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Vertreibung in der Geschichte
22.10.2012, 09:49
Beitrag: #21
RE: Vertreibung in der Geschichte
(21.10.2012 21:34)solon schrieb:  1939-1942, trotz dem Attentat, Zuckerbrot und Peitsche.
solon

Dieser Punkt stimmt so schon.
Ende April 1945 als sich die Rote Armee dem Industriegebiet von Mährisch Ostrau näherte, wurden den Arbeitern dort 1 Monatslohn im Voraus ausbezahlt, damit keine direkte Not in der "Übernahme-Phase" aufkommen sollte.
Zu den anderen Punkten hat @sansavoir schon Stellung genommen.

Wobei, das ist kein Punkt auf das "Protektorat" beschränkt, ich kenne den Fall von ein paar "Zigeunern" die relativ unbeschadet die verfluchten 12 Jahre überstanden. Trotz vielerlei Versuchen.
Sie haben in einer Munitionsfabrik gearbeitet.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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26.09.2014, 14:23
Beitrag: #22
[geteilt] Presseschau "Slowenien wird deutsch"
Gemessen an den rund 12 Mio. deutschen Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten des DR sind das eher Peanuts. Besonders unrühmlich taten sich die Tschechen hervor. Die Tschechen waren das einzige von den Nazis besetzte Land, das keine eigene Widerstandsbewegung besaß wie z. B. die Resistance in Frankreich. Um dieses miese Image bei den Alliierten zu ändern, wurde das Attentat auf Heydrich gemacht. Aber auch danach lebten die Tschechen unter deutscher Besatzung relativ unangetastet, die Industriearbeiter erhielten Höchstlöhne. Nach der Kapitulation des DR quälten und massakrierten die Tschechen die wehrlosen Sudetendeutschen, ca. 270.000 von ihnen kamen so um. Erste starke Proteste der Amerikaner führten danach zu einer geordneten Vertreibung unter russischer Oberherrschaft. Verbrechen bleibe Verbrechen, egal wer sie begangen hat.
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26.09.2014, 16:56
Beitrag: #23
RE: Presseschau "Slowenien wird deutsch"
Ich kann Liberaces Ausführungen aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Ich bin 1941 in Schlesien geboren und habe die Russen, die Polen und die Tschechen kennengelernt. Am schlimmsten waren die Tschechen. Die Russen haben uns oft vor den Polen beschützt.
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27.09.2014, 11:44
Beitrag: #24
RE: Presseschau "Slowenien wird deutsch"
(26.09.2014 16:56)Harald schrieb:  Am schlimmsten waren die Tschechen. Die Russen haben uns oft vor den Polen beschützt.

Irgendwie nachvollziehbar, dass Tschechen und Polen am aggressivsten reagierten, als die Deutschen verloren hatten.
Das mit den Polen und Russen musst du mir allerdings noch mal gründlicher erläutern. Besonders zu Beginn der "russischen" Zeit in Polen, also kurz nach Eroberung Polens durch die Rote Armee, sollen es doch eher die Russen gewesen sein, die die Deutschen malträtierten.
Ebenso nachvollziehbar (nicht gemeint ist: verteidigbar!): die Russen waren das dritte Volk, das im deutschen Machtbereich unte rmassiven Verlusten zu leiden hatte.

VG
Christian
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27.09.2014, 19:11
Beitrag: #25
RE: Presseschau "Slowenien wird deutsch"
Wie du von Slowenien - aus dem allerdings ebenfalls Deutsche vertrieben wurden - auf Tschechien kommst, kann ich nicht nachvollziehen.

Da du da aber einige haarsträubende Ansichtetn postest, möchte ich doch drauf antworten.
(26.09.2014 14:23)liberace schrieb:  Verbrechen bleibe Verbrechen, egal wer sie begangen hat.

Die Vertreibungen der Sudetendeutschen waren Unrecht. Das, was die Deutschen zuvor in Tschechien angerichtet haben, war ein Verbrechen.
Dass die Tschechen sich nicht gewehrt haben, stimmt so nicht. Deine Aussage über das Heydrich-Attentat ist grob geschichtsverfälschend.

Tschechien - einziges demokratisches Land Mitteleuropas vor der Besetzung durch die Deutschen und zum Teil den Deutschen preisgegeben, ohne dass man die Tschechen gefragt hätte - war das erste Land, das regelrecht besetzt wurde. Anfangs wurde das Land - nach der erzwungenen Trennung von der Slowakei - wie eine Kolonie regiert. Das mag den tschechischen Widerstand gedämpft haben.
Als dann jedoch Heydrich nach der Ablösung des bisherigen tschechischen "Statthalters" begann, die Bevölkerung nach den NS-Rassekriterien zu durchforsten, wurde den Tschechen wohl endgültig klar, was die deutsche Herrschaft bedeutete. Folge: Das Attentat auf Heydrich.

Dass die Sudetendeutschen vertrieben wurden, haben sie wohl zuvörderst der "Sudetendeutschen Partei" zu verdanken, die sich lautstark als Vertretung derjenigen Bewohner Tschechiens präsentierte, die von der Mehrheit unterdrückt würden und denen angestammte Rechte verweigert würden. Sie bezog sich dabei auf das Versprechen der Prager Regierung, aus der CS so eine Art Scheiz zu machen, was nicht erfolgt ist. In Sachen Rassismus war die SdP "eifriger" als die NSDAP selbst, ihr Programm ging teilweise über das hinaus, was das der NSDAP enthielt. Als das Sudetenland in das Reich "angeschlossen" wurde, gab es auch Vertreibungen - von Tschechen. Dass die SdP laut Wahlergebnissen die überwältigende Mehrheit der Sudetendeutschen vertrat, dürfte noch mehr dazu beigetragen haben, das jahrhundertelang recht gute Verhältnis zwischen Tschechen und Deutschen in Böhmen zu vergiften, und zwar nachhaltig.

Gefallen haben dürfte die deutsche Besatzung Tschechiens den wenigsten Tschechen, vor allem, weil ihnen bekannt war, was die Oberen der SdP so rumtönten. Aber sie hatten auch schon die Habsburger ausgehalten, und so warteten die Tschechen wohl erst einmal ab, was da kommen würde. Wie gesagt, erst Heydrich brachte die Wende.

Wie gesagt, die Vertreibungen - während derer zweifellos auch Verbrechen geschahen - waren Unrecht. Die Massaker der Deutschen in Lidice und Ležáky waren ohne Einschränkung Verbrechen, ebenso die Einrichtung des KZ Theresienstadt und diverser kleinerer KZs in Form von Außenlagern.
Man sollte da schon genau unterscheiden.

Im übrigen bitte ich hiermit die Moderation, die Mails, die sich auf Tschechien beziehen, aus diesem Strang auszugliedern. Slowenien ist hier das Thema, nicht Tschechien oder die Sudetendeutschen.

VG
Christian
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28.09.2014, 03:47
Beitrag: #26
RE: Vertreibung in der Geschichte
(27.09.2014 11:44)913Chris schrieb:  
(26.09.2014 16:56)Harald schrieb:  Am schlimmsten waren die Tschechen. Die Russen haben uns oft vor den Polen beschützt.

Irgendwie nachvollziehbar, dass Tschechen und Polen am aggressivsten reagierten, als die Deutschen verloren hatten.
Das mit den Polen und Russen musst du mir allerdings noch mal gründlicher erläutern. Besonders zu Beginn der "russischen" Zeit in Polen, also kurz nach Eroberung Polens durch die Rote Armee, sollen es doch eher die Russen gewesen sein, die die Deutschen malträtierten.
Ebenso nachvollziehbar (nicht gemeint ist: verteidigbar!): die Russen waren das dritte Volk, das im deutschen Machtbereich unte rmassiven Verlusten zu leiden hatte.

VG
Christian

Ich bin zwar nicht Harald, möchte aber mit einer Erzählung meiner Oma antworten. Sie und ihre Schwester mit insgesamt acht Kindern mussten am 21. Januar 1945 ihren damaligen Wohnsitz in der Nähe von Bromberg schlagartig verlassen, nur das Notwendigste durfte mitgenommen werden. Die auf dem Hof meines Urgroßvaters arbeitenden Polen halfen meiner Oma und ihrer Schwester, sie begleiteten sie noch die ersten Tage, ehe sie sich nach unbekannt zurückzogen.

Mein damals 88-jähriger Urgroßvater blieb auf dem Hof mit einer Nichte meiner Oma, beide fielen den Russen in den Händen. Mein Urgroßvater starb dann am 21. Juni 1945 und wurde von der Nichte meiner Oma irgendwo in Polen vergraben, sie selbst kam nach Workuta, wo sie bis 1948 blieb und nur dank der Solidarität russischer Frauen überlebte.

Meine Oma und meine Großtante schlossen sich einem Treck an, sie waren dann sowohl polnischen als auch russischen Übergriffen ausgesetzt, aber es gab auch Polen oder russische Soldaten, die den Kindern Nahrung und Süßigkeiten besorgten. Von März bis Mai/Juni 1945 internierten die Sowjets die Flüchtlinge des Trecks in einem Lager, danach zwangen sowjetische Soldaten die Flüchtlinge die Oder zu überqueren. Den Frauen mit Kindern wurden morsche Boote zur Verfügung gestellt, der Rest musste schwimmen. Rechts der Oder standen Russen, die mit Peitschen die Menschen ins Wasser trieben, links der Oder holten die Russen die Menschen wieder aus dem Wasser...

Ich denke jede Familie ehemaliger Flüchtlinge bekam unterschiedliche Überlieferungen vermittelt. Das liegt sicher daran, dass sich einzelne Russen oder Polen unterschiedlich verhalten haben. Das Verhalten der sowjetischen Soldaten war oft abhängig von ihren Generälen und Offizieren, es gab welche, die die Gewalt gegen Deutsche förderten bzw. duldeten, es gab aber auch welche, die die Gewalt ihrer Soldaten unterbanden.

Als 1992 mein Bruder aus der Ukraine seine damalige russische Freundin und heutige Frau nach Hause brachte, hatte er große Sorge, wie meine Oma reagieren würde. Aber sie umarmte nur meine Schwägerin und sagte, dass sie ja nichts für die Vertreibungen konnte. Beide kamen gut miteinander aus, meine Schwägerin durfte meine Oma auch "Oma" nennen, was normalerweise nur wir Enkel durften, aber das ist eine andere Geschichte. Die Großmutter meiner Schwägerin hatte da mehr Schwierigkeiten, es zu akzeptieren, dass sie einen deutschen Mann hat und in Deutschland nun lebte. Sie hat meine Schwägerin erst wenige Monate vor ihrem Tod verziehen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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28.09.2014, 12:13
Beitrag: #27
RE: [geteilt] Presseschau "Slowenien wird deutsch"
(26.09.2014 14:23)liberace schrieb:  Gemessen an den rund 12 Mio. deutschen Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten des DR sind das eher Peanuts. Besonders unrühmlich taten sich die Tschechen hervor. Die Tschechen waren das einzige von den Nazis besetzte Land, das keine eigene Widerstandsbewegung besaß wie z. B. die Resistance in Frankreich. Um dieses miese Image bei den Alliierten zu ändern, wurde das Attentat auf Heydrich gemacht. Aber auch danach lebten die Tschechen unter deutscher Besatzung relativ unangetastet, die Industriearbeiter erhielten Höchstlöhne. Nach der Kapitulation des DR quälten und massakrierten die Tschechen die wehrlosen Sudetendeutschen, ca. 270.000 von ihnen kamen so um. Erste starke Proteste der Amerikaner führten danach zu einer geordneten Vertreibung unter russischer Oberherrschaft. Verbrechen bleibe Verbrechen, egal wer sie begangen hat.

liberaces Statement über die Tschechen ist eine Ansammlung alter Vorurteile, bis heute verbreitet durch die Teile der sudetendeutschen Landsmannschaft und ihnen nahestehender Kreise. Solche Vorurteile sollten in einem seriösen Forum nicht ohne Widerspruch stehen gelassen werden.

Ich mag hier eigentlich nicht mehr schreiben, um Konflikte zu vermeiden, mache hier aber eine Ausnahme, da dieses Forum fachlich gut ist, aber tschechische Geschichte weniger bekannt ist. Chris hat einiges richtig gestellt, ich will da weiteres ergänzen.

Da ist einmal die alte Zahl von 270 000 toten Sudetendeutschen durch die Vertreibung - eine Anzahl, rein aus Statistiken aus verschiedener Volkszählungen (DR 1939, Tschechoslowakei 1950, BRD 1950, Schätzungen aus der DDR und amtliche Angaben aus Österreich) generiert, die ausser acht lässt, dass es Einwohner gab, die ihre Nationalitäten gewechselt haben. In Tschechien hätten es bis zu 600 000 sein können. Wenn also irgendwo eine Viertelmillion Deutsche in der Tschechoslowakei in den Statistiken „verschwunden“ sind, kann es sein, dass viele dann nach dem Krieg sich zur tschechischen Nationalität bekannt haben – aus nachvollziehbaren Gründen, und nachdem viele von ihnen 1939 sich zu Deutschen erklärt hatten.

Die deutsch-tschechische Historikerkommission hat in ihrer Erklärung von 1997 die MAXIMALzahl von 30 000 erwähnt - einschliesslich Selbstmorde. Die Rote Armee hat sich dabei auch an Ausschreitungen beteiligt. Die Historikerkommission mahnte an, nicht mehr die Zahl von einer viertel Million toten zu erwähnen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibung...pferzahlen

Natürlich gab es in der Tschechoslowakei eine Widerstandsbewegung - ohne die hätte man ja das Heydrich Attentat nicht durchführen können. Wovon hätten die Attentäter denn gelebt, das fast halbe Jahr zwischen Absetzung und Attentat? Ausserdem waren es auch Tschechen, die von Grossbritanien aus operierten, wohin sie geflohen waren. Jeder Widerstandskämpfer setzte das eigene Leben wie dasjenige der Familienangehörigen aufs Spiel. Nach dem Heydrich Attentat wurden ganze Familien von Widerstandskämpfern erschossen, was auch so bekannt gegeben wurde.

https://www.youtube.com/watch?v=VZsV6Y1oGfM (ab 1.50 Benešs Rede zur Massaker von Lidice in England)

Der Vergleich mit der Résistance in Frankreich hinkt in mancher Hinsicht, denn in Frankreich war die Besatzung weit weniger intensiv, hatte duch die Nähe zu GB und der langen Seeküste grosse logistische Vorteile und war bis Ende 1942 zum Teil unbesetzt. Waffen und sonstige Unterstützung konnten den Maquis viel leichter erreichen als das viel weiter weg entfernte Binnenland, das sich auch von der Landschaft (kein Gebirge, keine weiten Wälder) her sehr schelcht für Partisanenkampf eignete. Aber auch so gab es Widerstand:

http://de.wikipedia.org/wiki/Tschechoslo...%80%931945

Nicht vergessen sollte man, dass die Tschechen nach den Polen das bedeutendste Kontingent an Nicht-Commonwealth Piloten in der Luftschlacht um England stellten, mehr als Franzosen. Der Kampfeswille war da, aber ohne Waffen kämpft es sich schlecht.

http://en.wikipedia.org/wiki/Non-British...of_Britain

Das Argument der Höchstlöhne ist ein weiteres sudetendeutsches Landmannschafts Argument, das absoluter Hohn ist. Es galt höchstens für Rüstungsarbeiter, aber das Geld in einem Krieg ist bei Rationierung ohnehin nicht viel Wert, nach dem Krieg war es durch die Währungsreform wertlos geworden.
Heydrich liess gleich nach seinen Machtantritt im Herbst 1941 die Rationen für Rüstungsarbeiter erhöhen, bei gleichzeitiger Steigerung der Repression hatte dies den Rückgang der Sabotage zur Folge, die zuvor nach dem Überfall auf die Sowjetunion rasant angestiegen war.

"Relativ unangetastet lebten die Tschechen" - nach Quellen bis zu 343 000 Toten ist also relativ unangetastet. Dagegen wären ja dann 30 000 wirklich "Peanuts".

http://www.hagalil.com/czech/dachau/dachau-1.htm (Opferzahlen ganz unten, Artikel aber auch sonst lesenswert über Widerstand und Repression).

Dass die tschechischen Hochschulen von 1939-1945 geschlossen waren, weil die Tschechen als Untermenschen keine solche Bildung mehr benötigen würden, gehört offenbar auch in die Kategorie relativ ungeschoren.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sonderaktion_Prag

Man kann die Verbrechen, die von tschechischer Seite verübt wurden, sicher verurteilen, das haben schon Tschechen damals getan, wie Zdeněk Fierlinger, Frantíšek Peroutka, Pavel Tigrid, mein Vater (1922-2004) und vor allem der grossartige Přemysl Pitter, Träger des Bundesverdienstkreuzes und Inhaber eine Baumes in Jad Waschem, sowie 1989 auch Václav Havel.

http://de.wikipedia.org/wiki/P%C5%99emysl_Pitter

Man sollte aber deshalb nicht die tschechischen Widerstandskämpfer im In- wie Ausland vergessen ebenso wenig den Schrecken der Nazi Besatzung von Böhmen und Mähren verniedlichen, nur weil es in Polen oder der Sowjetunion noch viel schrecklicher war. Aber auch diejenigen nicht verachten, die einfach nur überleben wollten. Aber unter dem Schrecken leben mussten, "erschossen zu werden mitsamt seiner Familie", selbst wenn sie zu Unrecht denunziert worden sind.

Ich sage ja auch nicht, dass alle Deutschen Nazis waren, es keinen Widerstand gab und Stauffenberg sowieso nur Hitler töten wollte, um die drohende Niederlage abzuwenden. Und Martin Niemöller, Dietrich Bonhoeffer, Geschwister Scholl, aber auch die Gebrüder Mann und Wenzel Jaksch kenne ich auch, wie mir bekannt ist, dass es noch viele namenlose Helden gab, auch Sudetendeutsche, wie etwa diese Dame

http://www.ceskatelevize.cz/porady/10204...ute-osudy/

die im tschechischen Fernsehen als "unbekannte Heldin" vorgestellt wurde und nach dem Krieg als Antifaschistin anerkannt wurde, nicht vertrieben wurde, wie auch hier

http://www.ackermann-gemeinde.de/aktuell...?tx_ttnews

und hier

http://derstandard.at/2153535

vergessen wir Tschechen nicht, dass es unter den Sudetendeutschen Widerstand und tapfere Menschen gab.
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28.09.2014, 15:32
Beitrag: #28
RE: Vertreibung in der Geschichte
Ich habe hier keine Vorurteile von mir gegeben sondern eigene Erfahrungen, die ich als 4-, 5-jähriges Kind gemacht habe und die sich in mein Gedächtnis eingebrannt haben. Ich lege auch nicht den geringsten Wert darauf, das von mit zu geben.
Wir, meine Mutter, meine Großeltern mütterlicherseits, mein zehn Jahre älterer Bruder und ich, sind vor den russischen Panzern ins Sudetenland geflüchtet und lebten dort ein paar Wochen zwischen Reichenberg und Friedland. Daher unsere Erfahrungen mit Tschechen. Wir kehrten dann in unser Heimatdorf zurück und lebten etwa ein halbes Jahr mit Polen und russischen Soldaten, die nach einiger Zeit verlegt wurden. Die Russen, ich wiederhole mich, schützten uns sehr oft vor den Polen. Mein Großvater wurde von der polnischen Miliz fast todgeprügelt, weil er unvorsichtigerweise äußerte, wenn die Amis kämen würden die Polen laufen bis sie die Hacken verlören.
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28.09.2014, 15:43
Beitrag: #29
RE: Vertreibung in der Geschichte
Mich würde da nur noch genauer interessieren - wenn du darauf antworten willst selbstverständlich nur - wann und unter welchen Umständen euch Russen vor Polen schützten. Das kann eigentlich nicht in den ersten Wochen nach der Eroberung Polens durch die Rote Armee gewesen sein?
Oder doch?

VG
Christian
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28.09.2014, 17:17
Beitrag: #30
RE: Vertreibung in der Geschichte
Wir lebten nicht in Polen, sondern in Schlesien. Die Polen kannten wir bis dahin nur als Erntehelfer. Die russische Armee ließ das Gebirge links liegen und zog weiter oderabwärts nach Berlin. Die erste durch die Partei angestachelte Wut der Russen war wohl schon verraucht, als sie zu uns kamen. Ein russischer Unteroffizier war mein bester Freund.
Wenn die Polen besoffen waren, und das kam häufig vor, ballerten sie wild in die Luft und wir hatten Grund uns zu fürchten. Die Russen kamen dann und beschützten uns.
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28.09.2014, 19:12
Beitrag: #31
RE: Vertreibung in der Geschichte
Danke! Da hatten also die Offiziere ihre Soldaten schon wieder im Griff. In den ersten Wochen waren die Russen ja wie wild, bis Stalin aus Moskau die Offiziere zu härterem Vorgehen anwies und es dann sogar einige Todesurteile gegen Rotarmisten, die Deutsche erschossen, vergewaltigt usw. haten.
Deshalb auch meine Frage.

VG
Christian
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29.09.2014, 20:07
Beitrag: #32
RE: Vertreibung in der Geschichte
Ich glaube mich erinnern zu können, (bei Bedarf such ich die Quelle) dass das Heydrich-Attentat verübt wurde, ohne britische Logistik wäre ja nichts gegangen, weil überraschenderweise unter Heydrich die Verhältnisse für die Czechen besser wurden.
Wobei die Berliner "Massenmörder aus Neigung" nach dem erfolgreichen Attentat ja auch wie erwartet reagierten.

Aus den Berichten von Sudetendeutschen habe ich den Eindruck gewonnen, dass die persönliche Art und Weise der Vertreibung, Vertriebene und Vertreiber kannten sich oft persönlich, die Erbitterung der Sudetendeutschen erheblich verstärkt hat.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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30.09.2014, 13:28
Beitrag: #33
RE: Vertreibung in der Geschichte
In den östlichen Reichsgebieten ist ein Teil der Bevölkerung vor der Front ausgewichen und hat dann versucht zurückzukehren. Polen hat zum einen die Miliz aufgestellt, um sytematische Greueltaten und Massaker in Ostdeutschland und Zentralpolen zu verüben. Viele Männer wurden zur Zwangsarbeit nach Russland o. Warschau verschleppt. Frauen und Kinder wurden in Lagern interniert, in denen vor allem die Kleinkinder starben. Die Säuglinge hatten nichts verbrochen, für das sie hätten bestraft werden können.
"Humanitäre" Vertreibung gibt es nicht.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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30.09.2014, 16:30
Beitrag: #34
RE: Vertreibung in der Geschichte
(29.09.2014 20:07)Suebe schrieb:  Ich glaube mich erinnern zu können, (bei Bedarf such ich die Quelle) dass das Heydrich-Attentat verübt wurde, ohne britische Logistik wäre ja nichts gegangen, weil überraschenderweise unter Heydrich die Verhältnisse für die Czechen besser wurden.

Die Logistik bestand lediglich darin, die Attentäter samt Waffen und gefälschter Ausweise einzufliegen. Für alles andere benötigte man das heimische Widerstandsnetz.

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion stiegen die Sabotageakte in den Rüstungswerken. Deshalb wurde Heydrich nach Prag beordert, und führte neben brutaler Repression aber auch höhere Rationen für Rüstungsarbeiter und andere kriegswichtige Arbeiter und Landwirte ein.

Dies liess die Sabotageakte sanken, worauf auch Grossbritannien die tschechoslowakische Exilregierung in London unter Druck setzte, dass es mehr Widerstand geben müsse - eine unfaire Forderung, setzte doch jeder Widerstandskämpfer sein Leben weit mehr aufs Spiel als jeder Frontsoldat, der sich ja je nach Aussichtslosigkeit des Kampfes ergeben durfte. Aber man war im Herbst 1941 an allen Fronten unter Druck.

Man kann also nicht sagen, das die Verhältnisse für Tschechen allgemein besser wurden, sondern nur für diejenigen, die für das "Reich" wichtig waren und deshalb genug zu "fressen" kriegen sollten, wie sich Heydrich äusserte. Potentielle "Feinde des Reiches" liess Heydrich verhaften und erschiessen.


(29.09.2014 20:07)Suebe schrieb:  Wobei die Berliner "Massenmörder aus Neigung" nach dem erfolgreichen Attentat ja auch wie erwartet reagierten.

Das sah auch der heimische Widerstand voraus, der auch gegen ein Attentat auf Heydrich war. Aber der Druck auf die Exilregierung war sowohl von britischer wie von sowjetischer Seite gross. Man flog dann verschiedene in Grossbritannien ausgebildete Soldaten ein, nicht nur für das Heydrich Attentat.

Dass, wie es Thomas Mann ausdrückte, der Bluthund Heydrich den natürlichsten Tod für seine Gattung Mensch starb, war sicher gerecht. Die Konsequenzen waren schlimm, aber letztlich nicht durch die Allierten zu verantworten. Dass das Erschiessen ganzer Familien von Widerstandskämpfern dann auch noch im Rundfunk bekannt gab, wie auch das Massaker von Lidice, hat aber alle Alliierten überrascht. Lidice wurde deshalb zum Symbol, obwohl es natürlich vorher wie nachher viele andere Massaker gab, aber nicht durch die Nazi Propaganda instrumentalisiert wurde.

https://www.youtube.com/watch?v=VZsV6Y1oGfM
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30.09.2014, 16:43
Beitrag: #35
RE: Vertreibung in der Geschichte
(29.09.2014 20:07)Suebe schrieb:  Aus den Berichten von Sudetendeutschen habe ich den Eindruck gewonnen, dass die persönliche Art und Weise der Vertreibung, Vertriebene und Vertreiber kannten sich oft persönlich, die Erbitterung der Sudetendeutschen erheblich verstärkt hat.

Schwer einzuschätzen. Wo dies der Fall war, kann man das nachvollziehen. Andererseits wurden die schlimmsten Taten von den Revolutionären Garden, der Svoboda Armee (die zuvor an der Ostfront war und dort sah, was die Deutschen taten) und den Milizen vollbracht.

Ich habe auch schon Quellen gelesen, die berichteten, dass gerade wo sich die Leute kannten, Tschechen ihren Deutschen Nachbarn behilflich waren.

Wohl schwer, sich ein repräsentatives Bild zu machen.
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30.09.2014, 16:50
Beitrag: #36
RE: Vertreibung in der Geschichte
(30.09.2014 16:43)Marek1964 schrieb:  Ich habe auch schon Quellen gelesen, die berichteten, dass gerade wo sich die Leute kannten, Tschechen ihren Deutschen Nachbarn behilflich waren.

Hätte gar keine Rolle gespielt z.B. in Plan bei Marienbad, woher meine Informanten stammen. Da kamen nämlich Polizei (oder Militär?) von auswärts und hat die Vertreibung organisiert. Die tschechischen Nachbarn hätten sich gegen die eigene Obrigkeit stellen müssen, um die Deutschen zu verteidigen - wobei es in Plan offenbar gar keine tschechischen Nachbarn gab...

VG
Christian
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01.10.2014, 20:30
Beitrag: #37
RE: Vertreibung in der Geschichte
Auch heute noch bleibt es dem aufmerksamen Beobachter nicht verborgen, dass die Tschechen (ists so besser?) ihr heutiges Staatsgebiet keineswegs völlständig besiedeln.
können?
Zumindest die einstig sudetendeutschen* Gebiete dünner besiedelt sind als 1938.

Für mich ist die Geschichte Böhmens und Mährens im 20. Jahrhundert das Musterbeispiel wohin Nationalismus in Verbindung mit Dummheit die Menschheit gebracht hat.


*sudentendeutsch stimmt ja so eigentlich gar nicht, aber der Einfachheit halber bleiben wir am besten auch dabei.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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02.10.2014, 15:11
Beitrag: #38
RE: Vertreibung in der Geschichte
Vor etlichen Jahren ist mir mal ein übersetzter Ausschnitt aus einer Jugoslawischen Tageszeitung ca. 1946 untergekommen.

Eine Frau schrieb in einem Leserbrief, sinngemäß:
"man soll doch die Deutschen (sie bezog sich natürlich auf die Jugoslawien-Deutschen) in Ruhe lassen, die selbst hätten doch eigentlich überhaupt nichts getan, und für den Hitler hätten die auch nichts gekonnt"
Der Redakteur schrieb ziemlich geharnischt zurück, "was sie denn glauben würde, man bräuchte das Vermögen der Deutschen für den Aufbau des Sozialismus! Irgendwoher müsste das Geld dafür ja kommen, und dann doch am besten von den verfluchten Deutschen"

Ich will hier kein Fass aufmachen, "wie übel man mit den Deutschen
umgesprungen wäre"
nur der Versuch einer Ursachenforschung.
Die Juden waren für das Nazi-Reich ein Finanzierungsmittel für den Krieg. Mit dem besonderen Touch, dass da die Ausgeraubten gleich noch ermordet wurden.
Zu Napoleons Zeiten waren es die geistlich/klerikalen Vermögen im HRR.
Eine Liste die beliebig verlängerbar ist.

Und, wie gesagt, die Suche nach politischen Gründen vernebelt lediglich.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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05.10.2014, 16:16
Beitrag: #39
RE: Vertreibung in der Geschichte
(01.10.2014 20:30)Suebe schrieb:  Auch heute noch bleibt es dem aufmerksamen Beobachter nicht verborgen, dass die Tschechen (ists so besser?) ihr heutiges Staatsgebiet keineswegs völlständig besiedeln.
können?
Zumindest die einstig sudetendeutschen* Gebiete dünner besiedelt sind als 1938.

Das stimmt. 3 Millionen innert zwei Jahren auszusiedeln ohne "Ersatz zu haben - was ja in Polen der Fall war - das war nicht zu schaffen. Dass das gleichzeitig ein wirtschaftlicher Kahlschlag war, war auch Beneš bewusst.

(01.10.2014 20:30)Suebe schrieb:  die Tschechen (ists so besser?)

Besser, schlechter ... es ist einfach modernes Deutsch - wie schon gesagt, die "Czechen" habe ich in Quellen aus dem 19. Jahrhundert gelesen.

(01.10.2014 20:30)Suebe schrieb:  Für mich ist die Geschichte Böhmens und Mährens im 20. Jahrhundert das Musterbeispiel wohin Nationalismus in Verbindung mit Dummheit die Menschheit gebracht hat.

Es fing an spätestens 1848. Dieser Gegensatz zweier Völker auf einem Gebiet konnte nie überwunden werden, auch wenn es immer Lichtblicke gab. Der erste Weltkrieg, aber dann vor allem Hitler, verhinderte jedoch jede Aussicht auf Zusammenleben.

(01.10.2014 20:30)Suebe schrieb:  *sudentendeutsch stimmt ja so eigentlich gar nicht, aber der Einfachheit halber bleiben wir am besten auch dabei.
Ja, ich mag den Ausdruck auch nicht. Er enstand erst nach 1919 - aber Du hast Recht, er hat sich eingebürgert.
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05.10.2014, 20:45
Beitrag: #40
RE: Vertreibung in der Geschichte
(05.10.2014 16:16)Marek1964 schrieb:  ./.

(01.10.2014 20:30)Suebe schrieb:  Für mich ist die Geschichte Böhmens und Mährens im 20. Jahrhundert das Musterbeispiel wohin Nationalismus in Verbindung mit Dummheit die Menschheit gebracht hat.

Es fing an spätestens 1848. Dieser Gegensatz zweier Völker auf einem Gebiet konnte nie überwunden werden, auch wenn es immer Lichtblicke gab. Der erste Weltkrieg, aber dann vor allem Hitler, verhinderte jedoch jede Aussicht auf Zusammenleben.

./.

Vermutlich hat es in Konstanz angefangen.

Aber schade ist es allemal.
Die gemeinsam erzielten Leistungen sind phänomenal.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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