Das Bismarck ´sche Bündnissystem
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03.07.2013, 16:44
Beitrag: #13
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RE: Das Bismarck ´sche Bündnissystem
(01.07.2013 13:35)Seine-Klausigkeit schrieb: Ein weiterer Faktor der in der deutschen Außenpolitik vor dem Ersten Weltkrieg vernachlässigt wurde sind die Synergieeffekte die die Kolonialpolitik auf den europäischen Boden haben würde...Das von Bismarck geerbte Bündnissystem lag mehr oder weniger in Scherben und ein Neuaufbau war reichlich unwahrscheinlich. Es gab also relativ wenig Kontinuität von Bismarck zu seinem Nachfolger, sieht man mal von dem Bündnus mit der KuK Monarchie ab. Das Bündnissystem Bismarcks war nach der Orientkrise auf das Heraustreten Englands aus der Rolle der "Splendid Isolation" angewiesen. Bismarck hoffte die mitteleuropäische Achse Berlin-Wien durch ein Bündnis mit London stabilisieren zu können. Im Ergebnis dachten seine Nachfolger ähnlich, so dass es hier durchaus Kontinuität in der außenpolitischen Konzeption gibt. Allerdings wartete Bismarck vergeblich auf eine positive Reaktion aus London, immerhin beschied man sein formelles Bündnisangebot gegen Ende seiner Amtszeit nicht sofort abschlägig, sondern behielt es "on the table". Die Chance offizielle Verhandlungen zu führen bot sich dann erst seinen Nachfolgern, die diese Gelegenheit im Rausch der "Weltpolitik" freilich verspielten, was ich als den folgenschwersten diplomatischen Unfall der deutschen Geschichte bezeichnen würde. Alledings hat man in der Wilhelmstraße traditionell die Lage Englands falsch eingeschätzt. Deutschland konnte England nichts bieten, was England nicht ohnehin schon hatte. Die Gefahr eines Kontinentalblocks zwischen dem Zweibund und Frankreich war fast ausgeschlossen und einer russischen Hegemonie in Südost-Europa musste Deutschland schon mit Rücksicht auf Österreich entgegentreten. In der Kolonialpolitik spielte Deutschland keine große Rolle, die realtiv zurückhaltende Rolle des Reichs hat zwar dazu geführt, dass es wenig koloniale Reibungspunkte zwischen London und Berlin gab (bis zuletzt weniger als zwischen London und Paris), dafür gab es aber auch wenig Verhandlungsmasse um etwaige Streitigkeiten beizulegen. Die spätere Entente Cordiale war ja aus britischer Sicht nicht speziell gegen Deutschland gerichtet, sondern erwuchs vor allem aus der Einsicht, dass ein Ausgleich mit Frankreich für das Empire wichtiger war, als ein Bündnis mit Deutschland, das unübersehbare Verwicklungen in Regionen Europas mit sich gebracht hätte, die für Großbritannien von keiner Bedeutung waren. Es ist bittere Ironie, dass zwar die wilhelminische Weltpolitik zunehmend die Spitze der britischen Strategie gegen das Reich wendete, andererseits das schwache koloniale Engagement der Bismarck-Jahre die Beziehungen zwischen London und Berlin konflikfrei hielten, damit aber aus englischer Sicht auch uninteressant machten. |
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