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Recht kurioses Rechts im Mittelalter
25.04.2016, 18:35
Beitrag: #5
RE: Recht kurioses Rechts im Mittelalter
(24.04.2016 22:39)zaphodB. schrieb:  Und da mach ich mal gleich den Anfang
Im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit war es möglich ,gegen Tiere und nicht nur gegen deren Halter einen Prozess zu führen;

Berühmt wurde z.B. der Prozess den im Jahr 1519 Stilfser Bauern gegen die Mäuse führten, die ihre Felder verwüsteten. Gerichtsstand war Glurns. Am 2. Mai 1520 erging das salomonische Urteil, die Mäuse müssten das Gebiet von Stilfs innert 14 Tagen für immer und ewig verlassen. Denen jedoch, die noch zu jung oder krank seien, müsse für ihren späteren Auszug freies Geleit garantiert werden.

Man sieht also,dass in jener Zeit das römische Recht -mit der Vorstellung von Tieren als Sachen,für die der Halter verantwortlich ist- den Rechtsalltag noch keineswegs durchdrungen hatte- die Mäuse wurden hier als reguläre Prozesspartei und als soziale Gemeinschaft betrachtet-

Das hatte mit der Religiosität des Mittelalters zu tun. Tiere wurden in einem Mass und Umfang als in die göttliche Ordnung eingebunden betrachtet, dass sich gemäss damaligem Rechsdenken in bestimmten Fällen tatsächlich als schuldfähig erschienen. Zwar gehörten Prozesse gegen Tiere nicht gerade zum juristischen Alltag, kamen aber dennoch gelegentlich vor. Dein Beispiel von Stifls ist also kein Einzelfall:

In Oppenheim warf 1456 der Henker zwei Schweine, die ein Kind so heftig attackiert hatten, dass es daran gestorben war, in eine Grube, damit sie dort verendeten. In Lausanne ist ein erster Tierprozess - gegen Aale und Blutsauger - bereits für das 13. Jahrhundert belegt. Und 1474 musste der Basler Scharfrichter einen Hahn hinrichten, weil dieser ein Ei gelegt haben soll. Der Hahn wurde einerseits verurteilt, weil er sich damit eines Verbrechens gegen die Natur schuldig gemacht hat, andererseits auch deshalb, weil man befürchtete, dass aus so einem Ei ein greulicher Basilisk (das inofzielle Wappentier von Basel) ausschlüpfen könne.

Gelegentlich hatte man sogar Verständnis für die tierischen Verbrecher. Das Kirchengericht St. Jean de Mourienne beispielsweise bot gefrässigen Käfern, die einen Weinberg verwüstet hatten, einen Vergleich ein: Zwecks Nutzung auf ewige Zeit sollte ihnen eine Wiese zum Verzehr überlassen werden. Der anderen Partei, geschädigten Weinbauern, wurden dagegen ein Durchgangsrecht, die Nutzung der Quellen sowie ein Recht auf Zuflucht im Kriegsfalle offeriert.
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RE: Recht kurioses Rechts im Mittelalter - Aguyar - 25.04.2016 18:35

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