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Bildungspolitik
04.10.2012, 08:36
Beitrag: #64
RE: Nicht so wichtig?
(03.10.2012 21:30)Bunbury schrieb:  Am Montag abend war ich auf einem Elternstammtisch. Nicht, daß besonders viele Eltern da gewesen wären, aber immerhin, der eine oder andere kam dann doch. Und dabei bekam ich etwas zu hören, was mich dann doch sehr nachdenklich machte.
In der sechsten Klasse stehen drei Wochenstunden Biologie auf dem Stundenplan. Zwei davon werden am Freitag nachmittag unterrichtet- und haben in den mittlerweile 8 Wochen seit den Sommerferien gerade zweimal stattgefunden. Sofern sie jetzt am Freitag stattfinden, haben gerade mal 13 von 25 Unterrichtseinheiten stattgefunden.
Auf dem Plan stehen in diesem Schuljahr Fische, Reptilien, Amphibien und Vögel sowie Sexualkundeunterricht. Eine Am Stammtisch anwesende Mutter sagte, sie sei gar nicht so traurig, daß der Unterricht ständig ausfiele. Dann sei er wenigstens nachmittags mal daheim, Bio sei schließlich unwichtig. Wenn da der Unterricht ausfiele, sei es nicht schlimm.
Irgendwie machte mich diese Aussage betroffen. Nicht schlimm? Wenn ein Abiturient die Schule verläßt und keine Ahnung davon hat, was der Unterschied ist zwischen einem Reptil und einer Amphibie? Keine Ahnung davon hat, wie die Tiergattungen aufeinander aufbauen? Das soll nicht schlimm sein? Kommt es heute wirklich nur noch darauf an, daß man Mathe beherrscht, um Ingenieur zu werden, Englisch, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können? Nein, für Börsenkurse und Managerposten braucht man nicht zu wissen, was der Unterschied ist zwischen einem Reptil und einer Amphibie.
Aber ist das alles, wozu Bildung da sein sollte? Bildung als Mittel zum zweck, zur Bereitstellung von "Human Ressources"? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß diejenigen, die damals zur Zeiten der Aufklärung als Ideal die Bildung sahen, das im Sinn hatten.
Wenn ja- dann - Armes Deutschland.

Das stimmt allerdings.
Ich wundere mich wirklich, dass bei "dir" an der Schule so wenig Biologie stattfindet. Besonders in den unteren Klassen ist der Unterrichtsstoff einfach unheimlich wichtig.
Mein Großvater, promovierter Chemiker, hat mit mir gerade gestern wieder lange und ausdauernd darüber gesprochen. Er kriegt das halt in seinen Fachgebieten Chemie (als Hauptstudienfach), Geologie (als Nebenfach) und Astronomie (als Hobby) immer wieder mit, dass manchen Menschen einfach die grundlegenden Kenntnisse fehlen, gerade den Journalisten, die ja keine Fachausbildung absolviert haben müssen.
Du hast also völlig recht, die Themen, die du da genannt hast, sind wirklich essentiell, und es ist ein Armutszeugnis, dass da so viel ausfällt. Die Äußerung der einen Mutter kann ich mehr oder weniger verstehen. Ich weiß nicht, wie viel sie arbeitet und wie viele außerschulische Aktivitäten ihr Sohn noch macht, aber dass es sie freut, wenn ihr Sohn endlich mal zu Hause ist, kann ich verstehen. Natürlich ist es trotzdem gravierend, was sich bei euch an Unterrichtsausfall summiert.
So weit, so gut - oder besser, so weit, so schlecht. Aber der Witz an der Sache ist ja der Stoff aus den höheren Klassen und Kursen. Das fing bei uns schon in der achten Klasse an. Ich war in der bilingualen Biologie-Klasse (zweisprachiger Unterricht in Deutsch-Englisch), aber trotzdem gab es da schon Dinge, die einfach unnötig waren. Ein Beispiel (bei weitem nicht das einzige): Wir durften alle 32 Körperteile des klassischen Regenwurms auswendig lernen und mussten sie zuordnen können - und auf Deutsch UND auf Englisch! Und nicht im Leistungskurs, sondern in der achten Klasse!
Um noch einmal auf meinen Großvater zurückzukommen, er regt sich nun einmal gerne auf, und da hat er auch jede Menge Grund dazu. Ein Grundkurs oder auch eine Chemieklasse der Mittelstufe sind nun einmal dazu da, um die Grundlagen zu beherrschen, eben beispielsweise, um verstehen zu können, was die Zeitungen berichten. Sowohl spätere Journalisten als auch spätere Leser/Zuschauer müssen die "Basics" der Chemie erlernen, verbunden vielleicht mit etwas aktuell nutzbarem Wissen, zum Beispiel über Radioaktivität. Gleiches gilt natürlich auch für andere Fächer, Mathe, Geschichte, Musik etc.
Doch das, was bei uns im Chemieunterricht durchgenommen wird, oder auch teilweise vor bis zu zwei Jahren durchgenommen wurde, ist laut ihm ziemlich unnötig. Die Broensted-Säuren, mit der wir uns monatelang herumschlugen, kannte er gar nicht, und selbst als ich sie ihm erklärte, konnte er sich nicht erinnern. Reaktionskinetik benötigt nach der Schule erst recht nur noch der professionelle Chemiker, vom Reaktionsverhalten der Erdalkalimetalle erst ganz zu schweigen.
Diejenigen, die dieses Wissen wirklich brauchen, befinden sich im Chemie-Leistungskurs.

Besonders vor diesem Hintergrund kann ich dein Entsetzen gut verstehen. Meiner Meinung nach müsste der Lehrplan an vielen Stellen weggekürzt werden, um dafür ein breiteres Fundament an (dauerhaftem) Wissen zu schaffen.

Und bitte, grinst nicht so blöd, nur weil ich geschrieben habe, man solle den Lehrplan zusammenkürzen.

VG
Der Maxdorfer

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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Bildungspolitik - Maxdorfer - 31.08.2012, 18:03
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