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Die Goldene Horde: ein russisches Trauma
22.12.2016, 18:47
Beitrag: #1
Die Goldene Horde: ein russisches Trauma
Im Jahr 1236 überfielen die Mongolen Russland und gründeten das Khanat der Goldenen Horde. Diese mongolische Tatarenherrschaft der Goldenen Horde war für die Russen jahrhundertelang ein Trauma und ist bis heute sprichwörtlich geblieben. Es gab eine nahezu 300 Jahre währende Unterdrückung der russischen Fürstentümer, ständige mongolische Beutezüge und Kriegshandlungen sowie eine drückende Tributlast. Die angeblichen Segnungen einer Pax mongolica fanden zumindest im Raum zwischen Zentralasien und Südrussland - dem Herrschaftsbereich der Goldenen Horde - nicht statt oder hatten im Hinblick auf die Situation des russischen Volks nur marginale Auswirkungen.

Allerdings ist zu beachten, dass die mongolische Goldene Horde, die zu Beginn des 13. Jh. Südrussland und Sibirien eroberte, im Verlauf ihres dreihundertjährigen Bestehens völlig turkisiert wurde. Ganz offensichtlich bildeten die Mongolen nur eine dünne Herrenschicht, die allmählich von den Turkstämmen, die sich der Goldenen Horde angeschlossen hatten, vollständig assimiliert wurde. Und daher sprechen auch die Kasan-Tataren, Astrachan-Tataren oder Krim-Tatren nicht mongolisch, sondern türkische Idiome.

Im 15. Jh. löste sich die Goldene Hordev auf und zerfiel in mehrere Khanate: Khanat Kasan, Khanat Astrachan, Khanat Sibir, Krim Khanat. Alle diese Khanate wurden in wenigen Jahrzehnten erobert und im 16. Jh. ins Zarenreich eingegliedert.

Jedoch blieb das Tatarenkhanat der Krim für Jahrhunderte ein mächtiger Gegenspieler der russischen Fürstentümer. Die Russen mussten Plünderungen, Beutezüge, erpresste Tribute, Menschenraub und Erniedrigungen erdulden. Umso dramatischer waren die Auswirkungen, als das Krim-Khanat Ende des 18. Jh. unter Katharina der Großen erobert wurde. Die Tataren wurden zur Minderheit, es setzten Russifizierungen ein, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hunderttausende Tataren von Stalin deportiert, von denen nahezu die Hälfte an Hunger und Erschöpfung schon in den ersten Monaten starb.

Ob da uralte Konflikte und Feindbilder im Spiel waren?
Man weiß es nicht.

Viele Historiker sind der Meinung, dass der Anschluss Russlands an die abbendländische Zivilisation durch die Jahrhunderte währende Mongolenherrschaft verhindert wurde bzw. in der Folge nur unzureichend gelang. Auf jeden Fall gehen viele Besonderheiten und Eigentümlichen der russischen Kultur - und vielleicht sogar Mentalität - auf das Tatarentrauma zurück.
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