Vespasian der Jüngere

[Maxdorfer]

Heute geht es mal wieder um die römische Kaiserzeit,
genauer um die Zeit des flavischen Kaiserhauses.
Dem hoch betagten Dynastiegründer Vespasian (69-79) folgte dessen Sohn Titus.

War er während der Regierung seines Vaters noch relativ unbeliebt gewesen, änderte er nun
mit seiner Thronbesteigung alles.
Er legte sich gute Ratgeber zu und meisterte die Katastrophen, die das Reich heimsuchten.
Doch nach nur zwei Jahren starb dieser fähige Herrscher 81.

Es folgte auf den Thron der, der die ganze Zeit im Hintergrund gestanden hatte:
Titus’ jüngerer Sohn Domitian.
Dafür, dass er kein Thronfolger war, war er ziemlich in die Regierungsgeschäfte mit einbezogen.
Doch trotzdem war er bis an den Rand gefüllt mit Eifersucht.

Es gibt auch Gerüchte, er habe seinen Bruder umgebracht.
Seine Regierungszeit an sich wird heute unterschiedlich bewertet: Die einen sehen in ihm einen
Tyrannen, die anderen einen milden Herrscher, der unter senatorischer Propaganda zu leiden
hatte.
Fakt ist aber – was die Nachfolge anbelangte hatte er kein Glück.

73, noch zu Regierungszeiten seines Vaters, war ihm ein Sohn geboren worden, Titus, Flavius Caesar.
Er wurde wie ein echter Prinz und sehr aufwendig erzogen, auch wenn er nicht zum Thronfolger bestimmt war –
sein Vater hatte ja mit Titus noch einen älteren Bruder.
Doch nur 2 Jahre nach dem Regierungsantritt seines Vaters starb er.

Das war ein echtes Problem, denn Domitian wollte natürlich,
dass seine Dynastie weiterbesteht.
Das Problem wurde noch größer, als Domitian in den nächsten Jahren keine weiteren Kinder mehr bekam.
Also schritt er – wie vor ihm auch schon Augustus – zur Adoption.
Er hatte einen Vetter, den Sohn des Bruders seines Vaters, Titus Flavius Clemens. 95 war er Konsul.
Dieser wiederum hatte zwei junge Söhne mit seiner Frau, der Domitilla. Der Name der beiden ist unbekannt.

Der eine war um 88 geboren, der andere um 90.
Auf diese beiden fiel die Wahl des Kaisers.
Im Jahre 92 n. Chr. wurden sie an den Kaiserhof geschickt und dort aufgezogen.
Die Erziehung übernahm der Rhetor Quintilian.
Spätestens 95 wurden die beiden offiziell adoptiert.
Der ältere wurde Titus Flavius Vespasianus (Vespasianus junior oder Vespasian der Jüngere) genannt,
der jüngere Titus Flavius Domitianus (Domitianus junior oder Domitian der Jüngere)

[Arkona]

So schön das ist, lieber Max. Mit solchen Ausarbeitungen hilfst du uns allen leider nicht weiter. Nachlesen kann ich das bei Wiki - schaffe doch bitte einen Diskussionsansatz, der vielleicht was Neues bringt. Sprich eine Fragestellung oder eine Kontrathese.
OT: Das ist der wohlmeinende Rat eines promovierten Naturwissenschaftlers.

[Maxdorfer]

Ich habe diesen Text auch nicht für euch ausgearbeitet und mir dann gedacht - wo ich ihn schon mal hab kann ich ihn auch posten.

Soll ich das in Zukunft weiter machen oder meine Aktivitäten zurückfahren und nur noch Super-Ansatz-Threads eröffnen?

P.S.: Ich hab grade noch mal in meinen Aufzeichnungen nachgeschaut - und: Ich wollte tatsächlich noch eine Diskussionsfrage stellen. Halt erst, wenn der Text zu Ende gepostet ist.

[Renegat]

(28.07.2012 08:27)Maxdorfer schrieb:  Ich habe diesen Text auch nicht für euch ausgearbeitet und mir dann gedacht - wo ich ihn schon mal hab kann ich ihn auch posten.

Soll ich das in Zukunft weiter machen oder meine Aktivitäten zurückfahren und nur noch Super-Ansatz-Threads eröffnen?

P.S.: Ich hab grade noch mal in meinen Aufzeichnungen nachgeschaut - und: Ich wollte tatsächlich noch eine Diskussionsfrage stellen. Halt erst, wenn der Text zu Ende gepostet ist.

Poste die Diskussionsfrage doch jetzt. Nicht unbedingt wegen des wissenschaftlichen Anspruchs, einfach nur, weil es für den Leser interessanter ist und ihn zum mitdenken anregt, wenn er weiß, um was es geht. Man liest dann einen langen Text selektiver.

PS Bei manchen langen Recherchebeiträgen wäre auch ein vorangestelltes Summary hilfreich.

[Maxdorfer]

Es ist nicht klar, ob den beiden der Beiname (oder Titel) Caesar verliehen wurde,
was die beiden offiziell zu Mitkaisern gemacht hätte.
Aber einen Hinweis darauf gibt es, dass zumindest Vespasian Caesar wurde:
In Kleinasien wurden für ihn Münzen mit den üblichen Symbolen und Schlagwörtern geprägt.
Das würde einerseits die Theorie stützen, dass die beiden caesares waren,
andererseits auf die Vorrangstellung Vespasians hindeuten.
Auch das erscheint logisch, da er der ältere war.

An sich war alles in Ordnung.
Domitian hatte Söhne (wenn auch adoptierte), war noch relativ jung,
bis er voraussichtlich sterben würde, wären diese längst volljährig gewesen…

Doch da machte sich Domitian selbst einen Strich durch die Rechnung:
Der leibliche Vater der beiden, Clemens, fiel noch in diesem Jahr in Ungnade.
Er wurde auf leisesten Verdacht der „Gottlosigkeit“ angeklagt und hingerichtet.
Genauso erging es der Mutter von Vespasian d. J. und Domitian d. J.

An dieser Stelle eine interessante Theorie: Hinter der „Gottlosigkeit“ könnte sich verbergen, dass Clemens in Wirklichkeit ein Christ war.
Die Historiker kamen deshalb auf die Idee, dass er mit einem anderen Clemens, dem römischen Bischof (Papst) in dieser Zeit,
in Verbindung stand.
Da gibt es zwei Möglichkeiten:
a) Die Familie des Titus Flavius Clemens war eine christliche Familie, in der Clemens, der Papst mit dem Christentum in Berührung kam.
Als er freigelassen wurde blieb er Christ und wurde Papst, was man im Urchristentum auch als Freigelassener werden konnte.
(Standesunterschiede der römischen Gesellschaft zählten bei Jesus nicht).
b) Titus Flavius Clemens ist mit der Figur Papst Clemens identisch!
Während ersterer 95 wegen Gottlosigkeit hingerichtet wurde, wurde zweiterer ca. zwischen 93 und 98 hingerichtet.
Das würde also passen.
Zudem soll Vespasians Mutter, die Frau des Flavius Clemens, die christlichen Begräbnisstätten in Rom, die Katakomben, begründet haben.

Was nach der Verurteilung mit den Söhnen geschah, ist unklar.
Sie verschwinden im Dunkel der Geschichte,
da sie als Thronfolger nicht mehr in Frage kamen.
Nach dem Mai 95 sind sie nicht mehr bezeugt.

Domitian selbst fiel bald darauf einem Attentat zum Opfer,
das aus Wut verübt wurde.
Aus Wut, die durch die Hinrichtung berühmter Personen wie Titus Flavius Clemens genährt worden war.
Domitian verfiel der „Verdammung des Andenkens“ (damnatio memoriae), in deren Zuge Inschriften von ihm, Ehrungen an ihn und andere Objekte des Andenkens vernichtet wurden.
Damit fielen auch die Andenken an Vespasian der Jüngere und sein Bruder dieser Zerstörungswelle zum Opfer.

Nerva wurde neuer Kaiser.

[Maxdorfer]

Was wäre wohl passiert, wenn die Flavier mit Domitian nicht ausgestorben wären?
Zuerst einmal muss man sagen, dass die Frage gar nicht so einfach ist: Denn selbst wenn Domitian der Jüngere und Vespasian der Jüngere länger am Leben geblieben wären, wären sie bei Domitians Tod noch lange nicht regierungsfähig gewesen. Man könnte also sagen, sie wären beseitigt und übergangen worden.
Doch wenn man die aktuelle Lage des Jahres 96 nach Christus betrachtet, kommt man zu folgendem Ergebnis: Es gab keine Heerführer und ehrgeizigen Männer, die mit Gewalt den Kaiserthron besteigen wollten. Es gab keine Machtkämpfe und keine großen Ambitionen, Kaiser zu werden. Und hatte man mit Domitian auch schlechte Erfahrungen gemacht, grundsätzlich hatte man nichts gegen die Flavier.
Vielleicht hätten die beiden adoptierten Junior-Caesaren weiter regieren können. Natürlich unter Vormundschaft, und diese Vormundschaft hätte entweder ein hoher Mann im Senat oder am Hof (vielleicht sogar Nerva) oder aber jemand aus der Verwandtschaft innegehabt. Titus hatte noch lebende Töchter, Domitian noch lebende Cousins und Cousinen, und vielleicht hätte einer von denen die Macht an sich genommen.
Und das wiederum hätte Schwierigkeiten geben können. Denn wollte auch keiner selbst den Thron besteigen (beziehungsweise konnte nicht, wenn es eine Frau war), es gab genügend Kandidaten, die sicherlich liebend gerne die Fäden im Hintergrund hätten spinnen wollen. Vielleicht wäre es zu Machtkämpfen gekommen. Vielleicht wären in deren Zuge viele Verwandte und vielleicht sogar die beiden Jungen selber getötet worden.
Aber genauso gut hätte es sein können, dass die beiden wirklich das Erwachsenenalter erreichten. In diesem Falle ist wohl ziemlich klar, was passiert wäre: Sie hätten ihren Vormund beseitigt, falls dieser nicht freiwillig seine Aufgabe niedergelegt hätte.
Es wäre zu einer Verlängerung der Flavierherrschaft gekommen.
Und was hätte einige Veränderungen bedeutet.

Deshalb die Frage an euch:
Was wäre geschehen, wenn Domitian und Vespasian die Jüngeren überlebt und als Flavier weiter regiert hätten?

(Verzeihung, dass ich die Frage doch erst jetzt stelle und mit dem Teil II so lange warte, erst hatte ich viel zu tun und dann ging es mir gestern nicht sonderlich gut)

[Maxdorfer]

Also zuerst einmal muss man sagen dass bei einer Alleinherrschaft der Adoptierten einiges schief gelaufen wäre.
Erstens vertragen sich zwei Brüder auf einem Thron selten gut, und vermutlich wäre früher oder später einer der beiden auf Initiative des anderen umgebracht worden. Das muss noch nicht einmal der Jüngere (Domitian) sein.
Und dann bedeuten junge Herrscher, die schon lange auf den Thron vorbereitet werden, nicht selten eine Schreckensherrschaft. Genau genommen, waren alle Kaiser, die heute als grausam dargestellt werden, Verwandte von Vorgängern und bestiegen den Thron relativ früh:

Caligula - bestieg den Thron mit 25.
Nero - bestieg den Thron mit 17.
Domitian - bestieg den Thron mit 30.
Elagabal - bestieg den Thron mit 16.

So hätte das auch mit Vespasian oder Domitian dem Jüngeren passieren können und auch der zweite wäre irgendwann ermordet worden.
Der Geduldsfaden der Römer war nicht aus Eisen und irgendwann wurden auch denen die grausamen Söhne verderbter Kaiserdynastien zu viel.

Vielleicht wäre es ja doch zum Adoptivkaisertum gekommen - nur eben später?
Wahrscheinlich ist jedenfalls: Die Entwicklung des Reiches auf eine Blütezeit hin hätte unter Vespasian dem Jüngeren oder Domitian dem Jüngeren auf sich warten lassen.

Ich hoffe dass ich noch nicht gesagt habe und euch nicht mit Informationen zumülle.

Aber trotzdem viele Grüße,
der Maxdorfer

Noch eine kleine Anmerkung: Das mag alles ein bisschen weit hergeholt erscheinen.

Ist es leider auch.