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Eingebauter Verschleiß und auf Eis gelegte Erfindungen
20.04.2013, 10:49
Beitrag: #7
RE: Eingebauter Verschleiß und auf Eis gelegte Erfindungen
(19.04.2013 19:55)Suebe schrieb:  Die Älteren hier werden sich noch gut an die Totalschäden der Autos, schon nach wenigen Jahren durch Rost erinnern können. Fürchterliche Rostschleudern waren das Mitte der 70er bis Anfangs der 80er des letzten Jahrhunderts.
Nachdem eine Autogeneration später dies ohne weiteres behoben und im Griff war, (wie ein Golf 1 aussah weiß man kaum mehr, der Golf 2 begegnet einem täglich auf der Straße) wird man den "eingebauten Verschleiß" in dem Fall zumindest bestätigen können.

Bin ich ein "Älterer"? Anscheinend... Wink

Seit Anfang (!) der 70er bis Anfang der 80er gab es tatsächlich eine ganze Reihe von Autoherstellern (!), bei denen die ganze Modellpalette nach wenigen Jahren durchrostete. VW und Audi gehörten dazu, aber auch Ford, englische Fabrikate, Renault, Fiat und natürlich Alfa. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Gründe waren unterschiedlich. Bei VW/Audi lag es laut persönlicher Auskunft mehrerer Audi-Mitarbeiter daran, dass man billige Bleche aus dem Ostblock einkaufte, um daraus Audi 80/100, Passat, Golf etc. zu bauen. Diese Bleche hatten einen hohen Schwefelgehalt und rosteten quasi ab dem Walzwerk. Bis man das Wachsvollbad einführte, waren die Produkte für ihre Rostanfälligkeit berüchtigt. Beim Alfasud müsste es m.W. ähnlich gewesen sein, woran es bei den anderen Herstellern lag, entzieht sich meiner Kenntnis.
Es war also kein vorprogrammierter Verschleiß, sondern das Spardiktat. Teilweise hatte man die Karosserien so entworfen, dass das Wasser in manchen Ecken fast stehen bleiben MUSSTE. Und dann rostets halt. Wer in dieser Zeit nicht pleite ging, führte irgendwann Rostschutzmaßnahmen ein bis hin zur Vollverzinkung in den 90ern und Nuller Jahren.
Opel ging damals noch einen anderen Weg: Der Kadett C hatte dicke Bleche. So dick, dass mein Vater, als der Sohn von Bekannten mal aufkreuzte, er solle seinen Kadett C ausbeulen, schier am Verzweifeln war, weil er auf dem Blech rumprügeln musste, um da was zu bewirken.
Der D- und E-Kadett waren dann "moderner" und rosteten, was das Zeug hielt. Bei einem dreijährigen E-Kadett - Besitzer war der Bruder des obigen C-Kadett-Besitzers Smile - entfernten wir aus Reparaturgründen die Abdeckungen innen im Bereich von Kofferraum und C-Säule. Der Federbeindom war am Durchrosten und an der Innenseite der C-Säule kam der in Rost nachgebildete Handabdruck eines Opelaners zum Vorschein, der im Verlauf des Fertigungsprozesses sich da mal abgestützt hatte. Nachdem dort kein Wachs hingekommen war, rostete der Handabdruck dort lustig vor sich hin...
Der Unterschied zwischen C-Kadett und D-/E-Kadett war, dass der C-Kadett relativ schwer war. Opel wollte bzw. musste leichter bauen, um bei den Fahrleistungen mit z.B. VW mithalten zu können und verwendete dünnere Bleche, musste auf "Wunsch" von GM wohl auch billiger produzieren, wollte aber garantiert nicht freiwillig den Qualitätsanspruch aufs Spiel setzen, für den Opel in den 70ern immer noch stand.
Andererseits täuschen manche Erinnerungen heute wohl. Denn der Golf I ist zwar mittlerweile weitgehend aus dem Straßenbild verschwunden. Aber der wurde auch vor 30 Jahren zum letzten Mal produziert! Anfangs rostete der Golf I zwar durchaus auch rekordverdächtig, aber mit der ersten Modellpflege (erkennbar an den größeren Rücklichtern) war das passé. Der stabile C-Kadett ist ja auch nur noch selten zu sehen...und den Golf II wird in nächster Zeit ein ähnliches Schicksal ereilen. In Oldtimerzeitschriften kann man schon erste Berichte lesen, wie jemand einem Golf II eine Totalrestauration zukommen lässt. Momentan noch belächelt von den "Kollegen", aber die Autos sind halt mittlerweile auch zwischen 30 und 20 Jahre alt...

Ums kurz zu machen: Bei Autos glaube ich nicht, dass man Wert drauf legt, dass die Dinger innerhalb eines "normalen" Besitzzyklus (= 10 Jahre) unbedingt kaputt gehen müssen. Die meisten kaufen ein Auto, damit sie es eben um die 10 Jahre lang fahren können, und zwar zuverlässig. Wenn ein Hersteller das nicht liefern kann, wird beim nächsten Auto eben ein Modell eines anderen Herstellers gekauft - ein Grund, warum Opel jetzt pleite ist. Der anhaltende Erfolg japanischer Modelle, die gerüchtemäßig auf etwa 100.000km Laufleistung und auf etwa 10 Jahre Lebensdauer ausgelegt waren, zeigt, dass die Käufer innerhalb dieses Rahmens akzeptieren, dass ein Auto dann irgendwann mal reif für die Schrottpresse ist.
Nach 10 Jahren sieht´s schon wieder anders aus, ist allerdings auch der Technik geschuldet. Je jünger die Autos werden, desto mehr Elektrik bzw. Elektronik wird da verbaut, desto mehr wird aus den Motoren herausgeholt, desto mehr sinkt dadurch aber auch die Langlebigkeit des Gesamtprodukts "Auto". Aber da die Käufer eben immer mehr Elektronik, von Geisterhand bewegte Einbauteile und mehr PS fordern, können die Hersteller heute (!) fast nicht anders, als solche relativ (!) kurzlebigen Autos bauen.

PS: Meine bisherigen Autos waren bis auf das aktuelle immer zwischen 6 und 12 Jahren alt, als ich sie gekauft habe, und ich habe sie immer bis jenseits von 200.000km gefahren, meine zwei Golf II sogar bis (z.T. weit) jenseits der 300.000km. Ein Ford Escort war vom Vorbesitzer gleich nach Einkauf mit einer nachträglichen Unterboden- und Hohlraumversiegelung versehen worden und machte danach nur noch motorentechnisch Zicken, war aber eben auch schon über 10 Jahre alt, als ich ihn kaufte. Der Opel, den ich vergangenes Jahr mit 17 Jahren und 240.000km verscheuerte, rostete und ließ sich von mir nach und nach den halben Motor erneueren, bei dem würde ich von einer gewollten Lebensdauer von maximal 10 Jahren ausgehen wollen. Mein erstes Auto, ein Polo von 1978, hauchte unter dem gewalttätigen Ansturm eines Suzuki Vitara sein Leben aus, allerdings nur vorläufig, per Richtbank und wohl erhöhtem persönlichen Einsatz eines Nachbesitzers lernte er das Laufen wieder - unter meiner Regie hatte er damit seinen vierten (!) Totalschaden erfahren und ihn auch überlebt. Der 900ccm-Motor mit 40PS lief zum Zeitpunkt unseres Abschieds wie ein Uhrwerk (allerdings musste ich ihm dafür mal den Zylinderkopf abschleifen lassen), nur der Rost war ihm ein steter Feind, aber er hatte eben auch schon drei Totalschäden, bevor ich ihn im zarten Alter von 12 Jahren (das Auto war so alt, nichtich...) übernahm.

Schlussfazit: Ist halt alles relativ... Wink

VG
Christian
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RE: Eingebauter Verschleiß und auf Eis gelegte Erfindungen - 913Chris - 20.04.2013 10:49

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