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Englischer Merkantilismus – Ich brauche Hilfe
04.02.2016, 02:02
Beitrag: #3
RE: Englischer Merkantilismus – Ich brauche Hilfe
(03.02.2016 16:04)lares schrieb:  Ich habe die genauen Gründe für Frankreichs Scheitern erklärt:
Das absolutistische Regime
Der Glaube, dass man alles tun müsse, um den eigenen Wohlstand im Land zu erhöhen, um dadurch an mehr politische Macht zu kommen.
Die zahlreichen, daraus resultierenden Kriege
Die daraus resultierenden, Millionen hohen Schuldenberge, die die Bauern und einfachen Bürger zu tragen hatten
Die Fehlspekulationen
Die Unterdrückung und Ausbeutung der Bevölkerung
Die Ausbeutung anderer Länder
usw.

Ganz so einfach ist es nicht. Die Unterdrückung und Ausbeutung der eigenen Bevölkerung oder der Bevölkerung anderer Länder trifft auf Frankreich und England zu. Ein Unterschied ist vielleicht, dass Frankreich oft als Staat agierte und in England zumindest anfänglich private Gesellschaften wie die East India Compagnie Träger des Merkantilismus waren. Der Glaube, dass man alles tun müsse (auf Kosten der anderen), um den eigenen Wohlstand zu erhöhen und damit seine politische Macht zu stabilisieren und auszubauen, definiert ja den Merkantilismus. Frankreich führte zwar viele Kriege, aber England eben auch. Diese Punkte können demnach nicht die Frage beantworten, warum in Frankreich 1789 eine Revolution ausbrach und in Großbritannien nicht.

Ein Unterschied ist aber, dass Frankreich nicht zu den wahren Gewinnern des Spanischen Erbfolgekrieges zählte und vor allem zu den eindeutigen Verlierern des Siebenjährigen Krieges gehörte. Ebenso ist nicht der Absolutismus das Problem, sondern die Verstrickung des Königtums in politische Korruption, der Verfalls des Adels in Dekadenz und die Unfähigkeit, Reformen umzusetzen. Die Epoche, in den absolutistische Herrscher wie Ludwig XIII. bzw. Richelieu oder Mazarin und Ludwig XIV. geherrscht hatten, gilt als bedeutende Zeit der französischen Geschichte. Unter Ludwig XIV. konnte sich die französische Klassik entwickeln. Colbert kann man als wichtigsten Vertreter des Merkantilismus nennen. Aber bereits unter Ludwig XIV. begann der Niedergang, der zur Französischen Revolution führte. Als Einschnitt kannst Du das Jahr 1685 sehen, in dem Jahr wurden die wirtschaftlich bedeutenden Hugenotten aus dem Land verwiesen. Gleichzeitig fand in den 1680er Jahre ein Generationswechsel statt. Die unter Richelieu oder Mazarin aufgestiegenen Politiker und Militärs traten ab, eine neue, eher bigotte Generation herrschte in Frankreich. Des Weiteren befand sich Frankreich seit den 1680er Jahren bis zum Tod Ludwigs XIV. (1715) fast ununterbrochen im Krieg. Trotzdem funktionierte der Absolutismus als Herrschaftssystem. Dies lag auch an der Person des Königs, der einerseits ein äußerst disziplinierter, seine Pflichten erfüllender Herrscher war, andererseits aber auch äußerst brutal gegen äußere oder innere Gegner vorging.

Eine wichtige Zeit für den französischen Absolutismus war die von 1715 bis 1723 dauernde Regentschaft von Philipp II. von Orleans, des Neffen Ludwigs XIV., der mit Hilfe von John Law den Staatshaushalt nach den vielen Kriegen sanierte. Dies auf Kosten von vielen Anlegern in so genannte Assignaten, einem Vorläufer des Papiergelds. Das Scheitern von John Law im Jahr 1719 führte dazu, dass erst während der Französischen Revolution Papiergeld eingeführt wurde und dass sich die Entstehung des Finanz-, Kredit- und Bankwesens sich ebenfalls verzögerte. Der Regent war ein typischer Libertin des 18. Jahrhunderts, unter seiner Herrschaft blühten Korruption, Spekulationen und Betrug. 1718 ließ er New Orleans gründen, um von dort aus das französische Kolonialreich "Louisiana" aufzubauen. Da Ludwig XV. erst 1743 bereit war, selber zu herrschen, folgten Orleans noch zwei Regenten, zuerst de jure der Herzog von Bourbon, faktisch dessen Maitresse, seit 1726 der Kardinal Fleury, dessen Regentschaft insgesamt positiv gesehen werden kann. Ludwig XV. war kein disziplinierter Herrscher, er war labil und wurde von seinen jeweiligen Favoritinnen oder Günstlingen beeinflusst. Diese Hofschranzen plünderten praktisch den Staat aus und Glücksritter unterschiedlichsten Couleurs, wie der kurzzeitige König von Korsika Theodor Neuhoff, der Frauenheld Casanova, der angebliche Goldmacher Cagliostri u.v.a. tummelten sich in Versailles, um diese Hofschranzen wiederum abzukassieren.

Als verheerend für Frankreich erwies sich die unterschiedliche Besteuerung der Bevölkerung. Klerus und Adel waren praktisch steuerfrei, die Steuerlast musste vom Dritten Stand getragen werden. Die wichtigste Steuer war die „gabelle“, ein Salzsteuer. Es gab Provinzen, die niedrige und die sehr hohe Steuern bezahlen musste. Es bestanden parallele Verwaltungsstrukturen, so existierten miteinander konkurrierende Gouverneure und Intendanten in nicht eindeutig abgegrenzten Aufgaben oder Territorien. Fast der gesamte Grund und Boden gehörte einigen Familien des Hochadels oder dem Klerus. Innerhalb der Hochadligen nahmen die Prinzen königlichen Geblüts, also die Bourbonen und ihre Seitenlinien wie Condé, Conti oder Orleans eine Sonderstellung ein. Die auf ihren Ländereien schuftenten Bauern waren Leibeigene, die mit dem Grund und Boden ihren Eigentümer wechseln konnten. Allerdings gab es auch da regionale Unterschiede.

Ludwig XVI. eignete sich überhaupt nicht zum absolutistischen König. Er hatte kein Selbstbewusstsein, war politisch nicht begabt und unfähig, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Seine gut gemeinte Hilfe für die amerikanischen Aufständischen, die daraus resultierende Staatsverschuldung, der schlechte Ruf des Hofes einschließlich der Verleumdung der Königin und des Königs sowie zwei Hungerwinter führten schließlich 1789 zum Zusammenbruch der absoluten Herrschaft Ludwigs XVI.

Zusammenfassend solltest Du schreiben, dass der Absolutismus eine frühneuzeitliche Regierungsform war, nach deren Ablauf sich der moderne Nationalstaat herausgebildet hat. Absolutistische Regimes festigten die Macht des Staats und brachen die Macht des Adels. Die Krone stand immer für ein einheitliches, zentral strukturiertes Frankreich, egal ob die Könige nur im Pariser Becken oder im gesamten Frankreich herrschten.

Staatliche Aufgaben wurden zunehmend von Bürgerlichen übernommen. In Frankreich bildete sich aus diesen Bürgerlichen der sogenannte Robenadel, der politisch zwischen Schwertadel und Bürgertum lavierte. Angehörige des Robenadels sprachen in den Parliaments Recht, hauptsächlich in Eigentums- und Erbfragen. Diese Parliaments waren Gerichte, die ständig tagten. Es gab neben dem Pariser Parliament auch Provinzparliaments. Der Robenadel vererbte oder verkaufte die Anstellung an diesen Parliaments. Neben diesen Robenadel gab es auch auf dem Lyzeum Louis le Grand gut ausgebildete Anwälte und Notare. Sowohl Angehörige des Robenadels, als auch die bürgerlichen Juristen spielten während der Französischen Revolution und der Napoleonischen Zeit eine bedeutende Rolle. D.h., dass der Absolutismus auf alle Fälle durch den Nationalstaat abgelöst wird. Der Terror hätte aber nicht unbedingt sein müssen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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RE: Englischer Merkantilismus – Ich brauche Hilfe - Sansavoir - 04.02.2016 02:02

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