Antwort schreiben 
 
Themabewertung:
  • 0 Bewertungen - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Aktion T4 und die Justiz
26.05.2015, 13:46
Beitrag: #1
Aktion T4 und die Justiz
Mahlzeit allerseits;

Im Angesicht der wohl letzten Prozesse gegen lebende Holocaust-Täter ist mir aufgefallen, das das Nazi T4-Programm, die sogenannte Vernichtung unwerten Lebens so gut wie nie öffentlich erwähnt oder gar juristisch verfolgt wird/wurde.
Bei kurzer Recherche habe ich mich bestätigt gesehen:
http://gedenkort-t4.eu/de/gegenwart/stra...der-taeter

50 Verurteilungen sind bei 200000 Opfern sehr wenige, es gab ja im Gegensatz zum Holocaust keine Massenvernichtungslager. Die Morde wurden in kleinen Gaskammern vorgenommen oder selbst in fahrenden Bussen in die man die Abgase in den Innenraum leitete. Oder durch Morphium/Scopolamin Cocktails einfach totgespritzt. Das alles kann nicht von sehr wenigen Personen durchgeführt worden sein, zumal die Opfer ja auch von medizinischem Personal "selektiert" werden mussten und somit den bislang betreuenden Personen die plötzlichen Tode auffallen hätten müssen.

Worin könnten die Gründe für die fehlende Strafverfolgung gelegen haben/liegen?

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
27.05.2015, 04:11
Beitrag: #2
RE: Aktion T4 und die Justiz
Am Zeitgeist. Der Umgang mit Behinderten, vor allem geistig oder psychisch Erkrankten, aber auch mit Menschen, die nicht die soziale Normen einhielten bzw. nicht einhalten konnten, war um 1945 auch in den demokratischen Staaten mehr als fragwürdig. Schicksale wie von Rosemary Kennedy oder Alan Turing sind keine tragische Einzelfälle gewesen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Rosemary_Kennedy

https://de.wikipedia.org/wiki/Alan_Turing

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
27.05.2015, 14:37
Beitrag: #3
RE: Aktion T4 und die Justiz
Mit Verlaub, aber das ist Quatsch.
Die T4 Aktion wurde in der Bevölkerung als blanke Grausamkeit wahrgenommen und selbst die Kirche traute sich dagegen, für NS-Verhältnisse, offen zu protestieren. Die von Dir genannten waren ja teilweise nicht einmal geistig eingeschränkt sondern eben "nur" etwas sonderbar. In der T4 Aktion ging es aber nicht um solche Menschen, die wären in KZs gekommen. Sondern um wirklich Behinderte, die als "unnütze" Esser abqualifiziert wurden, die man sich in Kriegszeiten nicht erlauben könne.

Hitler selbst war übrigens einer, der ganz und gar nicht der "Norm" entsprach. Goebbels war behindert, Göring rauschgiftabhängig, Hess ein "Gesundbeter und Grasfresser", der sich an merkwürdige Elektrogeräte anschloß usw.
Die "Normalen" im NS-Regime zeichneten sich übrigens oft durch besondere Grausamkeit aus, also Himmler, Bormann, Sauckel, Frank, Heydrich etc.

Mich wundert eben, dass in einem Staat, der bis 1963 maßgeblich von einer Partei mit einem C im Namen regiert wurde, die ehemalige Empörung über diese ungeheuerlichen Vorgänge sich nicht in der Rechtsprechung widergespiegelt hat.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
27.05.2015, 17:28
Beitrag: #4
RE: Aktion T4 und die Justiz
Naja, ob Himmler so normal war...ich erinnere nur an den ganzen Zuchtquatsch und Ahnenerbe und Tibetexpditionen usw.usf. Von seiner Brutalität ganz zu schweigen. Frank, Heydrich und die anderen Konsorten hatten meines Erachtens ebenfalls "einen Hau", solche Brutalität kommt nicht von ungefähr...

Aber zurück zur Euthanasie. Ob mit oder ohne "C" im Parteinamen, Behinderte waren bis weit in die 70er hinein einfach mal lästig, man schämte sich ihrer in den Familien oder konnte sie bei schwererer Behinderung schlicht nicht pflegen, ob aus medizinischer Unkenntnis oder aus Zeitmangel oder aus Bequemlichkeit, das sei mal dahin gestellt.

Ich hatte einen Onkel und eine Tante, die beide an demselben Syndrom litten, zunehmende Muskellähmung. Es gibt Bilder, auf denen mein Onkel mit zwei Holzschragen als Krückenersatz zu sehen ist. Beide blieben, so lange es ging, auf dem heimischen Bauernhof. Irgendwann konnten sie sich aber zu wenig bewegen und waren auch zu schwer geworden, um sie zu Hause zu pflegen. Mein Opa hat die beiden, als sie im Teenageralter waren bzw. Anfang 20 (also Anfang der 50er Jahre), in ein Heim gebracht. War nicht das Nächste. Er hat sich nämlich zuvor die Heime genau angeschaut. Warum? Er war Jahrgang 1915 und hatte die 30er sehr bewusst miterlebt. Aus dem Heim, in dem die beiden dann die nächsten 40 Jahre lebten, wurden zwar auch Insassen nach Haar gebracht, wo sie verschwanden, aber die Ordensschwestern - bzw. der Prälat, der das Heim in den 40ern leitete - haben, als sie mitbekamen, dass SS-Ärzte im Anmarsch waren (besonders einer hat offenbar besonders viele Insassen wegbringen lassen), die Akten so weit "gesäubert", wie sie konnten. Insgesamt 900 Insassen sind zwischen 1940 und 1945 ermordet worden. Allein 1943 wurden über 200, davon allein über 170 an einem Tag, abtransportiert.
Mein Opa wusste davon (fragt mich nicht, woher), und er hat auch geschaut, wie die Behinderten aktuell behandelt wurden. Er hat sich drei oder vier Heime in der Umgebung angeschaut und dann eines bei Dachau ausgewählt.
Da kommen wir übrigens auf einen weiteren Punkt, warum so wenig von den Ärzten, die das Euthanasieprogramm erst möglich machten, belangt wurden. Der eine Arzt, der das betreffende Heim "betreute", kann nur für die Fälle verantwortlich gemacht werden, für die tatsächlich eine Unterschrift von ihm vorliegt. Und auch dann muss ihm erst wirklich nachgewiesen werden, dass er wusste, was in Haar - dahin kamen sämtliche abtransportierte Insassen des Heims - ablief. Es gab da ja z.B. "Hungerhäuser", dafür bestimmt, Kinder und Jugendliche verhungern zu lassen.
Wenn der Arzt behauptet, er habe davon nichts gewusst, ist es schwer, ihm das Gegenteil nachzuweisen.
Im Heim gibt es auch nur Listen der Zu- und Abgänge. Wer den Abtransport angeordnet hat, steht da nicht. Es waren z.T. auch mehrere SS-Ärzte, die dann hinter dem Namen einfach nur ein Kreuz gemacht haben. Weitere Unterlagen existieren offenbar nicht (oder nicht mehr...)

Abgesehen von den juristischen Fragen - vor denen sogar Anwälte der Anti Defamation League (ADL, eine jüdische Organisation, die sich die Aufklärung von Verbrechen der Nazizeit, vornehmlich an Juden, zur Aufgabe gemacht hat), vom Wiesenthal-Institut oder engagierte Einzelanwälte kapitulieren mussten - gibt es da noch die unappetitliche Seite. Diese ehemaligen SS-Ärzte waren nämlich oft sehr angesehen in ihren Gemeinden und hatten noch öfter gute Beziehungen in die Politik. Und oft hatten sie die Politiker auch in der Hand, mit irgendwelchen Informationen. Auch von daher könnten Gründe kommen, warum die BRD-Justiz und -Politik nicht allzu genau nachgeforscht hat, was denn mit denen los war, die da Hunderte und Tausende Menschen zu Tode gebracht haben. Und in der Nachkriegszeit wurden die getöteten Behinderten auch noch marginalisiert, sowohl vom öffentlichen Interesse her (s.o.) als auch schlicht von ihrer Zahl her. Da gab es andere Bevölkerungsgruppen, die noch viel mehr Tote zu beklagen hatten. Dazu noch der Wiederaufbau, die Flüchtlinge...in den späten 40ern fanden sich wohl viele, die sagten, sie hätten jetzt andere Probleme. In den 50ern wollte man immer noch nicht so genau hinschauen, man war beschäftigt mit dem Wirtschaftswunder und es gab noch zu viele, an deren Weste sonst tiefbraune Flecken aufgetaucht wären, und als man dann in den 60ern langsam daranging, das Thema zu beachten, geschah das erstens immer noch viel zu langsam, und zweitens waren da schon viele Betroffene tot.

Übrigens: Ein Arzt hier in meiner Umgebung, hochangesehen, seine Praxis gibt es heute noch, allerdings oihne ihn (er ist vor Jahrzehnten schon gestorben), von dem ist die Geschichte im Umlauf, dass er den Geburtsort in seiner Geburtsurkunde habe ändern lassen. Da wäre nämlich ursprünglich "Dachau" gestanden. Das KZ Dachau...
Und auch der Vater dieses Arztes war Arzt. Zwei plus zwei gibt...?!?

Hat dem Arzt nie wirklich geschadet. So war das in der alten BRD...
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
27.05.2015, 19:09
Beitrag: #5
RE: Aktion T4 und die Justiz
Mal noch einen Nebenanspekt der "Euthanasie".

Ich habe irgendwo (kein Schimmer wo in dem Saustall) eine Broschüre die das Thema der Heiminsassen die aus Südtirol im Zuge der allgemeinen (zumindest so vorgesehenen) Umsiedlung nach Deutschland kamen. Der Duce wollte natürlich keine kranken Deutschen.
Ein erheblicher Teil ist allem nach in Zwiefalten gelandet. Die Überlebenden wurden nach dem Krieg teilweise wieder nach Südtirol gebracht, soweit ihre Verwandten dies in die Wege leiteten.
Es wollten aber wohl nicht alle, so ist noch bis in die 70er hinein ein Südtiroler mit dem Pferdewagen in Zwiefalten herumgefahren, und hat für das Landeskrankenhaus Transporte erledigt. Er und die anderen in Zwiefalten gebliebenen bekamen Besuch aus Südtirol und fuhren auch mehrmals über den Brenner besuchsweise.

In der Broschüre wird auch näher auf die Euthanasiedurchführung eingegangen, so hat man anscheinend laufend solche Einrichtungen geschlossen, und die Insassen in andere Krankenhäuser verlegt, weit über die Kapazitätsgrenzen hinaus, um hier einen Druck aufzubauen.

Es war bis in die 90er Jahre hinein, "Allgemeinwissen", dass die Euthanasie durch die Interventionen der Kirchen beendet wurden. Dass die T5 Aktion aber verdeckt und geheim weitergelaufen ist, war so nicht bekannt.

Wobei ich die Aufmerksamkeit der lieben Mitstreiter auf den Fakt lenken will, dass Anfangs, bis zur Kirchenintervention, die Euthanasie offen und ohne "Geheimniskrämerei" ablief. Es insofern auch keine Straftatbestände gab.
Die Euthanasie in Deutschland war in den 30ern auch kein Einzelfall, es gab Denkansätze in die Richtung auch in vielen anderen Ländern, und in mehreren auch zumindest ansatzweise ähnliches.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
27.05.2015, 20:32
Beitrag: #6
RE: Aktion T4 und die Justiz
Hier noch ein Link zum Thema:
http://www.sgipt.org/politpsy/3reich/haefn2.htm

Es gibt übrigens bei Jack London eine "Kurzgeschichte" die ein ähnliches Thema verfolgt.
Bei einem Indianerstamm werden die Hunde immer "schlechter" durch Selektion wird die Zucht verbessert.

Als immer mehr "Europäer" ins Land kommen, beschließen die "Alten" eines Stammes, dass die "Menschheit" in dem Fall ihr Stamm, nur weiterexistieren kann, wenn die "Schwächlinge" in dem Fall die Europäer, von der "Zucht" ausgeschlossen werden. Man muss sich also verhalten wie bei der Hundezucht.
Die "Alten" jenes Stammes beginnen, sooft sie einen Europäer unter günstigen Umständen antreffen, diese umzubringen.
usw. usf.

soll heißen, diese "Denke" war in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht selten anzutreffen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
27.05.2015, 22:44
Beitrag: #7
RE: Aktion T4 und die Justiz
Es ging den Nazis doch gar nicht um die Verbesserung des Erbguts, dann hätte ja Sterilisation genügt. Nicht alles durcheinanderwerfen.
Die Behinderten wurden als genauso lebensunwert angesehen wie andere Menschen mit schlechten Genen und es gab immer die Vorstellung vom Kuchen, den man nur einmal verteilen konnte. Deshalb wurde ja auch der Wehrmacht befohlen, Leningrad nicht zu erobern, damit die Bevölkerung dort nicht versorgt werden müsse. Immer das gleiche Denkmuster.

T4 wurde nie offen vollzogen, das wäre mir neu. Die Todesursachen wurden bewusst verdreht und man hoffte wohl auf das stillschweigende Einverständnis der Angehörigen bzw. deren Angst vor Konsequenzen bei Nachfragen.

Beteiligt müssen viele gewesen sein, das geht von den Fahrern der Busse bis zu den Bestattern/Einäscherern.

Euthanisie sollte man in dem Zusammenhang nicht verwenden, "schön" war an diesen Morden nun wirklich gar nichts.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
28.05.2015, 11:04
Beitrag: #8
RE: Aktion T4 und die Justiz
Triton, ist dir der ganze Komplex neu?

Lies doch den von mir verlinkten Bericht.
Für die juristische Aufarbeitung, um auf deine Frage zurückzukommen, gibt es ein paar Punkte, die hier wichtig sind.
So gab es 1. einen definitiven "Führerbefehl" (der, du weißt es, beim Holocaust fehlt), 2. war diese Denke und Vorstufe zur Euthanasie (sorry, aber der Begriff ist Stand der Dinge) weltweit vorhanden, und zwar nicht nur latent.
Was eine strafrechtliche Verfolgung nicht leichter macht.
Auch will sich mir der Unterschied zwischen Zwangs-Sterilisation und Mord nicht so sehr erschließen.

Und die propagandistische Vorarbeit war doch auch so gefasst, dass es keinen Zweifel geben konnte.
Da wurden Bilder mit etlichen Einfamilienhäusern gezeigt, die ein einziger unheilbar Kranker in seinem Leben alle verbrauchen würde. Kosten für Pflege und Unterbringung.
Jetzt, was sollte da die Konsequenz sein??????
Was konnten die "Nazi-Eugeniker" da anders meinen als Mord????????

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
28.05.2015, 11:44
Beitrag: #9
RE: Aktion T4 und die Justiz
Ja, das Ressourcenthema. Was so ein pflegebedürftiger Mensch an Geld und Zeit verschlingt!

Bleibt die Frage, ob man sich als Mediziner dem Programm verweigern konnte, ohne mit Konsequenzen zu rechnen. Denn der verbrecherische Charakter muss jedem klar gewesen sein (Tötung aus niedrigem Motiv). Wenn ja, sehe ich in einer Anordnung von "oben" keine Ausrede. In der Wehrmacht konnte sich jeder ohne Konsequenzen (wenn es denn stimmt) um Erschießungen oder sonstige Kriegsverbrechen drücken, selbst die Nichtausführung des Kommissarbefehls wurde nicht verfolgt.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
28.05.2015, 13:26
Beitrag: #10
RE: Aktion T4 und die Justiz
In dem von mir geschilderten Fall des Heimes bei Dachau waren es immer SS-Ärzte, die die Heiminsassen nach Haar verfrachten ließen. Wer zur SS ging, war da freiwillig. Schuldspruch absolut berechtigt. Punkt.
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
28.05.2015, 13:53
Beitrag: #11
RE: Aktion T4 und die Justiz
Was kaum jemand weiß, es gab damals auch außerhalb ähnliche Programme mit Massenmord. Zum Beispiel in Schweden.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
28.05.2015, 16:10
Beitrag: #12
RE: Aktion T4 und die Justiz
(28.05.2015 13:26)913Chris schrieb:  In dem von mir geschilderten Fall des Heimes bei Dachau waren es immer SS-Ärzte, die die Heiminsassen nach Haar verfrachten ließen. Wer zur SS ging, war da freiwillig. Schuldspruch absolut berechtigt. Punkt.

Sorry, aber so einfach ist es halt nicht.
aus dem Link
Zitat:Alle psychiatrischen Krankenhäuser, auch die kirchlichen Anstalten, erhielten den Befehl, alle angeblich unheilbar psychisch Kranken, die unter den Führerbefehl fielen, auf Formblättern zu melden. Diese wurden von Professoren der Psychiatrie - neun hatten sich dazu hergegeben - und 39 anderen Ärzten gesichtet. Die Entscheidung über Leben oder Tod fiel durch ein Kreuzchen auf dem Formblatt, das mit jeweils fünf Pfennig - bei weniger als 500 Fragebögen pro Monat mit zehn Pfennig - vergütet wurde. Danach wurden die Kranken, die überwiegend an geistiger Behinderung und an Schizophrenie litten - unter der mindestens für die Schizophrenen nicht voll zutreffenden Annahme der Unheilbarkeit - in die Tötungsanstalten verlegt. Sie wurden meist mittels Injektion tödlicher Medikamentendosen oder in Gaskammern getötet. Selbst kirchlich geleitete, religiös gebundene Behinderteneinrichtungen nahmen an der Aktion teil. So fanden Müller und Siemen (1991) in den Unterlagen der kirchlichen Diakonissenanstalt Neuendettelsau, daß von den etwa 1700 Bewohnern der fünf Einrichtungen in Trägerschaft während der kurzen Periode der Euthanasie 1154 in staatliche Heil- und Pflegeanstalten verlegt worden waren. 840 von ihnen starben in Folge von Hungerdiäten, Giftinjektionen oder nach Weiterverlegung in eine andere Tötungsanstalt.

Da haben noch wesentlich mehr "Dreck am Stecken" als "nur" die SS. Und das Heldenlied des erfolgreichen Widerstands dagegen, gepflegt in beiden großen Kirchen, bekommt etliche Flecken.
Und auch der -Einwand Arkonas ist richtig, aber nicht nur Schweden.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
28.05.2015, 22:15
Beitrag: #13
RE: Aktion T4 und die Justiz
Kirchenvertreter sind doch nicht schuld, sie sind ja die Vertreter Gottes auf Erden und der Chef nimmt eben Leben genauso wie er sie gibt...Die Chuzpe, mit dem die Kirchen oder besser einige Vertreter über Leben und Tod bestimmen (wollen), ist mir auch schon negativ aufgefallen. Aber Morphium, Kohlenmonoxid oder Zyklon B haben sie ja nicht, machen sich also nur begrenzt die Finger schmutzig...

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
29.05.2015, 10:55
Beitrag: #14
RE: Aktion T4 und die Justiz
Die Frage war aber, ob man sich als Medizinier verweigern konnte. Darauf bezog sich meine Antwort. Die beteiligten und entscheidungstragenden Mediziner waren SS-Ärzte.
Die Heimbetreiber waren üblicherweise keine Ärzte, sind der Aufforderung, ihre Insassen zu melden, "nur" mit mow großer Begesiterung nachgekommen.
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
29.05.2015, 15:32
Beitrag: #15
RE: Aktion T4 und die Justiz
Vielleicht noch zur Klarstellung.

Die Frage war hier nach der geringen/zurückhaltenden juristischen Aufarbeitung der "Euthanasie".
Und die Gründe dafür.
Die mMn wichtigen Gründe habe ich angeführt.
Es ging mir keineswegs um eine Schuldzuweisung oder ähnliches.

Persönlich halte ich diese ganzen Ereignisse für eine moralische Katastrophe etlicher Kulturvölker.
Das Nazi-Reich hat da allerdings eine besonders heftige Rolle gespielt, 300.000 Opfer sind hier zu beklagen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
29.05.2015, 18:42
Beitrag: #16
RE: Aktion T4 und die Justiz
Kollektivschuld trifft es hier sicher ganz gut.
Im Gegensatz zum Holocaust waren die Opfer aus Familien, die Teil der vom Regime so gerne gesehenen Volksgemeinschaft waren. Da muss doch lange stillschweigende Duldung der vorherrschende Zustand gewesen sein.

Dass man Behinderungen ausrottet, in dem man Behinderte umbringt, ist sowieso ein Nonsens.

Wie gesagt, bei den vielen Opfern und den nicht fabrikmäßigen Tötungsmethoden, muss die Zahl der Täter, Mittäter und eingeweihten Helfer sehr, sehr groß gewesen sein. Da sind 50 Verurteilungen und die verhängten Strafmaße doch erschreckend gering.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
Alle Beiträge dieses Benutzers finden
Diese Nachricht in einer Antwort zitieren
Antwort schreiben 


Möglicherweise verwandte Themen...
Thema: Verfasser Antworten: Ansichten: Letzter Beitrag
  Konzentrationlager SS-WVHA vs Vernichtungslager Aktion Reinhard Dogmatiker 2 2.925 27.08.2020 19:38
Letzter Beitrag: Dogmatiker

Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste

Kontakt    |     Startseite    |     Nach oben    |     Zum Inhalt    |     SiteMap    |     RSS-Feeds