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Schwabenkrieg 1499
09.07.2020, 22:31
Beitrag: #20
RE: Schwabenkrieg 1499
(26.06.2020 19:56)Suebe schrieb:  Es ist übrigens interessant, den größten Sieg den die Schweizer in ihrer Geschichte errungen haben, war ja klar gegen Karl den Kühnen.

Erwählter Feldhauptmann der Eidgenossen dabei war Herter von Hertneck,

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...n+Hertneck

den sie zum Dank dafür in ihrer Geschichtsschreibung völlig ignorieren.
Wo man reinschaut, Fehlanzeige
sogar im gewöhnlich gut informierten "Historischen Lexikon der Schweiz"

Wilhelm Herter von Hertneck war nicht von den "Eidgenossen" erwählt sondern von der "Niederen Vereinigung" - und es war dieses Bündnis, das gegen Karl den Kühnen kämpfte. Das Bündnis bestand im Wesentlichen aus Eidgenossenschaft, Siegmund der Münzreiche von Habsburg, Rene II von Lohtringen sowie den Reichsstädten Strassburg, Basel, Colmar und Schlettstatt. Der Gegner war auch nicht nur Karl der Kühne (mit Burgund, Holland-Seeland, Lothringen etc.) sondern z.B. auch die mit ihm verbündete Herzogin Jolanda von Savoyen.

Wilhelm Herter von Hertneck (er stand übrigens auch mal in den Diensten Karl des Kühnen) kam aufgrund seiner Funktion als Hauptmann der Sätdte Rheinfelden, Säckingen, Laufenburg, und Waldshut ins Spiel. Die Städte gehörten zu den habsburgiscne Vorlande und wollten weg von Burgund resp. zurück zu Habsburg.
Siegmund der Münzreiche war u.a. auch Herzog der Vorlande (dazu gehörte neben Rheinfelden, Säckingen etc. auch Teile des Elsass, des Schwarzwaldes, des Breisgaus sowie Pfirt/Ferrette), welche er 1469 an Karl den Kühnen verpfändete.

Die Niedere Vereinigung war vor allem ein Bündnis zwischen den Herrschaften der Vorlande die weg von Burgund wollten (s. dazu "Hagenbachhandel", sogenannt nach dem vom Burungd eingesezte Vogt Peter Hagenbach) und den Reichsstädten Basel (damals noch nicht Eidgenossenschaft), Strassburg, Colmar, Schlettstadt welche Burgund auch nicht in den Vorlanden "haben wollten". Die Reichsstädte erklärten sich sogar bereit, Siegmund das Geld vorzustrecken, damit er die Pfandschaft bei Burgund wieder auslösen konnte.

Dass die Eidgenossenschaft ins Spiel kam, war eher Zufall resp. über Umwege. Bern war zuvor im Rahmen eines Plünderungs- und Eroberungszuges in die Waadt (heute Westschweiz) d.h. in Savoyen einmarschiert (ohne stichhaltige rechtliche Begründung). Nun war Burgund mit Savoyen verbündet und musst einschreiten. Die restlichen Orte der Eidgenossenschaft waren eigentlich nicht interessiert, mussten aber aufgrund der Bündisverpflichtung wiederum Bern unterstüzten.

Die einzige, etwas internationale Aspekt des Ganzen kam mit dem französichen König Ludwig XI die Spinne von Valois ins Geschehen. Er wollte das Herzogtum Burgund, unterstützte Habsburg (allerdings höchstens marginal und kaum mehr als "diplomatisch") und die Eidgenossenschaft resp. Bern, allerdings nicht militärisch sondern lediglich mit Bestechungsgelder an den Schultheiss von Bern, Niklaus von Diesbach. Der sollte dafür sorgen, dass Bern Burgund den Krieg erklärt.

Der Burgunderkrieg entstand also (wie auch der Schwabenkrieg auch wenn ihr das anders seht) aufgrund lokaler Fehden und Interessenslagen.
Niedere Vereinigung:
1) Siegmund wollte seine verpfändeten Vorlande zurück und seine Herrschaften im Elsass, aber vor allem Rheinfelden, Säckingen, Waldshut und Laufenburg unter der Führung Wilhelm Hertners, wollten weg von Burgund resp. zurück zu Habsburg.
2) René II von Lothringen wollte sein Herzogtum zurück
3) Bern wollte Gebiete von Savyoen
4) Eidgenossenschaft musste Bern beistehen
5) Ludwig XI (nicht Bündnismitglied der Vereinigung) forciert Krieg durch "Handsalben" an die Fürhungsschicht von Bern

Burgund / Savoyen:
1) Karl wollte die Pfandherrschaft der Vorlande behalten
2) Karl wollte Lothringen behalten
3) Karl musste Savoyen beistehen
4) Karl wollte Burgund behalten und musste sich den franz. König vom Leib halten

Das ganze ist in der Eile etwas plakativ dargestellt, hält aber der Historie stand. Es ist ein Charakteristikum des Mittelalters, insbesondere des Spätmittelalters, das viele Kriege als Folge von unterschiedlichen lokalten Interessen und Fehen zustandekamen. Das gilt nicht nur für den Burgunderkrieg sondern auch für den Schwabenkrieg.

Der Schwabenkrieg war keine eidgenössische Geschichtslüge sondern höchstens eine der späteren schweiz. Geschichtsschreibung die aus diesem Reichskrieg ein Krieg gegen "Deutschland" machte. Die Ursache lag tatsächlich auch wieder in verschiedenen lokalen Konflikten und Fehden.

Es war aber auch nicht so sehr ein Krieg zwischen Habsburg und Eidgenossenschaft sondern tatsächlich ein Krieg zwischen Eidgenossenschaft und Schwäbischer Bund (die Bezeichnung "Schwabenkrieg" wäre somit sogar gerechtfertigt).
Maximilian wurde nicht vom Schwäbischen Bund "unterstützt" sondern Maximilian war Mitglied des Schwäbischen Bundes.
Es ging wieder mal um die Vorlande (auch der Thurgau hatte vor der eidg. Erboerung zu den Vorlanden gehört - die Legitimierung zur Eroberung war ebenfalls fragwürdig gewesen: Siegmund der Münzreiche war von Pius II mit dem Kirchenbann belegt worden).

Zu den lokalen Rechten der Vorlande und ehemaligen Vorlande (die Regionen der habsburgischen Vorlande waren im Schwäbischen Bund) kamen ebenfalls lokale Fehden zwischen Gotteshausbund/Bischof von Chur und Tirol um das Unterengadin und den Vintschgau/Val Venosta. Rund 100 Jahre vorher (müsste ich nachschauen) war es den Vögten von Matsch (Vintschgau), welche ihr Amt urspr. für das Bistum Chur ausübten, gelungen, sich - mit Hilfe der Grafschaft Tirol - mehr oder weniger unabhängig zu machen. Zur Zeit des Schwabenkrieges versuchte der "Gotteshausbund" (das stärktes Mitglied war der Bischof von Chur, daher der Name) Vintschgau und Unterengadin zurück zu bekommen. Der Gotteshausbund war verbunden mit dem Zehngerichtenbund (Prättigau, auch hier hatte Maximilian einige Rechte erworben) und mit dem Grauen Bund (der Name "Graubünden" ist davon abgeleitet), der Graue Bund wiederum mit der Eidgenossenschaft.

Also auch hier ging das Ganze aus lokalen Gegebenheiten und Fehden hervor. Und da Maximilian nicht nur Mitglied des Schwäbischen Bundes sondern auch gleichzeitig König war, hat er eben die Gelegenheit benutzt und den Reichsgkrieg ausgerufen. Die beteiligten Ritter, Kriegsknechte und Söldner stammten dann aber - wie sich das für lokale Auseinandersetzungen gehört - trotz Reichskrieg aus den betroffenen Regionen des Schwäbischen Bundes, der Eidgenossenschaft, Tirol und Rätien.

Die Ablehnung von Reichskammer und Reichspfennig - das für die ältere schweiz. Geschichtschreibung beliebteste Motiv für den Krige - dürfte Maximilian ziemlich gegal gewesen sein: auch Flandern und Holland hat dies abgelehnt - also Maximilians eigene Herrschaftsgebiete - und auch dort hat Maximilian keinen Versuch unternommen, dies durchzusetzen.

Nebenbei: dass die eidgenöss. Geschichtsschreibung Wilhelm Hertner verschwiegen hat (hat sie eigentlich gar nicht, nur Diebolds Chronik erwähnt ihn nicht), weil dieser ein Adliger war, ist absoluter Blödsinn. Mindestens die Hälfte aller eidg. Heerführer bis ca. 1560 entstammte dem lokalem Kleinadel (Freiherrengeschlechter, Dienstadel) und von den anderen (Söldnerführer) bemühte sich praktisch jeder um die Erhebung in den Adelsstand (meistens durch Ritterschlag), was natürlich nicht allen gelang. Auch die Bauern fanden Adel "chic".
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