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Hohenzollerische Lande
26.11.2012, 16:24
Beitrag: #1
Hohenzollerische Lande
(24.11.2012 13:50)Wallenstein schrieb:  
(24.11.2012 12:58)Suebe schrieb:  Falls es interessiert, kann ich mehr dazu schreiben, allerdings ist es natürlich ein absoluter Regionalfall, der kaum auf größeres Interesse stossen wird.
Insofern belasse ich es mal dabei.
Die Geschichte beider Fürstenhäuser ist aber durchaus interessant, besonders auch, wie sie nach 1848 an Preußen fielen.
Für einen allgemeinen Überblick würden mich Karten der beiden Fürstentümer interessieren.
So weit ich das gesehen habe, waren die Besitzungen durchaus auch verteilt, aber für die Hauptterritorien gibt es sicher Übersichtskarten.

Wenn du da was hättest.


OK.
warum nicht.

Mal als Überblick:

Die Hohenzollern sind seit dem 11. Jahrhundert nachzuweisen. Die spätere "preußische Linie" trennte sich noch im Hochmittelalter zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als sie Burggrafen von Nürnberg wurden. Auch bei den süddeutschen Hohenzollern gab es spätere Trennung weiterer Linien, in zeitweilig drei, später nur noch 2 Linien. Hohenzollern-Hechingen, reichsunmittelbar. Und Hohenzollern-Sigmaringen wobei Sigmaringen ein österreichisches Lehen war, man aber die Haigerlocher Linie ererbt hatte, die widerum reichsunmittelbar war. Gefürstet wurden die beiden Linien im 30jährigen Krieg.
Im großen und ganzen besass man ein den heutigen Betrachter überaus verwirrendes Sammelsurium an Besitzungen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Rechtsstellung.
Nichts besonderes im damaligen Südwestdeutschland.

Besonders war aber die außergewöhnliche hohe Verschuldung beider Fürstenhäuser. Hzl-Hechingen war 1790 seit gut 200 Jahren mehr oder weniger Zahlungsunfähig, und in Sigmaringen sah es nicht viel besser aus, jährlichen Einkünften von ca. 30.000 fl standen Schulden von ca. 1.000.000 fl gegenüber.

Außergewöhnlich auch die seit über 200 Jahren schwelenden Konflikte Hzl.-Hechingens mit den eigenen Untertanen, die sich in mindestens 14 "Sensen-Revolutionen" äußerten, und in etlichen Prozessen vor dem Reichskammergericht, die Fürst wie Untertanen erhebliche Kosten verursachten.
Wobei die Ursachen dafür immer in der extensiven Ausübung des Jagdrechts der Fürsten lag. Teile des Fürstentums waren sg. "Freipürsch" Gebiet wo es ein fürstl. Jagdrecht nicht gab, das aber "selbstverständlich" eingefordert und auch ausgeübt wurde.
1795 bahnte sich dann unter württ. Vermittlung ein Ausgleich mit der Stadt Hechingen und 1798 mit dem übrigen Fürstentum an.
Der "Landes-Vergleich für Hohenzollern-Hechingen" vom 26. Juni 1798
zum weiterlesen
http://www.verfassungen.de/de/bw/hohenzo...ch98-i.htm

eine konkrete Ausräumung von Streitpunkten, nach der ständischen Tradition des alten Reiches. Wobei man allgemeine "weltverbessernde" Floskeln wie sie in den Verfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts so gerne gebraucht werden, vergeblich suchen wird.

Den Landesvergleich hat das ganze Fürstentum angenommen, außer der Gemeinde Bisingen, wo man in alter schwäbischer Tradition "Noi, ainer an Selbstmord" (nein, eher ein Selbstmord) sagte. Big Grin


Zu beachten bitte ich aber, auch wen das Fürstentum Hohenzollern wenig interessiert,
das war die Rechtspraxis im alten Reich!
Die Untertanen hatten eine Stelle wo sie gegen Übergriffe ihres Fürsten klagen konnten. Wo sie, wenn sie Recht hatten, auch Recht bekamen!
[/b]

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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28.11.2012, 17:20
Beitrag: #2
RE: Hohenzollerische Lande
Der interessierte Beobachter wird es wissen, die beiden hohenzollerischen Fürstentümer haben als einzige die "Napoleonische Flurbereinigung" zwischen 1800 und 1810 im Südwesten überstanden.

Dieses "überleben" ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen.
Zum einen haben die beiden Fürsten, als Preußen 1795 aus der koalition ausscherte, und mit Frankreich Frieden schloß, sich postwendend an den König und Hardenberg in Berlin gewandt, und unter Berufung auf die Erbschaftsverträge von 1695 um Unterstützung gebeten. Da man weitere kriegerische Ereignisse verstärkt in Süddeutschland erwartete.
Den Erbschaftsverträgen hatte man aber zuvor nicht so sehr viel Gewicht beigemessen, jedenfalls hat der Hechinger vorsichtshalber eine Kopie beigefügt.
Berlin hat sich dann in der Folge x-mal für die beiden Fürstentümer erfolgreich eingesetzt.

Zum anderen wurden alle möglichen diplomatischen Kanäle benutzt, um den Franzosen/Napoleon zu unterbreiten, dass hier zwei engagiert österreichfeindliche Fürsten sassen! Was wohl Eindruck machte.

1800 hat sich bei dem Fürsten von Hzl-Sigmaringen seine Frau Amalie-Zephyrine angeboten ihren Einfluss in Paris geltend zu machen. Der Fürst zögerte sehr, die in Paris aufgewachsene A-Z hatte ihn 15 Jahre zuvor bei Nacht und Nebel verlassen und war zu ihrem Bruder gen Paris "geflüchtet".
(Der Spätgeborenen von heute kann bei einem Vergleich Paris - Sigmaringen für die Handlungsweise ein gewisses Verständnis schon aufbringen) Die A-Z hat in Paris beste Kontakte gehabt, insbesondere war ihr die 1. Kaiserin Josephine verpflichtet und zugetan.
Ob man ihr den Titel "Retterin Hohenzollerns" zu Recht verliehen hat, wage ich allerdings zu bezweifeln, ich denke mal die anderen genannten Punkte haben da mindestens im gleichen Maß mitgespielt.
Allerdings, der ganz erhebliche Gebietszuwachs Sigmaringens, auch im Vergleich zu Hechingen (der dortige Fürst kam zeitlebens nicht darüber hinweg, dass er die ältere Linie viel weniger..) wird ihr schon zuzurechnen zu sein.

1806 entwickelte sich im Herbst der Krieg Napoleons und Rheinbund gegen die bisherige Schutzmacht Preußen. Mit fliegenden Rockschössen sind die Söhne der beiden Fürsten zu Napoleon geeilt, Ordonnanz-Offziere sind sie geworden. In der Not ist sich halt jeder selbst der Nächste.Cool
Auf alle Fälle war das keine falsche Entscheidung. 1807 (die Schutzmacht war ja weggefallen) hat der Württemberger in Stuttgart seine vermutlich aussichtsreichste Aktion gestartet, die Fürstentümer zu schlucken, auf breiter diplomatischer Basis, gescheitert nur an Napoleon selbst.

Wie die anderen Rheinbundfürsten haben sich die beiden beim Übergang von Napoleon zu den Alliierten ihren Besitzstand zusichern lassen, wobei es in Wien dann auch blieb.


Das ist überaus verkürzt, da ich nicht langweilen will, die Ereignisse über insgesamt 25 Jahre sind natürlich viel umfangreicher und vielschichtiger, bei Bedarf gibt es von mir gerne Literatur-Empfehlungen.
Ach ja, Sonntag war ich mal wieder im Park der Amalie-Zehpyrine, den sie sich im vormaligen Bereich des Klosters Inzigkofen und den Felsen beiderseits der Donau anlegen ließ, wirklich sehenswert.

Den Verkauf an Preußen will ich im nächsten Beitrag beschreiben.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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27.02.2013, 12:34
Beitrag: #3
RE: Hohenzollerische Lande
Paßt nicht direkt, aber ich weiß nicht wo ich es sonst posten kann:
In meiner FAZ ist heute folgende Todesanzeige, ich zitiere wörtlich:

In Memoriam
des 200. Todestages von
Johann Ernst Glock
*16. Februar 1773 in Schwäbisch Hall
+26. Februar 1813 in Schwäbisch Hall
Letzter Stättmeister der Freien Reichstadt Schwäbisch Hall bis zu deren Okkupation am 9. September 1802 durch Truppen des Herzogs Karl Friedrich von Württemberg, des späteren Königs von Napoleons Gnaden

sowie des 200. Todestages seines Neffen
Ernst Ludwig Karl Glock
*31. August 1773 in Schwäbisch Hall
+18. Januar 1813 in Wilna
Als Leutnant zugeteilt dem Württ. Armeecorps. Gefallen im Rußlandfeldzug 1812/1813 auf dem Rückmarsch - schon nahe der deutschen Grenze - im Schreckensort Wilna.

Des letzten Stättmeisters 4facher Urenkel Ernst Ludwig Glock mit Sohn Maximilian Paul
53347 Alfter-Oedekoven, Brunnenstraße 23
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27.02.2013, 12:40
Beitrag: #4
RE: Hohenzollerische Lande
So etwas imponiert mir schon. Anzumerken ist, daß Schwäbisch Hall keine schwäbische Stadt ist sondern eine fränkische. Wieso es zu dem Namen kam kannst du vielleicht erklären, Suebe. Ein Stättmeister ist so eine Art Bürgermeister vermute ich.
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27.02.2013, 12:55
Beitrag: #5
RE: Hohenzollerische Lande
So, jetzt bin ich klüger dank Wicki. Jawohl, der Stättmeister ist der Bürgermeister vun Schw. Hall. "Schwäbisch" wegen der Staufer und des Streits mit dem Landgericht Würzburg.
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27.02.2013, 13:17
Beitrag: #6
RE: Hohenzollerische Lande
(27.02.2013 12:55)Harald1 schrieb:  So, jetzt bin ich klüger dank Wicki. Jawohl, der Stättmeister ist der Bürgermeister vun Schw. Hall. "Schwäbisch" wegen der Staufer und des Streits mit dem Landgericht Würzburg.

Du hast dich ja schon umfassend informiert. Wobei "Bürgermeister" ist bei einer Freien Reichsstadt vom heutigen Verständnis her untertrieben, "Regierender Bürgermeister" täte eher als "Übersetzung" passen.

Unser Mitglied Roux ist Spezialist für den Raum Schwäbisch Hall Wackershofen und so. Leider macht er sich zZ rar.

In der Anzeige, wobei ich so etwas große Klasse finde, die Leute haben dafür ja Geld ausgegeben kriegt man ja nicht einfach so, hat sich allerdings ein Fehler eingeschlichen.
Friedrich (der unter etlich anderen Namen auch den Karl im Taufregister stehen hatte) nannte sich als Herzog Friedrich II. von Württemberg kein Karl im Titel dabei.
Auch als König lediglich Friedrich.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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