20 ein Aufsatz untergekommen.
Oberschwaben oder Aufklärung Zur Info: Oberschwaben ist, abgesehen von den größeren Städten (größer ist in dem Fall relativ 10.000 Einwohner und mehr) die meist seit der Reformation "Zwei-Gläubig" sind, Hälfte kath, die andere Hälfte protestantisch, teilw. sind die Kirchen innen durch eine Mauer geteilt! zutiefst katholisch. Gewaltige wunderschöne Barock- und Rokoko-kirchen und Klöster. Der Autor versucht die Aussage seines Titels zu widerlegen, was ihm aber mMn keineswegs gelingt. Er reitet natürlich auch auf der Landwirtschaft herum, führt an, dass man in diesem oder jenem Kloster 1805 das eine oder andere Naturwissenschaftliche Gerät gefunden hat, verweist darauf, dass die Barockisierung im 18. Jahrhundert erhebliche Resourcen gebunden hat, was man ihm ja gerne glaubt. Aber per Saldo bestätigt er was wir hier geschrieben haben. Es gibt nur eines von beidem |
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