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die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
11.08.2016, 17:07
Beitrag: #21
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(07.08.2016 12:39)Sansavoir schrieb:  Ich habe mich in den letzten Tagen mit einigen Biografien von SS-Offizieren beschäftigt, die um 1910 bis 1915 geboren wurden und stellte trotz der unterschiedlichen Lebenswege nach dem 2. Weltkrieg einige Gemeinsamkeiten fest.

Das ist ja das erschütternde, dass all die kleinen und auch großen Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zur Verantwortung gezogen wurden und trotz dramatischer Menschenrechtsverletzungen und rassistischer Machenschaften weiterhin ein bequemes Leben an Universitäten, Kliniken, Betrieben, Lehrstühlen, Gerichten und öffentlichen Einrichtungen führten.

Lediglich einige wenige wurden Jahrzehnte später in den Frankfurter Auschwitzprozessen verurteilt, meist zu lächerlich geringen Strafen. In den Nachkriegsjahren verurteilte man lediglich Täter, deren Mordbeteiligung unmittelbar nachgewiesen werden konnte. Heute werden noch einige Greise verurteilt, die aber das totale Versagen unserer Justiz nicht verdecken können.

Tausende andere Nazi-Verbrecher blieben ungeschoren. Ein gutes Beispiel ist Dietrich Klagges, SS-Obergruppenführer und Ministerpräsident des Freistaats Braunschweig (meine Heimat), der Hitler 1933 nach Deutschland einbürgerte. Er brachte zahlreiche Andersdenkende ins Gefängnis, ist für eine Reihe Morde verantwortlich und ließ ab 1941 die Braunschweiger Juden ins KZ deportieren. Ein gegen ihn von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer 1950 verhängtes Urteil auf lebenslange Haft wurde bereits 1955 vom Bundesgerichtshof aufgehoben.
Zu seiner Verteidigung brachte Klagges vor, dass er von alldem nichts gewusst habe, da er nur vom Schreibtisch aus agiert habe; er sei von seinen Untergebenen über die tatsächlichen Ausmaße des nationalsozialistischen Terrors getäuscht worden.

Das ist allerdings nicht der Höhepunkt der Schamlosigkeit, denn Klagges erstritt sich auch eine Beamtenpension und dazu noch eine Nachzahlung von 100 00 DM. Er lebte hinfort geruhsam im Rentnerparadies Bad Harzburg wo er friedlich 1971 starb.

Ähnliches geschah in Deutschland tausendfach und dafür muss man sich in Grund und Boden schämen.
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11.08.2016, 19:04
Beitrag: #22
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
Selbstzitat:
Zitat:Das liberale Blatt, der "Neue Albbote" seit 1834 wurde im Frühjahr 1933 mehrfach für ein paar Tage verboten, wegen "Verächtlichmachung der Reichsregierung" Beleidigung von Ministern und Reichskanzler usw. usf.
Im November 1933 wurde der Wortlaut des Wahlzettels zur Volksabstimmung über den Austritt aus dem Völkerbund "entstellt" wiedergegeben. Absichtlich oder Schluderei, mit letzter Sicherheit weiß man es natürlich nicht, aber der Text bekam so eine recht lustige Note.
Der Schriftleiter und der Setzer landeten jedenfalls im KZ, und die Zeitung wurde endgültig verboten.

Da muss ich mich korrigieren, bin ich einer Quelle aufgesessen.
Da wurde die Zeitung für 2 Wochen verboten.
Aber ein paar Tage nach dem Ende des Verbots wurde sie, da ein Artikel den "Kreisleiter bloßstellte", bis auf weiteres verboten.
Zeitungsverbote wurden idR in Berlin ausgesprochen, vorbei an der württ. Verwaltung, die zdZ dafür noch zuständig gewesen wäre.
Wobei der Anstoss für die Verbote natürkich von den Nazis vor Ort kamen.
Der Neue Albbote gehörte einer Genossenschaft, nachdem sich keine Hoffnungen mehr ergaben, die ein "Wiederaufleben" der Zeitung in Aussicht stellte, wurde im Frühjahr 1934 der Geschäftszweck im Register geändert "Druckerei und Verlag"

Der Albbote, konservative Zeitung, genau genommen längst braun angehaucht, hatte seit 1931 im Blatt eine "Ecke der Nationalsozialisten" eingerichtet. Genutzt hat es aber auch nichts, denn im April 1934 wurde diese Zeitung mit der NS-Zeitung "Der Wille" vereinigt. Auf grund der "Verdienste um die Bewegung" wurde der Wille von dem Tag an den Untertitel "Albbote".

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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11.08.2016, 19:38
Beitrag: #23
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(11.08.2016 17:07)Dietrich schrieb:  ./.
Mordbeteiligung unmittelbar nachgewiesen werden konnte. Heute werden noch einige Greise verurteilt, die aber das totale Versagen unserer Justiz nicht verdecken können.
./.
Das ist allerdings nicht der Höhepunkt der Schamlosigkeit, denn Klagges erstritt sich auch eine Beamtenpension und dazu noch eine Nachzahlung von 100 00 DM. Er lebte hinfort geruhsam im Rentnerparadies Bad Harzburg wo er friedlich 1971 starb.

Ähnliches geschah in Deutschland tausendfach und dafür muss man sich in Grund und Boden schämen.


Ist eigentlich bekannt, wie der erste Bundesrepublikanische NS-Prozess entstand?
Ein Ex-Kriminalbeamter, im Juni 1941 verantwortlich für die Morde von Memel, wollte vom Land BW die Wiedereinstellung in den Staatsdienst erreichen. Gegen die ablehnenden Bescheide legte er Rechtsmittel ein.
So kam es zum Ulmer-Einsatzgruppenprozess. Nur so.....

Wobei, ein Freund meiner Familie war als damals junger Richter mit dem Hechinger KZ-Prozess befasst.
Er ist über die maßlosen Verbrechen mit denen er da zu tun bekam ein Fall für die Klapse geworden, wenn ich das mal so ausdrücken darf.
Bei der Urteilsverkündung ist dies den Verteidigern "aufgefallen" und sie haben tatsächlich eine Neuauflage des Prozesses erreicht.
Genützt hat es den Angeklagten aber nichts.
maW: "Gewusst" haben die alle, aber das ganze Ausmass war wohl kaum einem so richtig klar.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.08.2016, 15:45
Beitrag: #24
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
Zurück zu den Provinz-Adolfen und hier zur Regional-Presse.

Die Presse war 1933 das Informations-Medium überhaupt. Rundfunkhörer waren nur ein paar Prozent, aber um die hat man sich, siehe Volkdempfänger sehr bemührt.
Aber natürlich noch wichtiger war es den NS die Zeitungen in die Hände zu bekommen.

Hier ging man mit drei Strategien vor.
1. Siehe "Rote Bombe" nach dem Reichstagsbrand umstandslos verboten.
2. Siehe Neuer Albbote. Immer neue befristete Verbote, dann ein Verbot "bis auf weiteres", es erscheint ein SS-Rollkommando demontiert die Zeitungsdruckmaschine, die dann auf Befehl des Kreisleiters verschrottet wird.
3. Siehe Albbote: Behörden, Beamte werden gedrängt, statt den bisherigen Zeitungen die NS-Presse zu abbonieren. Rentnern wird mit dem Rentenentzug gedroht, sollten sie nicht zukünftig NS-Zeitungen lesen.
Annoncen von Behörden nur noch in NS-Blättern geschalten, auch Firmen mit öffentlichen Aufträgen werden nachhaltig unter Druck gesetzt nur noch "braun" zu inserieren. Bis die Zeitungs-Eigentümer vor der immer schmaleren wirtschaftlichen Basis entnervt aufgeben.

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12.08.2016, 21:40
Beitrag: #25
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(12.08.2016 15:45)Suebe schrieb:  3. Siehe Albbote: Behörden, Beamte werden gedrängt, statt den bisherigen Zeitungen die NS-Presse zu abbonieren. Rentnern wird mit dem Rentenentzug gedroht, sollten sie nicht zukünftig NS-Zeitungen lesen.
Annoncen von Behörden nur noch in NS-Blättern geschalten, auch Firmen mit öffentlichen Aufträgen werden nachhaltig unter Druck gesetzt nur noch "braun" zu inserieren. Bis die Zeitungs-Eigentümer vor der immer schmaleren wirtschaftlichen Basis entnervt aufgeben.
Üblicherweise gab es bei solchen "Lenkungen" nicht nur politische sondern auch handfeste materielle Motive. Wahrscheinlich wollte das NS-Blatt das haben, was die anderen hatten.
Beliebt waren solche mobbing-Attacken gegen Immobilienbesitzer und beileibe nicht nur Juden und andere Reichsfeinde. Die Vertreibungen am Obersalzberg ist da das bekannteste Beispiel. Aber auch anderswo kamen "verdiente" Volksgenossen unverhofft günstig zum schönen Eigenheim, oft sogar incl. Inventar.

Naja, 12 Jahre dauerte der Spuk "nur", das war das Positive dabei.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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13.08.2016, 09:52
Beitrag: #26
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(12.08.2016 21:40)Triton schrieb:  
(12.08.2016 15:45)Suebe schrieb:  3. Siehe Albbote: Behörden, Beamte werden gedrängt, statt den bisherigen Zeitungen die NS-Presse zu abbonieren. Rentnern wird mit dem Rentenentzug gedroht, sollten sie nicht zukünftig NS-Zeitungen lesen.
Annoncen von Behörden nur noch in NS-Blättern geschalten, auch Firmen mit öffentlichen Aufträgen werden nachhaltig unter Druck gesetzt nur noch "braun" zu inserieren. Bis die Zeitungs-Eigentümer vor der immer schmaleren wirtschaftlichen Basis entnervt aufgeben.
Üblicherweise gab es bei solchen "Lenkungen" nicht nur politische sondern auch handfeste materielle Motive. Wahrscheinlich wollte das NS-Blatt das haben, was die anderen hatten.
Beliebt waren solche mobbing-Attacken gegen Immobilienbesitzer und beileibe nicht nur Juden und andere Reichsfeinde. Die Vertreibungen am Obersalzberg ist da das bekannteste Beispiel. Aber auch anderswo kamen "verdiente" Volksgenossen unverhofft günstig zum schönen Eigenheim, oft sogar incl. Inventar.

Naja, 12 Jahre dauerte der Spuk "nur", das war das Positive dabei.

Ganz klar.
Darauf will ich in einem meiner nächsten Beiträge kommen.

Mobbing nennst du das Neudeutsch. Damals hieß das: "Etwas auf nationalsozialistische Art zu Regeln"

Es ging gegen Immobilienbesitzer, wenn einer die Immobilie haben wollte.
Wenn ein "verdienter Parteigenosse" etwas haben wollte, und der Besitzer des gewünschten Objekts war noch nicht mal Parteigenosse, hat es echt schlecht ausgesehen. Gab es nur zwei erfolgversprechende Strategien:
1. Einen höheren Bonzen finden, der den "Wollenden" nicht leiden konnte, und den irdendwie "interessieren".
oder
2. Sofort in die Partei eintreten.

Da wird auch noch einiges dazu zu schreiben sein.

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13.08.2016, 15:16
Beitrag: #27
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
Mein Vater hat während des 2. Weltkrieges in einem Dorf bei Lodz in einer Holz-Erdhütte gewohnt. Parteifunktionäre haben ihn aufgefordert sich das Haus eines Polen anzueignen. Daraufhin ist mein Vater mit in das Holzhaus seines Bruders gezogen, obwohl dieser eine große Familie hatte. Er hatte Angst weiter bedrängt zu werden. Das Wohnen beim Bruder wurde akzeptiert, weil nicht so extrem ärmlich. Ich weis nicht, wie viele sich anders verhalten haben.
Nach dem Krieg haben Polen systematisch die Deutschen enteignet und die Häuser geraubt und oft die Eigentümer umgebracht. In der Stadt Lodz machten die Deutschen etwa 25 % der Bevölkerung aus.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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13.08.2016, 20:20
Beitrag: #28
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(13.08.2016 15:16)Paul schrieb:  In der Stadt Lodz machten die Deutschen etwa 25 % der Bevölkerung aus.
Deutschstämmig, vor 1939 waren es Polen. 37 % waren jüdischen Glaubens
https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte...%B3d%C5%BA
Sollte er in ein Haus eines polnischen Juden? Da wäre nicht mal viel bei gewesen, denn die hätten es wohl wirklich nicht mehr gebraucht.

Anders ist es ja bei Enteignungen im Reichsgebiet an Volksgenossen. Die Nazis stammten ja oft aus dem Kleinbürgertum (Facharbeiter, mittlere Beamte, Rentner etc.) und waren anfällig für materielle Verlockungen. Deshalb zog übrigens auch die Aussicht auf ein Herrenmenschenleben im eroberten Osten mit großem Gut und Sklaven.

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19.08.2016, 08:09
Beitrag: #29
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(07.08.2016 16:49)Arkona schrieb:  
(07.08.2016 12:39)Sansavoir schrieb:  Ich habe mich in den letzten Tagen mit einigen Biografien von SS-Offizieren beschäftigt, die um 1910 bis 1915 geboren wurden und stellte trotz der unterschiedlichen Lebenswege nach dem 2. Weltkrieg einige Gemeinsamkeiten fest.

vor dem 2. WK
- Herkunft: Sie stammen oft aus kleinbürgerlichen Familien, die mit ihrer wirtschaftlichen und persönlicher Situation nicht klar kommen.
- um 1930 ließen sich die beruflichen Karrieren nicht erfüllen
- zwischen 1930 und 1934 Eintritt in die HJ, SA oder SS (auch mehrere Organisationen möglich
- zwischen 1934 und 1939 untergeordnete polizeiliche Tätigkeiten im Wach- und Meldedienst, Beförderung zum SS-Untersturmführer, damit SS-Offizier, danach oft Heirat. Die Frau arbeitete oft als Angestellte einer NS-Behörde
- nach der Beförderung zum SS-Offizier mehrmalige Versetzungen innerhalb des Reiches, die Dienststellen werden häufig gewechselt
- während des 2. Weltkriegs (insbesondere nach 1942) wird häufig in der gleichen Dienststelle / -einheit geblieben
- viele SS-Offiziere entwickeln entweder einen pedantischen Eifer als Schreibtischtäter oder sie entpuppen sich als Sadisten
- ab Ende 1944/ Anfang 1945 häufige Versuche von Untertauchen

nach dem 2. WK
- Ableugnen der eigenen Schuld und Verantwortung

Anbei habe ich eine Kurzbiografie über Klaus Barbie geschrieben.

http://www.forum-geschichte.at/Forum/sho...0#pid50600

Eventuell werde ich noch zwei bis drei Nazi-Kurzbiografien schreiben, mehr sollen es nicht werden, da einerseits es sehr anstrengend ist, sie zu schreiben, andererseits sollen sie nicht in überdimensionierter Anzahl im Forum vorkommen.

Man könnte es dahingehend zusammenfassen, dass sie in der Regel keine höhere humanistische Bildung genossen haben. Salopp gesagt, sie kamen quasi "aus der Gosse" und verachteten die Offiziere alter Schule bei der Wehrmacht. Aber die kommunistischen Biografien sind oft erstaunlich ähnlich.


Ich habe mich, da ich etwas "anderes" im Hinterkopf hatte, die letzten Tage mal umfangreicher mit den Herren befasst. Nicht Waffen-SS!
Partei, Verwaltung.
Wobei meine Hauptquelle "Götz Aly Hitlers Volksstaat" ist.

Und siehe da, die "Macht ergriffen" haben im Januar 1933 frischgebackene Hochschulabsolventen, Studenten, Kinder der "alten Eliten" aber auch Begünstigte des reformierten Bildungssystems der Weimarer Republik.
Keine Dumpfbacken.
Aber insbesondere Jugend.
Mal provozierend: Vorweggenommene 68er, deren "Maobibel" "Mein Kampf" war.

Die Machtergreifung war so gesehen ganz klar eine "Jugendrevolution"

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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19.08.2016, 11:27
Beitrag: #30
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
Wurden nicht fast alle Revolutionen von jungen Männern gemacht? Frauen sind schon seltener vorne dabei. Und wirkliche Alt-Herren-Aufstände? Da fallen mir nur die wenige ein, die islamische Revolution im Iran zum Beispiel.

Die Macht "ergriffen" haben schon noch die alten Kempen mitsamt den Männern fürs "Grobe", der SA also. Wobei mit "alt" für heutige Verhältnisse recht jugendliche Männer gemeint sind.

Die angesprochenen Jung-Revoluzzer sind erst aufgesprungen als der Wagen schon lief. Ich nehme an, hier sind die "Queckse" gemeint, wie Lothar-Günther-Buchheim sie in "Das Boot" nannte, jung, rücksichtslos, von Ehrgeiz zerfressen, mit Jung-Siegfried-Mentalität. Da das ganze Reich umgekrempelt, reorganisiert und gesäubert (von Juden, Sozen und Roten) wurde, gab es natürlich ein Vakuum an offenen Stellen und nie gekannte Aufstiegsmöglichkeiten aller Orten, jungen Menschen stand sozusagen die Welt offen.

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19.08.2016, 15:04
Beitrag: #31
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 11:27)Triton schrieb:  Wurden nicht fast alle Revolutionen von jungen Männern gemacht? Frauen sind schon seltener vorne dabei. Und wirkliche Alt-Herren-Aufstände? Da fallen mir nur die wenige ein, die islamische Revolution im Iran zum Beispiel.

Die Macht "ergriffen" haben schon noch die alten Kempen mitsamt den Männern fürs "Grobe", der SA also. Wobei mit "alt" für heutige Verhältnisse recht jugendliche Männer gemeint sind.

Die angesprochenen Jung-Revoluzzer sind erst aufgesprungen als der Wagen schon lief. Ich nehme an, hier sind die "Queckse" gemeint, wie Lothar-Günther-Buchheim sie in "Das Boot" nannte, jung, rücksichtslos, von Ehrgeiz zerfressen, mit Jung-Siegfried-Mentalität. Da das ganze Reich umgekrempelt, reorganisiert und gesäubert (von Juden, Sozen und Roten) wurde, gab es natürlich ein Vakuum an offenen Stellen und nie gekannte Aufstiegsmöglichkeiten aller Orten, jungen Menschen stand sozusagen die Welt offen.


Frick, Röhm, Hitler, Göring waren die Ältesten.
Himmler war 33, Heydrich 29 usw. usf.

1936 lag das Durchschnittsalter in Partei und Staatsführung bei 33
die machten sich lustig über die alten Säcke denen der Kalk aus den Hosenbeinen rieselte.
Alles Aly folgend

Es geht mir aber wie geschrieben nicht um die "großen" Hitler, sondern um die "kleinen" für Machterhalt und Ergreifung eher wichtigeren.

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19.08.2016, 15:04
Beitrag: #32
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 11:27)Triton schrieb:  Die Macht "ergriffen" haben schon noch die alten Kempen mitsamt den Männern fürs "Grobe", der SA also. Wobei mit "alt" für heutige Verhältnisse recht jugendliche Männer gemeint sind.

Die "Machtergreifung" erfolgte nicht durch SA und SS, sondern durch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 31.1.1933 durch Reichspräsident Hindenburg. Hindenburg lieferte Deutschland den Nazis in völliger Verkennung ihrer Gefährlichkeit aus.
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19.08.2016, 15:14
Beitrag: #33
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 15:04)Dietrich schrieb:  
(19.08.2016 11:27)Triton schrieb:  Die Macht "ergriffen" haben schon noch die alten Kempen mitsamt den Männern fürs "Grobe", der SA also. Wobei mit "alt" für heutige Verhältnisse recht jugendliche Männer gemeint sind.

Die "Machtergreifung" erfolgte nicht durch SA und SS, sondern durch die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 31.1.1933 durch Reichspräsident Hindenburg. Hindenburg lieferte Deutschland den Nazis in völliger Verkennung ihrer Gefährlichkeit aus.

Einerseits, formaljuristisch schon.
Die eigentliche Machtertgreifung war die Gleichschaltung, das Ermächtigungsgesetz, die Machtübernahme in den Ländern durch die Ernennung von Reichskommissaren, die Hilfspolizisten und und und

Aber, insofern hast du natürlich Recht, die Parteien waren 1930-33 irgendwo noch nicht in der Demokratie angekommen, man hat lediglich mit Unterstützung durch den "guten Kaiser" regieren lassen, was brauchte man auch eine Parlamentarische Mehrheit. Die brauchte Bismarck oder Bethmann-Holweg ja schließlich auch nicht Thumbs_down

Auch damals waren unpopuläre Entscheidungen zu treffen, die dem eigenen Klientel weh taten, davor haben sich die Parteien sehr gerne gedrückt, und die Regierungen reihenweise platzen lassen. Bis gar nix mehr ging und nur noch das "Vertrauen des Ersatz-Kaisers" regieren überhaupt ermöglichte

aber natürlich alles eine andere Kiste....

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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19.08.2016, 15:28
Beitrag: #34
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 15:14)Suebe schrieb:  Einerseits, formaljuristisch schon.
Die eigentliche Machtertgreifung war die Gleichschaltung, das Ermächtigungsgesetz, die Machtübernahme in den Ländern durch die Ernennung von Reichskommissaren, die Hilfspolizisten und und und

Natürlich ist die "Machtergreifung" ein Prozess, der mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler beginnt, mit dem Ermächtigungsgesetz die Diktatur legitimiert und mit der sogenannten "Gleichschaltung" ein vorläufiges Ende findet.

(19.08.2016 15:14)Suebe schrieb:  Aber, insofern hast du natürlich Recht, die Parteien waren 1930-33 irgendwo noch nicht in der Demokratie angekommen, man hat lediglich mit Unterstützung durch den "guten Kaiser" regieren lassen, was brauchte man auch eine Parlamentarische Mehrheit. Die brauchte Bismarck oder Bethmann-Holweg ja schließlich auch nicht Thumbs_down

Die Weimarer Republik war eine Demokratie ohne Volk. Die Weltwirtschaftskrise mit einem Heer von Arbeitslosen tat das ihrige, einen gefährlichen Demagogen an die Macht zu spülen. Mental war die Demokratie für große Teile des deutschen Volks ein Fremdkörper und wir sollten uns freuen, dass das Einpflanzen der Demokratie nach 1945 besser verlief.
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19.08.2016, 15:35
Beitrag: #35
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 15:28)Dietrich schrieb:  ./.

(19.08.2016 15:14)Suebe schrieb:  Aber, insofern hast du natürlich Recht, die Parteien waren 1930-33 irgendwo noch nicht in der Demokratie angekommen, man hat lediglich mit Unterstützung durch den "guten Kaiser" regieren lassen, was brauchte man auch eine Parlamentarische Mehrheit. Die brauchte Bismarck oder Bethmann-Holweg ja schließlich auch nicht Thumbs_down

Die Weimarer Republik war eine Demokratie ohne Volk. Die Weltwirtschaftskrise mit einem Heer von Arbeitslosen tat das ihrige, einen gefährlichen Demagogen an die Macht zu spülen. Mental war die Demokratie für große Teile des deutschen Volks ein Fremdkörper und wir sollten uns freuen, dass das Einpflanzen der Demokratie nach 1945 besser verlief.


Sorry, aber ich würde hier weniger "das Volk" und viel mehr die diversen Parteiführer verantwortlich machen.
Die herrschende politische Klasse, gleich welcher Coleur hat die schwersten Fehler gemacht.
Nicht das Wahlvolk, das treu und brav zu den Urnen marschiert ist, und seine Kreuzchen gemacht hat.
Schaut euch doch einmal die Wahlbeteiligungen an, vor dem 30. Jan 33.

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19.08.2016, 16:18
Beitrag: #36
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 15:35)Suebe schrieb:  Sorry, aber ich würde hier weniger "das Volk" und viel mehr die diversen Parteiführer verantwortlich machen.

Für die Nazi-Diktatur kann man nicht nur dubiose "Parteiführer" verantwortlich machen. Große Teile des deutschen Volks tragen natürlich eine Mitschuld. Hitler hat seine menschenverachtenden Ziele in Wort und Schrift unermüdlich verbreitet. Knapp 50% haben ihn schließlich 1933 gewählt
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19.08.2016, 20:24
Beitrag: #37
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 16:18)Dietrich schrieb:  
(19.08.2016 15:35)Suebe schrieb:  Sorry, aber ich würde hier weniger "das Volk" und viel mehr die diversen Parteiführer verantwortlich machen.

Für die Nazi-Diktatur kann man nicht nur dubiose "Parteiführer" verantwortlich machen. Große Teile des deutschen Volks tragen natürlich eine Mitschuld. Hitler hat seine menschenverachtenden Ziele in Wort und Schrift unermüdlich verbreitet. Knapp 50% haben ihn schließlich 1933 gewählt


Jetzt lassen wir die Kollektiv-Schuld aber mal dort wo sie hingehört. Auf dem Müll. Sceptical

Wenn die Chefs Demokratischer Parteien die demokratischen Spielregeln nicht beherrschen, Regierung um Regierung wegen Kleinigkeiten platzen lassen.
Im anderen 3nd habe ich geschrieben, dass in Württemberg ohne weiteres eine Koalitionsregierung möglich gewesen wäre. Es aber gleich gar nicht versucht wurde....
man regierte wie in Berlin, gestützt durch den Ersatz-Kaiser....
nicht durch das Volk.
Dafür kann aber das Volk nichts!

Dass sie später bis zur letzten Patrone für Hitler kämpften ist eine andere Geschichte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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19.08.2016, 22:07
Beitrag: #38
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
Gab es eine große, demokratische Partei in der Spätphase der WR, die bereit war, mit Parteien des anderen Spektrums zusammenzuarbeiten?

Die Rolle der SA bei der Machtübernahme möchte ich nicht kleinreden, mit deren Schlägertrupps wurde doch eine bürgerkriegsähnliche Situation erst produziert, die die Wähler in die Arme des "starken Mannes" treiben sollte und nicht zuletzt auch Hindenburg weichkochte, endlich seine Vorbehalte aufzugeben. Und nach der Machtergreifung schwärmten sie doch sofort aus und griffen sich potentielle Opposition.
Der sogenannte Röhm-Putsch wurde doch erst nötig, weil die SA schon nach einem Jahr zu mächtig geworden war.

"Es gibt nur eine Sache die größer ist als die Liebe zur Freiheit: Der Hass auf die Person, die sie dir weg nimmt."(Che Guevara)
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20.08.2016, 09:50
Beitrag: #39
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
Die Weimarer Republik wurde in der Spätphase als konstitutionelle Monarchie regiert.
Einer der Mitverursacher, Brüning, hat dann ja drastisch erlebt, was das für ein Sch.... ist.

Die Parteigrößen in der Masse haben sich drauf zurückgezogen, dass "Goschen" viel einfach ist, als besser machen.

Disclaimer: Goschen ist schwäbisch, und kann etwa mit "motzen" übersetzt werden

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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20.08.2016, 13:19
Beitrag: #40
RE: die kleinen Hitler - Nazis in der Provinz
(19.08.2016 20:24)Suebe schrieb:  Jetzt lassen wir die Kollektiv-Schuld aber mal dort wo sie hingehört. Auf dem Müll.

Niemand spricht hier von der längst abgetanen "Kollektivschuld-Theorie".

Wohl aber gibt es eine moralische und eine individuelle Schuld- Und natürlich muss man den Deutschen, die Hitler im Jahr 1933 mit nahezu 50% wählten, eine MITschuld vorwerfen. Sie alle wussten, was Hitler unermüdlich auf tausend Marktplätzen und Versammlungen verkündete, und kannten seine Pläne nach einem Wahlsieg.

Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte zur Schuld der Deutschen: "Die Deutschen in ihrer Gesamtheit waren nicht mitschuldig. Wohl aber waren alle Deutschen verantwortlich für das, was andere Deutsche angerichtet hatten." Es gebe eine "kollektive Verantwortung dafür, dass dergleichen sich niemals wiederholen darf".

Allerdings kann man auch dieser Behauptung folgen: Hitler und die Deutschen verunglimpften, verfolgten und vernichteten die Juden aus eliminatorischem Antisemitismus heraus. Zwar gab es auch in anderen Ländern Antisemitismus; doch nur in Deutschland waren drei Bedingungen erfüllt: Erstens regierten dort die radikalsten Antisemiten der Geschichte, zweitens dachte die Mehrheit der Bevölkerung schlecht von den Juden, und drittens verfügte der Staat infolge des Krieges über die militärische Macht, den Großteil der europäischen Juden in seine Gewalt zu bringen.
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