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Film: Der Gladiator
25.09.2016, 17:47
Beitrag: #1
Film: Der Gladiator
Gladiator

Gern möchte ich mit euch über den Film sprechen, den ich mal wieder gesehen habe und mich beschäftigt.
Viele von euch werden sicher den Film schon kennen, so dass ich nur einen kurzen Überblick vom Inhalt erwähne:

Der römische Feldherr Maximus Decimus Meridius, der treu dem Kaiser Marcus Aurelius ergeben ist, steht hier im Mittelpunkt dieses Monumentalfilms. Der Kaiser, der Jahre gegen die Germanen kämpfen musste und zu guter letzt einer Intrige des neurotischen Sohnes Commodus zum Opfer fällt, hatte sich gegen die Erwartungen des Kaisersohnes entschieden.
Maximus, der große Feldherr, gelang durch eine Machenschaft des Commodus in Gefangenschaft, wird versklavt und wird verkauft an den Gladiatorentrupp des EX-Kämpfers Proximo.
Maximus steigt als ein gefeierter Volksheld auf und hält Einzug in das römische Kolosseum. Hier begegnen ihn Kampfmaschinen aus Muskeln und schimmernden Metall, bei denen er sich behaupten muss - und sogar bei seinen Erzfeind Commodus.

Meine Meinung hierzu:
Ich bin der Meinung das Ridley Scott ein schönes Epos hier präsentiert hat - ohne Zweifel; doch hätte ich einiges zu "bemängeln":
Bei der Einleitung des Filmes - die sogenannte Schlacht hatte es nicht gegeben. Nach dem Scheitern der römischen Vorstöße nach Germanien unter Augustus (siehe auch Varusschlacht) gab es zur Zeit Mark Aurels nur die beiden relativ kleinen römischen Rheinprovinzen Germania inferior und Germania superior, während der größte Teil des germanischen Siedlungsgebietes als „freies“ (Germania libera) oder „großes“ Germanien (siehe Germania magna) nicht unter römischer Herrschaft stand. Zwar hatte Mark Aurel tatsächlich einen langen Krieg gegen germanische Stämme geführt und konnte die römische Grenze in schweren Kämpfen sichern.

Commodus hat seinen Vater nicht ermordet, sondern Marc Aurel erlag eine Krankheit (Pest?) in der heutigen Stadt Trier (mir fällt der antike Name im Moment nicht ein).

Der angebliche Inzest ist völlig aus der Luft gegriffen. Hatte Scott bei der Produktion eher an Caligula und seine Schwester Drusilla gedacht?

Im letzten Akt wird der Tod des Commodus total falsch dargestellt. Soviel wie mir bekannt ist, wurde dieser vom Ringer Narcissus ermordet. Commodus fand den Tod in seinem Palast und nicht öffentlich - schon gar nicht im Kolosseum. Bei der Vollendung lt. Cassius Dio lies Titus 100 Tage die grausamen Spiele starten - und nicht 150 Tage wie es im Film gesagt wird.

Ob es den sog. Maximus, der sich "Spanier" nannte und auch im Film so genannt wurde, wirklich gegeben hat, ist umstritten. Es könnte sonstwer gewesen sein - eine Figur, die mal im Ritterstand erhoben wurde und sich über verschiedene militärische Funktionen zum Armeekommandeur hochgearbeitet hatte?
Die Bezeichnung "Tribun" ist auch ziemlich ungewöhnlich; besser wäre wohl die Bezeichnung Präfekt, Prokonsul oder Legat gewesen.
Und... ein Feldherr wurde nie im Römischen Reich zum Gladiator!

Auch das Ende ist im Film falsch dargestellt: Eine Erneuerung der freien res publica hat es nicht gegeben.

Hatte sich Scott an "Der Untergang des Römischen Reiches" orientiert? Wie im Abspann auch mitgeteilt wird, handelt es sich hierbei um eine fiktive Geschichte.
Wäre der Film aber noch ausdrucksstärker gewesen, hätte sich Ridley Scott mehr an der Römischen Geschichte angelehnt? Oder sehe ich das falsch?
Sicher betrachten einige Filmliebhaber das Werk als ein Kunstwerk. Ich will auch nicht sagen, das der Film "schlecht" wäre; denn er ist auf einer Art großartig produziert worden, mit gewaltigen Bildern und mit einer grandiosen Musikuntermalung, die die ganze Szenerie meisterhaft unterstreicht..

Was meint ihr zu dem Film?

Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.

Marcus Tullius Cicero
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25.09.2016, 20:01
Beitrag: #2
RE: Film: Der Gladiator
Nun ja, dass die Story nicht auf historischen Tatsachen beruht, kann man verschmerzen. Auch die Schlacht kann es durchaus gegeben haben, Zeit der Markomannenkriege.
Aber viele Einzelheiten sind so haarsträubend, dass es wehtut.
1) Schlachten der Römer waren keine wirren Einzelkämpfe wie in einem Piratenschinken. Legionäre kämpften in fester Formation, jeder deckte den Nebenmann. Aber das ist in fast allen historischen Filmen falsch.

2) Der gute Maximus ist "nur" Militärtribun, also kein Feldherr. Davon gab es in jeder römischen Legion mehrere, meist vornehme Jüngelchen, die sich so die Weihe für höhere Berufungen holten. Also bessere Praktikanten, das eigentliche Kommando hatte der Legat und seine Centurionen.

3) Die Spiele liefen keineswegs so blutig ab, wie man allgemein denkt. Gladiatoren und ihre Ausbildung kosteten viel Geld, die verheizte man nicht massenweise in der Arena. Das meiste war wohl eher Show wie American Wrestling.

Ridley Scott hätte sich jedenfalls etwas fachkundiger beraten lassen sollen. Aber dem Zuschauer wird es egal sein, was wir Geschichtspuristen bemängeln.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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25.09.2016, 20:25
Beitrag: #3
RE: Film: Der Gladiator
Ich gebe Dir recht, dass Scott einen sehenswerten Film geschaffen hat. Wir haben ja schon über historische Romane oder Serien diskutiert, inwieweit es statthaft ist, von der historischen Wahrheit abzuweichen. Bei Scott könnte man annehmen, dass er sein Werk nicht so sehr an die historischen Ereignisse anpassen wollte, sondern sich eher an den Film "Der Untergang des Römischen Reiches" aus dem Jahr 1964 orientierte. Er schuf zwar kein Remake, aber ich vermute, sein Hauptziel war, das Genre des "Sandalenfilms" für das neue Jahrtausend zu reanimieren.

Beide Filme halten sich nicht an den historischen Vorgaben. Commodus stirbt als Gladiator im Kolosseum, seine Schwester - im Film von 1964 von Sophia Loren gespielt - hatte auch nie den Einfluss auf ihn wie in den Filmen, die Andeutungen des Inzests ist auf alle Fälle eine Anspielung auf Caligula, was aber von Scott bewusst gemacht wurde, um die Figur des Commodus als unwürdig, krank usw. darzustellen. Letztlich unterstellt er ihm neben den Inzest auch den Vatermord.

Die Anrede Tribun muss aber nicht falsch sein. Es gibt neben den Volks- auch den Militärtribun. Davon gibt es zwei Dienstgrade. Ein Militärtribun war erkennbar am Purpursaum seiner Tunika. Der mit dem breiten Purpur war der zweite Mann nach dem Legaten. Die mit dem schmalen Purpur waren untergeordnete Offiziere.

Verzichtbar wäre auf alle Fälle die Rückkehr zur "Res Publica".

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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26.09.2016, 10:16
Beitrag: #4
RE: Film: Der Gladiator
Wie gesagt... Scott hat hier einen guten Film produziert - keine Frage. Aber was ich echt bedauerlich finde, das er vieles falsch dargestellt hat. Es sehe es genauso wie Arkona:

Zitat:
"Ridley Scott hätte sich jedenfalls etwas fachkundiger beraten lassen sollen. Aber dem Zuschauer wird es egal sein, was wir Geschichtspuristen bemängeln".

Konnte Scott es nicht? Oder hatte er sich nicht mehr Mühe gegeben?
Aber nicht alle Zuschauer wird die fehlerhafte Darstellung egal sein, liebe Arkona; denn Geschichtsinteressierte, die sich auch mit dem Thema Marc Aurel und Commodus befasst haben, stoßen unweigerlich an ihre Grenzen...

Wenn ich mir derartige Filme anschaue und feststellen muss, das viele historische Ereignisse falsch dargestellt werden, könnte ich mir jedes Mal "die Haare raufen".Smile
Ich erwarte ja auch nicht, das derartige Filme wie eine Geschichtsdoku daher kommen sollen, aber Filmemacher wie Scott sollte wirklich die "Kirche im Dorf" lassen.
Das ist aber nur meine Meinung.

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Marcus Tullius Cicero
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