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Protestantismus
04.02.2017, 12:32
Beitrag: #8
RE: Protestantismus
(04.02.2017 10:19)Suebe schrieb:  Die Vorgänge um das Vetlin kenne ich lediglich aus einem Roman, wo es allerdings anders geschldert wird. Die Österreicher hätten dieses schöne Land für sich selbst haben wollen. das bündische "Establishment" hätte ihren veltliner Gütern noch lange nachgetrauert.

Ich nehme an, bei dem Roman, den Du ansprichst, handelt es sich um "Jürg Jenatsch". Der historische Hintergrund (Teresa kennt die Geschichte) ganz kurz zusammengefasst: Während des Dreissigjährigen Krieges gab es in Graubünden gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Protestanten - die sogenannten "Bündner Wirren". Im Rahmen dieses Konfliktes hatten die "Österreicher" das (katholische) Veltlin besetzt, resp. genaugenommen hatte das Herzogtum Mailand, welches von der spanische Linie des Hauses Habsburg beherrscht wurde, das Veltlin besetzt. Dabei kam es zum sogenannten "Veltlinermord" - d.h. zum Aufstand der Veltliner gegen ihre prostestantischen Bündner-Herren (namentlich wurde die protestant. Pfarrer des Veltlins ermordet). Der Aufstand der Veltliner war jetzt weniger von den Habsburgern inszeniert worden, als von den katholischen Bündnern. Als Folge des Aufstandes kam es zur erwähnten Besetzung des Veltlins. In Graubünden selbst eskalierte danach der Glaubenskrieg erst recht und endete damit, dass die Habsburger (die "katholischen Habsburger") einmarschierten und Graubbünden besetzten. Die führenden Köpfe der prostestantischen Bewegung Graubündens flohen (darunter Jürg Jenatsch, der als protestantischer Pfearrer im Veltlin bereits dem "Veltlinermordeiner" entkommen war), Graubbünden blieb österreichisch besetzt. Jürg Jenatsch verdingte sich als Söldner (nachdem er als Pfarrer "demissionierte") und kam schliesslich als Oberst der französischen Armee, welche unter dem Befehl des hugenottischen Herzogs Henri de Rohan die Österreicher aus Graubünden vertrieb, zurück. Da aber Richelieu (Kardinal und führender Politiker des franz. Königs) Graubünden nicht wieder in die Selbständigkeit entlassen wollte, nahm Jenatsch Verbindung zu Österreich auf, wurde katholisch und erreichte schliesslich mit Hilfe Österreichs, den Abzug der franz. Truppen. Durch seinen Verrat hatte Jenatsch die Selbständigkeit Graubündens gerettet - und auch das Veltlin wurde wieder "Untertanenland" von Graubünden.
Ich habe hier die Geschichte etwas arg zusammen gekürzt, weshalb sie sehr plakativ und vereinfachend dargestellt ist. Wenn gewünscht, könnte ich sie natürlich ausführlicher darstellen, was dann allerdings etwas länger dauern und auch mehr als einen Beitrag umfassen würde. Und wohlverstanden: Die "Bündner Wirren" sind zwar eine spannende Episode des Dreissigjährigen Krieges aber von absolut lokalem Charakter, für den Ablauf der europäischen Geschicht völlig unbedeutend. Nicht einmal für die Geschichte der Schweiz ist sie von Interesse.

Was den Verlust des Veltlins anggeht: Nach dem Dreissigjährigen Krieg war das Veltlin wieder Bestandteil von Graubünden, genaugenommen das Veltlin selbst, der obere Teil des Veltlins gen. Bormio (deutsch Worms) welches bis zum Stilfserjoch ging sowie das Tal von Chiavenna. Der obere Teil des Comersees, welche im Spätmittelalter als Herrschaft "Tre Pievi" noch dazugehörte, war verloren gegangen.
Das Veltlin ging erst verloren, als Napoleon es zur "Cisalpinen Republik" und damit zur Lombardei schlug. Auch das Wallis ging verloren, Napoleon gliederte es Frankreich an.
Am Wiener Kongress, dessen Hauptabsicht bekanntlich darin bestand, die Verhältnisse vor der Französischen Revolution wieder herzustellen, kam das Wallis wieder zur Eidgenossenschaft/Schweiz. Auch das Veltlin, Bormio und Chiavenna sollte wieder zur Schweiz resp. zu Graubünden kommen. Das hätte auch geklappt, wenn sich die Bündner nicht gesperrt hätten. Mit Ausnahme des Bündner Oberlands (das streng katholisch blieb) war die überwiegende Mehrheit Graubündens protestantisch. Da die drei Provinzen des Veltlins durchs Band katholisch waren, wäre die protestantische Mehrheit des Kantons gefährdet gewesen. Wenn die Bündner gelegentlich noch heute den Verlust des Veltlins bejammern, muss man kein Mitleid haben. Sie resp. ihre Vorfahren wollten das so. Im Übrigen ist das ein Jammern auf hohem Niveau - nicht wenige Veltliner Rebberge gehören auch heute Bünder-Familien.
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