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Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
31.12.2014, 16:14
Beitrag: #47
RE: Osmanen: Aufstieg und Abwehrstrategien:
Die 1453 erfolgte Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen fiel in eine für Byzanz ungünstige politische Konstellation.

Auf der einen Seite stände die seit den 1440er Jahren wieder erstarkten Osmanen mit einer schlagkräftigen Armee, deren Infanterie damals keinen gleichwertigen Äquivalent in den europäischen Heeren hatte. Zusätzlich erstarkten die Osmanen durch ihre Flotte und Artillerie, deren Know-How von europäischen privaten Unternehmern erworben worden ist. Und mit Mehmed II. besaßen die Osmanen einen Herrscher, der gewillt war, seine Eroberungsziele umzusetzen und sich nicht durch Niederlagen von seinem Gesamtziel abbringen ließ. So führte seine Niederlage vor Belgrad im Jahr 1456 zum vorläufigen Abbruch der Expansion nach Westen, tatsächlich wurden die Prioritäten nur neu gesetzt und die Eroberungen im Osten und Süden fortgesetzt. Die Politik Suleimans des Prächtigen ist deshalb auch so zu verstehen, dass die "Arbeit" im Osten und Süden getan war, so dass man 1526 endlich wieder gen Westen konnte.

Eine zweite Ursache für den Untergang Byzanz liegt darin, dass sich alle mittel- und westeuropäischen Staaten in einer gesellschaftlichen, aber auch militärischen Krise befanden. Fast alle Staaten waren in Kriege gegeneinander oder in Bürgerkriege verwickelt, so dass es wohl auch schwer war, noch genügend Ritter (die wohl nur verheizt worden wären) oder Fußsoldaten (Pikeniere, Bogenschützen u.a.) und leichte Kavallerie zu finden. Gute Fußsoldaten oder leicht Kavallerie gab es aber nur als Söldner, die von privaten Unternehmern geführt worden sind. Ein Herrscher, der Byzanz helfen wollte, hätte tief in die Tasche greifen müssen, um ein Heer gegen die Osmanen zu entsenden. Aber infolge der im 14. und 15. Jahrhundert erfolgten Kriege lagen oft die Volkswirtschaften um 1450 da nieder, dass ein einzelner Staat gar nicht die benötigte Geldsumme, das Personal und Material zum Führen eines Krieges gegen die Osmanen zusammen gekriegt hätte. Frankreich, England, Aragon, Kastilien, all diese Staaten waren mit sich selbst beschäftigt. Ungarn war in zwei feindliche Lager geteilt, die Stellung des Reichsverwesers Johann Hunyadi, war umstritten, vor allem auch wegen seinen beiden Niederlagen gegen die Osmanen in Warna 1444 und auf dem Amselfeld 1448, auf dem Letzteren infolge des Verrates der Walachen und Serben. Zusätzlich befanden sich im 15. Jahrhundert Ungarn und Venedig in Konflikten um Gebiete Dalmatiens. Die venezianische Festlandspolitik führte außerdem dazu, dass Venedig als Teil der italienischen Pentarchie in inneritalienische Konflikte mehr eingebunden war, als vorher. Praktisch bestand eine Dauerfeindschaft oder zumindest Rivalität zu Mailand.

Ein Byzantinisch-venezianisches Bündnis wäre eine Alternative gewesen, aber ich habe den Eindruck, dass man sich seit 1204 nicht mehr gegenseitig traute.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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