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Zentralarbeitsgemeinschaft / Stinnes-Legien-Abkommen
28.08.2014, 21:11
Beitrag: #1
Zentralarbeitsgemeinschaft / Stinnes-Legien-Abkommen
Hallo,

ich habe einige fragen zum Stinnes-Legien-Abkommen bzw. zur Zentralarbeitsgemeinschaft. Das wird ein thema im Abi sein, ich habe jedoch einige fragen dazu:

1. Welche Erfahrungen wöhrend des Kriegs haben die Gründung er ZAG erleichtert ?

2. Was waren die Ziele/Motive der Unternehmen/ der Gewerkschaften das abkommen zu schließen ?

3. Was war die haltung von USPD, bzw. vom Spartakusbund (also der KPD) zur ZAG ?

4. Wie hat die ZAG sich in der Weimar Rep. entwickelt ?

und zu letzt. 5. Was ist die bedeutung der ZAG für heute

vielen vielen Dank !! ShySad
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29.08.2014, 10:36
Beitrag: #2
RE: Zentralarbeitsgemeinschaft / Stinnes-Legien-Abkommen
(28.08.2014 21:11)kiram schrieb:  1. Welche Erfahrungen wöhrend des Kriegs haben die Gründung er ZAG erleichtert ?

- Während des Kriegs hatte der Staat die Wirtschaft zunehmend kontrolliert, was einerseits den Bedürfnissen der Zeit entsprach, in der Bevölkerung aber oftmals auch als positiv angesehen wurde, da so mehr Gerechtigkeit und auch Effizienz erreicht werden könne als auf dem freien Markt.
- Zu Beginn des 1. Weltkriegs hatten die deutschen Parteien - selbst die bis dahin immer stark oppositionelle SPD - den Burgfrieden geschlossen, also auf innenpolitische Auseinandersetzungen verzichtet, um sich auf die Außenpolitik konzentrieren zu können. Den dadurch entstandenen sozialen Frieden wollte man durch eine gemeinsame Arbeit wie eben in der ZAG auch nach dem Krieg fortsetzen.
- Die ZAG schien eine Möglichkeit, auf wirtschaftlicher Ebene einen Mittelweg zwischen Kapitalismus und Sozialismus zu gehen und damit die beiden ideologisch-gesellschaftlichen Strömungen dieser Zeit unter einen Hut zu bringen.

(28.08.2014 21:11)kiram schrieb:  2. Was waren die Ziele/Motive der Unternehmen/ der Gewerkschaften das abkommen zu schließen ?

- Die ZAG schien der Weg des vernünftigen Mittelweges zu sein: Die Unternehmer konnten hoffen, trotz sozialistischer Revolutionen (1917 in Russland, 1918/19 in Deutschland) und marxistisch geprägter Arbeiterschaft ihre wirtschaftliche Position halten zu können. Die Gewerkschaften wiederum sahen hier eine Möglichkeit, in einem demokratischen Umfeld auf Augenhöhe in zielgerichtete Verhandlungen zu treten.
- Die beiden Gründungsväter der ZAG waren sehr aktiv beim Werben um Zustimmung: August Müller auf der Seite der Gewerkschaften, Hermann Schumacher bei den Wirtschaftsführern und Unternehmern. Sie und ihre Mitstreiter organisierten immer wieder Verhandlungsrunden.
- Je länger der Krieg andauerte, desto bedrohlicher wurde die sowohl gesellschaftliche als auch wirtschaftliche und politische Situation. Die ZAG schien eine Möglichkeit, eine Anarchie in der Zeit danach zu vermeiden.

(28.08.2014 21:11)kiram schrieb:  3. Was war die haltung von USPD, bzw. vom Spartakusbund (also der KPD) zur ZAG ?

- Der linke Flügel der SPD hatte ja bereits während des Krieges die Politik des Burgfriedens, also der Verständigung mit dem "Klassenfeind", nicht unterstützt, woraus die genannten Gruppen entstanden.
- Auch nach der gescheiterten sozialistischen Revolution 1918/19 wurde diese Sichtweise aufrecht gehalten: Die USPD sah die Mitarbeit der Arbeiterklasse in der ZAG als Verrat an den Idealen des Kommunismus; gleiches gilt für Spartakusbund und KPD.
- Ein wichtiges Argument der linken Arbeiterbewegung war, dass die ZAG und besonders die Mitarbeit der Arbeiter in diesem Gremium den Plänen der Unternehmer Vorschub leiste, den Kapitalismus zementiere und die gegenwärtigen Besitzverhältnisse (soziale Schere) noch verschärfe.

(28.08.2014 21:11)kiram schrieb:  4. Wie hat die ZAG sich in der Weimar Rep. entwickelt ?

- Über den kompletten Zeitraum hinweg gab es Konflikte und Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Interessensgruppen und politischen Richtungen.
- Probleme entstanden, weil man sich über den Charakter und die Rolle der ZAG auch nach der Gründung nicht wirklich einig war und zahlreiche Konkurrenzgründungen auf dem Spielfeld auftauchten, sodass es zunächst einmal notwendig war, die Organisation selber am Leben zu erhalten.
- Die ZAG konnte trotz ihrer Erfolge nicht zum "Wirtschaftsparlament" werden; an ihrer Stelle trat der Reichswirtschaftsrat auf die politische Bühne und hatte bald größere Bedeutung als sie.
- Es gelangen zwar gewisse Fortschritte, aber aufgrund der starken Spannungen zwischen der wilhelminischen bürgerlichen Elite und der demokratischen sozialdemokratisch bis sozialistischen Arbeiterschaft konnte aus der ZAG keine dynamische, also sich entwickelnde Institution werden, die auch Spannungen hätte aushalten können.
- Die entscheidende Spannung kam mit der Frage des Achtstundentages auf. Die Arbeitgeber bezeichneten ihn als unbedingt notwendig, die Arbeitnehmer als unannehmbar. Als die Arbeitgeber ihre Vorstellungen in den Wirren des Jahres 1923 durchpaukten, trat der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund aus der ZAG aus, womit dieses Gremium endgültig handlungsunfähig und zur Bedeutungslosigkeit verdammt wurde.

(28.08.2014 21:11)kiram schrieb:  5. Was ist die bedeutung der ZAG für heute

- Historisch gesehen war die ZAG ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Verständigung zwischen Arm und Reich, zwischen (Groß-)Bürgertum und emanzipierter Unterschicht, zwischen Unternehmern und Gewerkschaften. Sie zog die Konsequenzen aus den Erfahrungen des Kaiserreiches und des Ersten Weltkriegs und bereitete bereits durch die zahlreichen vorbereitenden Verhandlungen vor ihrer Gründung den Weg zu anderen Gremien mit vergleichbaren Zielsetzungen.
- Besonders in den ersten Jahren gelang es, hier dauerhafte Vereinbarungen auf dem Gebiet des Wirtschaftslebens zu treffen, die die Weimarer Republik über Bestand hatten und damit auch die Ordnung der BRD beeinflussten.
- In erster Linie sind hier die Sozialpolitik und die Tarifproblematik zu nennen, bei denen in der ZAG einige Fortschritte gemacht wurden.

Ich hoffe, das hilft weiter.
VG vom Maxdorfer Smile

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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29.08.2014, 16:34
Beitrag: #3
RE: Zentralarbeitsgemeinschaft / Stinnes-Legien-Abkommen
Zusätzlich zu Maxdorfers Ausführungen möchte ich hinweisen, dass erstmals von den Unternehmern die Gewerkschaften als Interessenvertreter der Arbeiter anerkannt wurden sind. Ein wichtiger Punkt des Abkommens war auch, dass den heimgekehrten Soldaten ihr alter Arbeitsplatz garantiert werden sollte. Die Praxis sah dann anders an, dies führte bis 1923 auch zu Radikalisierung ehemaliger Soldaten.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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