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Zünfte, Innungen und Ordnungen
20.06.2015, 01:52
Beitrag: #21
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
Leider wissen wir über die Anfänge der Zünfte wenig. Ich vermute, das die Anfänge der Zünfte schon in der Eisenzeit in ubischen Städten lagen, wo die Berufsgruppen untereinander und mit den anderen Bürgern vieles regeln wollten.
Im Rheinland nahmen sie dann auch römische Einflüsse auf.
Erzabbau, Ton-, Jagd, Holz- und Fischnutzung z.B. in den Gemeindewäldern mußten geregelt werden und es entstanden Bräuche, die zu Regeln wurden.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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21.06.2015, 14:55
Beitrag: #22
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
(20.06.2015 01:52)Paul schrieb:  Leider wissen wir über die Anfänge der Zünfte wenig. Ich vermute, das die Anfänge der Zünfte schon in der Eisenzeit in ubischen Städten lagen,

Äähmm...
Wohl eher nicht. Dazu gab´s in diesen Städten zu wenige Handwerker. Für eine Zunft brauchst du mehrere Handwerker, von denen sich wiederum welche so weit spezialisierten, dass sie eine eigene Zunft aufmachen konnten - und auch dafür braucht´s wieder mehrere.
Mal ganz davon zu schweigen, dass die Handwerker in den nichtrömischen Städten durch ihr Sonderwissen ohnehin eine Sonderrolle gespielt haben. Da waren Zünfte schlicht überflüssig.
In den römischen Städten gab´s dagegen sog. "collegiae". Das waren sowas wie Zünfte, aber nur ansatzweise. Nach dem Ende des (West-=)Römischen Reiches gingen auch diese "Kollegien" ein, einfach weil´s zu wenige Handwerker gab und die Städte kaum noch eine Rolle im (produktiven) Wirtschaftsleben führten. Diese Rolle übernahmen im Frühmittelalter die Dörfer und Klöster.
Die mittelalterlichen Zünfte sind auch im Mittelalter entstanden. Als nämlich die Städte eine immer wichtigere Rolle als ständische Kraft neben Adel und Klerus zu spielen begannen, gab´s zwei Entwicklungen: Die Städte wuchsen, und es gab immer mehr Macht zu verteilen. Und da wollten sich die Handwerker - die sich jetzt wieder in den Städten = Handelsplätzen zu konzentrieren begannen - ihren Teil vom Kuchen sichern. Deshalb zu Zünfte (arg verkürzt, ich weiß...)
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21.06.2015, 16:09
Beitrag: #23
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
In Japan gab es die vier Stände Adel (Samurai), Bauern, Handwerker und Händler. Obwohl die Händler sehr oft reicher waren als die Angehörigen der anderen Stände, standen sie im Ansehen ganz unten. Herrenlosen Samurai (Ronin) ging es oft nicht besser als Bettlern.
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21.06.2015, 17:17
Beitrag: #24
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
Ja, weil die Händler viel unterwegs waren, daher keinen festen Wohnort hatten - also quasi "fahrendes Volk" waren - und deshalb auch keinen Herren hatten (einen Samurai/Ronin), der sie beschützen konnte (solang das die Samurai eben konnten, bis zur Shogun-Zeit nämlich...).
Da die Samurai erstens von ihrem Land lebten bzw. von den Abgaben ihrer Untertanen, und zweitens sich über ihren Kriegsberuf definierten - den sie wiederum ohne Landbesitz und den daraus kommenden Einkünften nicht ausüben konnten - waren landlose Samurai ihrer Wurzeln beraubt.
Keine Einkünfte, kein Kriegerdasein, kein Ansehen...
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23.06.2015, 00:15
Beitrag: #25
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
(21.06.2015 14:55)913Chris schrieb:  
(20.06.2015 01:52)Paul schrieb:  Leider wissen wir über die Anfänge der Zünfte wenig. Ich vermute, das die Anfänge der Zünfte schon in der Eisenzeit in ubischen Städten lagen,

Äähmm...
Wohl eher nicht. Dazu gab´s in diesen Städten zu wenige Handwerker. Für eine Zunft brauchst du mehrere Handwerker, von denen sich wiederum welche so weit spezialisierten, dass sie eine eigene Zunft aufmachen konnten - und auch dafür braucht´s wieder mehrere.
Mal ganz davon zu schweigen, dass die Handwerker in den nichtrömischen Städten durch ihr Sonderwissen ohnehin eine Sonderrolle gespielt haben. Da waren Zünfte schlicht überflüssig.
In den römischen Städten gab´s dagegen sog. "collegiae". Das waren sowas wie Zünfte, aber nur ansatzweise. Nach dem Ende des (West-=)Römischen Reiches gingen auch diese "Kollegien" ein, einfach weil´s zu wenige Handwerker gab und die Städte kaum noch eine Rolle im (produktiven) Wirtschaftsleben führten. Diese Rolle übernahmen im Frühmittelalter die Dörfer und Klöster.
Die mittelalterlichen Zünfte sind auch im Mittelalter entstanden. Als nämlich die Städte eine immer wichtigere Rolle als ständische Kraft neben Adel und Klerus zu spielen begannen, gab´s zwei Entwicklungen: Die Städte wuchsen, und es gab immer mehr Macht zu verteilen. Und da wollten sich die Handwerker - die sich jetzt wieder in den Städten = Handelsplätzen zu konzentrieren begannen - ihren Teil vom Kuchen sichern. Deshalb zu Zünfte (arg verkürzt, ich weiß...)

In der Dünsbergstadt o. Bad Nauheim lebten sehr viele Handwerker derselben Branche. In der Dünsbergstadt z.B. viele Schmiede, in Bad Nauheim Salzhersteller. Es gab Glashersteller, Weber, Zimmerleute, Gerber, Bauern, Fischer....
Die Schmide im Schmiedezentrum Dahlheim in Wetflaria o. der Dünsbergstadt könnten sich organisiert haben, um regelmäßig Kähne und Fuhrwerke in andere Städte zu schicken, um ihre Produkte im Export abzusetzen. Am Rhein werden die Waren in größere Schiffe umgeladen worden sein, damit sie z.B. bis nach Skandinavien kamen. Sie werden auch die Niederlassung weiterer Schmiede und in diesem Zusammenhang vielleicht schon die Wanderschaft der Gesellen geregelt haben.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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23.06.2015, 11:19
Beitrag: #26
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
(23.06.2015 00:15)Paul schrieb:  In der Dünsbergstadt o. Bad Nauheim lebten sehr viele Handwerker derselben Branche. In der Dünsbergstadt z.B. viele Schmiede, in Bad Nauheim Salzhersteller. Es gab Glashersteller, Weber, Zimmerleute, Gerber, Bauern, Fischer....
Die Schmide im Schmiedezentrum Dahlheim in Wetflaria o. der Dünsbergstadt könnten sich organisiert haben, um regelmäßig Kähne und Fuhrwerke in andere Städte zu schicken, um ihre Produkte im Export abzusetzen. Am Rhein werden die Waren in größere Schiffe umgeladen worden sein, damit sie z.B. bis nach Skandinavien kamen. Sie werden auch die Niederlassung weiterer Schmiede und in diesem Zusammenhang vielleicht schon die Wanderschaft der Gesellen geregelt haben.

Wenn es an einem Ort aus wie auch immer gearteten Gründen (gute Bedingungen für eine bestimmte Tätigkeit, hohe Nachfrage) eine große Anzahl an Handwerkern gibt, dann ist es wahrscheinlich, dass sich diese auch irgendwie organisieren. Da magst du Recht haben.
Das bedeutet jedoch noch nicht, dass es auch wirklich ein Zunftsystem im mittelalterlichen Sinne gab, also überregional vergleichbare und relativ einheitliche "Zunftordnungen", eine feste Verankerung der Zünfte im politischen System, und "Zunft" als fest definierten und "geschützten" Begriff.

Wenn wir den Begriff "Zunft" auf generell jede Absprache, Zusammenarbeit oder auch dauerhafte Organisation von Handwerkern ausweiten, haben wir gute Chancen, in vielen Kulturen Zünfte zu finden. Interessant ist (zumindest für mich) aber besonders, ob es in anderen Ländern (wie z. B. China) Handwerkerzusammenschlüsse gab, die auch den obenstehenden engeren Kriterien genügen.

Viele Grüße, der Maxdorfer

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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24.06.2015, 17:59
Beitrag: #27
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
Die Handwerksordnung wie wir sie heute in Deutschland kennen, Meisterzwang usw. usf.
stammt zu einem erheblichen Teil aus dem Jahr 1935.

Zuvor, spätestens seit 1868 und dem Nordeutschen Bund, galt auch in Deutschland die Gewerbefreiheit
1810 hat Preußen bereits die Zünfte mit allem pipapo abgeschafft, die anderen deutschen Länder haben sehr unterschiedlich reagiert
In den 1890er Jahren wurde der Meistertitel wieder eingeführt, und ab ca. 1900 war er zur Lehrlingsausbildung wieder Pflicht.

Heute, nach etlichen Reformen seit den 90er Jahren, die deutsche Handwerksordnung ist in der EG zumindest umstritten, hat man einen Kompromiss mit dem EG-Recht gefunden, aber etwas ähnliches gibt es nur noch in Österreich und in Luxemburg.

.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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18.06.2016, 02:33
Beitrag: #28
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
Ich würde auch von eimem Zunftwesen sprechen, wenn die Selbstorganisation der Handwerker nicht genau identisch mit dem Zunftwesen in Deutschland war. Eine frühe Selbstorganisation könnte es z.B. in den Städten der Induskultur gegeben haben.

viele Grüße

Paul

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18.06.2016, 11:37
Beitrag: #29
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
(18.06.2016 02:33)Paul schrieb:  ./.. Eine frühe Selbstorganisation könnte es z.B. in den Städten der Induskultur gegeben haben.

Woran machst du die These fest?
Gibt es daür Hinweise?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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21.06.2016, 18:08
Beitrag: #30
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
Nur noch eine Anregung, zu den Heiratsverboten und "Frauenverboten". Soweit mir bekannt, gab es bis zur Französischen Revolution für verschiedene Gruppen Heiratsverbote bzw. insofern Einschränkungen, als für Heiraten eine Erlaubnis notwendig war bzw. ein bestimmtes Vermögen vorgeschrieben.

Wir sollten auch nicht übersehen, dass die Gesellschaft vor der Französischen Revolution ganz anders aufgebaut war als im 19. und 20. Jahrhundert.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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24.06.2016, 18:48
Beitrag: #31
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
(21.06.2016 18:08)Teresa C. schrieb:  Nur noch eine Anregung, zu den Heiratsverboten und "Frauenverboten". Soweit mir bekannt, gab es bis zur Französischen Revolution für verschiedene Gruppen Heiratsverbote bzw. insofern Einschränkungen, als für Heiraten eine Erlaubnis notwendig war bzw. ein bestimmtes Vermögen vorgeschrieben.

Wir sollten auch nicht übersehen, dass die Gesellschaft vor der Französischen Revolution ganz anders aufgebaut war als im 19. und 20. Jahrhundert.

Das haben wir hier schon mal angerissen.

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...php?tid=89

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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28.01.2020, 13:06
Beitrag: #32
RE: Zünfte, Innungen und Ordnungen
Zum 1. Januar wurden wieder etliche Handwerke, Fliesenleger zB "Meisterpflichtig" sprich, wenn sich einer neu selbständig machen will, braucht er den Titel.

In Reutlingen gibt es einen ganzen Straßenzug mit "Barbershops" die brauchen keine Meisterprüfung wie die Friseure, dürfen aber nur "unterhalb der Ohren" schneiden und rasieren. Nix am Haupthaar.
Machen sie aber natürlich trotzdem, die Frisöre fauchen....

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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