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Wie wurden die Rumänen romanisiert?
07.10.2013, 07:35
Beitrag: #5
RE: Wie wurden die Rumänen romanisiert?
(06.10.2013 18:08)Paul schrieb:  Wir haben auch noch keine richtige Lösung dafür, wo die ostgermanische Bevölkerung "verschwunden" ist, wenn nur ein Teil in den Westen wanderte und die wenigen Krimgoten auch nicht die Erklärung sind.

Die verschwinden ja "nur" aus der archäologischen Perspektive. Da, wo vorher die Ostgermanen saßen, treten "plötzlich" Elbgermanen auf, in Böhmen etwa oder an der mittleren Donau. Und zwar ungefähr zur gleichen Zeit, als die Hunnen ihr Reich mit Mittelpunkt in der ungarischen Tiefebene aufgebaut haben. Dass da ein Zusammenhang besteht, erscheint logisch. Nur welcher Zusammenhang das ist, das wissen wir nicht.
Wir können vermuten, dass die Stämme von den Hunnen entweder vernichtet oder - wahrscheinlicher - in andere Stämme integriert worden sind. Rätselhaft bleibt trotzdem, wohin die verschwunden sind. An das heutige Rumänien könnte man da schon denken, allein es fehlt der Nachweis. Die müssten ja noch ein, zwei Generationen lang ihr kulturelles Erbe irgendwie gepflegt bzw. beibehalten haben.
Goten und Vandalen wanderten ab und nahmen zahlreiche andere Stämme wie die Gepiden in ihre Reihen auf, die fortan auch unter dem Label Goten bzw. Vandalen liefen. Aber allein dadurch können Rugier, Skiren, Heruler, Gepiden, Lugier, usw. nicht so vollständig verschwunden sein.
Oder doch?

Nach dem Untergang des Rugierreichs 488 ziehen die Überlebenden mit den Ostgoten nach Italien und werden dort wohl assimiliert. Damit verschwinden die Rugier 488 aus der archäologischen Überlieferung an der Donau.
Die Lugier waren wohl identisch mit einem Teilstamm der frühen Vandalen. Sie werden mit diesen Richtung Afrika gezogen sein, wenn sie nicht schon früher als eigener Stamm in den Vandalen aufgegangen sind.
Die Heruler haben sich vielleicht als gotische Vasallen am Schwarzen Meer gebildet, vielleicht aber auch erst mit der Gründung eines eigenen Reichs an der mittleren Donau. Als dieses Reich 508 von den Ostgoten zerschlagen wurde, zerstreuten sich die Heruler, bildeten um Belgrad noch einmal ein Reich von Ostroms Gnaden und gingen dann wohl in den Slawen auf. Ein Verschwinden der Heruler aus der archäologischen Dokumentation um 500 herum ist also ebenfalls logisch. Den Stamm als solchen gab es noch eine Zeitlang, er mag einen Beitrag auch zu den entstehenden Rumänen beigetragen haben, schon möglich.
Die Skiren als Volksstamm waren schon vor der Zeit Odoakers, des berühmtesten Skiren, als "eigenständiger" Stamm - soweit man dies von den germanischen "Stämmen" der Völkerwanderungszeit überhaupt sagen kann - in anderen Völkern wie den Ostgoten aufgegangen.
Auch die Bastarnen - eventuell gar keine Ost-, sondern Elbgermanen - gingen in den verschiedenen auf dem Balkan siedelnden und wandernden Völkern auf, nachdem sie von ihren traditionellen Siedlungsplätzen zwischen Karpaten und Donaumündung - also in nachbarschaft zu den Dakern - durch Goten und Sarmaten vertrieben worden waren.
Die Gepiden unterliegen 567 letztmalig den Langobarden, ein Großteil zieht anschließend mit den Langobarden nach Italien und wird dort assimiliert, ein anderer Teil bleibt vor Ort und wird von den Awaren assimiliert, ein dritter Teil geht auf den oströmischen Balkan und wird dort assimiliert. Auch hier ist ein gewisser, unbestimmbarer Beitrag zur Bildung der Rumänen denkbar sowie ein Verschwinden aus der archäologischen Dokumentation um 570 herum völlig logisch.
Die Geschichte der Burgunder ist hnireichend bekannt, durch ihre Wanderung an den Rhein verschwinden auch sie aus der Archäologie des Donauraums.

Im Ganzen gesehen muss also wie du richtig gesagt hast von einem Verschwinden der Ostgermanen und einer (Teil-)Assimilation in andere Germanenstämme, in romanisierte Balkanstämme, in Hunnen, Awaren etc. und in Slawen ausgegangen werden. Ausgangspunkt ist jeweils die Zerstörung eines ihrer Reiche, die meist im mittleren Donauraum verortet werden müssen, Zeitpunkt des Verschwindens insgesamt zwischen ca. 450 und 550 n.Chr.

Welche Rolle die Ostgermanen bei der Entstehung der Rumänen spielten, bleibt spekulativ. Da die Walachen/Rumänen aber schon zuvor ein Wanderhirtendasein plfegten, und sich auch an ihrer Sprache nichts Großartiges änderte, dürfte dieser ostgermanische Anteil ethnologisch gesehen recht klein gewesen sein, wenn er überhaupt existierte.
Einzig die Bezeichnung "Walachen" wird wohl aus dieser Zeit des direkten Kontakts zwischen an der Donau siedelnden Ostgermanen und romanisierten Bewohnern des ehemaligen Dakiens bzw. Moesiens und Thrakiens stammen, also spätestens um 500 herum entstanden sein.

VG
Christian
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RE: Wie wurden die Rumänen romanisiert? - 913Chris - 07.10.2013 07:35

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