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Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund
30.04.2016, 12:25
Beitrag: #1575
RE: Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund
(29.04.2016 15:26)Suebe schrieb:  
(25.04.2016 18:17)Aguyar schrieb:  Eine weitere Hilfestellung. Der "Geisterschütz" hat einen weiteren Übernamen, "Kleiner Li Guang".

der Aguyar ist ein Granaten-Scherz-Keks
gibt man nämlich statt "klein" die englische Übersetzung "little" ein, kommt kein in der Mist-Brühe ersaufender Spanner
sondern das:

Zitat:Hua Rong is a fictional character in Water Margin, one of the Four Great Classical Novels of Chinese literature. He ranks 9th of the 36 Heavenly Spirits of the 108 Liangshan heroes and is nicknamed "Little Li Guang"

aus wiki
und was sagt euch das?
Richtig, die Eidgenossen haben nicht nur einen "anrüchigen" Humor, die können auch "a little bit" Englisch. Big GrinLolAngel

Sorry, nicht böse gemeint, ist ja auch das Jux-Rätsel

Ausgezeichnet Suebe, mein Kompliment. Du hast richtig gesucht. Der Meisterschütze "Hua Jung / Hua Rong" genannt Geisterschütz oder Kleiner Li Guang und ist einer der 108 Häuptlinge der Räuber vom Liang schan Moor in Schantung. Die Zahl 108 hat eine mystisch-religiöse Bedeutung.

Die „Räuber vom Liang schan Moor“ sind Sagen über Räuber und Rebellen, die in den chinesischen Provinzen Schantung, Henan, Jiangsu und am Yang tse ihr Unwesen trieben. Die Handlung der Sagen ist zeitlich im frühen 12. Jahrhundert, in die letzten Regierungsjahre der Sung-Dynastie, zu verordnen, kurz bevor das Volk der Kitan Nordchina eroberte, die Sung entmachte und als Kin-Dynastie (welche wiederum später von Dschinggis-Khan entmachtet wurde) Nordchina beherrschte, während im Süden des Reiches die Sung-Dynastie als sogenannte „südliche Sung-Dynastie“ weiter regierte (bis sie von Kublai-Khan, dem Enkel von Dschinggis-Khan und Begründer der Yüan-Dynastie ebenfalls entmachtet wurde).

Die „Räuber vom Liang schan Moor“ gehört zusammen mit der „Traum der roten Kammer“, der „Reise nach Westen“, der „Geschichte der Drei Reiche“ und „King Ping Meh“ zu den fünf klassischen Romanen der chinesischen Literatur und ist möglicherweise der weltweit älteste Roman. Entstanden ist der im Original nicht mehr vorhandene Roman im 14. Jahrhundert unter dem Titel „Schui hu tschuan“ – „Wasserufergeschichten“ – als Sammlung von vermutlich älteren mündlichen Überlieferungen.

Die Handlung spielt, wie gesagt, im frühen 12. Jahrhundert. Der Roman behandelt die Geschichte der Räuberbande unter ihren Anführern Sung Kiang / Sung Kung Ming, genannt „Regenspender von Schantung“ und Tschao Kai, genannt „Pagodenträger“, welche am Anfang eine gewöhnliche Bande von Wegelagerern ist, sich im Zuge der Entwicklung aber zu Eroberern von Burgen und schliesslich Städten entwickeln. Nach zahlreichen misslungenen Versuchen, die Bande zu zerschlagen werden die Liang-shan-Räuber schliesslich begnadigt und erfolgreich gegen das Volk der Dschurdschen, welches als Liao-Dynastie (historisch) über die Region von Peking herrscht und von der Sung-Dynastie jährliche Tribute erhält und gegen den Rebell und Gegenkaiser Fang La (historisch) eingesetzt. Weiter enthält der Roman aber auch Episoden aus dem Leben einiger der 108 Häuptlinge, welche recht romantische Übernamen wie „Pantherschädel“, „Donnerschlag“, „Buntfelltiger“, „Schwarzer Taifun“ „Rothaarteufel“ „Wolkendrache“, „Listenstern“ „Strandsignalpfeife“, „Schlammflussdrache“ „Höhlenmolch“ und „Kranker Yamenwächter“ tragen, bevor diese zur Bande stiessen.

Die Zusammensetzung der 108 Häuptlinge ist recht heterogen: Sie umfasst neben ehemaligen kaiserlichen Heerführern und Beamten, Waffenmeistern, Wissenschaftlern und Künstlern auch Bauern, Handwerker, Mönche, Händler, Fischer und Gastwirte sowie wirklich Kriminelle wie Wegelagerer, Diebe, Flusspiraten, Salzschmuggler und Kannibalen. Auch drei Frauen sind darunter, eine virtuose Fechtkünstlerin und Burgherrin, eine rabiate Gastwirtin mit dem Übernamen „Tigermutter“ und eine Menschenfresserin.

Die deutsche Wikipedia über die Räuber vom Liang Schan Moor ist rudimentär (https://de.wikipedia.org/wiki/Die_R%C3%A...han-Moor), die englische ist etwas ausführlicher (https://en.wikipedia.org/wiki/Water_Margin) und geht sogar kurz auf einige der 108 Häuptlinge ein (https://en.wikipedia.org/wiki/108_Stars_of_Destiny).

Ich selbst habe den Roman in der deutschen Übersetzung und stark gekürzten Version von Franz Kuhn aus den 60ern und in der vollständigen englischen Übersetzung von Pearl S. Buck gelesen. Eine weitere deutsche Übersetzung gab es von Johanna Herzfeld aus DDR-Zeiten, die aber wie die Kuhn-Version offenbar ebenfalls vergriffen ist.

Der oberste Anführer der Bande vom Liang Schan Moor, Sung Kiang oder Sung Kung Ming (der „Regenspender von Schantung“) ist historisch belegt, wenn auch dürftig:
Einen Hauptteil der amtlichen Annalen der 25 chinesischen Dynastien bilden die sogenannten „Lebensbeschreibungen“ geschichtlich wichtiger Persönlichkeiten. Unter den hunderten Lebensbeschreibungen der Sung Dynastie (960 – 1126) – bevor sich die südliche Sung-Dynastie abspaltete – findet sich allerdings keine Biographie von Sung Kiang, dem obersten Anführer der Liang-schan-Räuber. Dies heisst allerdings noch nicht unbedingt, dass Sung Kiang nur eine Sagengestalt ist, sondern könnte mit dem Propaganda-Verhalten der damaligen Chronisten zu erklären sein. Man wollte einem Rebellen die Geringschätzung dadurch bekunden, dass man ihn keiner eigenen Biographie würdigte. Jedenfalls konnte man eine solche wichtige Persönlichkeit offenbar nicht gänzlich unterschlagen. In den Biographien der beiden kaiserlichen Feldherren Hou Mong und Tschang Schu Yiä (welche im Roman ebenfalls auftauchen) lassen sich einige Hinweise auf Sung Kiang finden. Diesen Notizen zufolge hatte der Feldherr Hou Mong im „im zweiten Jahr der Epocho Hsüan ho (1120) der Regierung Hui Tsung (1100 bis 1126) einen alarmierenden Thronbericht erstattet, wonach der Rebell Sung Kiang mit seinen 36 Häuptlingen (die erste Garde der 108) das Gebiet der ehemaligen Fürstentümer Tsi und Weh (nordwestliches Schantung, südliches Tschi li, südliches Schan hsi, nördliches Honan) unter seine Botmässigkeit gebracht hatte. Die stärksten Regierungstruppen vermöchten nicht gegen ihn auszurichten, seine Fähigkeiten überstiegen alles irdische Mass, das beste sei, ihn zu begnadigen und ihm Gelegenheit zu geben, sich durch Bekämpfung des Rebellen Fang La wieder ehrlich zu machen. Daraufhin wurde Hou Mong gegen Sung Kaing in Marsch gesetzt, starb aber unterwegs. Sein Nachfolger Tschang Schu Yiä setzte eine Begnadigung für Sung Kiang und seine Leute durch brachte ihn zur friedlichen Unterwerfung.

Diese Angaben werden bestätigt durch das halboffizielle populäre Geschichtswerk Tung kiän kang mu (unter dem Zyklus-Doppelzeichen hsin tschou, was der europäischen Jahreszahl 1121 entspricht). Der gelehrte Geschichtsglossar billigt dem Rebellen Sung Kiang als mildernden Umstand gnädig zu, dass er einer rechten konfuzianischen Erziehung entbehrt habe und die Begnadigung trotz der an sich todeswürdigen Taten daher zu vertreten gewesen sei.

Eine weitere kurze Notiz über Sung Kiangs Eroberungen enthält „Die Geschichte der alten Kaiserstadt Loh yang“.

Drei Daten finden sich im Roman selbst. Danach datiert die kaiserliche Begnadigung vom „zweiten Monat des vierten Jahres der Epoche Hsüan ho“ (1122). Der Thronbericht, den Sung Kiang dem Kaiser nach beendetem Feldzug gegen die Liao-Dynastie erstattete, datiert vom „neunten Monat des fünften Jahres Hsüan ho“ (1123). Sung Kiangs Tod fällt in das erste Drittel „des ersten Sommermonats (Mai) des sechsten Jahres Hsüan ho“ (1124).

Da der Roman auch Kritik gegen Korruption und Misswirtschaft der in China herrschenden Gelehrtenkasten enthält, wurde er im Verlauf der Geschichte wiederholt zensuriert und verboten. Ein scharfer Erlass aus dem Ende des 18. Jahrhunderts ordnete strenge Haussuchungen bei den Verlagen und Buchhandlungen nach etwaigen Beständen. Nebst den Romanen sollten dabei auch noch etwaige vorhandene hölzerne Druckstöcke verbrannt werden. Der Roman „King Ping Meh“, welcher eine kleinere, etwas abgeänderte Episode aus dem Roman der Räuber enthält war bis ins 20. Jahrhundert (nicht nur in China) verboten, da dessen Inhalt als „pornografisch“ galt.

Das Liang schan Moor, in historischer Zeit ein ausgedehntes Wasser- und Sumpfgebiet beim sogenannten Liang Schan Berg (Schan heisst, glaube ich, „Berg“), in dessen Zentrum die Räuber ihr befestigtes, burgähnliches Quartier hatten, ist heute kein Moor mehr. Es lag südöstlich von der Stadt Schou tschang hsiän in Schantung im Vereinigungsgebiet der Flüsse „Wen“, „Tsi“ und „Küe“. Als der Gelbe Fluss (Huang ho) seinen Wasserlauf nach Süden verlegt hatte, wurde das Gebiet im Laufe der Jahre trockengelegt und aufgeschüttet. Die Gegend lässt sich auf Google Maps ohne weiteres finden: https://www.google.ch/maps/@35.8703746,116.1463444,11z

PS: Meine Schreibweise der chinesischen Namen orientiert sich an Franz Kuhn und ist hoffnungslos veraltet.

Mit diesem Rätsel wollte Agyuar, der "Kleine ein bisschen englisch verstehende Anrüchige" Big Grin , euer Interesse auf eine Epoche des hochmittelalterlichen China lenken.
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RE: Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund - Aguyar - 30.04.2016 12:25

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