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Rheinübergang 406/07:
09.02.2015, 17:34
Beitrag: #14
RE: Rheinübergang 406/07:
Es fand auf alle Fälle eine Verschmelzung zwischen den germanischen, romanischen und kelto-romanischen Bevölkerungsteilen statt. Allerdings vollzog sich der Prozess sehr lange, meines Erachtens wurde er erst im 8. Jahrhundert abgeschlossen. Ein Grund der Feindschaft oder zumindest der Distanz zwischen den romanischen und germanischen Oberschichten war die unterschiedliche Konfession, die Römer waren katholisch, die Germanen dagegen folgten der arianischen Auslegung des Christentums.

Die Vandalen verfolgten z.B. in ihrem Herrschaftsbereich in Nordafrika katholische Christen. Während einer kluger Herrscher wie Geiserich diese inneren Ausschreitungen unterband, haben seine Nachfolger oft die Verfolgung von Katholiken forciert, um vor anderen Problemen abzulenken. So ist es auch kein Wunder, dass im Jahr 534 das Vandalenreich relativ schnell zusammenbrach. Die Frage ist natürlich, ob das Vandalenreich hätte weiter bestehen können, hätte es keine Katholikenverfolgungen gegeben? Wäre dadurch eine Verschmelzung der Germanen mit der romanisierten Bevölkerung innerhalb von 100 Jahren möglich gewesen? Und wenn ja, hätte sich diese Bevölkerung gegen die aggressive Restaurationspolitik von Justinian widersetzen können?

Die Zweifel kommen mir, wenn man an das Ostgotenreich und an Theoderich denkt. Theoderich herrschte einerseits als König über den germanischen Bevölkerungsteil, andererseits aber auch als Patricius der Römer über den romanischen Bevölkerungsteil, allerdings nur als Statthalter des Oströmischen Kaisers. Diese doppelte Art der Herrschaftsausübung funktionierte zumindest unter Theoderich, aber sie behinderte auch neben den unterschiedlichen Konfessionen eine Verschmelzung der beiden Bevölkerungsteile. Eine Annäherung beider Bevölkerungsgruppen muss es aber gegeben haben. Der Untergang der Ostgoten ist sicher mit den Ereignissen nach Theoderichs Tod zu erklären, ein Grund dafür ist das Verhalten der römischen Bevölkerung, die sich der Restaurationspolitik Justinians anschlossen. Ob dies aus Feindschaft gegenüber den Ostgoten geschah, bezweifele ich. Es war eine unruhige Zeit mit Kriegen, Seuchen, Volksaufständen und Weltuntergangsvorhersagen und der strukturierte Oströmische Staat bot etwas mehr Sicherheit als das von inneren Kämpfen zerrissene Ostgotenreich.

Ähnlich wie bei den Vandalen bestanden aufgrund der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen christlichen Konfessionen ein ständiger Konflikt zwischen den Germanen und der ibero-romanischen Bevölkerungsmehrheit. Erst der 586 erfolgte Übertritt von Rekkared zum katholischen Glauben änderte diese Situation, die Arianer wurden aus ihren Machtpositionen entfernt und es vollzog sich eine Annäherung der Oberschichten. Allerdings hat auch hier nicht die Zeit ausgereicht, das Westgotenreich konnte im 7. Jahrhundert nicht gefestigt oder reformiert werden. Vielleicht lag es am Wahlkönigtum und den damit verbundenen Kämpfen der Aristokratie untereinander. Trotzdem würde ich nicht mit der 711 erfolgten Eroberung des Westgotenreichs durch die Araber das Ende der Germanen sehen. Nach 711 fand in Asturien eine Verschmelzung der Westgoten mit den Romanen statt.

Eine Ausnahme unter den Germanen waren dagegen die Franken, sie waren seit Chlodwigs Taufe katholische Christen. Dies mag ein Grund für die frühe Zusammenarbeit der fränkischen Militäraristokratie mit der (gallo-)romanische Senatoren-/Bischofsaristokratie gewesen sein. Die Kämpfe der Merowinger untereinander basieren auf regionale, der damaligen Zeit entsprossenen Konflikte zwischen Austrien, Neustrien und Burgund und in allen drei Teilstaaten hat es eine Zusammenarbeit der beiden Teile der Oberschichten gegeben.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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Rheinübergang 406/07: - WDPG - 02.02.2015, 12:42
RE: Rheinübergang 406/07: - Suebe - 02.02.2015, 13:08
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