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Kreuzzüge Allgemein:
11.10.2014, 01:22
Beitrag: #34
RE: Kreuzzüge Allgemein:
(18.11.2013 15:09)WDPG schrieb:  Möchte mich hier mal mit der Frage: Wer war schuld am 4. Kreuzzug bzw. an dessen Verlauf beschäftigen:

-Venedig: Das wäre die einfachste Antwort „das geldgierige Venedig“ natürlich. Doch das ganze war mehr eine Entwicklung aus der, der Doge verzweifelt einen lukrativen Ausweg gesucht (und gefunden) hatte. Der geplante Kreuzzug stellte für die Seefahrerer-Republik ein enormes finanzielles Risiko da. Um eine dermaßen große Flotte zu bauen brauchte man jeden verfügbaren Mann, aus diesem Grund musste man den Handel sogar teilweise einstellen. Die Führer des Kreuzzugs mussten das ganze natürlich bezahlen – wohl so das sich für Venedig noch ein Gewinn ausgegangen wäre. Ein weiterer Grund warum Venedig dem Kreuzzug anfangs nicht abgeneigt war, war dessen Zielort, Ägypten. Hätte man sich dort eine bessere Stellung geholt hätte das für die (bessere) Anbindung an zahlreiche Handelsrouten gesorgt, etwas woran man natürlich interessiert war.
Ein reizvolles Angebot also, aber auch ein hohes Risiko, die Kosten waren so hoch das bei „nicht-bezahlen“ der Staatsbankrott gedroht hätte, außerdem hätte man wohl durch das ganze an zahlreichen Handelsorten die bisher aufgebaute Stellung eingebüßt. Doch was machten die Kreuzritter, sie enttäuschten und konnten die Kosten gar nicht tragen (waren an Anzahl zu gering).
Für Venedig also eine schwierige Lage, aus der man irgendwie dann doch mit einem Gewinn herauskommen musste.

-Wo waren eigentlich die anderen Seemächte: Diese Frage stellte ich mir lange, deshalb möchte ich mal kurz darauf eingehen. Nun so viele Seemächte die eine derart große Flotte hätten aufstellen können gab es nicht. Die großen Länder jener Zeit waren (meist aufgrund von inneren Konstellationen) beim Kreuzzug nicht dabei, blieben nur noch Genua, Pisa und Venedig. Genua und Pisa dürften in dieser Zeit gerade einen Konflikt untereinander ausgetragen haben, blieb also nur noch Venedig.

-Die Kreuzritter selbst: Man darf sich das ganze nicht als besonders demokratisches Unternehmen vorstellen. Die Kreuzritter reisten wohl mit den gleichen Motiven wie bei den ersten 3 Kreuzzügen auch. Das Ziel des „kleinen Ritters“ war es Jerusalem zu befreien, die meisten wussten nicht einmal das die Kreuzzugsführer nach Ägypten statt ins „Heilige Land“ wollten. Später erreichte das ganze eine eigene Dynamik, immer wieder sprangen Kreuzritter vom Unternehmen ab, immer wieder protestierte man gegen die Richtung in die sich das ganze Entwickelte, doch man konnte sie nicht wirklich ändern.

-Die Führung des Kreuzzugs: Ging vom Anfang an zu naiv in den Kreuzzug. Man rechnete z.B. mit viel höherer Beteiligung und agierte oft unüberlegt (worüber sich die Venezianer scheinbar sogar oft wunderten). Das Ziel der Kreuzzugsführung war keineswegs vom Anfang an Konstantinopel, es war Ägypten. Von hier aus wollte man wohl die Abtretung der Städte die einst zum Königreich Jerusalem gehörten erreichen, wenn für den einen oder anderen mehr rausschauen würde wars wohl auch recht. Nun stand man da viel zu unüberlegt hatte man den gigantischen Vertrag mit Venedig geschlossen, Venedig verlangt dessen Erfüllung. Doch die Summe (ursprünglich ca. Jahresbudget des Königreich Frankreich, später nicht ganz 2/3 davon) die man stämmen musste war gigantisch – zu gigantisch und so schleppte man sich von Krise zu Krise, moralische Bedenken der „kleinen Ritter“ auf der einen Seite und auf der anderen Seite Venedig das sein Geld zurückverlangt (zurückverlangen musste). Kein Wunder also das man sich dann darauf einließ die Richtung zu Wechseln.

-Der Doge: Oft wird gesagt das Dandolo der scheinbar früher schon mal (als Händler oder Politiker für Venedig) in Konstantinopel war dort sein Augenlicht verlor. Kann sein gesichert ist es nicht – manchmal leitete man daraus die Theorie das er Byzanz deshalb hasste und das ganze als Rache sah. Schwer zu sagen, ich glaube das eher nicht – dafür handelte er zeitweise viel zu Umsichtig und Nachdenklich. Es dürfte nicht er sondern die Kreuzzugsführung gewesen sein, die sehr schnell dafür zu begeistern war Alexios IV Angelos zu unterstützen. Kein Wunder, Dandolo war gut informiert und wusste das der neue Kaiser keineswegs so widerstandslos anerkannt werden würde und manches wohl nicht realistisch war, aber für ihn war es sicherlich dieser lukrative Ausweg, der sich schließlich bot.

-Alexios IV Angelos: Handelte total unvorsichtig mit seinen Versprechungen, aber was hätte er sonst machen sollen? Alexios IV war der Sohn des ehemaligen Kaiser Isaak II Angelos der von seinem Bruder abgesetzt worden war. Auch er wurde wohl im Zuge des Putsches eingesperrt, doch er entkam nach Westen. Das er dort aufgenommen wurde war klar, er war ein sehr gutes Druckmittel im Konflikt mit Byzanz, der immer wieder mal zu Ausbruch kam. Das ein solches irgendwann dann mal ausgespielt wird erscheint logisch. Und die Aussicht einen pro-westlichen Kaiser auf den Thron in Konstantinopel zu haben scheint für mehrere Seiten verlockend. Das Alexios IV seine zu großzügigen Versprechungen machte ist jedoch auch nicht ganz so unlogisch, es war wohl trotz allem nicht so einfach Leute die eigentlich nach Ägypten/Israel wollten in eine andere Richtung zu lenken. Ich vermute außerdem das er die Ressourcen auf die ein byzantinische Kaiser zurückgreifen konnte überschätzte, denn diese waren gewaltig im Schwinden.

-Alexios III Angelos: Wehrte sich viel zu wenig gegen die Gefahr die da aufzog, ein Geheimnis wird der 4. Kreuzzug und auch die Richtung in die er zunehmend ging für ihn wohl nicht gewesen sein. Der Kaiser von Byzanz war über solche Dinge in der Regel schon informiert, doch er bereitete sich kaum darauf vor, was wohl 2 Gründe hatte. Erstens: Alexios III handelte im Zuge seiner Herrschaft immer wieder so, im Gegensatz zu seinem Bruder versuchte er sich kaum gegen den Niedergang von Byzanz zu stellen (verwundernswert das er sich später so stark an den Thron klammerte). Zweitens fehlten ihm die Ressourcen eine starke Verteidigung aufzubauen. Seit Alexios I Komnenos war es enorm wichtig das der Kaiser der starke Mann im Reich war, einer der überall anerkannt wurde, doch das gelang den Angelos-Kaisern nie wirklich. Seit Manuel I Komnenos verfügte man kaum noch über genügend Geldmitteln, etwas was auch deshalb eine große Gefahr darstellte weil Byzanz in dieser Zeit hauptsächlich auf Söldner baute und die mussten bezahlt werden – waren also nicht wirklich ausreichend vorhanden. Byzanz war insgesamt im Niedergang, seine Schwäche wurde von Gebieten am Balkan genutzt um Unabhängig zu werden (darunter Bulgarien) und praktisch überall lauerten Gegenkaiser. Alexios III wurde also oft nicht als der legitime Kaiser gesehen, wie sollte man in diesem Wirwarr eine effektive Verteidigung aufbauen, einer großen Persönlichkeit wäre das vielleicht gelungen, aber das war Alexios III nicht und so kam es schließlich zur ersten Eroberung von Konstantinopel.

Auf diese folgte schon bald die zweite, weil Alexios IV Angelos seine Versprechen nicht erfüllen konnte und auch im Volk sehr schnell verhasst war. Seine Absetzung bot bald wieder einen Kriegsgrund, der neuer Kaiser (Alexios V Dukas) konnte nicht schnell genug eine Verteidigung aufbauen – weshalb Konstantinopel ein zweite mal fiel, diesesmal mit noch verheerenderen Folgen.

Diese Folgen wirkten sich langfristig aus, Byzanz ging schließlich zwar nicht unter war aber doch geschwächt, als Konstantinopel wieder in den Händen byzantinsicher Kaiser war musste der Kaiser (Michael Palaiologos) immer wieder daran arbeiten potentielle Angriffe aus dem Westen abzuwehren, vor allem Karl von Anjou war in dieser Hinsicht sehr aktiv, das führte einerseits zu einer erneuten Ressourcenüberdehnung, andererseits dazu das man den Osten vernachlässige aus dem mit den Osmanen schließlich die Untergangsursache kam. Die Osmanen erlebten einen gigantischen Aufstieg und standen nur etwas mal als 2 Jahrhunderte nach ihren Anfängen als türkisches Kleinfürstentum zum ersten mal vor Wien.

Man sollte ihn also nicht unterschätzen den 4. Kreuzzug, was seine Verursacher betrifft würde ich sagen, den Verursacher gibt es nicht wirklich. Es war eher eine Dynamik die, die Akteure dazu brachten ihn nach Konstantinopel zu lenken und damit auch dem Kreuzzugsgedanken gigantischen Schaden zuzufügen.

Wie nicht anders erwartet, hat Gerald im obigen Abschnitt wieder eine präzise und von fundierten Kenntnissen geprägte Analyse geschrieben. Vor einigen Monaten hatten wir bereits einige Ausführungen zum Thema, insbesondere auch von Gerald, dessen damalige Veröffentlichungen ich hier noch einmal zitiere. Der Grund dafür ist, dass ich damals auch so einiges verfasst habe, dies aber nicht zu Ende geschafft habe und nun als Antwort auf Geralds zwei Veröffentlichungen fertig gestellt habe.

Gedanken zum Vierten Kreuzzug von 1202 bis 1204 und dessen Folgen für die Politik in Europa

Die Ausarbeitung ist recht umfangreich geworden, aber ich möchte der Frage nachgehen, ob die Umleitung der Kreuzfahrer nach Konstantinopel wirklich so zufällig, oder eher gewollt bzw. wohlwollend geduldet war. Als eine zentrale Figur der Ereignisse um den Vierten Kreuzzug betrachte ich neben den venezianischen Dogen auch Papst Innozenz III., dessen Wirken ich im Besonderen untersucht habe.

Im Jahr 1198 begann das Pontifikat von Innozenz III. (1160/61–1216), einem der bedeutendsten Päpste des Mittelalters. Noch im gleichen Jahr rief er zum Kreuzzug auf. Zuerst fand dieser Aufruf wenig Beachtung, vielleicht lag es daran, dass diesem Aufruf kein spektakuläres Ereignis wie die Eroberung von Jerusalem (1187) voranging.

1. Fulko von Neuilly und Theobald III. von Blois, Graf von Champagne

Erst die seit 1199 erfolgte Propaganda des Zisterziensers Fulko von Neuilly († 1202) brachte die Vorbereitungen des Kreuzzuges langsam voran. Der Mönch gewann mit Theobald III. von Blois, Graf der Champagne (1179–1201), einen Verbündeten, der bereit war, die Kreuzfahrer nach Ägypten und von dort ins Heilige Land zu führen. Ob sich dieses Vorhaben um 1200 hätte realisieren lassen, ist fraglich. Zwar bekämpften sich die Ayyubiden in Syrien und Ägypten untereinander oder sie führten Gefechte mit den fast bedeutungslos gewordenen Zengiden aus, doch mit der Machtübernahme von Saladins jüngeren Bruder, as-Adil (1145–1218), in Ägypten im Jahr 1200 setzte sich die wohl stärkste und klügste Persönlichkeit als endgültiger Nachfolger Saladins (1138–1193) durch. Somit wäre ein Kreuzzug um 1200 nach Ägypten sehr riskant gewesen, vor allem auch unnötig, da sich as-Adil um eine moderate Politik gegenüber dem Königreich Jerusalem (und Zypern) bemühte.

Ebenso muss man berücksichtigen, dass der damalige König von Jerusalem, Amalrich von Lusignan (1155/60–1205), die Anwesenheit eines Kreuzfahrerheeres unter Führung Theobalds III in Ägypten, im Nahen Osten oder gar im Heiligen Land oder Zypern nicht gern gesehen hätte. Es wäre sicher zu Reibereien und Konflikten zwischen Theobald und Amalrich gekommen, der sein Amt nur seiner Heirat mit Isabella von Jerusalem (1172–1205) verdankte, die wiederum Witwe von Heinrich II. von Champagne (1166–1197), dem älteren Bruder Theobalds war. Amalrich von Lusignan oder der „starke Mann Jerusalems“ Johann von Ibelin (1177–1236) wären nicht bereit gewesen, einen aus eigenen (bzw. kirchlichen) Mitteln mächtigen Mann wie Theobald, an der Machtausübung im Königreich Jerusalem zu beteiligen. Amalrich war um 1200 stark genug, seine Staaten ohne fremde Hilfe zu beherrschen. Einige, vor allem aus dem Reich angekommene Kreuzfahrer wies er nur an, in den neu gebildeten und von Coelestin III. 1191 bzw. von Innozenz 1198 anerkannten „Deutschen Orden“ einzutreten. Amalrich von Lusignan hatte bereits 1198 einen Waffenstillstand mit al-Adil geschlossen, den er nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahre 1204 ohne politische Schwierigkeiten verlängern konnte.

Es ist deshalb vorstellbar, dass seitens der weltlichen und/oder kirchlichen Würdenträger der Königreiche Jerusalem und Zypern geheime Verhandlungen mit dem Papst stattfanden, mit dem Ziel, den ausgerufenen Kreuzzug zu einem anderen Ort umzuleiten oder zu einer anderen Zeit durchzuführen. Der wichtige Propagandist des Kreuzzuges, Fulko von Neuilly, war seit 1202 tot, er wurde nach seinem Tod der Unterschlagung von Finanzierungsmitteln bezichtigt und galt damit als Unperson. Somit wäre es um 1202 nicht besonders klug gewesen, seine Propaganda fortzusetzen.

Theobald III. wäre von der familiären Herkunft ein geeigneter Führer des Kreuzzuges gewesen. Er war als Sohn Heinrichs I. von der Champagne (1126–1181) und dessen Ehefrau Marie de France (1145–1198) sowohl ein Neffe der englischen Könige Richard Löwenherz und John Ohneland als auch des französischen Königs Philipp II. August. Durch seine Ehe mit Blanka von Navarra († 1229), der Erbtochter von Sancho VI. († 1194), konnte Theobald seine Machtbasis auch auf den Westen Frankreichs erweitern. Des Weiteren war er der jüngere Bruder des 1197 tödlich verunglückten, aber von der Öffentlichkeit hoch geachteten, Königs Heinrich von Jerusalem. Um 1200 war Theobald der mächtigste Mann im Osten Frankreich, vielleicht sogar im gesamten Frankreich. Denn Innozenz III. hatte 1198 über den französischen König aufgrund dessen Bigamie das kirchliche Interdikt ausgesprochen. Dadurch war das politische Handlungsspiel Philipps eingeschränkt.

Innozenz III. förderte Theobald. Die Grafen von Champagne und ihre nahen Verwandten die Grafen von Blois standen seit 1180 in Gegnerschaft zu Philipp, dessen Mutter eine geborene Gräfin von Champagne war. Während der letzten Herrschaftsjahre von Ludwig VII. († 1180) hatte deren Verwandte de facto das Land regiert, Philipp II. (1165–1223) entmachtete den Clan und regierte seitdem allein. Das päpstliche Interdikt war eine direkte Einmischung in die inneren französischen Angelegenheiten, es schwächte das Königtum in seinem Kampf gegen das angevinische Reich (Richard Löwenherz bzw. Johann Ohneland). Der französische Adel konnte sich 1198 noch sehr gut an Philipps wenig heldenhaften Verhalten im Heiligen Land und seiner unter fadenscheinigen Begründungen erfolgten Rückkehr im Jahr 1191 erinnern. Heute würde man sagen, Philipp war ein Realpolitiker, damals dachte man nicht so und Philipp wurde für sein damaliges Verhalten nicht besonders geachtet. Er befand sich also in den Jahren 1198 bis 1201 in einer sehr schwierigen Position, die bei einem erfolgreichen Kreuzzug Theobalds nicht einfacher geworden wäre. Aber er hatte Glück, der frühe Tod seiner Ehefrau Agnes von Andechs-Meranien und Theobalds III. im Jahr 1201, begünstigte schließlich den französischen König. Der Papst hob das Interdikt auf, da Philipp nur noch mit einer Frau verheiratet war.

Interessant ist, dass Philipps Schwester Agnes von Frankreich (1171–1240) nacheinander mit den beiden byzantinischen Kaisern Alexios II. (1167–1183) und Andronikos II. (1122–1185) verheiratet war und später die langjährige Lebensgefährtin von Theodoros Branas war, der wiederum eine wichtige Stütze des lateinischen Kaisers Heinrich von Flandern wurde. Trotz dieser familiären Verbindung zu Byzanz ist nichts über Philipps Einstellung zu den Ergebnissen des Vierten Kreuzzuges bekannt geworden. Zu seiner Schwester bestand jedenfalls keine oder kaum stattfindende Verbindung. Obwohl Philipp II. kein Teilnehmer des Vierten Kreuzzuges war, kann man ihn als Nutznießer der Politik des Papstes und somit indirekt als Nutznießer des Vierten Kreuzzuges sehen. Dank der politischen Konstellationen, die pro-französische Politik, der Tod von potentiellen politischen Konkurrenten wie Theobald III. und Balduin IX. von Flandern oder der Abzug unruhiger Adliger nach Griechenland, muss Philipp bzw. das französische Königtum zu den Gewinnern des Vierten Kreuzzuges zählen.

2. England

Natürlich war das Handeln des Papstes in Frankreich politisch begründet. Sein Handeln beruhte aber weniger auf die Hoffnung, Philipp als Führer des Kreuzzuges zu gewinnen. Ich denke, dass Innozenz III. um 1201/02 begriffen hatte, dass sein nach Ägypten geplanter Kreuzzug nicht so einfach umsetzbar war. Aber er brauchte die Hilfe des französischen Königs (und dieser benötigte die päpstliche Unterstützung) gegen ihren gemeinsamen, widerspenstigen Vasallen König Johann von England (1167–1216). Johann ließ seine erste Ehe mit Isabella von Gloucester († 1217) annullieren, um im Jahr 1200 die damals 12-jährige Isabella von Angoulême (1188–1246) zu ehelichen, die bereits mit Johanns Vasallen Hugo IX. von Lusignan (1163–1219) verlobt war. Beide Handlungen Johanns geschahen trotz des ausdrücklichen Verbots des Papstes, der ja Lehnsherr des König von England war. Weil Johann die Anordnungen des Papstes nicht befolgte, sprach Innozenz III. das kirchliche Interdikt über den englischen König aus. Dieses Interdikt blieb über 10 Jahre bestehen, teilweise wurde es gestärkt durch die Exkommunikation des englischen Königs. Dies führte dazu, dass alle zwischen 1200 und 1210/13 ausgeführten kirchlichen Handlungen (Taufe, Eheschließungen usw.) in England etwas Illegales anhafteten und die Menschen dadurch sehr verunsichert waren. Diese Entwicklung schwächte das englische Königtum und begünstigte den Untergang des Angevinischen Reiches im Jahr 1204, aber auch die Magna Charta von 1215 und die französische Invasion 1217/19 (unter Führung des späteren Königs Ludwig VIII.). 1216, im Todesjahr von König Johann und Papst Innozenz III., befand sich das Königtum in England auf einem Tiefpunkt. Dagegen steht aber, dass Johann bei der Kolonisierung Irlands durchaus erfolgreich war und dass er in Westfrankreich das Herzogtum Guyenne, das aus dem Herzogtum Aquitanien hervorging, als Vasall des französischen Königs behaupten konnte.

Die beschriebenen Ereignisse in England Anfang des 13. Jahrhunderts haben natürlich keine direkte Bedeutung für das Byzantinische Reich gehabt. Sie charakterisieren aber ganz deutlich die Politik von Innozenz III. und dessen Bereitschaft, die (weltliche) Macht des Papsttums auch mit drastischen Maßnahmen durchzusetzen. Damit unterschied sich Innozenz ganz enorm von seinem Vorgänger Coelestin III. (1106–1198), der nach der Gefangenschaft seines Vasallen Richard Löwenherz (1157–1199) im Jahr 1193 das kirchliche Interdikt über Herzog Leopold V. von Österreich (1157–1194) aussprach, weil dieser einen zurückkehrenden Kreuzfahrer gefangen nahm. Letztlich scheiterte aber auch Coelestin mit seinen Bemühungen, die Rückerstattung des Lösegeldes von Kaiser Heinrich VI. oder von Herzog Leopold zu erhalten, dessen früher Tod zu Silvester 1194 als Gottesgericht betrachtet wurde.

Fortsetzung folgt

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Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 15.07.2012, 22:46
RE: Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 15.07.2012, 22:51
1. Kreuzzug: - WDPG - 15.07.2012, 22:57
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RE: Kreuzzüge Allgemein: - Dietrich - 21.10.2014, 19:58
RE: Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 22.10.2014, 09:09
RE: Kreuzzüge Allgemein: - Dietrich - 22.10.2014, 15:43
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RE: Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 28.09.2014, 13:30
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RE: Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 12.10.2014, 01:20
RE: Kreuzzüge Allgemein: - Sansavoir - 11.10.2014, 07:26
RE: Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 12.10.2014, 01:34
RE: Kreuzzüge Allgemein: - WDPG - 13.10.2014, 00:51
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RE: Kreuzzüge Allgemein: - Sansavoir - 11.10.2014, 08:36
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5. Kreuzzug (Kreuzzug Friedrichs II): - WDPG - 02.11.2014, 00:15
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RE: Kreuzzüge Allgemein: - Sansavoir - 03.11.2014, 00:12
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RE: Kreuzzüge Allgemein: - Sansavoir - 10.12.2014, 01:48

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