Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Analphabetismus heute bei uns
16.09.2014, 13:08
Beitrag: #41
RE: Analphabetismus heute bei uns
Im "Tailfinger Heimatbuch" des Dr. Hermann Bizer von 1953
http://www.eurobuch.com/buch/nr/283b9704...52258.html

ist von einem Kirchenbucheintrag vom Juli 1822 die Rede
"Rekruten die nicht lesen und schreiben können: Tailfingen 1, Pfeffingen 1, Zillhausen 1, Ebingen 1, Winterlingen 3".

In diesen Jahren war die Tailfinger Schule sehr in der Kritik, der Pfarrer, der vermt. auch den o.g. Kirchenbucheintrag verfasste, hat ein paar Jahre später in einem Schreiben an den Dekan 10 Punkte aufgeführt, warum die Tailfinger Schule bei der Visitation wieder so negativ aufgefallen war.

Ich unterstelle mal, die geistliche Schulaufsicht war ja zu der Zeit längst nicht mehr unumstritten, es wurde von den weltlichen Behörden die Kunst des Lesens und Schreibens nicht zuletzt deshalb bei der Musterung geprüft, um eine gewisse Gegenprobe zur Schulaufsicht zu haben.
Und anscheinend wurden die Ergebnisse der Schulaufsicht auch mitgeteilt, sonst wären sie kaum im Kirchenbuch gelandet.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 14:31
Beitrag: #42
RE: Analphabetismus heute bei uns
Das ist, passend zum Thema, von dem auch heute noch sehr populären Heimatdichter Rudolf Tarnow (1867-1933). Den Globus von Mecklenburg gibt es übrigens als Touristengag zu kaufen.
http://www.glowe.de/geschichte/index2.php

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 15:28
Beitrag: #43
RE: Analphabetismus heute bei uns
Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen:

Das Thema ist auch hier in Ö absolut virulent. Es wird Bildungskosmetik betrieben und diverses für teures Geld verschlimmbessert, während die wahren Probleme ignoriert werden.

Jeder vierte Schüler zwischen 15 und 16 kann nicht sinnerfassend lesen, das ist die traurige Tatsache.

http://diepresse.com/home/bildung/schule...send-lesen

MfG, Titus Feuerfuchs
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 15:28
Beitrag: #44
RE: Analphabetismus heute bei uns
Ich würde gerne noch mal kurz zum Ausgangspunkt der Diskussion zurück, bzw. zum Threadtitel.

Ich bin jetzt die ganze Zeit über die 14,2% gestolpert. Ich habe daher gesucht und eine schöne Zusammenfassung der Studie gefunden, auf die sich der verklinkte Artikel aus Die Zeit bezieht. :

http://site.alpha-z.de/et_dynamic/page_f...1299942236

Da sieht man dann auch, was in dem Artikel nicht passt, der ist nämlich nur auf die 14,2 % bzw. 7,5 Mio. erwerbsfähigen Menschen beschränkt, und impliziert so ein völlig verzerrtes Bild.

/1/ Es sind rund 4% der erwerbsfähigen die als Analphabeten angesehen werden müssen: "Davon wird bei Unterschreiten der Satzebene gesprochen, d.h., dass eine Person zwar einzelne Wörter lesend verstehen bzw. schreiben kann – nicht jedoch ganze Sätze. Zudem müssen die betroffenen Personen auch gebräuchliche Wörter Buchstabe für Buchstabe zusammensetzen."

/2/ Es sind rund 25 % der erwerbsfähigen, die bei gebräuchlichem Wortschatz fehlerhaft schreiben und lesen. (Immerhin 13 Mio Bundesbürger)

Kumuliert aus /1/ und /2/ ergibt sich dann ein Anteil von 14,2% der erwerbsfähigen, die als "funktionale Analphabeten" angesehen werden müssen.


Graphisch ist es hier auch noch mal schön dargestellt: http://de.statista.com/statistik/daten/s...utschland/ (wenn auch die Zahlen etwas anders sind, in der Tendenz stimmen sie jedenfalls)


So, das sieht nun ganz anders aus, oder?

Wenn ich Arkona richtig verstanden habe, sollte in dieser Diskussion um die rund 4% Analphabeten gehen und weniger um die orthographischen und grammatikalischen Schwierigkeiten, mit denen wohl jeder 4. Bundesbürger zu kämpfen hat. Ebenso sollte es um die Frage nach den Ursachen und einem Vergleich (sofern möglich) zu früheren Zeiten und evtl. auch anderen Bildungssystem aus früheren Zeiten gehen.

Was Ursachen für Analpabetismus heute sein können, da wurden bereits ein paar genannt. Beispiel von Avicienna, der von Migranten spricht, die in ihrer Kultur eine völlig andere Schrift haben, also faktisch gesehen auch keine Analphabeten sind. Mir fallen Menschen ein, die aufgrund von Behinderungen/Einschränkungen nicht lesen und schreiben können, aber dennoch im Arbeitsprozess eingebunden sind oder sein könnten. Nicht erkannte Dyslexie/Legasthenie kann Ursache sein usw.

Wenn man diese "erklärbaren" Fälle dann auch noch aus der Statistik rausrechnen würde, verbliebe ein Rest, der Hinweise auf Schwächen und Lücken im Bildungssystem geben kann.

Diese Schwächen und Lücken ließen sich dann eventuell besser mit vorausgegangenen Zeiten und den damals etablierten Schulsystemen vergleichen.

Ist so eine Diskussion machbar?

nicht ärgern, nur wundern...
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 16:24
Beitrag: #45
RE: Analphabetismus heute bei uns
Ich kannte in den 70ern einen ehemaligen kriegsgefangenen Polen, der 1945ff in Deutschland hängen blieb.
Er hatte, als ich ihn kennenlernte, einen Job in einer Werkzeugfabrik, "innerbetrieblicher Transport" nannte sich das.
Sonderanforderungen an Material und Werkzeugen in die Abteilungen und umgekehrt in den Versand hatte der aufzunehmen und zu erledigen.
Er konnte "kein Wort schreiben" auf deutsch nicht, und wie sich später herausstellte vermutlich auch nicht auf polnisch.
Die Anforderungen und Lieferungen hat er aber überaus sorgfältig, zuverlässig und schnell erledigt. Wobei er sich einer Anzahl Zeichen und Ziffern bediente, die außer ihm keiner kannte.
Es waren hunderte Artikel ,darunter teuerste Sonderstähle die er auseinanderhalten musste. Es hat immer geklappt.

Was ich damit sagen will, wenn sich einer heute, auch schon 1976, als Analphabet mehr oder weniger unerkannt durchs Leben schlägt, erfordert dies einen sehr hohen Intelligenzeinsatz.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 18:51
Beitrag: #46
RE: Analphabetismus heute bei uns
(16.09.2014 15:28)Uta schrieb:  Ist so eine Diskussion machbar?

Vielleicht noch ein paar Beiträge, um die Diskussion noch zu "unterfüttern", alle aus http://ieg-ego.eu/de/threads/hintergruen...etisierung

"In Schweden und anderen skandinavischen Ländern gab es [in der Frühen Neuzeit] aufgrund der über große Gebiete verstreuten, überwiegend ländlichen Bevölkerung nur wenige Schulen, so dass die in weiten Schichten der Bevölkerung verbreitete Lesefähigkeit dieser Regionen beinahe ausschließlich dem Heimunterricht zu verdanken war.5 Auch die Alpen- und Pyrenäenregionen hatten eine lange Tradition von Heimunterricht und umherreisenden Pädagogen – und einen hohen Alphabetisierungsgrad.6 Am Beispiel dieser nördlichen Gebieten und dieser Gebirgsregionen sieht man, dass ein im Vergleich zu den ökonomischen Kerngebieten Europas geringer wirtschaftlicher Entwicklungsstand nicht unbedingt ein Hindernis für die Alphabetisierung sein musste. (...)
Tatsächlich war die Alphabetisierung in protestantischen Ländern im Allgemeinen weiter fortgeschritten als in katholischen und wo beide Glaubensrichtungen nebeneinander bestanden, wie etwa in Frankreich, Irland und in den Niederlanden, waren die Calvinisten meist gebildeter als die Katholiken.8 (...)
Der dynamische Katholizismus der Gegenreformation führte teilweise zu ähnlichen Ergebnissen wie in den protestantischen Kerngebieten. Während in den 1560er und 1570er Jahren nur 40 Prozent der von der spanischen Inquisition angeklagten Erwachsenen eine genaue Kenntnis der Zehn Gebote besaßen, waren es in den 1590er Jahren 80 Prozent. Im gleichen Zeitraum fiel der Anteil der von der Inquisition als vollkommen ungebildet beurteilten Angeklagten von 50 auf unter 10 Prozent(...)
Die Alphabetisierung war keineswegs ein homogener, durchgängig verlaufender Prozess. Während die Alphabetisierung im 18. Jahrhundert in den meisten Teilen Europas voranschritt, ging in Polen die Zahl der Menschen, die mit ihrem Namen unterschreiben konnten, aufgrund politischer und militärischer Krisen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts sogar zurück. (...)"

Interessanterweise belegen Houstons Zahlen gerade für das Spanien der Inquisition, dass ALLE - also Männer und Frauen - gebildeter wurden!

Aber das sind alles Angaben zur Frühen Neuzeit. Für das 19.Jh. suche ich noch nach Quellen...

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 19:00
Beitrag: #47
RE: Analphabetismus heute bei uns
Was zum wilhelminischen Deutschland (aus http://www.wilhelm-der-zweite.de/kaiser/...vorn.php):

"Eine entscheidende Ursache dieses „ersten deutschen Wirtschaftswunders“ (Ehrhardt Bödecker) lag in dem modernen und leistungsfähigen Bildungswesen der wilhelminischen Epoche. Lichthof der Münchener Universität, erbaut 1905-1909 vom Berliner Architekten German BestelmeyerDas dreistufige Bildungssystem (Volksschule, Realschule, Universität) erwies sich als zeitgemäß und effizient, da es nicht nur gesellschaftlichen Eliten zugute kam, sondern in der Breite wirkte und damit den immensen Bedarf einer jungen dynamischen Wirtschaftsmacht an gutausgebildeten Menschen erfüllen konnte.
Die deutsche Analphabetenquote betrug um die Jahrhundertwende weniger als 1% (Frankreich: 10%, USA: 12%, England 9,6%). Entscheidende Weichenstellungen für die Schulpolitik waren die beiden Schulkonferenzen von 1890 und 1900, die beide auf Initiative des Kaisers zustande kamen und seine modernen Ideen in der Lehrplangestaltung berücksichtigten."

Kaum zu glauben, unter Berücksichtigung der z.B. von mir dargestellten räumlichen und personellen Ausstattung der Dorfschulen (für die die von Ebenhausen in Bayern ein Beispiel ist) und der pädagogischen Qualitäten der Lehrer (siehe die vielen Beispiele von hemmungslos prügelnden Lehrern - wobei die eigenen Eltern sicher auch nicht zimperlich waren). Aber offenbar war´s so: Nur 1% aller Männer und Frauen im Deutschen Reich konnte nicht lesen und schreiben (wobei hier wie gesagt die Definition von Analphabetismus entscheidend ist: Dieses 1% konnte wohl kein einziges Wort schreiben bzw. lesen...)

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
16.09.2014, 19:16
Beitrag: #48
RE: Analphabetismus heute bei uns
Noch was:
http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/ha...o,-182,260 (= Rainer Block: Determinanten der preußischen Alphabetisierung im 19.Jahrhundert. In: Historical Social Research 21 (1996), 1, pp. 94-121. )

Hier steht (S.100, Anm.), dass bei den Rekruten nur die als Analphabeten galten, die wirklich gar nichts, nicht mal ihren Namen schreiben konnten. Funktionelle Analphabeten wurden hier nicht erfasst.
Weiterhin passen die Zahlen für die Rekruten gut zu denen der Bräutigame und denen der männlichen Bevölkerung nach der Volkszählung von 1871.

Auf S.101/102 schreibt der Autor, dass die Analphabetenzahlen bei den preußischen Rekruten in den 1830er und 1840er Jahren stark rückläufig waren (wohl eine Folge der preußischen Maßnahmen zur Steigerung der militärischen Stärke des Landes nach der Niederlage von Jena und Auerstedt), danach wieder leicht anstieg (in Preußen setzte damals vor dem Hintergrund der politischen Restauration ein Rückrudern in Sachen Volksbildung ein), um in den 1860er Jahren wieder auf dem Niveau der 1840er Jahre zu landen (ein Ausdruck der zunehmenden Industrialisierung Preußens plus wirtschaftlichem Aufschwung). Erst seit den 1870er Jahren sinkt die Analphabetenquote wieder langsam, um in den 1890er Jahren einen Tiefpunkt von 1% aufzuweisen (die "Bildungsoffensive" des neu gegründeten Deutschen Reichs zeigte also Erfolge).
Das sind wohl gemerkt alles Zahlen über MÄNNER. Frauen waren ja keine Rekruten.

Die Studie zeigt weiterhin krasse regionale Unterschiede: Im Rheinland z.B. waren die Regierungsbezirke Köln, Aachen und Düsseldorf in Sachen Alphabetisierung viel schlechter gestellt als die Bezirke Koblenz und Arnsberg. Ähnliche Mischverhältnisse zeigen sich in Schlesien und anderswo in Preußen.

Wenn man also aus den nur 1% Analphabeten um 1890 herum schlussfolgert, dass dann auch bei den Frauen eine sehr niedrige Analphabetenquote geherrscht haben muss (wenn er auch evtl. etwas höher lag als bei den Männern), muss man demzufolge auch schlussfolgern, dass man die einzelnen Regionen sehr genau betrachten muss, um schlüssige Aussagen machen zu können.

Mein bayerisches Dorf mag eine viel höhere Quote an Analphabeten gehabt haben als z.B. die Stadt München. Ich tippe mal, dass sich diese Aussage auf die meisten ländlichen Gebiete des damaligen Bayern erweitern ließe.

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
17.09.2014, 15:58
Beitrag: #49
RE: Analphabetismus heute bei uns
(16.09.2014 19:16)913Chris schrieb:  Noch was:
http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/ha...o,-182,260 (= Rainer Block: Determinanten der preußischen Alphabetisierung im 19.Jahrhundert. In: Historical Social Research 21 (1996), 1, pp. 94-121. )

Hier steht (S.100, Anm.), dass bei den Rekruten nur die als Analphabeten galten, die wirklich gar nichts, nicht mal ihren Namen schreiben konnten. Funktionelle Analphabeten wurden hier nicht erfasst.
Weiterhin passen die Zahlen für die Rekruten gut zu denen der Bräutigame und denen der männlichen Bevölkerung nach der Volkszählung von 1871.

Auf S.101/102 schreibt der Autor, dass die Analphabetenzahlen bei den preußischen Rekruten in den 1830er und 1840er Jahren stark rückläufig waren (wohl eine Folge der preußischen Maßnahmen zur Steigerung der militärischen Stärke des Landes nach der Niederlage von Jena und Auerstedt), danach wieder leicht anstieg (in Preußen setzte damals vor dem Hintergrund der politischen Restauration ein Rückrudern in Sachen Volksbildung ein), um in den 1860er Jahren wieder auf dem Niveau der 1840er Jahre zu landen (ein Ausdruck der zunehmenden Industrialisierung Preußens plus wirtschaftlichem Aufschwung). Erst seit den 1870er Jahren sinkt die Analphabetenquote wieder langsam, um in den 1890er Jahren einen Tiefpunkt von 1% aufzuweisen (die "Bildungsoffensive" des neu gegründeten Deutschen Reichs zeigte also Erfolge).
Das sind wohl gemerkt alles Zahlen über MÄNNER. Frauen waren ja keine Rekruten.

Die Studie zeigt weiterhin krasse regionale Unterschiede: Im Rheinland z.B. waren die Regierungsbezirke Köln, Aachen und Düsseldorf in Sachen Alphabetisierung viel schlechter gestellt als die Bezirke Koblenz und Arnsberg. Ähnliche Mischverhältnisse zeigen sich in Schlesien und anderswo in Preußen.

Wenn man also aus den nur 1% Analphabeten um 1890 herum schlussfolgert, dass dann auch bei den Frauen eine sehr niedrige Analphabetenquote geherrscht haben muss (wenn er auch evtl. etwas höher lag als bei den Männern), muss man demzufolge auch schlussfolgern, dass man die einzelnen Regionen sehr genau betrachten muss, um schlüssige Aussagen machen zu können.

Mein bayerisches Dorf mag eine viel höhere Quote an Analphabeten gehabt haben als z.B. die Stadt München. Ich tippe mal, dass sich diese Aussage auf die meisten ländlichen Gebiete des damaligen Bayern erweitern ließe.

VG
Christian


Den Lehrer, die Schule usw. usf was da alles dran hing, musste die Gemeinde bezahlen.
Und im ländlichen landwirtschaftlichen Bereich sah man keinen Vorteil der aus der Bildung resultiert hätte.
Das war keine Bildungsfeindlichkeit in dem Sinn, lediglich pragmatisch gedacht.

In den Städten war es ca. 1800 schon anders, im Handwerk ließ sich nicht mehr alles durch "abschauen" erlernen.
Da war die Bereitschaft zur Besoldung eines Lehrers natürlich deutlich größer. Natürlich hat man trotzdem immer versucht, den Schulmeister um einen Teil seines Salärs zu bescheißen. Stand von Staats wegen dem Schulmeister 250 Gulden im Jahr zu, hat man ihn mit 210 abgefunden, die schlechten Zeiten.....

Wobei, das geschriebene gilt für die "deutsche Schule" die Lateinschule ist ein anderes Thema.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
17.09.2014, 16:45
Beitrag: #50
RE: Analphabetismus heute bei uns
Es war am Ende des 18. Jahrhunderts etwas geschehen, das ganz erhebliche Auswirkungen auf die Schule hatte.

Die Ideen von Rousseau fanden Eingang in Kindererziehung und Schule.
Zuvor,
und bei der Schilderung der Prügelmonster weiter oben, könnte man vermuten, dass diese Denke noch lange latent vorhanden war,
ging man davon aus, dass das Kind "schlecht" war. Die guten Eigenschaften anerzogen - angeprügelt werden mussten.

Erst nach Rousseau kehrte die Überzeugung ein, dass das Kind von sich aus "gut" ist. Das vornehmste Ziel der Erziehung die Förderung dieser guten Eigenschaften ist.

Pestalozzi ist der bekannteste frühe Interpret dieser Erziehungsziele.
Für Württemberg und Preußen war der wichtigste Überbringer dieser neuen Ideen Pestalozzis Mitarbeiter Carl August Zeller, geboren auf der Burg Hohenentringen (der Suebe und vermutlich auch Chris haben sich dort einst im Kreise fröhlicher Menschen am Most gütlich getan) also auch gebürtiger Württemberger..

König Friedrich von Württemberg ist 1807 in die Schweiz zu Zeller gefahren, und hat sich kpl. 5 Stunden seines Kurses, mit dem er Pfarrer und Lehrer in den neuen Erziehungs-Idealen unterrichtete, angehört.

Er bot ihm sodann eine Stelle in Württemberg an, zur Abhaltung dieser Kurse vor württ. Lehrern und Pfarrern. Zeller nahm an, bekam aber wenig später vom preuß. König ein ähnliches Angebot,
aber Württ. bestand auf der Erfüllung des Vertrages. 1809 wurde das preuß. Angebot an Zeller erneuert, diesmal ließ Württ. ihn nach Erfüllung einiger Auflagen ziehen.

Zeller hat ca. 200 Lehrer und Pfarrer in seinen Kursen gehabt.
Und es ist in die württ. Schulhäuser ein ganz neuer Geist eingezogen. Schule hat Spass gemacht... die Kinder gingen zT tatsächlich gerne in die Schule.

Nun will ich hier nicht das Wirken Pestalozzis oder Zellers beschreiben und einordnen, das können andere besser.
Aber in Württemberg gab es anschließend etwas typisches.

Von Hohenlohe bis zum Bodensee ging ein Raunen durch die evangelischen "Stündle": "der König will einen evangelisch-katholischen Mischglauben einführen, deshalb werden die Pfarrer zu Kursen geschickt, man will uns den Paptisten ausliefern". Ganz ähnlich bei den Katholischen, mit umgekehrten Vorzeichen.

Im Februar 1812 hat der König resigniert (wohlgemerkt, es war Friedrich der Dicke der absoluteste aller Herrscher Württembergs)
und hat die Pestalozzi-Zellersche Pädagogik verboten!

Aber es war Gott sei Dank zu spät, sie wurde weiter betrieben, die Pestalozzi-Pädagogik, trotz Verbot. Trotz den Schulbänken, (eine originale Pestalozzi-Erfindung) die Geld kosteten, den Schautafeln die Geld kosteten usw. usf.
Und hier ist nicht zu letzt einer der Gründe für die starke Bildungslawine des 19. Jahrhunderts zu sehen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
17.09.2014, 17:02
Beitrag: #51
RE: Analphabetismus heute bei uns
Auf dem Lande bildete normalerweise DER SCHULMEISTER die Bildungselite. Die Heimatforschung lebt noch heute von pensionierten Lehrern, Pfarrern und Offizieren. Ich erinnere nur an die Suche nach dem Varusschlachtfeld, dass dann jeder Hobbyforscher natürlich in seiner eigenen Gemarkung lokalisierte. Ob es wirklich Kalkriese war, ist m.E. keineswegs sooo sicher wie in der Öffentlichkeit getan wird. Aber das ist eine ganz andere Baustelle...

Schön, dass der @Suebe den Namen Pestalozzi fallen ließ. Nach ihm ist in meiner Heimatstadt eine Schule benannt, schon in der DDR-Zeit.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
17.09.2014, 19:48
Beitrag: #52
RE: Analphabetismus heute bei uns
Pestalozzi ist bis heute wichtig. Ich wurde z.B. im 2.Staatsexamen in der Pädagogik-Prüfung über Pestalozzi abgefragt...

Davon abgesehen hat das Prinzip des "Lernens mit Kopf, Herz und Hand" neben dem Prinzip "Hilf mir, es selbst zu tun" so viel Sinn, dass es bis heute bzw. heute wieder Grundlage der deutschen Lehrpläne ist.
Die "Kompetenzorientierung", also das Bestreben, den Schülern nicht wissen, sondern Kompetenzen zu vermitteln (z.B. die Kompetenz, sich ein Buch selbstständig zu erschließen), ist nichts anderes als "hilf mir, es selbst zu tun": Die Schüler sollen angeleitet werden (im besten Sinne: Ihnen soll geholfen werden), sich etwas selbst zu erarbeiten (es also "selbst zu tun").

Der ganzheitliche Ansatz, also die ganze Lebenswelt des Schülers abzudecken und darüber hinaus auch den Schüler als ganzen Menschen zu fordern und zu fördern, ist nichts anderes als "Lernen mit Kopf, Herz und Händen". Der Schüler soll wissen erwerben und selbstständig denken lernen, er soll gern in die Schule gehen und er soll auch körperlich tätig werden. Und genau das ist Kern der modernen Pädagogik.

(inwieweit dieser Ansatz jeweils von den einzelnen Lehrkräften und an den einzelnen Schulen umgesetzt wird, steht auf einem anderen Blatt...)

Ein weiterer Ansatz Pestalozzis, der so logisch ist, dass ihn viele Lehrer vergessen: Den Schüler dort abholen, wo er sich befindet. Will heißen: Den Unterricht so gestalten, dass die Schüler (im Idealfall jeder einzelne) weder unter- noch überfordert werden und dass die Schüler auch einen Bezug zu ihrem Alltag herstellen können.

In Kürze: Pestalozzis Grundsätze sind bis heute Kern der modernen Pädagogik.

Er war ein unglaublich wichtiger Mann, dem viel zu wenig Denkmäler gesetzt wurden.

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
17.09.2014, 20:22
Beitrag: #53
RE: Analphabetismus heute bei uns
(17.09.2014 19:48)913Chris schrieb:  Pestalozzi ist bis heute wichtig. Ich wurde z.B. im 2.Staatsexamen in der Pädagogik-Prüfung über Pestalozzi abgefragt...

./.

In Kürze: Pestalozzis Grundsätze sind bis heute Kern der modernen Pädagogik.

Er war ein unglaublich wichtiger Mann, dem viel zu wenig Denkmäler gesetzt wurden.

VG
Christian


Darf ich das so verstehen,
dass für die erhebliche Verbesserung des Bildungsniveaus während des 19. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum die Umsetztung der Gedanken und Ideen Pestalozzis sehr wichtig waren?

Du meiner These im großen und ganzen zustimmst?

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
18.09.2014, 12:35
Beitrag: #54
RE: Analphabetismus heute bei uns
Auch Osterhammel hat sich in seiner Geschichte des 19. Jahrhunderts "Die Verwandlung der Welt" mit dem Themenkreis befasst.
Im Jahr 1910 wären annähernd 100 % der Bevölkerung des dt. Kaiserreichs keine Analphabeten mehr gewesen. Womit Deutschland an der Spitze gelegen hätte, in anderen Flächenstaaten wäre man zdZ noch nicht soweit gewesen. In Frankreich wäre die Quote bei 87% gelegen, in Südeuropa bei ca. 60% Schlusslicht Portugal wo sie bei ca. 35% gelegen wäre.

Der Soldat des 1. WK wäre in der Lage gewesen, die Gebrauchsanweisungen seiner Waffen zu lesen und zu verstehen, und schriftlich Kontakt mit der Heimat zu halten.

Dann, er schreibt es tatsächlich, hätte es Frauen gegenüber Zurückhaltung gegeben, was häufiges und vieles lesen betraf.
Da unterstellt worden wäre, dass dies zu stärkeren und häufigeren erotischen Phantasien bei Frauen führen könne.

Sorry, das stammt nicht von mir. Nachzulesen bei Osterhammel, Die Verwandlung der Welt, Kapitel "Verschulung".

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
18.09.2014, 15:54
Beitrag: #55
RE: Analphabetismus heute bei uns
(17.09.2014 20:22)Suebe schrieb:  Darf ich das so verstehen,
dass (...)
Du meiner These im großen und ganzen zustimmst?

Darfst du. Smile

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
19.09.2014, 11:13
Beitrag: #56
RE: Analphabetismus heute bei uns
Osterhammel aaO schreibt, dass die Durchsetzung der Schulpflicht gegen den Widerstand der Eltern unmöglich ist.
Was sich auch noch mehrfach im 20. Jahrhundert gezeigt hätte.

Ergo: Solange die Arbeit der Kinder für das Überleben der Familie wichtig war, konnte die Schulpflicht nicht durchgesetzt werden. Das war im 19. Jahrhundert eine Grundvoraussetzung für die Verschulung.


OT:
Vielleicht interessiert es den einen oder anderen, mindestens 1963 gab es in Baden-Württemberg noch "Kartoffelferien".
In den Dörfern hatten die Kinder nur 3 Wochen Sommerferien, dafür im Oktober nochmals 3 Wochen sg Kartoffelferien.
Wer heute einen Vollernter über die Felder sausen sieht, kann es sich vermutlich gar nicht mehr vorstellen, was die Kartoffelernte "per Hacke" einst für eine fürchterliche Arbeit war.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
19.09.2014, 12:14
Beitrag: #57
RE: Analphabetismus heute bei uns
Zwar nicht mit der Hacke, aber das Einsammeln der Kartoffeln mit der Hand, nachdem ein Traktor die Reihen aufgegrubbert hatte, kenne ich auch noch aus den frühen 1970ern. Dafür gab es öfter mal einen Tag schulfrei und man verdiente etwas Taschengeld, so etwa 20 Pfennig (Ost) pro große Kiepe (25 kg). Selbst Drittklässler waren schon dabei.
Heute ist man froh, wenn man überhaupt mal ein Kartoffel- oder Rübenfeld sieht, stattdessen fast nur noch Mais und Raps, biologische Wüsten, wo keine Lerche existieren kann.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
22.09.2014, 13:00
Beitrag: #58
RE: Analphabetismus heute bei uns
Die damalige freie Rechsstadt Reutlingen war im 18. Jahrhundert ein richtiges "Raubdruck"-Zentrum.
Volksbücher wurden die Drucke genannt, die dort preisgünstig hergestellt wurden.
Nicht der kleinste Anteil waen Abenteuerbücher! So zb der Robinson.

Diese Bücher wurden zu einem erheblichen Teil von ambulanten Landhändlern aus Eningen/Achalm vertrieben. Die zu ihrem üblichen Sortiment diese Volksbücher und Kalender in ihren Tragen hatten, und auf den Dörfern bis in die Schweiz und ins Elsass verkauften.
Ergo: man konnte sehr wohl lesen auf den Dörfern des 19. Jahrhunderts.

Erstaunlich sind zB auch die Auflagen, die Cotta in Stuttgart damals (1820-30) bereits vertrieben hat. Ein Französisch Lehrbuch ist mir aufgefallen, mit einer Gesamt-Auflage von 50.000 Stück!

Man möge mir verzeihen, dass ich oft Beispiele aus dem Südwesten bringe, das liegt aber an meiner persönlichen Quellenlage. Und daran, dass ich die selben oder jedenfalls sehr ähnliche Verhältnisse anderswo unterstellen möchte.

Die "Raubdrucke" = nichtautorisierte Drucke waren im 118. beginnenden 19. Jahrhundert anscheinend Querbeet im deutschen Sprachraum üblich.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
22.09.2014, 18:47
Beitrag: #59
RE: Analphabetismus heute bei uns
(22.09.2014 13:00)Suebe schrieb:  Die "Raubdrucke" = nichtautorisierte Drucke waren im 118. beginnenden 19. Jahrhundert anscheinend Querbeet im deutschen Sprachraum üblich.

Weswegen der alte Goethe bei seinem Verleger Cotta (Sitz des Verlags: Tübingen) ein beinhartes Copyright durchdrückte.
Das Erstaunliche: Goethe bekam, was er wollte! Und dazu relativ horrende Gagen. Cotta wusste wohl, wen er da unter "seinen" Autoren hatte.
Und Goethe wusste, was er an Cotta hatte: Er hielt ihm lange die Treue...die Ausgabe "letzter Hand" der Goethe´schen Werke kam von Cotta.
Hergestellt hatte den Kontakt zwischen Goethe und Cotta (der Cotta einen wirtschaftlichen Aufschwung bescherte) übrigens ein gewisser Friedrich Schiller...

Aber nicht nur Reutlingen war "Raubdruckerstadt", auch Ingolstadt, wenn auch früher (die Ingolstädter Drucker waren deshalb auch keine echten Raubdrucker, denn die Idee des Copyright kam wie gesagt später - u.a. von Goethe nämlich...). In der Reformations-/Gegenreformationszeit kamen viele wesentliche Drucke entweder aus Erfurt bzw. Leipzig oder aus Ingolstadt. Ein gewisser Peter Bienewitz - latinisert Patrus Apianus - kam dadurch zu Reichtum, was ihm ermöglichte, die "Bayerischen Landtafeln" zu erstellen und zu veröffentlichen, das erste kartographische Werk, das aufgrund Triangularvermessung zustande gekommen ist.

Aber ich schweife ab...
Wink

VG
Christian
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
22.09.2014, 19:30
Beitrag: #60
RE: Analphabetismus heute bei uns
(22.09.2014 18:47)913Chris schrieb:  
(22.09.2014 13:00)Suebe schrieb:  Die "Raubdrucke" = nichtautorisierte Drucke waren im 118. beginnenden 19. Jahrhundert anscheinend Querbeet im deutschen Sprachraum üblich.

Weswegen der alte Goethe bei seinem Verleger Cotta (Sitz des Verlags: Tübingen) ein beinhartes Copyright durchdrückte.
Das Erstaunliche: Goethe bekam, was er wollte! Und dazu relativ horrende Gagen. Cotta wusste wohl, wen er da unter "seinen" Autoren hatte.
Und Goethe wusste, was er an Cotta hatte: Er hielt ihm lange die Treue...die Ausgabe "letzter Hand" der Goethe´schen Werke kam von Cotta.
Hergestellt hatte den Kontakt zwischen Goethe und Cotta (der Cotta einen wirtschaftlichen Aufschwung bescherte) übrigens ein gewisser Friedrich Schiller...

Aber nicht nur Reutlingen war "Raubdruckerstadt", auch Ingolstadt, wenn auch früher (die Ingolstädter Drucker waren deshalb auch keine echten Raubdrucker, denn die Idee des Copyright kam wie gesagt später - u.a. von Goethe nämlich...). In der Reformations-/Gegenreformationszeit kamen viele wesentliche Drucke entweder aus Erfurt bzw. Leipzig oder aus Ingolstadt. Ein gewisser Peter Bienewitz - latinisert Patrus Apianus - kam dadurch zu Reichtum, was ihm ermöglichte, die "Bayerischen Landtafeln" zu erstellen und zu veröffentlichen, das erste kartographische Werk, das aufgrund Triangularvermessung zustande gekommen ist.

Aber ich schweife ab...
Wink

VG
Christian

Oh danke!
ich liege also richtig:
Zitat:Man möge mir verzeihen, dass ich oft Beispiele aus dem Südwesten bringe, das liegt aber an meiner persönlichen Quellenlage. Und daran, dass ich die selben oder jedenfalls sehr ähnliche Verhältnisse anderswo unterstellen möchte.

Es ist mir noch eine Liste untergekommen, welche Bücher da hauptsächlich gedruckt wurden, zu einem Gutteil Erbauungsliteratur und Predigtbücher.
Aber die Abenteuerbücher, wie wir heute sagen würden, nehmen einen erheblichen Teil ein.
Es gibt von Justinus Kerner die Aussage, dass ihn keine Lektüre später so in Bann gezogen hätte wie seine allererste, ein Robinson aus Reutlinger Produktion, die er auf dem Krämermarkt gekauft hätte. Wobei es außer dem Defoeschen wohl auch einen "jungen Robinson" gab, Autor ist mir zZ entfallen.

Und da bin ich wieder am Anfang, warum ich davon hier schrieb, die Eninger Markthändler und Hausierer müssen damit recht nennenswerte Umsätze getätigt haben, Eningen/ Achalm hatte 1830 5.000 Einwohner und war damit das größte Dorf Württembergs.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds