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Parallelgesellschaft-Subkultur-Ghetto+Nationale Minderheiten
05.01.2015, 14:20
Beitrag: #7
RE: Parallelgesellschaft-Subkultur-Ghetto+Nationale Minderheiten
(05.01.2015 10:31)Renegat schrieb:  Aktuell ist durch Pegida aber auch schon vorher oft von Parallelgesellschaften die Rede.
Da klingt es manchmal so, als würden Migranten absichtlich in ein bestimmtes Stadtviertel ziehen, um dort eine Parallelgesellschaft zu gründen, weil das so schön gemütlich und das Viertel so nett ist.

Dabei ist das Wort Parallelgesellschaft eine relativ neue Wortschöpfung, für Umstände, die fast so alt sind wie die Menschheit. http://de.wikipedia.org/wiki/Parallelgesellschaft

Mich interessiert an diesem Thema nicht nur die aktuelle Situation, sondern ich würde gerne auch rückwärts gucken und Beispiele von historischen Parallelgesellschaften diskutieren.

Ich mag den Begriff "Parallelgesellschaften" einfach deswegen nicht, weil es eben seit der steinzeitlichen Stammeskultur nicht mehr üblich war, daß alle Menschen die gleichen kulturellen Vorstellungen und Bedingungen teilten.

Ein typisches Beispiel für "Parallelgesellschaften" war der Feudalismus. Oder will ernsthaft irgendjemand behaupten, die Bauern und der Adel hätten nach den gleichen Regeln am gleichen Platz gelebt? Beide bildeten strang genommen "Parallelgesellschaften", wo der eine sich nicht mit dem anderen gemischt hat. Auch hier gab es zwangsläufig Überschneidungen, meist mit ungutem Ausgang für die Bauern.

(05.01.2015 10:31)Renegat schrieb:  Für mich sind dabei 2 Aspekte relevant.
1. Wohnviertel, Wohnungsmarkt,
heute überwiegend in privatwirtschaftlicher Hand. Das bedeutet, der Staat, die Kommune hat kaum noch Einfluß auf die Zusammensetzung von Wohnvierteln. Menschen der Unterschicht werden in bestimmte Viertel abgedrängt, weil sie woanders kaum eine von ihnen bezahlbare Wohnung finden. Das Wohnviertel bestimmt das Lebensumfeld, die Nachbarschaft, die Kindergärten und Schulen, die die Kinder besuchen müssen.

Ich weiß nicht, ob ich diese Meinung so teile. Mit den Maßnahmen, die eine Kommune in bestimmten Stadtvierteln durchführt, bestimmt sie sehr wohl, wie sich die Mieten entwickeln und wie sich die Mieter zusammensetzen. Sie entscheidet darüber, welches Bauland sie wofür ausweist. Sie setzt Schulen instand oder läßt es bleiben, begrünt Flächen oder läßt es bleiben. Sie genehmigt den Bau von Geschäften oder läßt auch das bleiben.
Wobei die Kommunen naturgemäß bereit sind, in Viertel, in denen die wohlhabenderen Menschen leben, mehr zu investieren als in die anderen. Mit den Ergebnis, das die Schere ganz schnell weiter auseinandergeht.

(05.01.2015 10:31)Renegat schrieb:  2. Subkultur
Die Kultur einer Gesellschaft ist nie einheitlich, sondern auch bei Einheimischen abhängig von den Lebensumständen, Interessen, der Gesellschaftsschicht und den Einkommensverhältnissen. Der jungdynamische Bänker wird kaum privaten Kontakt zu Putzfrauen und Schnellimbisslieferfahrern pflegen.

Viele Probleme, die aktuell diskutiert werden, ergeben sich aus den sehr verschiedenen Lebensumständen in unserer Gesellschaft. Die Verschiedenheit hat nicht nur etwas mit der Erziehung zu tun sondern auch mit dem sozialen Umfeld..


Stimmt. Es gibt eine Subkultur nicht weit von hier entfernt, die man als "bankische Subkultur" verstehen kann. Das ist tatsächlich ein ganzes Wohnviertel, die alle ähnliche Lebensumstände aufweisen, ähnliche Hobbies pflegen und ähnliche Vorlieben haben. Und sie grenzen sich ganz massiv nach außen ab. Wer nicht über ein bestimmtes Einkommen und Bildungsstandard und den richtigen Lebensstil pflegt, erhält keinen Zustritt zu dieser "Parallelgesellschaft." Die aber natürlich nie jemand so nennen wird, weil es ja um die sogenannte Elite geht...

(05.01.2015 10:31)Renegat schrieb:  Ein deutsches Ober- und Mittelschichtkind hat heute kaum noch die Möglichkeit, sich draußen unbeaufsichtigt Spielkameraden aus allen Schichten auszuwählen und ganz zwanglos für sich selbst zu lernen, wie man mit anderen Kindern umgeht, Frendschaften schließt. Kinder in den Armenvierteln spielen zwangsläufig noch draußen, dort lernen sie mit anderen Kindern klar zu kommen, sich allein zu behaupten ohne den "Helikopterschutz" der Eltern

Ich fürchte, auch hier muss ich wiedersprechen. Für das Oberschicht- und Mittelschicht (die eh immer dünner wird) Kind mag das ja vielleicht zutreffen- für die Kinder aus untereren Schichten gilt das aber leider nicht mehr. Wenn sie wenigstens auf der Straße spielen würden, dann hätten sie noch Bildungschancen...
Aber leider ist gerade bei den Kindern aus der Unterschicht der Medienkonsum exorbitant hoch. Sie verbringen die meiste Zeit am Fernseher und vor dem Computer oder der Spielekonsole. Sie spielen eben nicht mehr draußen.

(05.01.2015 10:31)Renegat schrieb:  Spannend wird es, wenn beide Welten zusammenkommen, etwa am Arbeitsplatz, weil es doch immer wieder mal einer aus der Unterschicht schafft, eine Aufstiegsperspektive zu verfolgen.
Irgendwo habe ich neulich gelesen, dass sozial gemischte Teams erfolgreicher sind als einheitliche.

Fraglich, ob das auch in Zukunft so bleiben wird. Die Teams, die du meinst, sind ja vor mindestens 15 Jahren Kinder gewesen. Da waren die Sozialerfahrungen sehr unterschiedlich, und das Team konnte profitieren. Fraglich, ob das auch in Zukunft so sein wird, oder ob eine Kommunikation nicht irgendwann völlig unmöglich sein wird- wie eben früher mal zwischen Adel und Bauern...

Selbst denken ist nicht selbstsüchtig. Wer nicht selbst denkt, denkt überhaupt nicht
Oscar Wilde
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RE: Parallelgesellschaft-Subkultur-Ghetto+Nationale Minderheiten - Bunbury - 05.01.2015 14:20

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