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Der Altenburger Prinzenraub, Kriminalcoup od. eine schief gegangene Fehde?
07.11.2021, 01:14
Beitrag: #10
RE: Der Altenburger Prinzenraub, Kriminalcoup od. eine schief gegangene Fehde?
Private wirtschaftliche Gründe als Movens schließen aber doch nicht aus, dass Kunz und / oder die Wilhelme bei der Planung des "Prinzenraubes" durchaus in einem gewissen Einvernehmen mit dem böhmischen König Ladislaus Postumus bzw. dessen Ratgebern gehandelt haben könnte.

Es ist natürlich nur eine Theorie, aber sie würde zumindest eine Erklärung liefern, warum sich Kunz darauf eingelassen hat. Denn eines muss ihm doch eher klar gewesen sein - Recht oder Unrecht, der Kurfürst saß am längeren Ast, und dass er, selbst bei einer erfolgreichen Durchsetzung seiner Ansprüche, nach Rückgabe der Prinzen, wohl kaum weiterhin in Sachsen hätte bleiben können. Das harte Vorgehen gegen ihn und seine Helfer, aber auch der Leipziger Schiedsspruch zeigen doch, dass er in Sachsen ohne kurfürstliche Unterstützung keinen besonderen Rückhalt hatte. Da Güter in Böhmen hatte, wäre es jedenfalls vorstellbar, dass er vorhatte, sich dort dauerhaft niederzulassen. Auch, dass die Wilhelme offensichtlich ins Exil nach Böhmen gingen, passt dazu.

Falls der Prinzenraub allerdings mit Billigung oder sogar im Auftrag des böhmischen Königs (und das war damals noch Ladislaus) beziehungsweise seiner Ratgeber stattfand, konnten Kunz und die Wilhelme sogar darauf hoffen, dass sie von dieser Seite Schutz oder Rückendeckung gegen kurfürstliche oder kaiserliche Racheakte erhalten würden. Dadurch, dass Ladislaus auch König von Ungarn war, wenigstens dem Namen nach, hätte sich für Kunz und die Wilhelme sogar die Möglichkeit geboten, sich der rechtlichen kaiserlichen Oberhoheit völlig zu entziehen, wenn ihnen im Königreich Böhmen der Boden zu heiß geworden wäre. Wie gesagt, ist nur eine Theorie, für aber immerhin einiges erklären würde.

Immerhin gab es offensichtlich sehr wohl Konflikte zwischen Sachsen und Böhmen, die erst unter König Georg bereinigt wurden. Georg wurde aber erst zwei Jahre nach dem Prinzenraub von Altenburg König von Böhmen, während Ladislaus lebte, war er nur dessen Verweser, auch wenn er als solcher weitgehend selbständig agieren konnte.

Leider ist bisher in der Forschung nicht klar, inwieweit Ladislaus bzw. dessen Ratgeber selbst mit der Politik Georgs einverstanden war oder diese nur duldete beziehungsweise dulden musste. Als Vermittler in der Entführungsgeschichte hätte er jedenfalls gute Chancen gehabt, vom Kaiser oder der Familie des sächsischen Kurfürsten einige Gegenleistungen zu erpressen. Wenn er dabei geschickt vorgegangen wäre, hätte er da sicher einiges erreichen können, ohne dass es deswegen gleich zu einem Reichskrieg hätte kommen müssen, zudem er offiziell gar nicht der Entführer war. Für Kunz und die Wilhelme wäre seine Unterstützung allerdings sehr vorteilhaft gewesen ...

Was die beiden Ritter Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfels betrifft, so finde ich auch seltsam, dass ihnen der Prinz Ernst anvertraut wurde, der immerhin als der ältere Sohn und der zukünftige Kurfürst, die doch wichtiger Geisel war. Ist etwas über ihre Motive bekannt?

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
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Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Der Altenburger Prinzenraub, Kriminalcoup od. eine schief gegangene Fehde? - Teresa C. - 07.11.2021 01:14

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