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Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund
13.08.2017, 13:17
Beitrag: #2389
RE: Jux-Rätsel mit geschichtlichem Hintergrund
Ergänzung zur Auflösung des Rätsels:

Der Jux des Rätsels:
Dass sich bereits im Spätmittelalter (und nicht nur dort) beobachten lässt, dass ein ausgefallener Vorname, nachdem er einmal verwendet wurde, in diesem Fall wohl wegen der späteren Bekanntheit und Popularität des Trägers ein Mode-Name bzw. populärer Vorname wird.
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Die Quelle für das Rätsel:
Seit Anfang des 14. Jahrhunderts (eine Rolle spielte dabei ein Schiedsspruch des Erzstiftes Salzburg aus dem Jahr 1311) kam jene Gegend, in der sich heute die Stadt Celje (damals Cilli) befindet, unter die Herrschaften des damaligen Herzogtums Steiermark. im 18. Jahrhundert gehörte die Region zum damaligen Kronland Steiermark, nach 1918 kam sie als Teil der Südsteiermark an den späteren Staat Jugoslawien, heute gehörte sie zu Slowenien.

Dass nach dem Ersten Weltkrieg ein Teil der Steiermark zu Slowenien kam, ist bis heute unbekannt und war bereits in der Nachkriegszeit de facto vergessen. (Fälle um die Grenzbildung nach dem Ersten Weltkrieg, die sich als Vergleich hier anbieten und zumindest in der Republik Österreich bekannt blieben, ehe Österreich EU-Land wurde, sind der "Kärntner Abwehrkampf" und natürlich der "Südtirol-Konflikt".)

Bei einem oberflächlichen Blick auf die Geschichte der späteren Steiermark entsteht der Eindruck, dass es dort im Vergleich zu anderen Gebieten seit dem 16. Jahrhundert relativ ruhig zugegangen sein dürfte. Ob es dort richtige kriegerische Auseinandersetzungen, Aufstände, Fehden und Ähnliches gegeben hat - jedenfalls dürften sie nur als Lokalgeschehnisse wahrgenommen worden sein, in der deutschsprachigen späteren Geschichtsschreibung und -Wahrnehmung blieben sie weitgehend unbeachtet, und das lässt sich selbst für spätere österreichische Geschichtswahrnehmung und -Vermittlung feststellen.

Damit hängt wohl auch zusammen, dass der Krieg bzw. die Kriege um das Erbe der (Reichs-)Grafen von Cilli bis heute unbekannt sind, wie auch die Grafen von Cilli eigentlich nur im Bezug auf Barbara von Cilli, der Ehefrau des späteren Kaiser Sigismund, und vielleicht noch ihres Neffen, des späteren Grafen Ulrich II. von Cilli, bekannt sind. Dieser dürfte allerdings noch am ehestens in der ungarischen Geschichtsschreibung bekannt sein, wo er als Gegner der Familie Hunyady, aus der der seit dem 19. Jahrhundert als "Heldenkönig" gefeierte Mathias Corvinus stammt, in der nationalen Geschichtsschreibung die Rolle des "Oberschurken" erhielt. (Eine ganz andere Sicht zu ihm und seiner Familie findet sich zurzeit nur in: Franz Theuer: Der Raub der Stephanskrone. Der Kampf der Luxemburger, Habsburger, Jagiellonen, Cillier und Hunyaden um die Vorherrschaft im pannonischen Raum, Roetzer, Eisenstadt, 1994, ISBN 3-85374-242-4. Theuer

Daten zu ihm bei "Tante Wiki" unter https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Theuer
ist allerdings als Historiker umstritten. Das Buch selbst, sehr materialreich und detailverliebt, ist auch nicht gerade einfach zu lesen, da seine Informationsfülle (mein persönlicher Eindruck) Leserinnen und Leser beinahe zu erschlagen droht. Nichts desto weniger ist Theuers Buch eine anregende Lektüre, die indirekt auch zum Überdenken und Hinterfragen von historischen, als verbindlich geltenden Sichtweisen ermutigt.

Barbara und besonders Ulrich haben jedenfalls auch in der heutigen Geschichtsforschung (trotz eines Franz Theuers, bei dem sie und ihre Dynastie sehr positiv wegkommen) eher das Image von Negativfiguren.
Dass Barbara zurzeit eine positive Wertung in der deutschsprachigen Geschichtsforschung erfährt, dürfte in erster Linie mit ihrem Geschlecht zusammenhängen (Frauengeschichtsforschung und die dort zu beobachtende Tendenz, dass Frauen keineswegs negativ gesehen werden dürfen) und der Geschichtswahrnehmung des 21. Jahrhunderts, die von der tschechisch-nationalen Geschichtsforschung dominiert wird. (Seit man dort die Luxemburger als das (angebliche) spätmittelalterliche Pendant zu den Staufern und Ottonen entdeckt hat, mit einer (geplanten?) Gründung eines "Heiligen Römischen Reich böhmischer Nation" wurde plötzlich auch aus Barbaras Ehemann Sigismund, der über Jahrhunderte als eine negative oder zumindest zweifelhafte Persönlichkeit (und manchmal auch als eine Art Witzfigur) wahrgenommen wurde (dies interessanterweise in sämtlichen europäischen Staaten) der (angeblich) "letzte große Kaiser" des Mittelalters entdeckt. Das dürfte zurzeit die Wahrnehmung von Barbara ebenfalls beeinflussen.

Auf jedem Fall sind das Erbe der Grafen von Cilli ebenso wie auch die Erinnerung, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, wo zumindest die Herrschaft der Habsburger über die südliche Steiermark und über Krain (der heutige Staat Slowenien), im Kanaltal (heute Teil des Staates Italien) und über das Kärnten mit Osttirol (heute Teil des EU-Landes Österreich) keineswegs "ungefestigt" war.

Vielleicht ist aber der Bezug zu einem Schauplatz in der früheren Südsteiermark, die heute zu Slowenien gehört, auch der Grund, warum die Sage vom Hl. Maximilian sich keines in den heute noch am Buchmarkt zu findenden Büchern mit Sagen aus Österreich zu finden ist. Ich selbst habe sie erst im Internet durch Zufall entdeckt.

Wer übrigens die Sage selbst lesen möchte:
Sie findet sich unter http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterre...ilian.html auf Sagen.at.

Hinweise zu ihr gibt es im Regiowiki.At.
(Regionale Wikis entwickeln sich zurzeit als Alternativen (und manchmal recht nütztliche Ergänzungen) zur (inzwischen doch sehr "deutungshoheitlichen") Wikipedia. (Wobei ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Admins von Wikipedia andere Wikis grundsätzlich als Konkurrenz empfinden, die sie am liebsten schlecht machen oder totschweigen, auch wenn offiziell (zumindest in den zur Information bestimmten Teilen der Websites) das Gegenteil behauptet wird. Aber vielleicht ist das auch nur mein persönlicher Eindruck, der nicht unbedingt der einzig Richtige sein muss.)

Links auf Regiowiki.At unter
- http://akademie.regiowiki.at/wiki/Kaiser_Friedrich_III. (wo ich die Idee zu diesem Rätsel gefunden habe)
- http://akademie.regiowiki.at/wiki/Maximilian_I.

Wer überhaupt Interesse an Sagen hat:
Offensichtlich hat das RegioWiki.At zurzeit eine (österreichische?) Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter mit speziellem Interesse daran, denn dort finden sich inzwischen eine ganze Reihe von Hinweise auf Sagen (mit Schauplatz Österreich).
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Abschließend noch zu einem Versuch meinerseits die Hinweise aufzulösen:

Der Hl. Maximilian, nach dem gefragt wurde:
Der Hl. Maximilian von Celeia (Cilli oder Celje),
auch der Hl. Maximilian von Lauriacum (oder Lorch, heute bei Enns, Oberösterreich und somit ein "Konkurrent" des Hl. Florian, der seit einigen Jahren den Markgrafen Leopold III. dort als Landesheiligen abgelöst hat)
oder der Hl. Maximilian vom Pongau

Gelebt haben soll er im 3. Jahrhundert, als Todestag gilt der 12. Oktober, das Martyrium soll er während einer Christenverfolgung unter Kaiser Numerianus erlitten haben.

Seine Attribute sind die Palme (Symbol des Märtyers), das Schwert (Hinweis auf seinen Tod durch Enthauptung) und das Kreuz (Hinweis auf seine Rolle als Missionar).

Was seine geographischen Zuordnungen betrifft, so gilt Cilli (zu seiner Zeit Claudia Celeia) als sein angeblicher Geburtsort und als Ort seines Martyriums, Lorch (Gedenkstätte des Hl. Florians) war seine wichtigste Wirkungsstätte bzw. soll er dort der erste Bischof gewesen sein, im Salzburger Pongau ist die erste Kapelle für ihn nachgewiesen (wobei nicht auszuschließen ist, dass er hier vielleicht mit einem anderen Maximilian "verschmolzen" ist.

Seine Verehrung soll im 13. Jahrhundert eine Wiederbelebung erfahren haben.

Quellen:
- https://www.heiligenlexikon.de/Biographi...ilian2.htm (im Ökomenisches Heiligenlexikon)
- https://regiowiki.pnp.de/index.php/Maxim...von_Celeia (in Regiowiki.Niederbayern)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_von_Celeia (auf "Tante Wiki)

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Wenn Interesse besteht, kann ich noch etwas mehr zum Hintergrund der Sage schreiben und vor allem zum Cillier Krieg. Das wird allerdings noch etwas dauern.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

Josephine Tey, Alibi für einen König
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