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Karthagos Kinderopfer Presseschau
07.12.2013, 12:22
Beitrag: #1
Karthagos Kinderopfer Presseschau
Gab es sie, oder ist es eine römische Verleumdung?

Spiegel Online:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensc...37194.html


Ausriss:
Zitat:Kein Karthager hat sich jemals selbst zum Thema Kinderopfer äußern dürfen - jedenfalls wurde keine solche Äußerung von den Schreibern der Römer überliefert. Damit bleibt es den Archäologen überlassen, die Wahrheit ans Licht zu zerren: Haben sie - oder haben sie nicht? Seit in den zwanziger Jahren in mehreren phönizischen Städten Friedhöfe mit den Knochen Neugeborener, so genannte Tophets gefunden wurden, zanken sich allerdings die Forscher um die Interpretation dieser Stätten.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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07.12.2013, 15:43
Beitrag: #2
RE: Karthagos Kinderopfer Presseschau
aus einem älteren Spiegel Online Artikel zum Karthagischen Kindermord

Ausriss:
Zitat:Zudem hatten die Römer gar keinen Grund, im Angesicht der angeblichen karthager Kinderopfer Empörung zu Heucheln: "Unter den Römern selber war der Infantizid - der Kindermord - durchaus gängig", erklärt Schwartz. "Ungewollte Kinder, insbesondere Mädchen, wurden einfach in den Bergen zum Sterben ausgesetzt." Es gibt einen Brief eines Römers an seine Frau aus dem Jahr 1 v. Chr., in dem dieser offen mit dem Thema umgeht: "Ich bin noch in Alexandria", schrieb er heim. "Ich bitte dich und flehe dich an, auf unser kleines Kind aufzupassen! Sobald ich Lohn bekomme, werde ich ihn dir schicken. Und falls du unterdessen (Viel Glück!) wieder gebierst - dann lass das Kind leben, so es ein Junge ist; und ist es ein Mädchen, so setz' es aus."

von da
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensc...80948.html

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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08.12.2013, 10:42
Beitrag: #3
RE: Karthagos Kinderopfer Presseschau
Der letzte Absatz des Artikels zeigt, dass die Autorin auch nichts von der These hält, sondern dass die Mär von den karthagischen Kindermördern ihrer Meinung nach eben eine Mär (der Römer) ist.
Insbesondere die Argumentation, dass schon in der Bibel einiges über die kindermordenden Phönizier stünde, sieht sie offenbar kritisch ("Ja, die Karthager opferten ihre Kinder. Haben wir's doch schon immer gewusst. Und Blondinen sind eben einfach dämlich. Und Jungs besser in Mathe. Warum nur steht darüber eigentlich nichts in der Bibel?").

Besonders die Sache mit der Bibel sehe ich ähnlich. Denn auch die biblischen Autoren sahen die Phönizier mit einer ganzen Menge Klischees im Gepäck. Die Phönizier sind diejenigen, die Baal verehren, in großen Teilen des Alten Testaments DER Gegenspieler zu Jahwe. Warum sollten die biblischen Autoren also die Phönizier positiv darstellen? Sie gruben im Gegenteil die negativen Klischees aus und stellten damit Israel und den Jahweglauben in umso helleres Licht.
Nicht vergessen: Diese Teile des AT sind überwiegend in Babylon (end-)verfasst worden, als es einer Gruppe von jüdischen Theologen darum ging, das Aufgehen der Juden im sprichwörtlichen "babylonischen Völkergewirr" zu verhindern. Um das zu erreichen, arbeiteten sie (auch) mit Propaganda.

VG
Christian
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08.12.2013, 16:56
Beitrag: #4
RE: Karthagos Kinderopfer Presseschau
Ein besonderer Aspekt für das Verhältnis zwischen "Phönöziern und Juden" vor 3000 Jahren war, das sie die gleiche Sprache Nordwestsemitisch sprachen, also eigentlich zum selben Volks gehörten. Vor 2000 Jahren galt dies immer noch. Die Sprache hatte sich zum Aramäischen weiter entwickelt.
Heute leben in Israel auch arabisch sprechende Juden, Christen und Muslime. In Syrien sprechen die meisten Juden, wie viele Christen immer noch aramäisch, wie ihre Vorfahren vor 2000 Jahren.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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08.12.2013, 21:44
Beitrag: #5
RE: Karthagos Kinderopfer Presseschau
Obwohl sich die Faktenlage nicht groß geändert hat, wird von nachgewachsenen Wissenschaftlern versucht, ein bis dato ungelöstes Problem zu lösen, indem die immer noch mangelhaften Belege und Fakten, wieder einmal neu interpretiert werden. Scheinbar kann man dabei nicht einmal von neu Beleuchten oder Neubewerten sprechen.
Auf diese Art kann man sich natürlich schnell einen Namen schaffen bzw. wieder von sich Reden machen. Möglich, dass auch nur eine, vom Geldgeber schon dringend geforderte und erwartete neue Publikation, etwas Druck ausgeübt hat.
Egal ob nun Jeffrey Schwartz, Patricia Smith oder Paolo Xella näher dran liegen - der Laie bleibt auf der Strecke, muss sich in Geduld üben und auf die nächste waghalsige These warten. Aber das ist in dieser Wissenschaftsbranche leider nichts neues.
Ohne sich näher, in diesem Fall speziell punischen Thema, beschäftigt zu haben, kann man im Vorfeld aber durchaus festhalten - Menschenopfer, wie auch Kinderopfer, waren zu jener Zeit sicher nicht die Regel, aber auch keine absolute Sensation und sind in den unterschiedlichsten Gesellschaften und Zeiten nachweisbar.

Und wenn schon die Bibel bemüht wird, um eine, wie auch immer geartete Aversion der Juden gegenüber den Phöniziern/Puniern zu konstruieren, dann sollte nicht vergessen werden, dass im AT von mehr als einem Menschen/Kinderopfer zu lesen ist - das allerdings auch auf israelitischer Seite.
(2. Mose 22,28), (Ri 11,30-40), (2. Kön 3,27)
Obwohl auch kein Verfechter einer zu trockenen Berichterstattung, schließe ich mich im an der Stelle der Meinung eines Kommentarschreibers bei Spon gerne an. Ist natürlich Ansichtssache...
Zitat:Dass es für Archäologen nicht leicht ist, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, ist bekannt. Doch auch wenn nicht jeder Leser archäologisch vorgebildet ist, heißt das noch lange nicht, dass ihm eine Debatte unter Wissenschaftlern zwanghaft als Entertainment verkauf werden muss, damit er sich damit befassen mag. Kurz: die Sprache des Artikels ist peinlich.


Frühling läßt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte.
Süße, wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon, wollen balde kommen.
– Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen!

Eduard F. Mörike (1804-1875)
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09.12.2013, 19:20
Beitrag: #6
RE: Karthagos Kinderopfer Presseschau
(08.12.2013 21:44)Avicenna schrieb:  Und wenn schon die Bibel bemüht wird, um eine, wie auch immer geartete Aversion der Juden gegenüber den Phöniziern/Puniern zu konstruieren, dann sollte nicht vergessen werden, dass im AT von mehr als einem Menschen/Kinderopfer zu lesen ist - das allerdings auch auf israelitischer Seite.
(2. Mose 22,28), (Ri 11,30-40), (2. Kön 3,27)

An Kritik wird aber auch nicht gespart:

Lev 18,21 ...nicht eines deiner Kinder geben, dass es dem Moloch geweiht werde,...nicht entheiligst den Namen deines Herrn

Lev 20,2-4 Wer ...in Israel eins seiner Kinder dem Moloch gibt, der soll des Todes sterben...

Dtn 12,31 ...was dem Herrn ein Gräuel ist und was er hasst: denn sie haben ihren Göttern sogar ihre Söhne und Töchter mit Feuer verbrannt.

2 Kön 16,3 Dazu ließ er seinen Sohn durchs Feuer gehen nach den gräulichen Sitten der Heiden, die der Herr von den Israeliten vertrieben hatte....

2 Kön 17,17 ...und ließen ihre Söhne und Töchter durchs Feuer gehen, ... was dem Herrn missfiel....

Jer 32,35 ...um ihre Söhne und Töchter durchs Feuer gehen zu lassen, was ich ihnen nicht befohlen habe...

Wie kann es sein, dass das AT mal die eine, mal die andere Position einnimmt? Wir haben verschiedene Schichten der Redaktion vor uns: Natürlich kannten die alten Israeliten wie alle anderen Völker der Umgebung auch Menschenopfer. Aus dieser Zeit stammen die Bibelstellen, die du zitierst.
Aber nachdem die Israeliten zu Juden geworden waren (= in der Spätzeit des Königreiches und in der babylonischen Zeit), verurteilten sie diese Bräuche, kannten sie "plötzlich" nur mehr von den Nachbarvölkern und nutzten diesen Unterschied, um sich abzugrenzen. Aus dieser Zeit stammen die von mir zitierten Stellen.
Warum man die älteren Stellen nicht eliminiert hat? Keine Ahnung. Vielleicht, weil es an diesen Stellen nicht um das Opfer an sich geht, sondern darum, dass man Gott wenn nötig auch das Heiligste was man hat, seine Kinder opfern können muss - und dass Gott wie im Fall von Abraham und Isaak dieses Opfer dann ABLEHNT...hier ist wieder der Redakteur der babylonischen Zeit am Werk gewesen, d.h. hier wird im Grunde das Menschenopfer verurteilt!

Möglich, dass in einer älteren Fassung das Opfer vollzogen wurde, aber der spätere Redakteur hat die Stelle überarbeitet. Übrigens dürfte Isaak ursprünglich in der Abram/Abraham-Geschichte nicht der Sohn des Patriarchen gewesen sein, vielleicht gar nicht darin vorgekommen sein, sondern er war eine eigenständige Figur. In Babylon wurden Abraham, Isaak, Jakob und die anderen Patriarchen dann in einen geneanologischen Zusammenhang gebracht. Aber das nur OT...

VG
Christian
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24.12.2015, 12:43
Beitrag: #7
RE: Karthagos Kinderopfer Presseschau
Ich grabe diese Threadleiche einfach nochmal aus.

Vor einigen Jahren habe ich Carthago besichtigt. Auch stand ich vor dem Eingang der Kultstätte.
Soviel ich erfahren habe, wurden vorerst kleine Kinder als Opfergaben dargeboten, doch später wurden von den adligen Familien kleine Kinder zum Zweck Opfer gekauft.
Die Kinder sollten dem Baal Hammon (Herr des Brandfeuers) geopfert worden sein. Auch dem Kronos (eine Gestalt aus der griechischen Mythologie, war der jüngste Sohn der Gaia (Erde) und des Uranos (Himmel), Anführer der Titanen und Vater von Zeus. In der römischen Mythologie entspricht ihm Saturn(us)); wurden angeblich rd. 200 Kinder geopfert an einer Stelle, die sich herabsenkte, so dass die Kinderopfer in eine Feuergrube rollten.
Lt. Plutarch hatte die Opfergabe nur Gültigkeit, wenn die Mutter keine Träne verlor.

Es gibt auch eine schöne Sage über die Entstehung Karthagos.

Auszug von Wikipedia:

Die Gründungslegende
Die Gründungslegende Karthagos berichtet, wie die phönizische Prinzessin Elissa (bei den Römern als Dido bekannt), die Schwester des tyrischen Königs Pygmalion, vor ihrem machtgierigen Bruder floh und an der afrikanischen Küste landete. Der ortsansässige Häuptling versprach ihr soviel Land, wie sie mit einer Kuhhaut umspannen könne. Dido schnitt daraufhin die Kuhhaut in hauchdünne Streifen, legte sie aneinander und konnte so ein großes Stück Land markieren. Dieser Küstenstreifen bildete, so die Legende, die Byrsa, die Keimzelle Karthagos. Nach der Gründung Karthagos habe sich Elissa selbst auf einem Scheiterhaufen geopfert, um der Stadt Wohlstand zu garantieren. Nach Vergils Aeneis besuchte Aeneas, der sagenhafte Stammvater der Römer, Dido in Karthago. Das Epos schildert, wie Dido sich in Aeneas verliebt. Als dieser auf Geheiß des Jupiter abreist, tötet Dido sich selbst auf einem Scheiterhaufen. Doch zuvor schwört sie Rache und schafft so die Grundlage für den späteren Konflikt zwischen Rom und Karthago.

Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.

Marcus Tullius Cicero
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