Klimabedingte Krise im 17. Jahrhundert? - Diskussion zum G/Geschichteheft 6/2014:
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14.06.2014, 03:00
Beitrag: #9
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RE: Klimabedingte Krise im 17. Jahrhundert? - Diskussion zum G/Geschichteheft 6/2014:
(09.06.2014 22:51)WDPG schrieb: Im G/Geschichteheft 6/2014 ist in einem Artikel erwähnt dass, das Klima im 17. Jahrhundert sehr stark abkühlte. Es wird auch erwähnt das es die strittige These gibt das der 30. Jährige Krieg damit zusammenhängt. Die Klimaveränderung spielte sicher eine Rolle bei den verschiedenen Krisen, war aber nur ein Faktor von vielen. Im 17. Jahrhundert erreichten die durchschnittlichen Temperaturen ihren Tiefpunkt. Die kleine Eiszeit dauerte wohl schon seit dem 14. Jahrhundert, wobei in der 2. Hälfte des 15. Jahrhundert ein kurzzeitiger Temperaturanstieg stattfand. Im G/geschichte-Heft wurde geäußert, dass die Klimaverschlechterung eine Ursache für die massive Verfolgung von Hexen und Hexern war. Das wird stimmen, die Vernichtung von Ernten durch Naturereignisse benötigte "Schuldige". Außerdem behaupten einige Historiker, dass die Ursache für den Dreißigjährigen Krieg die Ressourcenknappheit bzw. den Verteilungskampf um diese Ressourcen war. Diese Meinung teile ich nicht. Aber die lange Dauer des Dreißigjährigen Krieges oder des polnisch-schwedisch-russischen Konfliktes hängt mit diesem Verteilungskampf zusammen. Denn die Menschen wollten nicht mehr für wenig Ertrag hart arbeiten. Dabei war es ihnen egal, ob ein Unwetter, eine Nagetier- oder Heuschreckenplage oder herumziehende Söldnerheere sie um die Früchte ihrer Arbeit gebracht hatte. Hatte der eine oder andere Bauer trotzdem eine gute Ernte, konnte er immer noch von einem neidigen Nachbarn als Hexe/Hexer denunziert werden. Unter solchen Voraussetzungen lebte es sich als Söldner oder Marketender besser, der Feldherr wird schon für Nahrung und Kleidung sorgen und Schutz vor den Verfolgungen der Hexenmeister gewähren. D.h. der Tross (und die Mannschaften) des Heeres hatten gar kein Interesse an einer Beendigung des Krieges. Die Demobilisierung des Trosses im schwedischen Heer hat in Sachsen bis zum 30. Juni 1650 gedauert, also rund 20 Monate. Dies ging zu Lasten des Landes, aber auch des Feldherren (Wrangel). Viele, im Reich abgemusterte Söldner und Marketender zogen weiter in den Krieg, ein Teil von ihnen diente dem polnischen König Jan Kasimir im Kampf gegen die Aufständischen unter Bogdan Chmelnizki. Ich gebe Dir recht, dass es einen Zusammenhang zwischen den Krisen und der Klimaverschlechterung geben muss. Vielleicht sollte man nicht nur das 17. Jahrhundert isoliert sehen, sondern auch schon die 2. Hälfte des 16. Jahrhundert betrachten. D.h. das die Krisen zeitversetzt an unterschiedlichen Orten ausbrachen. Japan war z.B. im ganzen 16. Jahrhundert instabil, das seit 1603 bestehende Tokugawa-Shogunat brachte politische Stabilität. Weiterhin denke ich auch an die Hugenottenkriege, den Achtzigjährigen Krieg oder die Kriege rund um die Ostsee. Und die demografische Katastrophe bei der amerikanischen Urbevölkerung hat vielleicht auch Ursachen, die mit der Klimaverschlechterung zusammenhängen. Der Niedergang der Ming-Dynastie, die Stagnation im Reich der Großmoguln in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts oder die Krise des Osmanischen Reiches, die wohl schon nach dem Tod Sulimans des Prächtigen begann und wohl erst mit den Großwesiren aus der Koprüllü-Familie vorübergehend überwunden wurde, waren sicher auch der Klimaverschlechterung geschuldet bzw. dessen Folgen. Aber es wird in all den Fällen auch Ursachen geben, die (relativ) unabhängig vom Klima waren. Man sollte jeden einzelnen Prozess komplex sehen. Des Weiteren sollte man das jeweilige Krisenmanagement beachten. Denn wie wäre es erklärbar, dass zum Zeitpunkt der extrem niedrigen Temperaturen die Niederlande ihr "goldenes Zeitalter" erlebte? "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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