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Schwabenkrieg 1499
10.07.2020, 19:02
Beitrag: #21
RE: Schwabenkrieg 1499
Ja, die ganzen Berner Ratsherren, soweit sie beim Heer waren, waren vor und nach Murten scharf auf den Ritterschlag wie die Henne auf den Äpfelbutzen.

Dass der Krieg aus lokalen Gründen entstanden ist, wage ich sehr zu bezweifeln. Insbesondere endete er, da der Schwäbische Bund den Krieg eben nicht als seine Sache ansah, und keine weiteren Truppen aufstellte.
Oder willst du darauf hinaus, dass die ganzen Schweizer Freiheitskriege nach heutigen geografischen Gegebenheiten innerschweizerische Angelegenheiten waren, mow Bürgerkriege?

Die Brutalität der Eidgenössischen Kriegsführung 1499, (insbesondere gegen die Landbevölkerung) die so nicht erwartet worden war, hat allerdings für lange Zeit die Verhältnisse zwischen nördlich und südlich des Bodensees sehr belastet.

1525 bei Pavia wurde die Quittung ausgestellt.Thumbs_up
Fortan haben sich die Eidgenossen kaum mehr direkt in die europäischen Kriege eingemischt, haben diese allerdings durch ihr hochentwickeltes Bankwesen weitgehend erst ermöglicht.
Rückbesinnung auf das was man am besten kann. IdeaDevil

Nur noch einmal und da miteinander: An der Beresina deckten Schweizer, Badener und Württemberger die Übergangsstellen bis zum Schluss, hatten per Saldo auch die höchsten Verluste aller Kontingente der "Grande Armee"
1812.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.07.2020, 19:22
Beitrag: #22
RE: Schwabenkrieg 1499
(10.07.2020 19:02)Suebe schrieb:  ...
Fortan haben sich die Eidgenossen kaum mehr direkt in die europäischen Kriege eingemischt, haben diese allerdings durch ihr hochentwickeltes Bankwesen weitgehend erst ermöglicht.
Rückbesinnung auf das was man am besten kann. IdeaDevil
...

Zumindest im Dreißigjährigen Krieg haben Teile der Eidgenossenschaften noch tüchtig mitgemischt, wenn das auch gerne übersehen wird, aber wer interessiert sich auch für Graubünden. (Hätte ich nicht den Roman "Jürg Jenatsch" seinerzeit gelesen und ein wenig Eigenstudium investiert, um mich über den historischen Hintergrund schlau zu machen, wüsste ich heute auch nichts davon.)

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
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Josephine Tey, Alibi für einen König
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12.07.2020, 20:55
Beitrag: #23
RE: Schwabenkrieg 1499
(09.07.2020 22:31)Aguyar schrieb:  Nebenbei: dass die eidgenöss. Geschichtsschreibung Wilhelm Hertner verschwiegen hat (hat sie eigentlich gar nicht, nur Diebolds Chronik erwähnt ihn nicht), weil dieser ein Adliger war, ist absoluter Blödsinn. Mindestens die Hälfte aller eidg. Heerführer bis ca. 1560 entstammte dem lokalem Kleinadel (Freiherrengeschlechter, Dienstadel) und von den anderen (Söldnerführer) bemühte sich praktisch jeder um die Erhebung in den Adelsstand (meistens durch Ritterschlag), was natürlich nicht allen gelang. Auch die Bauern fanden Adel "chic".

Ob die eidgenössische Geschichtsschreibungen ihn seit Jahrhunderten verschwiegen haben, lässt sich diskutieren, wobei auch zu hinterfragen wäre, ob es sich um gezieltes Verschweigen handelt oder nur eine Folge der für die Geschichtsforschungen verwendeten Quellen war?

Es wäre zum Beispiel zu fragen, warum er im Historischen Lexikon der Schweiz zur Gänze fehlt oder warum er, falls er dort doch genannt ist, in seiner Bedeutung jedenfalls nicht entsprechend gewürdigt oder gezielt klein gemacht wurde?

Bedenkt man, dass die Chroniken und Überlieferungen für lange Zeit der Geschichtsforschung als Hauptquellen dienten (erst im 19. Jahrhundert ändert sich das entscheidend), stellt sich schon die Frage, warum ihm zum Beispiel eine Diebold-Chronik, die offensichtlich ursprünglich als eine Hauptquelle für die "Schweizer Geschichte" galt, weglässt.

Es stellt sich schon die Frage, warum Herter weggelassen wird, obwohl er offensichtlich eine wichtige und für die Siege gegen Karl den Kühnen entscheidende Rolle spielte. In diesem Kontext ist naheliegend, dass der Grund zunächst in der Schweizer Geschichtsschreibung zu suchen ist, auf der schließlich die Schweizer Geschichtsforschung aufbaut.

Welche Bedeutung haben die Siege über Karl dem Kühnen für die Schweizer Geschichtsinterpretation? Offensichtlich wird ihnen eine große Bedeutung zugestanden. Karl der Kühne war ein bedeutender Feldherr, ein Herrscher mit reichen Ressourcen und obwohl er "de jure" nur ein Lehensmann des Heiligen Römischen Reiches und der französischen Krone war, im Bezug auf Glanz und Glorie, um es einmal salopp auszudrücken, dem französischen König und dem Kaiser scheinbar überlegen. Zudem wird seine formale Abhängigkeit von den beiden nicht nur durch die Politik, welche er völlig selbständig von den beiden führte, stark relativiert. Als mächtiger Reichsfürst (wenn gleich kein Kurfürst), zudem an der Reichsgrenze, konnte er souverän agieren. Was seine Abhängigkeit als Lehensmann des französischen Königs betrifft, wurde von burgundischer Seite immer wieder betont, dass der französische König Johann der Gute Karls gleichnamigen Urgroßvater das Herzogtum Burgund (also das Land Herzogtum Burgund, somit nicht die burgundischen Lande, eine Landschaft Burgund oder die Freigrafschaft Burgund) als freies Eigen geschenkt hatte.

Wenn das überlegt wird, ist nachvollziehbar, warum der Burgunder Krieg in der Schweizer Geschichte einen so hohen Stellenwert einnimmt, obwohl er auf den ersten Blick nur Beute und Ruhm brachte. Einen solchen "Feldherren-Star" gleich mehrmals und jedes Mal eindeutig besiegt zu haben ...

Warum aber wollte Diebold Herter nicht in seiner Darstellung dieser großartigen Siege vorkommen lassen? Das ist doch die entscheidende Frage. Eine eindeutige Antwort ist wahrscheinlich nicht einmal dann möglich, wenn wir jetzt eine Zeitreise ins 15. Jahrhundert machen und Diebold dazu befragen. Schließlich gibt es keine Garantie, dass das, was er uns antwortet tatsächlich der Wahrheit entspricht. Vielleicht belügt er uns, aber genauso gut könnte es sein, dass er das, was er da behauptet und was gar nicht stimmt, selbst für die Wahrheit hält. (Natürlich könnte er uns auch ehrliche Antworten geben.)

Jedenfalls lassen sich seine Gründe nicht eindeutig klären, wir können lediglich mit Hilfe von Indizien eine vorsichtige Annäherung versuchen. Helfen würde uns wahrscheinlich eine kritische und genaue Untersuchung der Chronik, die folgenden Schwerpunkte prüft. Was wurde offensichtlich noch weggelassen? Was wird beschrieben? Wie wird etwas beschrieben? Auf welche Interpretation läuft es heraus etc. Dazu habe ich bisher keine Zeit gehabt.

Immerhin aber lassen sich auch mögliche Erklärungen mit Hilfe des gesunden Menschenverstandes oder durch das Einbeziehen ähnlicher Fälle finden, die zumindest in Betracht gezogen werden könnten.

Vorstellbar und kaum zu beweisen sind private Gründe wie zum Beispiel: Konnte Diebold (oder seine Auftraggeber - wer waren die eigentlich?) Herter vielleiht persönlich nicht ausstehen? War Neid im Spiel? War es die Rache dafür, dass Herter Diebold keine Handsalben zahlen wollte ...

Wahrscheinlicher sind aber doch politische Gründe? Da stellt sich natürlich die Frage: Gab es etwas an Herter, weswegen ihn die Eidgenossenschaften (oder müsste es nicht vielleicht heißen: die Reichsstadt Bern oder die Berner Eidgenossenschaften) nicht bei ihrer "Heldenstory", von den glorreichen "Anfängen" der tapferen Schweiz dabei haben wollten? Lag es etwa daran, dass er eben kein Schweizer (oder Berner) war? Lag es daran, dass es eben nicht möglich war, ihn zu einem "Ehrenschweizer" oder "Ehrenberner" zu machen? Wollten die "Schweizer" (oder "Berner") den Ruhm für den Sieg für sich alleine beanspruchen und nicht mit den Verbündeten teilen? Fürchteten sie um ihre Beute, die sie nicht mit ihren Verbündeten teilen wollten?

In diesem Fall hätte der "Schwabe" Herter als "Vertreter" der "Vorderen Lande" oder des Habsburgers Siegmund gestört, Grund genug ihn, wegzulassen.
Das muss nicht so gewesen sein, wäre aber mit Blick auf die Geschichtsschreibung anderer "Staaten" jedenfalls vorstellbar. Auch dort findet sich die Tendenz, eigene Leute hervorzuheben und die Leistung der Verbündeten auf deren Kosten zu verringern und Ähnliches. Warum soll es in der Schweizer Geschichtsschreibung und Geschichtsforschung anders zugegangen sein?

Eine andere Überlegung könnte politische und ideologischen Gründe gehabt haben?
Passte er etwa nicht in das Geschichtsbild der "Schweiz", der "Eidgenossenschaften" oder der Stadt Bern, welches Diebold vorschwebte und welches er mit seiner Chronik schaffen wollte?

Herter war, nachdem, was Armer Konrad hier schreibt, aus Schwaben (beziehungsweise aus den Vorderen Landen), er könnte sogar als ein Mann von Erzherzog Siegmund beziehungsweise des Habsburger-Lager gesehen werden. Wenn wir berücksichtigen, dass die Schweizer Geschichtsschreibung damals und noch lange danach den "Erb- und Erzfeind Habsburg" für die eigenen Gründungslegenden einsetzte, ist naheliegend, dass Herter nicht in diese "Geschichtslüge" passte. Ein Habsburger-Herrscher als Verbündeter der Eidgenossen beziehungsweise Bern gegen Karl den Kühnen, und "dessen" Mann erbringt die entscheidende Leistung oder ohne einen Habsburg hätten der "Habsburger-Erzfeind" Schweiz niemals den "bedeutendsten" Feldherren seiner Zeit (Karl den Kühnen) besiegen können. Bei einer solchen Überlegung durchaus nachvollziehbar, dass Herter in Diebolds Chronik nichts zu suchen hatte, und somit aus der Chronik verschwinden musste ...

Wie gesagt, bei dieser Überlegung ist nicht entscheidend, dass die angebliche Erzfeindschaft Habsburg - Schweiz, soweit es sich beurteilen lässt, eigentlich historisch nicht haltbar ist und natürlich auch die Hintergründe von Beziehungen fast immer sehr komplex sind, sondern es geht hier nur darum, was Diebold (oder vielleicht auch seine Auftraggeber) ihren Zeitgenossen und der Nachwelt erzählen und überliefern wollten.

Insofern würde ich eine Überlegung, dass Herter vielleicht als Adliger keinen Platz in der Schweizer "Geschichtsinterpretation" hatte, nicht einfach als Blödsinn abtun. Zumindest wird in den Chroniken zur "Schweizer" Geschichte durchwegs die Vorstellung von einer Schweiz vermittelt, die vorwiegend als Kollektiv des Volkes und der "einfachen" Leute aufscheint. Das könnte vielleicht auch damit zusammenhängen, dass die angeblichen Akteure der "Schweizer" Geschichte gewöhnliche Reichsstädte und freie Städte sind. (Auch im Heiligen Römischen Reich lässt sich immer wieder beobachten, dass Städte und Orte eher als Kollektiv historisch rübergebracht werden, wobei einzelne Personen in diesem Aufgehen. Zum Vergleich: Fürst und sein Land, die Stadt beziehungsweise der Stadtrat und die Bürgerschaft, aber eher unüblich der Bürgermeister und seine Stadt ...)

Gerade in der "Schweizer" Geschichte gibt zwar immer wieder Helden, aber deren Wirken als Einzelpersonen wird meistens zugunsten der Masse relativiert, indem diese entweder ihren Heldenauftritt haben und dabei ihr Leben lassen oder danach wieder in der Masse aufgeht. Auffallend auch, dass die "Schweizer" Geschichte sehr viele fiktive Helden kennt ...

Geschichte ist die Lüge, welche Geschichtsschreibung aus dem Geschehenen gemacht hat und auf die sich die Geschichtsforschung geeinigt hat oder für dieses Mal einigt --- dazu passt durchaus auch eine Geschichtsschreibung, die den Eindruck vom stolzen einfachen Mann, Bauern oder Bürger vermittelt, während diese in Wirklichkeit großes Interesse hatten aus ihrer Stellung in den Adel aufzusteigen. Und spätere Geschichtsforschungen haben das dann gleich für bare Münze genommen ...

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12.07.2020, 21:20
Beitrag: #24
RE: Schwabenkrieg 1499
Den Herter hatten wir hier schon mal

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...n+Hertneck

geboren ist er entweder in Dusslingen bei Tübingen oder in Tübingen selbst, das Haus, Stadtwohnsitz der Herter, steht heute noch.
Gegenüber dem Haupt-Tor zum Schloss Hohentübingen, heute das Schloss-Café.

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15.07.2020, 16:00
Beitrag: #25
RE: Schwabenkrieg 1499
(12.07.2020 19:22)Teresa C. schrieb:  Zumindest im Dreißigjährigen Krieg haben Teile der Eidgenossenschaften noch tüchtig mitgemischt, wenn das auch gerne übersehen wird, aber wer interessiert sich auch für Graubünden. (Hätte ich nicht den Roman "Jürg Jenatsch" seinerzeit gelesen und ein wenig Eigenstudium investiert, um mich über den historischen Hintergrund schlau zu machen, wüsste ich heute auch nichts davon.)

So schnell kommt man manchesmal zusammen.Thumbs_up
Zitat:Schon wenige Wochen später – am Palmsonntag, dem 14. April 1622 (alten Stils) – kam es zu einem Aufstand der Prättigauer. Innerhalb weniger Tage vertrieben die Aufständischen die Besatzungstruppen und ermordeten in Seewis den ihnen verhassten Kapuzinerpater Fidelis.
Der Fidelis ist der Ortsheilige von Sigmaringen. Vor der Kirche in Seewies erschlagen.

OT:
Die Vorfahren meiner Mutter kamen übrigens ca.1660 aus dem St. Gallischen, Glaubensflüchtlinge.
Die wurden Lutherisch, und mussten deshalb gehen.
Da hat ihnen der Herzog von Württemberg Asyl gewährt.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass die wie viele andere aus wirtschaftlichen Gründen in die entvölkerten Gebiete Württembergs zogen, aber die Ahnenforschung hat mich dann eines besseren belehrt.

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16.07.2020, 07:36
Beitrag: #26
RE: Schwabenkrieg 1499
Suebe, weißt du eigentlich, ob die Stadt Tübingen eigentlich schon immer zum Herrschaftsgebiet der späteren Herzöge von Württemberg (also auch in ihrer frühesten Zeit) gehörte oder kam es erst später unter ihrer Herrschaft und ist dann als Teilgebiet in dieser aufgegangen?

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16.07.2020, 11:15
Beitrag: #27
RE: Schwabenkrieg 1499
(16.07.2020 07:36)Teresa C. schrieb:  Suebe, weißt du eigentlich, ob die Stadt Tübingen eigentlich schon immer zum Herrschaftsgebiet der späteren Herzöge von Württemberg (also auch in ihrer frühesten Zeit) gehörte oder kam es erst später unter ihrer Herrschaft und ist dann als Teilgebiet in dieser aufgegangen?

Tübingen kam Anfangs des 14. Jahrhunderts zu Württemberg durch Kauf.
Zuvor die Pfalzgrafen von Tübingen. Ein umfassend begütertes Hochadelsgeschlecht mit diversen Nebenlinien.

Dem letzten "Tübinger" hoch verschuldet, wird das Gedicht in den Mund gelegt,
'"Im Schönbuch ums Kloster (Bebenhausen) da habe ichs gejaidt, behalte ich nur dieses, ist´s mir ums andere nicht leid"

Im Kloster Bebenhausen hatte der letzte König von Württemberg seinen Wohnsitz genommen, die Königin lebte als Witwe noch Jahrzehnte dort. (die Räume kann man bei einer Führung besichtigen)
Und 1946 bis 1953 tagte dort das Parlament von Württemberg-Hohenzollern. (hast du nicht gefragt, aber bei diesen Themen schreibt es sich von alleine... Sorry)

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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24.07.2020, 20:40
Beitrag: #28
RE: Schwabenkrieg 1499
(12.07.2020 20:55)Teresa C. schrieb:  Ob die eidgenössische Geschichtsschreibungen ihn seit Jahrhunderten verschwiegen haben, lässt sich diskutieren, wobei auch zu hinterfragen wäre, ob es sich um gezieltes Verschweigen handelt oder nur eine Folge der für die Geschichtsforschungen verwendeten Quellen war?

Es wäre zum Beispiel zu fragen, warum er im Historischen Lexikon der Schweiz zur Gänze fehlt oder warum er, falls er dort doch genannt ist, in seiner Bedeutung jedenfalls nicht entsprechend gewürdigt oder gezielt klein gemacht wurde?

Bedenkt man, dass die Chroniken und Überlieferungen für lange Zeit der Geschichtsforschung als Hauptquellen dienten (erst im 19. Jahrhundert ändert sich das entscheidend), stellt sich schon die Frage, warum ihm zum Beispiel eine Diebold-Chronik, die offensichtlich ursprünglich als eine Hauptquelle für die "Schweizer Geschichte" galt, weglässt.

Weil der Wilhelm Herter nicht im Historischen Lexikon erwähnt wird, heisst das nur für Verschwörungstheoretiker, dass er grundsätzlich und "gezielt" verschwiegen wird. Im Übrigen hat Diebold Schilling der Ältere drei Chroniken geschrieben - es gibt den Berner, den Spiezer und den Zürcher Schilling (Der Luzerner Schilling stammt von Diebolds gleichnamigen Neffen, Diebold Schilling dem Jüngeren).
Ein kleiner Blick ins Wikipedia würde genügen, bevor man in einem postfaktischen Rundumschlag den Zeitgenossen oder sogar der modernen Historie gezielte Geschichtsmanipulation unterstellt. Der Zürcher Schilling wird im Übrigen auch Burgunder Schilling genannt, da er die eidg. Hauptchronik für den Burunderkrieg ist:
https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Wilh...Murten.jpg
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24.07.2020, 22:18
Beitrag: #29
RE: Schwabenkrieg 1499
(10.07.2020 19:02)Suebe schrieb:  Ja, die ganzen Berner Ratsherren, soweit sie beim Heer waren, waren vor und nach Murten scharf auf den Ritterschlag wie die Henne auf den Äpfelbutzen.

Dass der Krieg aus lokalen Gründen entstanden ist, wage ich sehr zu bezweifeln. Insbesondere endete er, da der Schwäbische Bund den Krieg eben nicht als seine Sache ansah, und keine weiteren Truppen aufstellte.
Oder willst du darauf hinaus, dass die ganzen Schweizer Freiheitskriege nach heutigen geografischen Gegebenheiten innerschweizerische Angelegenheiten waren, mow Bürgerkriege?

Die Brutalität der Eidgenössischen Kriegsführung 1499, (insbesondere gegen die Landbevölkerung) die so nicht erwartet worden war, hat allerdings für lange Zeit die Verhältnisse zwischen nördlich und südlich des Bodensees sehr belastet.

1525 bei Pavia wurde die Quittung ausgestellt.Thumbs_up
Fortan haben sich die Eidgenossen kaum mehr direkt in die europäischen Kriege eingemischt, haben diese allerdings durch ihr hochentwickeltes Bankwesen weitgehend erst ermöglicht.
Rückbesinnung auf das was man am besten kann. IdeaDevil

Nur noch einmal und da miteinander: An der Beresina deckten Schweizer, Badener und Württemberger die Übergangsstellen bis zum Schluss, hatten per Saldo auch die höchsten Verluste aller Kontingente der "Grande Armee"
1812.

Wie oben dargestellt: Zum mindesten nach meiner Sichtweise ist der Schwabenkrieg lediglich die Summe von verschiedenen lokalen Konflikten und Bündnisabhängigkeiten. Wie auch der Burgunderkrieg (Luwig IX hatte den Schultheiss Niklaus von Diesbach bestochen). Und Bern wollte Savoyen.

Die mittelalterliche Geschichte ist keine nationale Geschichte. Und in diesem Sinn gab es keine "Befreiungskriege" von einer "Fremdherrschaft". Befreiungskriege im Mittelalter waren meistens lokale Aufstände, wobei es in der Regel darum ging, "Freiheiten" und Privilegien zu erwerben oder diese zu bewahren.

Insofern waren die Aufstände der Innerschweiz oder Glarus gegen Habsburg, die Aufstände der Leventina und des Blenio gegen Mailand, die Aufstände der Oberwalliser gegen den Bischof von Sion und gegen Savoyen, der Aufstand der Haslitaler gegen die Stadt Bern, der Aufstand der Appenzeller gegen das Kloster St. Gallen, der Aufstand der Entlebucher gegen die Stadt Luzern etc. "Freiheitskämpfe". Der Rest der "Schweizer Befreiungskriege" waren tatsächlich reine Machtkämpfe - auch die gegen Habsburg.

Wenn man die Machtkämpfe zwischen Eidgenossenschaft und Habsburg nicht als das ansehen will, was sie sind, sondern sie national beurteilt, muss man unweigerlich zum Schluss kommen, dass es sich um Bürgerkriege gehandelt haben muss. Denn die habsburgischen Ritter, die gegen die Eidgenossen gekämpft haben, kamen nicht aus Kärtnen oder der Steiermark, sondern aus dem Aargau, aus Zürich (Umland), Luzern (Umland), aus Thurgau, aus Zug etc. Denn Habsburg war für die Eidgenossenschaft vor allem eine lokale und keine internationale Macht.

Ein Beispiel:
Der Vater eines Freundes von mir war in den 70ern Lehrer in Glarus und hat mit den Kindern seiner 26-köpfigen Klasse für die Schlacht von Näfels (die "Befreiungsschlacht" von Glarurs gegen Habsburg 1388) ein kleines Experiment gemacht. Aufgrund ihres Familiennamens wurde der Herkunftsort der Kinder ermittelt und auf das Jahr 1388 übertragen. Das Ergebnis: Drei der Kinder waren Ausländer, nochmals drei stammten von Vorfahren aus dem Ausland ab. Von den verbliebenen 20 hätten gerade mal (inkl. Mädchen) 3 auf der Seite der Glarner (also Eidgenossen) gekämpf, der Rest wäre samt und sonders auf habsburgischer Seite gestanden. Die Kinder waren natürlich schrecklich enttäuscht (sie dachten eben auch national) - aber das ist ein anderes Thema.

Man kann, so behaupte ich, das Mittelalter eben nicht verstehen, wenn
man die nationale Brille aufsetzt. Und von einer "Erbfeindschaft" zwischen Eidgenossenschaft und Habsburg zu reden, ist nationale Sichtweise.
Ein Beispiel: Bevor Rudolf I von Habsburg König wurde, noch als Graf, wurde er von Uri gebeten, in einer Blutrachefehde innerhalb der Talschaft, welche dem Ort offenbar schwer zu schaffen machte, als Unparteischer zu vermitteln und ein Schiedsgericht abzuhalten (Izzeli-Gruoba-Fehde). "Erbfeindschaft" sieht anders aus.

Weiteres Beispiel:
Auch die klassische Befreiungschlacht am Morgarten (Schwyz und Uri gegen Habsburg) war keine Befreiungsschlacht im eigentlichen Sinne sondern eben auch eine lokale Fehde. Es ging dabei um die Waldgebiete
im Grenzgebiet zwischen Schwyz und dem Kloster Einsiedeln. Die Schwyzer, resp. Bauern aus Schwyz rodeten Waldgebiete, die dem Kloster gehörten. Offenbar (ist nicht klar ersichtlich) behaupteten sie, der Wald sei Reichsland, und wer Reichsland rodete, dem gehörte (als Reichslehen oder fallweise sogar als Eigen) das gerodete Land. Der Grenzstreit eskalierte zunehmend mit dem gerodeten Land so dass die Schwyzer das Kloster überfielen, einige Mönche erschlugen, andere in den Kerker warfen, um Lösegeld zu erpressen und - so die Chroniken - mit den vorgefundenen Reliquien pietätlosen Schabernack trieben. Natürlich kam Schwyz, ausgesprochen von Bischof von Konstanz, unter den Kirchenbann.

Nun war aber die Kastvogtei über das Kloster Einsiedeln in habsburgischem Besitz, d.h. die Habsburger trieben für das Kloster nicht nur die Steuern ein sondern waren auch für den Schutz des Kosters verantwortlich. Sie durften also nicht nur, sie mussten sogar eingreifen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Und Uri (Unterwalden noch nicht) musste aus der Bündnisverpflichtung heraus, Schwyz beistehen.
Soweit zum Befreiungskampf.

Und weiter:
Auch die Bauern und Bürger der Eidgenossenschaft verhielten sich wie der sonst herrschende Adel - mittelalerlich. Sie eroberten, kauften, belehnten, verpfändeten etc. wie das überall üblich war, ganz ohne Intention, den eroberten Gebieten die Freiheit von der Feudalherrschaft zu bringen. Die Eidgenossen - und auch die Bauern unter ihnen - verhielten sich so mittelalterliche wie der ganze Rest von Europa.
Ein Beispiel:
Freiburg (das "Schweizer" Fribourg wohlverstanden, nicht Freiburg im Breisgau) hatte das Simmental (im Berner Oberland) den lokalen Machthabern (Freiherren von Weissenburg, Freiherren von Brandis, Freiherren von Raron etc. etc.) abgenommen und 1389 / 1390 hatte Bern wiederum das Simmental (natürlich wieder eine Fehde) Freiburg abgenommen. Nun hatten die Bauern des Simmentals im Laufe der Entwicklung sich einigen Freiheiten und Privilegien ergattern können, die aber von Bern konsequent ignoriert wurden. Das rief natürlich Widerstand hervor - d.h. die Bauern rebellierten nicht etwa gegen das "böse Habsburg" oder den "bösen Adel" sondern gegen die "guten" Eidgenossen von Bern. Der Landvogt des Simmentals, Peter von Greyerz / Gruyère, Bürger und Ratsherr von Bern, möglicherweise aus dem Geschlecht der Grafen von Greyerz stammend, liess sich etwas besonderes einfallen, um den Widerstand zu brechen. Da er sich nicht auf die bestehende Rechtslage berufen konnte - die gab den Bauern recht - lancierte er einen der ersten Hexenprozesse nach neuem Muster und klagte die widerständischen Bauern der Zauberei und damit dem Teufelspakt und damit wiederum der Ketzerei an. Immerhin wurden um 1400 lediglich zwei Bauern auf dem Scheiterhaufen verbrannt - man zeigte sich "gnädig".

Zu 1525 Pavia:
Die letzte Schlacht in der Verwantwortung der eidgenössischen Orte und ihrer Tagsatzung war die Niederlage von Marignano 1515 - bereits von da an hat sich die Eidgenossenschaft "international" zurückgezogen, d.h. keine "auswärtigen" Kriege mehr geführt.
1525 in Pavia unterlagen die Eidgenossen als Söldner des franz. Königs Franz I gegen Kaiser Karl V, wie übrigens auch schon 1522 in Bicocca, ebenfalls als Söldner von Franz I gegen Karl V.
Eidgenössische Söldner (zum Mindesten Katholische) in Frankreich gab es aber auch nach 1525 und auch noch über das Mittelalter hinaus. Das hat aber ebenfalls nichts mit nationalen Vorlieben und auch nicht mit Reichs- oder Deutschfeindlichkeit zu tun sondern mit den bestehenden Soldverträgen, die Frankreich vor allem nach 1515 abgeschlossen hatte. Zum einen bezahlte Frankreich einfach besser als das Reich, zum anderen hatte Frankreich auch mehr Geld, um die verschiedenen Tagsatzungsabgeordneten zu bestechen, welche die Erlaubnis erteilten, in ihren Orten überhaupt Söldner anwerben zu dürfen.
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27.07.2020, 11:44
Beitrag: #30
RE: Schwabenkrieg 1499
Zitat Aguyar
Zitat:Man kann, so behaupte ich, das Mittelalter eben nicht verstehen, wenn
man die nationale Brille aufsetzt. Und von einer "Erbfeindschaft" zwischen Eidgenossenschaft und Habsburg zu reden, ist nationale Sichtweise.
Ein Beispiel: Bevor Rudolf I von Habsburg König wurde, noch als Graf, wurde er von Uri gebeten, in einer Blutrachefehde innerhalb der Talschaft, welche dem Ort offenbar schwer zu schaffen machte, als Unparteischer zu vermitteln und ein Schiedsgericht abzuhalten (Izzeli-Gruoba-Fehde). "Erbfeindschaft" sieht anders aus.

Schön, dass du dich hier einbringst

Mit der "nationalen Brille" die für das Mittelalter nicht passt, hast du zweifellos recht.
Ich habe ähnliches, weiter oben auch schon geschrieben. Auch das Wort von den Schweizer Bürgerkriegen (Morgarten etcetera pp) habe ich schon mal hier verwendet.

Die Konkurrenz-Situation zwischen Schweizer Reisläufern und Landsknechten scheint aber zeitgenössisch zu sein.

OT:
Mein Vetter, ernster Schweizer Oberst, hatte bei einer Prüfung als Aufgabe den Ausbruch eines Wehrmachtsregiments aus dem Kessel von Stalingrad zu organisieren und zu leiten.
Mir gegenüber hat er mal von der "Intelligenz" der Wehrmachtsführung schwadroniert, die in die selbe Falle wie Napoleon getappt wäre - bei dem historischen Beispiel!
Die historische Erfahrung von 1917 hat er, nach einiger Mühe, dann auch gelten lassen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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