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Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund
12.01.2014, 03:40
Beitrag: #385
RE: Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund
Es sind sicher die Ereignisse der Jahre 1787 und 1788 gemeint. Und weil wir uns in einem österreichischen Forum für Geschichte befinden, versuche ich nachfolgend, den Feldzug Josephs II. darzulegen.

Der Feldzug Josephs II. gegen die Osmanen von 1787/88

Zwischen April und Juni 1787 hielt sich Joseph inkognito als Graf Falkenstein in Russland auf, wo er am Ende seiner Reise mit Katharina II. auf der Krim zusammentraf, um ihr seine Bündnistreue zu versichern. Einige Wochen später wurde der russische Botschafter Bulgakow in Istanbul verhaftet und in die Festung "Sieben Türme" gesperrt. Grund dafür war, dass Katharina II. sich weigerte, auf ihre Ansprüche auf die Dardanellen und auf das Schwarze Meer zu verzichten. Joseph II. weilte gerade in den Österreichischen Niederlanden, als er von den Ereignissen hörte. Überstürzt eilte er nach Wien zurück, um erste Truppen an die ungarisch-osmanische Grenze zu schicken. Unterstützt wurde er bei diesem Aktionismus vom Feldmarschall Lacy, der den bereits gesundheitlich angeschlagenen Joseph II. bestärkte, selbst das Heer in den Krieg zu führen.

Joseph II. selbst schonte sich nicht, alles - seiner Meinung nach Notwendige - wurde getan, um den Krieg gegen die Türken führen zu können. Sein exzessiv betriebener Raubbau an seiner schon angegriffenen Gesundheit führte schließlich 1790 zu seinem frühen Tod. Bereits Ende 1787 waren 250.000 Mann an der Grenze aufgestellt, ebenso 36.000 Pferde und 900 Kanonen, wobei der Großteil der Ausgehobenen militärisch unerfahren war. Zur Unterstützung dieser Armee wurde außerdem ein Tross aus 16.000 „Knechten“ gebildet, dem 19.000 Arbeitspferde, 12.000 Ochsen zur Verpflegung, 18.000 „spanische Reiter“ und 33.000 so genanntes Schanzzeug zur Verfügung standen. Wenn man bedenkt, dass das österreichische Heer im Frieden nur aus einer Hauptarmee aus 120.000 Mann bestand, kann man sich vorstellen, welcher Kraftaufwand von allen Beteiligten gefordert wurde.

Der bereits schwerkranke Joseph II. zeigte keine Vernunft, er kümmerte sich buchstäblich um jedes Detail. Auch Vermittlungsbemühungen des neuen preußischen Königs Friedrich Wilhelm II. blieben ergebnislos, Joseph wollte sich unbedingt seinen Kindheitstraum, im Krieg als Feldherr zu brillieren, erfüllen. Bereits vor der offiziellen Kriegserklärung an die Osmanen, ließ er einige ungarische Einheiten von Peterwardein (Novi Sad) über die Donau nach Belgrad eindringen, um die dortige Festung zu erobern. Dieser Handstreich hätte erfolgreich ausgehen können, da Joseph bereits während der Vorbereitungen den gegnerischen Festungskommandanten „gekauft“ hatte. Aber diese Bestechung war unnütz investiertes Geld, die ungarischen Boote hatten sich im Donaunebel verirrt und Belgrad blieb vorerst noch osmanisch.

Schließlich erklärte Joseph II. am 9. Februar 1788 den Osmanen offiziell den Krieg. In seiner Kriegserklärung bedauerte Joseph II. die seit vielen Jahren bestehende gute Nachbarschaft zur Hohen Pforte beenden zu müssen, aber deren nicht friedliche Politik, zwingt ihm die Verteidigung seiner Länder auf. Gleichzeitig mit der Versendung seiner Kriegsnote ließ Joseph seine Generäle und Obristen (Devins, Mitrowsky, Wartensleben, Fabris) in Kroatien, Serbien und in die Walachei einmarschieren. Der Feldmarschall Josias von Sachsen-Coburg wurde nach Iasy (Moldau) geschickt, von wo aus er im September 1788 nach Galizien vorstieß. D.h., die angreifende österreichische Armee musste 600 km Frontlänge von Moldawien bis zur Adria halten.

Diese eher unsinnige und hohe Opfer fordernde Kriegsführung verteidigten Joseph II. und Lacy mit einer angeblich existierenden „Philosophie der breiten Front“. Beide erwarteten auch den schnellen Kriegseintritt der Russen, so dass die Türken an zwei Fronten zu kämpfen hatten. Aber Katharinas Günstling Potemkin und die russische Generalität waren überhaupt nicht bereit, sofort Krieg zu führen. Der österreichische Staatskanzler umschrieb deren Verhalten sehr treffend mit „Sie ließen uns die Ehre des Blutvergießens.“ Schließlich verließ am 29. Februar 1788 Joseph II. Wien, um an die Front zu eilen. Er traf im Hauptlager in Futak (Futog), ca. 10 km von Peterwardein (Novi Sad), auf Lacy und seinen Neffen, den späteren Kaiser Franz II., die sich nicht über den Fortlauf des Feldzuges einigen konnten. Diese Passivität der Österreicher nutzten die Osmanen ihrerseits zum Vormarsch bis zur Donau.

Neben den militärischen Schwierigkeiten musste Joseph II. auch logistische Probleme überstehen. Die Ungarn sabotierten die Lebensmittellieferungen für die Armee, da sie aufgrund der Verwüstungen ihrer Felder eine Lebensmittelknappheit fürchteten. In Wien stieg der Brotpreis, einige Bäckereien oder Brotläden wurden geplündert und die Armen widersetzten sich der Polizei in zum Teil blutigen Gefechten. In den Österreichischen Niederlanden musste sich der Statthalter Ferdinand Trauttmannsdorf den Bedingungen der Aufständischen fügen, ehe er 1789 aus dem Amt gejagt wurde. Ebenso eskalierte die außenpolitische Situation des Kaisers. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. schloss ein gegen Joseph gerichtetes Bündnis mit England und den Niederlanden, dem sich nach seiner Kriegserklärung an die Russen de facto auch der Schwedenkönig Gustav III. anschloss. Friedrich Wilhelm II. verstärkte seine Armeeeinheiten an der preußisch-böhmischen Grenze. Am bedenklichsten für Joseph II. war aber sein gesundheitlicher Zustand, er litt wahrscheinlich an den Folgen des Sumpffiebers, das von heftigen Husten- und Erstickungsanfällen begleitet war. Die missliche Lage des Kaisers und seines Heeres war im Sommer 1788 für jeden, auch dem Kaiser selbst, ersichtlich.

In dieser Situation entließ Joseph seinen Günstling Lacy und ersetzte ihn durch Feldmarschall Laudon, der sich einst im Siebenjährigen Krieg von 1756 bis 1763 als sehr tüchtiger Militärführer bewährt hatte, immerhin konnten seine Truppen zweimal die Preußen unter Friedrich II. schlagen, aber im Jahr 1788 war er ein vom Leben verbrauchter Greis. Ein Zweck erfüllte die Ernennung des alten Feldherrn natürlich, er wurde von den Truppen begeistert empfangen und die Moral der Soldaten wurde für kurze Zeit wieder gefestigt, ebenso zeigten die Osmanen Respekt vor den „alten deutschen Scheitan Laudon“. Doch Laudon konnte den Zustand der österreichischen Armee auch nicht von heute auf morgen verbessern.

Bezeichnend für den Zustand der österreichischen Armee ist nachfolgender Vorfall: Rumänische Bauern hatten den Soldaten Branntwein verkauft. Und so tranken in der Nacht vom 20. zum 21. September 1788 in der Nähe der (heutigen rumänischen) Kleinstadt Karasebes verschiedene Einheiten reichlich den billigen Fusel. Das Besäufnis endete nach einem Streit zwischen Husaren und Infanteristen, die sich zuerst prügelten und danach gegenseitig beschossen. Ob es sich nur um einen Konflikt unterschiedlicher Waffengattungen gehandelt hat oder es dabei um einen Konflikt diverser Nationalitäten handelte, ist ungewiss. Diese Schüsse wurden jedenfalls von umliegenden Truppenteilen gehört, die wiederum in Panik verfielen, weil sie glaubten, vom Feind überrannt worden zu sein. In diesem Chaos versuchten einige Offiziere beherzt, aber vergebens einzugreifen. Die österreichische Armee befand sich planlos auf ihren Rückzug, dem sich die Bürger der anliegenden Ortschaften anschlossen. Ob es aufgrund dieses umstrittenen Ereignisses tatsächlich zu 10.000 Toten gekommen sein soll, ist bisher nicht zufrieden stellend geklärt worden.

Joseph II. verfiel zunehmend, neben seinen körperlichen Leiden litt er auch an Depressionen, völlig entmutigt kehrte er nach Wien zurück, wo er Ende November erleichtert das osmanische Waffenstillstandsangebot annahm. Die Soldaten wurden in ihre Winterquartiere oder nach Hause geschickt. Joseph II. begab sich sofort in die Behandlung seines Leibarztes Störck, der sofort ein Konsilium aus der Wiener Ärzteschaft verpflichtete, vor allem nachdem der Kaiser begann, Blut zu spucken. Joseph musste jetzt jede Menge ärztliche Maßnahmen erdulden, beginnend von der regelmäßigen Einnahme von Ziegenmilch, die später durch Eselsmilch und andere „Medikamente“ wie das aus Chinarinde gewonnene „Jesuitenpulver“ ersetzt wurde. Aber die damaligen Mediziner konnten Joseph nicht heilen.

In seinem letzten Jahr musste sich Joseph II. vor allem innenpolitischen Schwierigkeiten stellen. Neben der Brabanter Revolution oder den Hungerunruhen in Städten wie Wien, rumorte es vor allem unter den ungarischen Adligen, die sich weigerten die im Februar 1789 neu erlassene Grundsteuer auf ihren Besitz zu zahlen. Der Krieg auf dem Balkan setzte sich fort, der alte Laudon wurde durch den alte Hadik ersetzt, dem wiederum Laudon folgte… Eine glückliche Wendung des Krieges brachte im September 1789 der gemeinsame Sieg der Österreicher unter Josias von Coburg und der Russen unter Suworow in der Walachei, dem am 12. Oktober 1789 die Eroberung Belgrads durch die Österreicher unter Laudon folgte.
Am 27. Juli 1790 erklärte Österreich in der Konvention von Reichenbach seine Bereitschaft zum Frieden mit den Osmanen, der schließlich am 4. August 1791 in Sistowa geschlossen wurde. Joseph II. erlebte dies nicht mehr, er verstarb fast 49-jährig bereits am 20. Februar 1790 in Wien und hatte einige Tage vorher seine Reformen widerrufen.

Jetzt, nachdem x.mal Durchlesen, weiß ich, was Du meinst. Die so genannte "Schlacht von Karansebes", in der sich das österreichische Heer gegenseitig bekämpfte, ist gesucht.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund - Sansavoir - 12.01.2014 03:40

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