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8. Mai 2015 70 Jahre danach
09.05.2015, 17:04
Beitrag: #1
8. Mai 2015 70 Jahre danach
Vor 20 Jahren, beim Fünfzigjährigen, las ich etliche Zeitzeugen-Interviews.

Männer: Mehrheitlich: der Tag der Kapitulation wurde eigentlich gar nicht wahrgenommen. Lediglich die Soldaten die mit dem Tag der Kapitulation in Gefangenschaft gingen, behielten ihn in Erinnerung.
In den Gefangenenlagern muss die Info teilweise sehr zögerlich durchgekommen sein. Manche konnten sich überhaupt nicht einnern, wann sie vom "juristischen" Kriegsende überhaupt erfahren haben.

Frauen: Auch hier, der Tag als solcher scheint in der Wahrnehmung der Zeitzeuginnen so gut wie keine Bedeutung zu haben.
Der Tag der Besetzung durch die Alliierten dagegen, ist einschl. Uhrzeit allen auch heute (1995) noch bestens präsent.

Wobei man natürlich auch beachten muss, dass Informations- und Nachichtenmedien in Deutschland nach der Besetzung nicht mehr vorhanden waren. Rundfunkgeräte wurden von den Alliierten besclagnahmt, und Zeitungen gab es seit Wochen keine mehr.
So hat wohl nur eine verschwindend geringe Zahl von Deutschen den letzten "OKW-Bericht" gehört.

Ein kleines Ding am Rande noch, im Kreisarchiv Balingen liegt eine Quuittung vom 8.5.45
über die Beschlagnahme von ein paar Hundert Litern "Cidre" womit guter schwäbischer Most gemeint sein wird.
Er wird wohl anläßlich der Siegesfeier am 9. Mai durch die Kehlen der franz. Soldaten geflossen sein.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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10.05.2015, 16:04
Beitrag: #2
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
Bei uns in der Gegend war bereits Ende März finito

Das 179. US-Infanterie-Regiment unter Preston J.C. Murphy lieferte sich am 21.3.1945 in Worms ein Gefecht mit SS-Scharfschützen auf der Nibelungenbrücke-die Folge war,daß´das gesamte rechte Rheinufer beschossen wurde und dabei ein Bub aus unserem Ort -ein Kumpel meines Pedders-ums Leben kam
Am 26.3.1945 erfolgte zusammen mit dem 180. US-Infanterie-Regiment unter Everett W. Duvall bei Ibersheim ,Rheindürkheim und südlich von Worms der Rheinübergang
Der zur Ortsverteidigung einberufenen Volkssturm,zu dem auch meine beiden Opas gehören sollten ging heim, nachdem man den Ortsgruppenleiter eingesperrt hatte um Schlimmeres zu verhüten und sich beim Bäcker mit frischem Brot versorgt hatte.
´Leider hatte sich hinter unserem Ort eine SS-Infanterieeinheit im Wald verschanzt,was ein mehrstündiges Artilleriebombardement zur Folge hatte.(mein Elternhaus hatte auch nen Treffer abgekriegt)
Erst als die Deppen ausgeschaltet waren rollten am 28.März um die Mittagszeit die ersten amerikanischen Shermans ins Ort- Zitat meiner Oma: "Mir hatte grad die Bohnesupp uffm Disch schdeh gehatt ,do sinn die Amis kumme-die henn moi Supp geroche."(Kommentar meines Opas dazu:" Un deshalb sinn se aach nidd in die Kich eroi kumme ")
Der 8.Mai spielte keine Rolle in den Erzählungen meiner Altvorderen-da war de Käs schon gesse,wie es bei uns heißt Big Grin
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10.05.2015, 21:37
Beitrag: #3
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
(10.05.2015 16:04)zaphodB. schrieb:  Bei uns in der Gegend war bereits Ende März finito

Das 179. US-Infanterie-Regiment unter Preston J.C. Murphy lieferte sich am 21.3.1945 in Worms ein Gefecht mit SS-Scharfschützen auf der Nibelungenbrücke-die Folge war,daß´das gesamte rechte Rheinufer beschossen wurde und dabei ein Bub aus unserem Ort -ein Kumpel meines Pedders-ums Leben kam
Am 26.3.1945 erfolgte zusammen mit dem 180. US-Infanterie-Regiment unter Everett W. Duvall bei Ibersheim ,Rheindürkheim und südlich von Worms der Rheinübergang
Der zur Ortsverteidigung einberufenen Volkssturm,zu dem auch meine beiden Opas gehören sollten ging heim, nachdem man den Ortsgruppenleiter eingesperrt hatte um Schlimmeres zu verhüten und sich beim Bäcker mit frischem Brot versorgt hatte.
´Leider hatte sich hinter unserem Ort eine SS-Infanterieeinheit im Wald verschanzt,was ein mehrstündiges Artilleriebombardement zur Folge hatte.(mein Elternhaus hatte auch nen Treffer abgekriegt)
Erst als die Deppen ausgeschaltet waren rollten am 28.März um die Mittagszeit die ersten amerikanischen Shermans ins Ort- Zitat meiner Oma: "Mir hatte grad die Bohnesupp uffm Disch schdeh gehatt ,do sinn die Amis kumme-die henn moi Supp geroche."(Kommentar meines Opas dazu:" Un deshalb sinn se aach nidd in die Kich eroi kumme ")
Der 8.Mai spielte keine Rolle in den Erzählungen meiner Altvorderen-da war de Käs schon gesse,wie es bei uns heißt Big Grin


Hinter meinem früheren Eltern- und späteren Geburtshaus steht eine Kirche, Anno 45 zerbombt, in der Kirchenruine hat die ganze Stadt die anscheinend ziemlich umfangreiche Bewaffnung entsorgt.
Als die Franzosen davn Wind bekamen, haben sie alles weiträumig abgesperrt, Maschinengewehre auf den Straßen postiert, und einen LKW voll Panzerfäuste, Flinten und ähnlich gefährliche Sachen abtransportiert.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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11.05.2015, 04:43
Beitrag: #4
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
Leipzig wurde am 18. und 19. April 1945 von der US-Army befreit. Die US-Army wurde von Robert Capa begleitet, dessen 1937 im Spanienkrieg gefallene jüdische Freundin Gertrud Taro aus Leipzig stammte. Aus diesem Grund hatte Capa ein besonderes Interesse daran, die Besetzung Leipzigs durch die US-Amerikaner zu dokumentieren. Ein bekanntes Bild zeigt dann auch, wie ein junger GI von einem Heckenschützen aus der HJ erschossen wurde. Dieser Einundzwanzigjährige war der letzte Gefallene der US-Amerikaner in Leipzig. Das Haus wird heute Capa-Haus genannt und ist eine Ruine. Vor wenigen Wochen wurde aber mit den Sanierungsarbeiten begonnen. Neue Eigentümerin des Hauses soll eine Zahnärztin aus den alten Bundesländern sein. Gerüchten zufolge soll nach der Sanierung eine Ausstellung über Capa und die US-Soldaten in Leipzig installiert werden. Warten wir es ab. Die Stadt Leipzig tut sich öffentlich noch immer schwer mit ihrer Befreiung durch die Amerikaner. Es war schon ein Kraftakt, eine kleine Straße nach dem o.g. Gefallenen zu benennen. Diese Bowmann-Straße ist m.E. das Einzige, das man den Amerikanern bisher als Gedenken zugesteht.

Von meiner Oma weiß ich nur, dass die Amerikaner schon ein oder zwei Tage früher erwartet wurden. 2 Divisionen (?) rückten dann vom Westen bzw. Südwesten auf Hauptstraßen (heutige Dieskau- und Zschocherische sowie Lützner bzw. Prager Straße) relativ ungestört ein. Die Straßen waren fast menschenleer. Erst am Straßenbahnhof Angerbrücke, ggü. dem "Capa-Haus" stellten sich ihnen einige Hitlerjungen den Amerikanern entgegen, ebenso hatten sich im Völkerschlachtdenkmal einige junge Soldaten und HJ-ler verschanzt. Der Widerstand im Straßenbahnhof wurde mit Waffengewalt gebrochen, der Widerstand im Völkerschlachtdenkmal brach mit Hilfe der Leipziger Bevölkerung zusammen, einigen Frauen gelang es, die Verteidiger zur Aufgabe zu bewegen. Örtliche Nazigrößen hatten sich und ihre Familien im Neuen Rathaus verschanzt. Dort fand am 19. April 1945 ein Massenselbstmord statt. Leider rückten die Amerikaner am 16. Juli 1945 wieder ab. Meine Oma bedauerte dies sehr, im Gegensatz zu den Russen sollen sie die Bevölkerung ordentlich behandelt haben. Ähnliches haben mir auch frühere Kollegen erzählt, einige nannten es "Verrat", weil die US-Amerikaner wieder abgerückt sind.

Ganz anders soll es in Halle an der Saale gewesen sein. Die NS-Führung durfte sich aufgrund eines Hitler-Befehls nicht den Amerikanern kampflos ergeben und die Amerikaner wären auch bereit gewesen, die Stadt um jeden Preis zu erobern. In dieser Situation begann am 16. April 1945 der seit dem 1. Weltkrieg populäre Graf Luckner mit den US-Amerikanern zu verhandeln. Den NS-Größen wurde freier Abzug gestattet, die Stadt Halle wurde nicht zerstört und die Amerikaner rückten am 17. April ein. Trotzdem ist das Verhältnis der Stadt zum Grafen Luckner heute noch gespalten. Die einen sehen in ihm den Retter der Stadt, die anderen werfen ihnen entweder seine (Un-)taten als "Seeteufel" und/oder die nicht eindeutig geklärten Missbrauchsvorwürfe aus den 1930er Jahren vor. Letztlich scheiterte vor einigen Jahren eine Initiative, in Halle eine Straße nach Graf Luckner zu benennen.

Im Gegensatz zu Leipzig befinden sich auf einen Hallenser Friedhof (Südfriedhof) viele Gräber von sowjetischen Soldaten aus den Jahren 1945 bis 1947. Es ist mir aber nicht bekannt, warum diese Soldaten und Soldatinnen so jung sterben mussten, ob die Ursache ihres frühen Tods Krankheiten bzw. Seuchen oder sie in Ausübung militärischer oder polizeilicher Aufgaben fielen. Diese Gräber zeigen zumindest, dass für diese Soldaten der 8. oder 9. Mai 1945 nicht das Kriegsende bedeutete.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass ich im Jahr 2007 beim Ur-Krostitzer Jahresring, einen Wettbewerb für Hobby-Historiker teilnahm. Einer der Sieger war ein Herr Jürgen Möller, der damals hauptberuflich bei der Bundeswehr arbeitete und offensichtlich genügend Zeit hatte, sich mit der Befreiung Mitteldeutschlands durch die US-Army zu beschäftigen. Er hat darüber inzwischen einige Bücher veröffentlicht und gilt heute zu diesem Thema als der oder zumindest ein wichtiger Fachmann. Er hat als Hobby-Historiker eine Nische gefunden, die von Berufshistorikern noch wenig beachtet wurde. Da seine Bücher für mich etwas zu teuer sind, lese ich sie immer bei H…., einer großen Buchkette!

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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11.05.2015, 06:22
Beitrag: #5
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
(11.05.2015 04:43)Sansavoir schrieb:  Gerüchten zufolge soll nach der Sanierung eine Ausstellung über Capa und die US-Soldaten in Leipzig installiert werden.
Hast Du einen Link zum berühmten Foto? Seine Bilder vom D-Day kenne ich, für mich immer wieder überraschend, dass diese Fotos viel eindringlicher sind als Filmaufnahmen, wahrscheinlich weil man Fotos weniger das Alter ansieht. Nur auf den Fotos denke ich dann: Der da, das arme Schwein mit dem Helm aufm Kopf, könntest auch Du sein. Wackelige s/w Filme sorgen für emotionale Distanz vom Geschehen.

(11.05.2015 04:43)Sansavoir schrieb:  Meine Oma bedauerte dies sehr, im Gegensatz zu den Russen sollen sie die Bevölkerung ordentlich behandelt haben.
Meine Eltern und Großeltern wurden auch von den "Amis" befreit, soviel Gutes berichteten sie aber nicht drüber. Bei meinem Großvater kamen sie ins Haus und stahlen erst einmal, was ihnen gefiel, dann verlangten sie nach Alkohol. Es gab Streit und es hätte nicht viel gefehlt und mein Großvater wäre einfach niedergeschossen worden.
In einer Nachbargemeinde von mir wurde eine Verwandte, eine völlig harmlose Hausfrau, durch das Küchenfenster erschossen.
Erst mit der Zeit entspannte sich das Verhältnis und mein Vater erzählte gerne von einem schwarzen GI, der ihm, dem mageren Handwerkslehrling, immer wieder Kaffee und andere Köstlichkeiten zukommen ließ. Überhaupt seien die dunkelhäutigen Besatzer wesentlich freundlicher gewesen, die weissen hätten sich vor allem für "Frolleins" interessiert, den Rest betrachteten sie mit viel Misstrauen.

(11.05.2015 04:43)Sansavoir schrieb:  Letztlich scheiterte vor einigen Jahren eine Initiative, in Halle eine Straße nach Graf Luckner zu benennen.
Den Luckner kannte ich auch nur von seinen Abenteuern auf der Seeadler. Das Schiff habe ich als Modell, einfach weil es einzigartig ist, niemand glaubt, dass es ein Kriegsschiff aus dem ersten Weltkrieg ist.
Nachdem ich bei wikipedia nachgesehen habe, bin ich doch recht geschockt. Und auch wieder nicht. Es war einfach bis in die 70er Jahre gar nichts Besonderes, wenn der "liebe Onkel" seine pädophilen Neigungen offen auslebte, bis dahin erhielten Kinderstars noch zahllose Briefe mit eindeutigen Aufforderungen ganz ungeniert mit Name und Adresse. Da war der Luckner wohl gar nichts Besonderes oder Abartiges, Unrechtsbewußtsein nicht vorhanden.
Das war wie früher ganz ungeniert Menschen im Privatleben anderer herumschnüffelten, einfach mal die Wohnung durchsuchten oder Briefe lasen, heute sind das schwere Straftaten und die Täter werden nur verachtet und straftrechtlich verfolgt.

Kann man heute gar nicht mehr nachvollziehen. Wahrscheinlich sahen sich diese Täter gar nicht einmal als pervers an.

Dass Luckner auf einer Briefmarke gelandet ist, ist schon genug der Ehre, Straßen sollten nicht nach ihm benannt werden.

Warum viele junge Rotarmisten nach dem Krieg starben, ist mir auch ein Rätsel. Waren es vielleicht befreite Kriegsgefangene? Oder Mitglieder der Wlassow-Armee?

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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11.05.2015, 13:49
Beitrag: #6
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
(11.05.2015 06:22)Triton schrieb:  Hast Du einen Link zum berühmten Foto? Seine Bilder vom D-Day kenne ich, für mich immer wieder überraschend, dass diese Fotos viel eindringlicher sind als Filmaufnahmen, wahrscheinlich weil man Fotos weniger das Alter ansieht. Nur auf den Fotos denke ich dann: Der da, das arme Schwein mit dem Helm aufm Kopf, könntest auch Du sein. Wackelige s/w Filme sorgen für emotionale Distanz vom Geschehen.

Dieses Bild „Last man to die“ ist gemeint.
https://www.flickr.com/photos/misteriosa...2166814622

Ein weiterer Link zur Info über Robert Capa und das Capa-Haus in Leipzig.
http://www.google.de/imgres?imgurl=http:...dOwbS4y6bM

Nachfolgend habe ich noch einen Artikel über den gefallenen US-Amerikaner herausgesucht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Raymond_J._Bowman

(11.05.2015 04:43)Sansavoir schrieb:  Meine Oma bedauerte dies sehr, im Gegensatz zu den Russen sollen sie die Bevölkerung ordentlich behandelt haben.
(11.05.2015 06:22)Triton schrieb:  Meine Eltern und Großeltern wurden auch von den "Amis" befreit, soviel Gutes berichteten sie aber nicht drüber. Bei meinem Großvater kamen sie ins Haus und stahlen erst einmal, was ihnen gefiel, dann verlangten sie nach Alkohol. Es gab Streit und es hätte nicht viel gefehlt und mein Großvater wäre einfach niedergeschossen worden.
In einer Nachbargemeinde von mir wurde eine Verwandte, eine völlig harmlose Hausfrau, durch das Küchenfenster erschossen.
Erst mit der Zeit entspannte sich das Verhältnis und mein Vater erzählte gerne von einem schwarzen GI, der ihm, dem mageren Handwerkslehrling, immer wieder Kaffee und andere Köstlichkeiten zukommen ließ. Überhaupt seien die dunkelhäutigen Besatzer wesentlich freundlicher gewesen, die weissen hätten sich vor allem für "Frolleins" interessiert, den Rest betrachteten sie mit viel Misstrauen.

Wie gesagt, meine Oma bedauerte den Abzug der Amerikaner. Vielleicht verklärte sie auch nur, weil sie unter sowjetischer Besatzung ihre bürgerliche Wohnung räumen musste und ein Teil ihrer Möbel konfiziert wurden.

(11.05.2015 06:22)Triton schrieb:  Dass Luckner auf einer Briefmarke gelandet ist, ist schon genug der Ehre, Straßen sollten nicht nach ihm benannt werden.

Da hast Du Recht, aber ich vermute, dass in Halle alle paar Jahre neue, hitzige Debatten zum Thema Luckner geführt werden.

(11.05.2015 06:22)Triton schrieb:  Warum viele junge Rotarmisten nach dem Krieg starben, ist mir auch ein Rätsel. Waren es vielleicht befreite Kriegsgefangene? Oder Mitglieder der Wlassow-Armee?

Nein, Mitglieder der Wlassow-Armee waren diese Soldaten nicht. Der Gräber wurden ja in DDR-Zeiten als Ehrenmal genutzt. Wlassow wurde ja als Kollaborateur der Nazis 1946 in Moskau hingerichtet. Es waren auch keine ehemaligen Kriegsgefangenen. Die blieben nach dem Krieg nicht in Deutschland, sie galten als Feiglinge und Verräter und wurden aus der Sowjetarmee in Unehren ausgeschlossen. Viele ehemalige Kriegsgefangenen wurden nach ihrer Heimkehr erneut interniert.

Zusätzlich zu den Gräbern wurde 1975 ein Denkmal dieses Helden der Sowjetunion auf den Hallenser Südfriedhof aufgestellt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_M..._Matrossow

Der Soldat war nie in Halle gewesen, aber wahrscheinlich war seine Einheit nach dem Krieg in Halle stationiert. Mal sehen, vielleicht bekomme ich mal Informationen über die Schicksale der Soldaten.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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13.05.2015, 13:04
Beitrag: #7
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
Die letzten Tage des Dritten Reiches waren eine überaus wilde Zeit.
Und erstaunlicher Weise erweisen sich oft die "wildesten" Geschichten als wahr.

Hier ein Selbstzitat aus einem andern 3nd

Zitat:Die alte Gräfin Stauffenberg, Mutter der Attentäter, war in Balingen im Amtsgerichtsgefängnis eingesperrt, Sippenhaft.
Der Kreisleiter Uhland ließ sie aus eigenem Antrieb im April 45 frei, so ist sie heim nach Lautlingen.
Die Lage in diesen Apriltagen 1945 war sehr unübersichtlich, und der Lautlinger Volkssturm ist vernünftigerweise nach Hause gegangen.

Einige Tage später, die Franzosen hatten vorläufig einen Bogen um unsere Gegend gemacht, hat der Meßstetter Bürgermeister etwas zu früh die weiße Fahne gehisst. Bei Nacht kam über den Truppenübungsplatz her von Steen a,k,M. ein Kommando Wehrwölfe, die den Bürgermeister und 2 Gemeinderäte auf der Rathaustreppe erschossen. Meßstetten ist 5 Minuten per Fahrrad von Lautlingen entfernt.
In Lautlingen kam natürlich sofort der Verdacht auf, "die wollen unsere Gräfin holen." Was gar nicht so von der Hand zu weisen war.
Lautlingen hat nochmals den Volkssturm alarmiert, die sofort die Dorfeingänge besetzt haben.
So verbrachte die Mutter der Attentäter des 20. Juli die letzten Tage der Naziherrschaft im Schutz von Männern die Hakenkreuzarmbinden trugen.

Nachweise für diese kaum zu glaubende, aber wahre Geschichte kann ich gerne liefern.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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15.05.2015, 18:01
Beitrag: #8
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
(13.05.2015 13:04)Suebe schrieb:  Die letzten Tage des Dritten Reiches waren eine überaus wilde Zeit.
Und erstaunlicher Weise erweisen sich oft die "wildesten" Geschichten als wahr.

Hier ein Selbstzitat aus einem andern 3nd

Zitat:Die alte Gräfin Stauffenberg, Mutter der Attentäter, war in Balingen im Amtsgerichtsgefängnis eingesperrt, Sippenhaft.
Der Kreisleiter Uhland ließ sie aus eigenem Antrieb im April 45 frei, so ist sie heim nach Lautlingen.
Die Lage in diesen Apriltagen 1945 war sehr unübersichtlich, und der Lautlinger Volkssturm ist vernünftigerweise nach Hause gegangen.

Einige Tage später, die Franzosen hatten vorläufig einen Bogen um unsere Gegend gemacht, hat der Meßstetter Bürgermeister etwas zu früh die weiße Fahne gehisst. Bei Nacht kam über den Truppenübungsplatz her von Steen a,k,M. ein Kommando Wehrwölfe, die den Bürgermeister und 2 Gemeinderäte auf der Rathaustreppe erschossen. Meßstetten ist 5 Minuten per Fahrrad von Lautlingen entfernt.
In Lautlingen kam natürlich sofort der Verdacht auf, "die wollen unsere Gräfin holen." Was gar nicht so von der Hand zu weisen war.
Lautlingen hat nochmals den Volkssturm alarmiert, die sofort die Dorfeingänge besetzt haben.
So verbrachte die Mutter der Attentäter des 20. Juli die letzten Tage der Naziherrschaft im Schutz von Männern die Hakenkreuzarmbinden trugen.

Nachweise für diese kaum zu glaubende, aber wahre Geschichte kann ich gerne liefern.

Über diesen Meßstetter Wehrwolfmord habe ich an anderer Stelle mal etwas geschrieben
Zitat:Meßstetten( heute Zollernalbkreis). Am 20. April 1945 fuhr ein franz. Spähpanzer am Dorf vorbei.
Der Altbürgermeister und ein paar Gemeinderäte veranlassten daraufhin, dass weiße Fahnen gehisst wurden. Die Franzosen kümmerten sich aber zunächst nicht weiter um Meßstetten.

In Stetten akM sass ein ehemaliger höherer HJ-Führer (Riegraf) aus Heilbronn, der die Aufgabe hatte, den Wehrwolf "Freikorps Adolf Hitler" in der Gegend zu organisieren, seine Familie lebte zdZ in Meßstetten wodurch er verm. Kenntnis der Vorgänge erhielt.
In der Nacht kamen mehrere vermummte Wehrwölfe nach Meßstetten und erschossen den Altbürgermeister und einen Gemeinderat auf der Rathaustreppe, ein weiterer konnte fliehen. Einen der Morde verübte Riegraf persönlich.

Riegraf wurde im August 1945 verhaftet und war bis 1947 in Hechingen interniert, wo ihm dann die Flucht gelang.
Trotz intensiver Fahndung wurde er nie ermittelt.
Das Verfahren wurde 1987 eingestellt.

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16.05.2015, 10:39
Beitrag: #9
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
Zitat:Losed Chind, es isch Friede

unter diesem Titel hat die NZZ etliche Zeitzeugen zu Wort kommen lassen.
Durch den "neutralen" Schweizer Sehepunkt mMn sehr interessant.

http://www.nzz.ch/spezial/70-jahre-krieg...1.18536923


Es erstaunt den Jetztmenschen etwas, wie sehr dieser Krieg auch in der neutralen Schweiz die Erinnerung beherrscht.

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16.05.2015, 15:29
Beitrag: #10
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
Papa stand als 13jähriger am 2. Mai 1945 wirklich noch mit der Panzerfaust am Bahnhof Wismar, ohne irgendeinen Befehl. Zum Glück hat ihm ein beherzter Bürger ein paar Backpfeifen gegeben und ihn zu Oma nach Hause geschickt. Eine halbe Stunde später standen die Kanadier vor der Haustür und durchsuchten alles. Mein alter Herr hatte noch die HJ-Uniform an, er kam gnädig davon und verbrannte sie vor den gestrengen Augen des Sergeants aus Ontario. Papa hat sehr bildhaft beschrieben, wie er sich mit einem Gewehrlauf auf der Brust vor Angst bepieselte, während Uropa mit den Soldaten verhandelte und seine letzten Zigarren rausrückte. Mitgeholfen haben sicher Fotos von (entfernten) Verwandten in Amerika, die rumgezeigt wurden. Im Gegensatz zu den Nachbarn blieben das Silberbesteck, Uhren und Uropas Orden aus dem 1.WK unangetastet. Genauso die Jungfräulichkeit meiner beiden Tanten (damals 12 und 15), das wäre bei den Russen vermutlich nicht so glimpflich abgelaufen.

Edit: Die Russen waren gleichzeitig am östlichen Stadtausgang. Der damalige Bürgermeister hat sich sehr beeilt, die Stadt an die Engländer zu übergeben. Und auch eine SS-Einheit in der Stadt hat sofort fertig appellmäßig angetreten kampflos kapituliert, als der erste Jeep auf den Marktplatz fuhr.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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17.05.2015, 21:39
Beitrag: #11
RE: 8. Mai 2015 70 Jahre danach
Mein Papa war bei der unbesiegten (war ihm wichtig!) Heeresgruppe Kurland.
Hier bekam man den Tag der Kapitulation natürlich mit.

Als die Russen am 8. und 9. Mai weiter keine Anstalten machten, haben sie sich selbst demobilisiert. Waffen und Munition eingesammelt, und an zentralen Punkten gelagert.
Am 10. wären dann die ersen Rotarmisten gekommen, Urri, Urri...
Tags darauf dann ein sowjetischer General, der eine Rede gehalten hätte.
"Ihr seid die tapferste Armee, ich dürft gleich nach Hause."
Aber der Zug wäre dann immer nur Richtung Osten gefahren....

Erst nach Wochen hätten sie dann begriffen, dass dieses "bald nach Hause, sofort nach Hause" usw. usf.
eine stereotype sowjetrussische Trostfloskel war, ohne Bezug zur Realität

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