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Schweizer Garde -
04.12.2016, 10:00
Beitrag: #1
Schweizer Garde -
Es ist nur ein Abriss der Geschichte dieser Garde; denn das Thema ist sehr komplex.

Diese Garde (italienisch Guardia Svizzera Ponifizia; lateinisch: Ponifizia Cohors Helvetica) dient zur Sicherheit des apostolischen Palastes, die Zu- und Eingänge der Vatikanstadt sowie den Eingang des Castel Gandolfo (Sommerresidenz des Papstes). Sie ist auch verantwortlich für die Sicherheit des Papstes, selbst ihn auf seine Reisen zu begleiten. Auch hat diese Garde die Aufgabe das Kardinalkollegium während der Sedisvakanz (ein zeitweise unbesetzter heiliger Stuhl) zu beschützen.
Als Schutzpatron der Schweizer Garde ist der Heilige Martin von Tours.
Die offiziellen Kommandosprachen dieser Elite-Garde sind Deutsch und auch italienisch.

Bemerkenswert ist auch das die Rekruten der Schweizer Garde eine Reihe von Aufnahmebedingungen zu erfüllen haben. Sie müssen katholische männliche Schweizer zwischen 19 bis 30 Jahre alt sein, eine Größe von mindestens 1,74 m groß und sportlich sein. Von enormer Wichtigkeit ist, dass sie einen makellosen Leumund besitzen, eine Mittel- und Berufsschule sowie die Rekrutenschule der Schweizer Armee absolviert haben. Als Hellebardiere und Vizekorporäle dürfen sie nicht verheiratet sein; doch wenn sie heiraten wird ihnen eine Wohnung angeboten. Wenn sie mindestens 25 Monate gedient haben, können sie ihren Dienst beenden, wobei aber ihnen die vatikanische Staatsangehörigkeit wieder aberkannt wird.

Interessant ist hierbei, dass Papst Julius II. im Jahr 1505 bei der Versammlung von Abgesandten der schweizerischen Eidgenossenschaft anfragte, ob diese ihn zum Schutz des Vatikans ein gewisses Kontingent zur Verfügung stellen könnte. Durch finanzielle Hilfe der Augsburger Jakob und Ullrich Fugger wurde dies ermöglicht. Auch mit Diplomatie des Bounaser Peter von Hertenstein wurde dies in die Tat umgesetzt. Die sogen. „Reisläufer“ genossen seinerzeit ein hohes Ansehen.
Im September des Jahres 1505 kamen die ersten 150 Schweizer Gardisten nach Rom.

Zu Beginn des Jahres 1506 trafen weitere „Reisläufer“ ein unter Führung ihres Hauptmanns Kaspar von Silenen und Peter von Hertenstein. Aufgabe der Reisläufer war und heute noch ist, , als Leib- und Palastwache dem Papst zu dienen. Dieser Tag, 22. Januar 1506, gilt somit als Gründungstag der Schweizer Garde.

Während der Plünderung Roms am 6. Mai 1527 fanden eine Vielzahl der Garde den Tod, d. h. 147 von insgesamt 189 Mann mitsamt mit ihrem Kommandanten Kaspar Röist beim Rückzug von Papst Clemens VII. in die Engelsburg. Bis heute gilt der 6. Mai als Gedenktag der Schweizer Garde, an dem auch jährlich die neuen Rekruten vereidigt werden.

Einen Monat nach der Plünderung Roms wurde der Papst gezwungen, sich zu ergeben. Zwar bekamen die Schweizer Gardisten freies Geleit; aber Papst Clemens VII. musste die Schweizer durch eine Garde von rd. 200 Söldnern ersetzen.
10 Jahre später lt. politischer Lage des Papstes Paul III. Konnte er die deutschen Söldner entlassen und erneut die Garde aus Schweizern aufzustellen. Somit kamen im Jahr1548 die ersten Gardisten unter Just von Meggen nach Rom. Obwohl die volle Stärke dieser Garde noch nicht ganz aufgefüllt war, gelang dies erst im Jahr 1552.

Doch die Geschichte zeigt einen gravierenden Einschnitt. Die französische Revolution brach herein im Februar 1798 und wirkte stark auf die Garde ein. Der Vatikan wurde von französischen Truppen besetzt. Papst Pius VI.sah keinen Ausweg, als Rom zu verlassen. Die Schweizer Garde wurde entwaffnet und entlassen. Doch sollte es nicht so bleiben; denn im Jahr 1800 unter Papst Pius VII. stellte Karl Leodegar Pfyffer von Altishofen eine neue Schweizer Garde für den Papst auf.

Im Lateranvertrag vom Februar 1929 mit dem Königreich Italien wurde dem Heiligen Stuhl das Recht einberäumt, sich juristisch sowie politisch sich selbst zu verwalten. Somit bildete sich die Vatikanstadt – und gilt als der kleinste Staat der Welt.

(einiges, was in Vergessenheit geraten ist, hab ich bei Tante Wiki nachgelesen)

Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.

Marcus Tullius Cicero
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04.12.2016, 18:15
Beitrag: #2
RE: Schweizer Garde -
(04.12.2016 10:00)Aurora schrieb:  Zu Beginn des Jahres 1506 trafen weitere „Reisläufer“ ein unter Führung ihres Hauptmanns Kaspar von Silenen und Peter von Hertenstein. Aufgabe der Reisläufer war und heute noch ist, , als Leib- und Palastwache dem Papst zu dienen.

Mit "Reisläufer" wurden nicht explizit die Mitglieder der päpstlichen Garde sondern ganz allgemein Kriegsknechte resp. Söldner aus den eidgenössischen Orten bezeichnet, die sich selbst, auf eigene Rechnung, vermieteten. Auch die eidgenössischen Söldner in französischen, in habsburgisch-kaiserlichen oder auch in würrtembergischen Diensten (s. Thread des Herzogs von Württemberg) waren "Reisläufer". Sie wurden auch "louffende Knechte" oder "reisige Knechte" genannt, was nichts anderes heisst als "reisende Knechte". Im Unterschied von Söldnern, die durch die Vermittlung eines Herrschers, eines Ortes, eines Söldnerführers / Condottieries angeboten wurden, boten die Reisläufer sich selbst direkt an und handelten ihren Soldvertrag auch selbst aus.
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05.12.2016, 01:50
Beitrag: #3
RE: Schweizer Garde -
Schweizer Garden gab es übrigens nicht nur im Vatikan, der französische König hatte ebenfalls eine Schweizer Garde, die durch den Kampf in den Tulierien in die Geschichte einging und diverse andere Fürstenhöfe verfügten ebenfalls über gardes Suisses.
Iin Mainz , aber auch in Köln,Trier,Speyer,Aachen , Limburg,Bamberg und Salzburg gibt es immer noch das Amt der Domschweizer, die im Dom für Ordnung sorgen.
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05.12.2016, 10:37
Beitrag: #4
RE: Schweizer Garde -
Vielen dank erstmal für eure Antwort.
Was mir noch so durch den Kopf geht, ist, ob z. B. die gardes Suisses in den Tulierien und an den diversen Fürstenhöfen ebenfalls Schweizer waren und in der Schweiz ausgebildet worden sind?
Bei den Domschweizer (Ehrentitel?) hier in DE könnte ich mir vorstellen, das es auch Leute sind, die sie nicht unbedingt Schweizer sein müssen und auch dort ausgebildet wurden, aber das sich die Ausbildung der Schweizerischen stark anlehnt.
Oder irre ich mich jetzt?

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Marcus Tullius Cicero
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05.12.2016, 13:34
Beitrag: #5
RE: Schweizer Garde -
Die Schweizer Garden der französischen Könige wurden in der Schweiz ausgebildet und dann in Frankreich "weitergebildet". Die im August 1792 getöteten Schweizer waren alle Bauernsöhne gewesen.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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06.12.2016, 00:52
Beitrag: #6
RE: Schweizer Garde -
Nun,die Domschweizer waren wohl ursprünglich tatsächlich Schweizer Landsknechte, die die Aufgabe hatte als eine Art bewaffnete Polizeitruppe innerhalb der Domfreiheit, auf die die weltliche Gewalt aufgrund der Kirchenimunität keinen Zugriff hatte, für Ordnung zu sorgen und zur Not den Dom auch gegen Angriffe von aussen zu schützen.
Wenn man sich nun vor Augen führt,dass das Verhältnis "des Doms" (also des Bischofs und Domkapitels) zu den Städten,in denen man sich befand nicht immer das beste war und wie in Mainz,Köln,Worms oder Speyer oft eine Rivalität zwischen Dom- und Stadtherrschaft bestand dann wird klar,dass man dazu Leute mit Kampferfahrung brauchte, die mit der Stadt nicht allzu innig verbunden waren.
Schweizer Reisläufer und Söldner waren da die ideale und noch dazu preisgünstige Besetzung,
Die hatten keine geteilten Loyalitäten und waren kampferfahrene Profis-
Die typisch schwetzerische Reisigen-Bewaffnung mit Dolch, Baselarde und Hellebarde tragen die Mainzer Domschweizer bei offiziellen Anlässen übtrigens bis heute,
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06.12.2016, 01:22
Beitrag: #7
RE: Schweizer Garde -
Wobei man bei der Auswahl, früher wie heute, darauf achtet dass es fromme Katholiken sind. Damit beschränkte sich die Werbung auf wenige "verlässliche" Kantone.

„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein)
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06.12.2016, 08:07
Beitrag: #8
RE: Schweizer Garde -
ab der Reformation ja, aber in der hohen Zeit der Reisläufer stellte sich das Problem wohl noch nicht
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06.12.2016, 09:43
Beitrag: #9
RE: Schweizer Garde -
(06.12.2016 08:07)zaphodB. schrieb:  ab der Reformation ja, aber in der hohen Zeit der Reisläufer stellte sich das Problem wohl noch nicht

Auch nach der Reformation nicht unbedingt. Das Gross der Reisläufer bildeten schon immer die Innerschweiz und die restlichen (katholischen) Alpenregionen, nicht die Stadtorte. Die reformierten Orte versuchten zudem, mit unterschiedlichem Erfolg, das Reislaufen zu verbieten, so dass der Papst kaum in die Verlegenheit kam, auf protestantische Söldner zurückgreifen zu müssen.

Was im Übrigen heute nicht mehr bekannt ist: Ein wesentlicher Grund, weshalb die katholischen Orte der Eidgenossenschaft der Reformation ablehnend gegenüberstanden, waren gerade die protestantischen Bestrebungen zum Verbot des Reislaufens. Der Solddienst und die damit verbundenen Geschäfte (Vermittlung, Pensionen etc.) war gerade für die wirtschaftlich schwächeren katholische Orte ein Wirtschaftsfaktor, auf den man keinesfalls verzichten wollte. Das Soldgeschäft blieb in den katholischen Orte bis über das Mittelalter hinaus bestehen (es wurde breits auf die Tuilerien-Garde hingewiesen) und verschwand erst mit dem Aufkommen der Industriealisierung.
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06.12.2016, 11:03
Beitrag: #10
RE: Schweizer Garde -
(06.12.2016 09:43)Aguyar schrieb:  Die reformierten Orte versuchten zudem, mit unterschiedlichem Erfolg, das Reislaufen zu verbieten, so dass der Papst kaum in die Verlegenheit kam, auf protestantische Söldner zurückgreifen zu müssen.

Was im Übrigen heute nicht mehr bekannt ist: Ein wesentlicher Grund, weshalb die katholischen Orte der Eidgenossenschaft der Reformation ablehnend gegenüberstanden, waren gerade die protestantischen Bestrebungen zum Verbot des Reislaufens.
./.


und vermutlich ein nicht unwesentlicher Grund für die Trennung vom Reich.
Denn da war seit den 1490er Jahren das "Reislaufen" verboten.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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06.12.2016, 12:07
Beitrag: #11
RE: Schweizer Garde -
Danke für eure interessanten Antworten, die mir ein klareres Bild verschafft haben in Hinsicht "Reisläufer".

lg Aurora

Einem Haus eine Bibliothek hinzuzufügen heißt, dem Haus eine Seele zu geben.

Marcus Tullius Cicero
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06.12.2016, 12:52
Beitrag: #12
RE: Schweizer Garde -
Irgendwie ist mir der Begriff "Stall-Schweizer" schon untergekommen.

Und, siehe da: aus Wiki unter Schweizer (Beruf)
Zitat:Schweizer, veraltet auch Schweitzer, ist eine ehemalige Berufsbezeichnung. Schweizer übten außerhalb ihres Landes entsprechend ihren Fähigkeiten bestimmte Berufsarten aus. Mit der Zeit ging der Begriff Schweizer auf den typischen Beruf über (oft auch unabhängig von der Herkunft des Ausübenden): Schon im Spätmittelhochdeutschen bezeichnet das Wort swîzer nicht nur einen Einwohner der Schweiz, sondern auch verschiedene Berufe, für die die Schweizer bekannt waren.

Zitat:Personen, die Viehzucht und Molkerei nach Schweizerart zu treiben verstanden – also Hirten und Stallknechte (Stallschweizer) sowie Melker und Sennen – nannte man Schweizer, auch wenn sie nicht aus der Schweiz stammten:

„Schweizer oder eine tüchtige Viehmagd gesucht“

– Gießener Zeitungsanzeige von 1873

Denselben Ursprung hat die Bezeichnung Schweizerei für einen Gutshof mit Vieh- und Milchwirtschaft.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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