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Hunger,Plagen,Flut und Pest-das fatale 14-Jahrhundert
19.07.2015, 23:21
Beitrag: #3
RE: Hunger,Plagen,Flut und Pest-das fatale 14-Jahrhundert
Eine weitere Frage, die wir diskutieren könnten, wäre, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der kleinen Eiszeit und der Krise der Kirche (Avignon) gab. Sicher ist m.E., dass es ohne "das fatale" 14. Jh. auch keine (deutschen) Mystiker gegeben hätte und dass es auch keinen John Wycliff gegeben hätte.

Ich halte den Verlust von Millionen Menschen als die einschneidenste Folge. In einer Gesellschaft, die auf persönliche Beziehungen und Abhängigkeiten basierte und die hierarchisch funktionierte, bedeutete der Verlust von ca. 30 % der Bevölkerung das Ende der bisherigen Vasallitäten. Eine Folge war z.B., dass der niedere Adel an Bedeutung verlor. Das hat nicht nur mit Bedeutungslosigkeit der schweren Kavallerie bzw. der Ritter als militärische Größe, sondern auch mit deren Niedergang als wirtschaftliche Größe, die sich letztlich auf die Arbeit der Bauern zurückführen lässt.

Während es im 12. Jahrhundert (und wohl auch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhundert) genügend Menschen die Ländereien des Adels bearbeiten und somit für Einnahmen sorgte, änderte sich das im 14. Jahrhundert (etwa seit den 1320er Jahren, also noch vor der Pestepidemie). Es gab immer weniger Bauern, die zwar stärker ausgebeutet wurden, aber denen sich Alternativen anboten. Entweder in einer Stadt zu leben (wie Hans Fugger seit 1367) oder sich dem Schutz eines anderen, mächtigeren Adligen unterstellen. Es ist sicher kein Zufall, dass gerade im 14. Jahrhundert Verwandte der herrschenden Dynastien quasi eine königsgleiche Machtposition erreichten (Lancaster / Burgund, Orleans, Anjou u.a.) oder das Dynastien ihre Länder auch unter den jüngeren Söhnen aufteilten (Wittelsbacher, Habsburger, Wettiner), mit der Folge, dass im 14. und 15. Jahrhundert wohl mehr Bruderkriege stattfanden, als zu anderen Zeiten. Dass dies möglich wurde, hängt mit der Bildung neuer Gefolgschaften zusammen und jüngere, aber auch uneheliche Herrschersöhne (Johann von Avis, Heinrich von Trastamara) waren reich genug, dass sie sich Gefolgschaften leisten konnten, im Gegensatz zu den vielen "kleinen" Ritter und Grafen, deren Besitz zum Teil verödete.

Gesellschaftlichen Bewegungen, wie die deutsche Ostexpansion oder die Kreuzzüge kamen zum Erliegen, da es an Menschen fehlte. Versuche, wie der 1369 initiierte Kreuzzug Königs Peter von Zypern wären auf alle Fälle nicht nur militärisch, sondern vor allem am Mangel potentieller Siedler gescheitert. Das Versickern des Zustroms von deutschen Siedlern in den Osten ermöglichte vielleicht den Aufstieg des polnisch-litauischen Staates. Es ist sicher kein Zufall, dass erst um 1500, also zum Zeitpunkt als der Bevölkerungsverlust aus dem 14. Jahhundert weitgehend ausgeglichen war, eine neue Auswanderungswelle begann. Hätte es nicht den Bevölkerungsrückgang im 14. Jahrhundert gegeben, müssten in den europäischen Ballungszentren weiterhin viele Menschen auswandern. Die Frage ist natürlich, Wohin?

Eine weitere Folge der kleinen Eiszeit ist, dass in der 1. Hälfte des 14. Jh. die Wikingerpopulation auf Grönland ausstarb.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Hunger,Plagen,Flut und Pest-das fatale 14-Jahrhundert - Sansavoir - 19.07.2015 23:21

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