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Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
11.01.2017, 18:24
Beitrag: #1
Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
Wenn hier der Begriff "Erbe" bemüht wird, so muss man hinzufügen, dass im Erbrecht - um bei diesem Vergleich zu bleiben - nur Blutsverwandte Erbe sein können. Worum geht es also, wenn man diese Begrifflichkeit auf Byzanz überträgt? Um ein kulturelles Erbe, ein religiöses Erbe und ein ideelles Erbe.

In keinem dieser Punkte hat das vom Islam geprägte Osmanische Reich jemals ein byzantinisches Erbe angetreten und auch das türkische Staatsvolk als Reichsbegründer stand diesem Erbe von Byzanz verständnislos gegenüber. Das kann man ihm natürlich nicht vorwerfen, denn es waren halbnomadische Hirtenstämme, die etwa um das Jahr 1000 in Kleinasien einwanderten, und um 1300 aus kleinsten Anfängen das expandierende Osmanische Reich errichteten. Sie nahmen jetzt zwar die geografische Position von Byzanz ein und füllten ein Machtvakuum, doch kulturelle oder ideelle Erben waren sie keineswegs.

Erben in diesem Sinne waren z.B. die süd- und ostslawischen Staaten, ferner Italien sowie auch Mittel- und Westeuropa und - nicht zu vergessen - der christliche Orient.

Die Ausbreitung der byzantinischen Kultur erklärt sich natürlich aus der beherrschenden Stellung, die das Byzantinische Reich und seine Hauptstadt politisch, kirchlich und kulturell während des Mittelalters vor allem in Ost- und Südeuropa einnahmen. So ist z.B. die bulgarische und serbische Kunst in ihrer Ikonografie und den künstlerisch herausragenden Werken völlig byzantinisch, wie ja auch die Herrscher beider Völker den byzantinischen Kaiserornat übernahmen und Anspruch auf die byzantinische Kaiserkrone erhoben. Gleiches gilt für Russland, das religiös und kulturell die byzantinische Traditionslinie fortführte und stärkste Einflüsse aufnahm.

In Italien sind es zwei Hauptzentren, von denen byzantinischer Einfluss ausgeht, nämlich Sizilien und Venedig, die noch unter Justinian zu Byzanz gehörten. Byzantinische Mosaikkunst und Einflüsse byzantinischer Architektur nehmen hier ihren Ausgang und auch die Tafelmalerei (z.B. Duccio) zeigt sich stark byzantinisch beeinflusst.

Die byzantinische Reichskirche schließlich hat sich nahezu unverfälscht fortgesetzt in den orthodoxen Kirchen Griechenlands, Bulgariens, Serbiens, Russlands usw.

An all diesen Stellen - um nur einige zu nennen - finden wir Byzanz als geistigen Erblasser und eine Vielzahl abendländischer Erben. Das muslimische Osmanische Reich hingegen hat kein byzantinisches Erbe angetreten. Es hat sich lediglich durch Eroberung an seine Stelle gesetzt, was substantiell etwas ganz anderes ist.
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11.01.2017, 22:07
Beitrag: #2
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(11.01.2017 18:24)Dietrich schrieb:  Erben in diesem Sinne waren z.B. die süd- und ostslawischen Staaten, ferner Italien sowie auch Mittel- und Westeuropa und - nicht zu vergessen - der christliche Orient.
Tatsächlich erhoben in weit in stärkerem Masse als die Osmanen die russischen Grossfürsten den Anspruch, Rechtsnachfolger von Byzanz zu sein. Sie beriefen sich dabei auf ihren orthodoxen Glauben und auf verwandtschaftliche Beziehungen zu den byzantinischen Kaisern. Folgerichtig nannten sich die Grossfürsten nach der osmanischen Eroberung von Konstantinopel auch "Kaiser" resp. "Zar" (der Ausdruck ist von Cäsar abgeleitet). Iwan III (Grossvater von Iwan IV dem Schrecklichen) war der erste Rurikide, der sich als Zar bezeichnete.

Wie auch das Karolingerreich und das HHR sich als Weiterführung des römischen Kaiserreichs (Westrom) auf christlicher Basis verstanden, so verstand sich das Zarenreich ebenfalls als Nachfolger des Römischen Imperiums (Ostrom). Gelegentlich wurde sogar der Anspruch erhoben, das "dritte Rom" zu sein.
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11.01.2017, 23:01
Beitrag: #3
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(11.01.2017 22:07)Aguyar schrieb:  Iwan III (Grossvater von Iwan IV dem Schrecklichen) war der erste Rurikide, der sich als Zar bezeichnete.

Die Frau von Iwan III kam übrigens aus dem Kaiserhaus von Byzanz. Zoe war die Tochter von Thomas Palaiolos, einem Bruder des letzten Kaisers von Byzanz.

Wohl um den Anspruch auf das "dritte Rom" noch extra zu betonen.
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12.01.2017, 10:52
Beitrag: #4
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(11.01.2017 23:01)WDPG schrieb:  Die Frau von Iwan III kam übrigens aus dem Kaiserhaus von Byzanz. Zoe war die Tochter von Thomas Palaiolos, einem Bruder des letzten Kaisers von Byzanz.

Wohl um den Anspruch auf das "dritte Rom" noch extra zu betonen.

Genau. Aber auch früher schon hatten die Grossfürsten immer wieder Töchter aus den byzantinischen Dynastien geheiratet.
Ein Rolle dürfte (kann ich allerdings nicht belegen) auch der Umstand gespielt haben, dass die Russen wie die Byzantinier "orthodox" - "rechtgläubig" waren, und nicht katholisch. Insofern wurde hier betont, dass sich Russland auf die byzantinischen Slawen-Missionaren Method und Kyrill (der den Slawen auch gleich eine auf dem griechischen Alphabet aufgebaute Schrift verpasste - woraus das "Kyrillische" entwickelte) bezieht und nicht auf das lateinische Christentum des Papstes.
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13.01.2017, 04:51
Beitrag: #5
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
Wenn man Erbe nach kulturellen und religiösen Traditionen auffasst, ist natürlich das Osmanische Reich kein Erbe des Byzantinischen Reiches. Eine andere Sache ist es, wenn man diese Frage vom geostrategischen oder wirtschaftlichen Standpunkten aus betrachtet. Ein Beispiel: Wem Konstantinopel bzw. Istanbul gehört, der kontrolliert automatisch den Bosporus und damit den Handel zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer. Und in diesem Fall hat das Osmanische Reich den Platz von Byzanz eingenommen.

Das Osmanische Reich war ein Vielvölkerstaat. Die Osmanen waren ursprünglich nur eine kleine Elite, die sich durch zum Islam übergetretene Christen erweiterte. Dies geschah durch Knabenlese, aber auch durch freiwillige Übertritte als Erwachsene. Neben dieser osmanischen Elite hatten einige christliche Völker wie Griechen (Fanarioten) oder Armenier eine Sonderstellung vor allem auf wirtschaftlichen Gebiet. All diese Gruppen sorgten dafür, dass es nach dem Untergang des Byzantinischen Reichs keinen wirtschaftlichen Zerfall gegeben hat. Vieles ging unter den Osmanen genauso weiter wie unter Byzanz.

Das Osmanische Reich übernahm - sicher ungewollt und nur der geografischen Lage geschuldet - Verteidigungsaufgaben des Byzantinischen Reichs. Ein Beispiel ist die für die Osmanen katatstrophal gelaufene Schlacht von Ankara von 1402 gegen Timur den Lahmen. Gewissermaßen verhinderten die Osmanen einen Einfall von asiatischen Reiterhorden nach Europa, eine Aufgabe die vom Byzantinischen Reich einige Jahrhunderte wahr genommen wurde.

Vergessen darf man auch nicht, dass Byzanz von Bulgaren, Serben, Walachen, Albaner, aber auch Ungarn als Gegner wahr genommen wurde. In diesem Sinn sind die Osmanen schon die Erben der Byzantiner.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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13.01.2017, 12:00
Beitrag: #6
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
Es gab hauptsächlich 2 Wege, mit denen die Osmanen/Türken zur Mehrheit in den eroberten Gebieten wurden. Insbesondere durch die Vielweiberei hatten sie einen viel höheren Geburtenüberschuß. Die griechichen, tscherkessischen...Frauen zogen türkische Kinder auf.
Das Türkische wurde schnell Verkehrssprache im Vielvolkerstaat. Diese wurde oft in gemischten Ehen verwendet.

viele Grüße

Paul

aus dem hessischen Tal der Loganaha (Lahn)
in der Nähe von Wetflaria (Wetzlar) und der ehemaligen Dünsbergstadt
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13.01.2017, 14:31
Beitrag: #7
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 12:00)Paul schrieb:  Es gab hauptsächlich 2 Wege, mit denen die Osmanen/Türken zur Mehrheit in den eroberten Gebieten wurden. Insbesondere durch die Vielweiberei hatten sie einen viel höheren Geburtenüberschuß. Die griechichen, tscherkessischen...Frauen zogen türkische Kinder auf.
Das Türkische wurde schnell Verkehrssprache im Vielvolkerstaat. Diese wurde oft in gemischten Ehen verwendet.

"Türkisch" wurde in Anatolien bereits ab dem 11. Jahrhundert (natürlich nicht ausschliesslich) gesprochen, rund 300 Jahre vor den Osmanen. Die Osmanen waren lediglich ein Stamm resp. eine Dynastie der Seldschuken, genauer gesagt der Rum-Seldschuken. Die Rum-Seldschuken hiessen so, weil sie das Sultanat Rum beherrschten, was vor der Schlacht von Manzikert (1071) byzantinsiche Provinz gewesen war und weil sie, wenn auch nur vorübergehedend und andeutungsweise, Anspruch auf die Herrschaft über Byzanz (Rum = Rom) erhoben. Neben dem Sultanat der Rum-Seldschuken existierten um 1300 weitere, kleinere Beyliks der Rum-Seldschuken in Anatolien, darunter dasjenige des Osmanen. So schnell ging das also nicht, mit der türkischen Verkehrsprache.

Das mit dem überdurchschnittlichen Bevölkerungswachstum aufgrund von "Vielweiberei" hattest Du schon einmal bei den Eskmos behauptet - und war dort genau so falsch wie bei den Osmanen und Seldschuken. Die griechische Bevölkerung ging schon zurück, als die Rum-Seldschuken Anatolien eroberten.
Einen Zuwachs erlangte die rum-seldschukische Bevölkerung durch Flüchtlinge, als das Gross-Seldschukische Reich (ist dasselbe Volk) im Irak/Westiran von Schahreich Chowaresmien und kurz darauf von den Mongolen (Ilkhanen-Reich) besiegt wurde.

Mischehen gab es kaum - sowohl Islam als auch Christentum verlangten bei Heirat Konversion (nicht jedes Haremsmitlgied galt als verheiratet)).
Mehrere Frauen konnte sich nur die Oberschicht leisten.
Auch die Knabenlese war vermutlich nicht matschentscheidend. Der Schwerpunkt des Knabenzinses lag nicht in Anatolien sondern auf dem Balkan - dort gab es viel mehr Christen.
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13.01.2017, 15:52
Beitrag: #8
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 14:31)Aguyar schrieb:  "Türkisch" wurde in Anatolien bereits ab dem 11. Jahrhundert (natürlich nicht ausschliesslich) gesprochen, rund 300 Jahre vor den Osmanen.

Katastrophal für Byzanz war die verlorene Schlacht von Manzikert im Jahr 1071. Sie hatte zur Folge, dass die Turkstämme unter Fühtung der Seldschuken ganz Kleinasiem überfluteten und bis vor die Tore von Konstantinopel zogen. Zwar gelang es später, die Seldschuken ein wenig zurückzudrängen, doch blieben rund Zweidrittel Kleinasiens für die nächsten Jahrhunderte verloren.

Das änderte sich im 14. Jh. mit dem Untergang des Reichs der Rum-Seldschuken und der Expansion der Osmanen, die in kurzer Zeit die noch byzantinischen Reste Kleinasiens besetzten. Autonom blieb lediglich das kleine Kaiserreich Trapezunt an der Schwarzmeerküste, während Byzanz um 1400 nur noch den Umfang eines grö0eren Stadtstaates mit dem Zentrum Konstantinopel hatte.

(13.01.2017 14:31)Aguyar schrieb:  Die Osmanen waren lediglich ein Stamm resp. eine Dynastie der Seldschuken, genauer gesagt der Rum-Seldschuken.

Die Osmanen waren eine oghusische Dynastie. Sie gelangten zur Macht aufgrund glücklicher Umstände: Das Reich der Rum-Seldschuken löste sich um 1300 auf, sodass die expandierenden Osmanen das Machtvakuum für sich nutzen konnten. Zu Beginn dieser Expansion war es durchaus nicht ausgemacht, dass die Osmanen als Sieger aus der Vielzahl kleiner Emirate hervorgehen würden, die alle nach Erweiterung ihrer Territorien strebten.

(13.01.2017 14:31)Aguyar schrieb:  Einen Zuwachs erlangte die rum-seldschukische Bevölkerung durch Flüchtlinge, als das Gross-Seldschukische Reich (ist dasselbe Volk) im Irak/Westiran von Schahreich Chowaresmien und kurz darauf von den Mongolen (Ilkhanen-Reich) besiegt wurde.

Das von mir sehr geschätzte Lesikon des Mittelalters vermutet unter dem Schlagwort Turkmenen, dass im 11. Jh. 500 000-700 000 Turkmenen nach Kleinasien wanderten und sich deren Zahl im 12. Jh. auf etwa 1 Million erhöhte.

Angenommen, diese Zahlen sind in etwa korrekt. Das bedeutet, dass sich diese Turkmenen nach Maßgabe aller Osmanisten ausschließlich in Anatolien ansiedelten. Dieses Gebiet war nicht nur siedlungsarm, sondern kam der Lebensweise der nomadischen Turkmenen sehr entgegen.

Kleinasien besteht allerdings nicht nur aus Anatolien. Und noch im 13. Jh. nahm das byzantinische Kaiserreich Nikaia nahezu die ganze Westhälfte Kleinasiens ein und war - anders als Anatolien - dicht besiedelt. Auch das byzantinische Kaiserreich Trapezunt existierte noch im 13. Jh. in einem schmalen Streifen an der Nordküste des Schwarzen Meers, auch wenn es wenig politische Bedeutung besaß.

Man kann nun eine ganz einfache Rechnung aufmachen. Nach dem allseits bekannten Ploetz "Raum und Bevölkerung in der Weltgeschichte" hatte Kleinasien im 15. Jh. 6 Millionen Einwohner. Mag es also im 12. Jh. 3 Millionen Einwohner gezählt haben, so machten die 1 Million Turkmenen rund 1/3 der kleinasiatischen Bevölkerung aus.

Diese altbyzantinische christliche Bevökerungsmehrheit wurde im Lauf einiger Generationen turkisiert. Zurück blieben Minderheiten, die ihre sprachliche und kulturelle Identität wahrten: Armenier, Griechen, Kurden und viellicht noch einige andere kleine nichttürkische Splitter.

Wann genau die altansässige Bevölkerung Kleinasiens turkisiert war, lässt sich heute nicht mehr genau sagen.
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13.01.2017, 16:33
Beitrag: #9
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 12:00)Paul schrieb:  Es gab hauptsächlich 2 Wege, mit denen die Osmanen/Türken zur Mehrheit in den eroberten Gebieten wurden. Insbesondere durch die Vielweiberei hatten

Die Türken erlangten ihre Mehrheit nicht durch "Vielweiberei", sondern durch einen ständigen Strom von Turkstämmen auf die anatolische Hochfläche und durch die wachsenden Konversion der altansässigen Bevölkerung zum Islam im Verlauf mehrerer Jahrhunderte, Nach den osmanischen Steuerlisten gab es im 16. Jh. nur noch etwa 7% Griechen.
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13.01.2017, 20:14
Beitrag: #10
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 16:33)Dietrich schrieb:  Nach den osmanischen Steuerlisten gab es im 16. Jh. nur noch etwa 7% Griechen.

Noch 1914 waren 1,55 Millionen, 12 % der Bevölkerung in der Türkei Griechen. Die Steuerlisten waren wohl falsch.

https://de.wikipedia.org/wiki/Demografie_der_Türkei

viele Grüße

Paul

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13.01.2017, 21:58
Beitrag: #11
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 14:31)Aguyar schrieb:  Die Rum-Seldschuken hiessen so, weil sie das Sultanat Rum beherrschten, was vor der Schlacht von Manzikert (1071) byzantinsiche Provinz gewesen war und weil sie, wenn auch nur vorübergehedend und andeutungsweise, Anspruch auf die Herrschaft über Byzanz (Rum = Rom) erhoben. Neben dem Sultanat der Rum-Seldschuken existierten um 1300 weitere, kleinere Beyliks der Rum-Seldschuken in Anatolien, darunter dasjenige des Osmanen. So schnell ging das also nicht, mit der türkischen Verkehrsprache.

Ein paar Ergänzungen:

-Die Seldschuken waren in der Zeit der Schlacht von Manzikert auch Herrscher über die Gegenden von Persien und Syrien, besonders stabil war das Reich nicht, es spaltete sich sehr schnell in Teile auf, das Rum-Seldschukensultanat war so eines und war das bei weitem langlebigste "Seldschuken-Teilreich".

-Als die Osmanen aufgestiegen sind, war das Reich der Rum-Seldschuken bereits extrem geschwächt. Die Ursache lag in der Verlorenen Schlacht von Köse-Dag, damals unterlagen die Rum-Seldschuken den Mongolen. Sie wurden Vasall der Mongolen, diese brachten häufig innenpolitisch Wirbel ins Reich der Rum-Seldschuken und schwächten es so. Außerdem zogen damals meineswissens zahlreiche Turkvölker nach Anatolien zu, was das Durcheinander im Rum-Seldschukenreich noch erhöhte.
Mit der Zeit verlor es an seiner Bedeutung. Abgelöst wurde es von zahlreichen Türkischen Kleinfürstentümern. Die Osmanen waren ursprünglich nur eines davon. Anfangs keineswegs das führende. Warum man aufstieg und andere nicht? Denke das liegt vor allem an 2 Faktoren: Erstens man spaltete sich nicht gleich wieder auf, zweitens man lag sehr nahe am Gebiet von Byzanz, das ab Andronikos II immer schwächer wurde, so begann der Aufstieg.

-Was das mit der Sprache betrifft: Müsste nochmals nachlesen, aber was ich weiß war unter den Rum-Seldschuken lange Zeit Persisch die Sprache der Elite.
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13.01.2017, 22:06
Beitrag: #12
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 15:52)Dietrich schrieb:  Die Osmanen waren eine oghusische Dynastie. Sie gelangten zur Macht aufgrund glücklicher Umstände: Das Reich der Rum-Seldschuken löste sich um 1300 auf, sodass die expandierenden Osmanen das Machtvakuum für sich nutzen konnten. Zu Beginn dieser Expansion war es durchaus nicht ausgemacht, dass die Osmanen als Sieger aus der Vielzahl kleiner Emirate hervorgehen würden, die alle nach Erweiterung ihrer Territorien strebten.

Ein weiterer Faktor kam den Osmanen um 1300 zu gute, das geschwächte Byzanz. Noch unter Kaiser Michael Palaiologos hatte man halbwegs große Heere aufstellen können, doch die Politik die er betreiben musste um Byzanz zu halten kostete zu viel. Aus diesem Grund musste Andronikos II sparen, auch beim Heer, das gewaltig reduziert wurde. Aus diesem Grund war es für die Türkischen Fürstentümer nun relativ leicht, Gebiete zu gewinnen. Und die Osmanen hatten den Vorteil geografisch am besten zu liegen um von dieser Schwäche zu profitieren.
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14.01.2017, 13:51
Beitrag: #13
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 20:14)Paul schrieb:  
(13.01.2017 16:33)Dietrich schrieb:  Nach den osmanischen Steuerlisten gab es im 16. Jh. nur noch etwa 7% Griechen.

Noch 1914 waren 1,55 Millionen, 12 % der Bevölkerung in der Türkei Griechen. Die Steuerlisten waren wohl falsch.

Die osmanischen Steuerlisten des 16. Jh. waren keineswegs falsch. Wohl aber war die griechische Bevölkerung Kleinasiens im Verlauf von rund 350 Jahren bis 1900 angewachsen.

Insbesondere erfolgte das in den Gebieten an der Ägäisküste, die schon seit der antiken griechischen Kolonisation ab 800 v. Chr. ein Zentrum griechischer Besiedlung bildeten. Ferner an der Schwarzmeerküste im Gebiet des untergegangenen byzantinischen Kaiserreichs Trapezunt.
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14.01.2017, 13:58
Beitrag: #14
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(13.01.2017 21:58)WDPG schrieb:  -Was das mit der Sprache betrifft: Müsste nochmals nachlesen, aber was ich weiß war unter den Rum-Seldschuken lange Zeit Persisch die Sprache der Elite.

Obwohl sich die türkischen Seldschuken als aufstrebende Großmacht im Laufe der Zeit aufgrund der Etabliertheit der persischen Schriftsprache in der islamischen Welt zunehmend iranisierten, konnten sich dennoch, insbesondere unter der nomadisch lebenden Bevölkerung außerhalb der Städte, türkische Traditionen und Mundarten aufgrund ihrer oghusischen (türkischen) Vergangenheit lange erhalten. Hofsprache der Seldschuken war nach Dynastiegründung das Persische, das sie schon zu Beginn angenommen hatten.
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14.01.2017, 15:31
Beitrag: #15
RE: Sind die Osmanen "Erben" von Byzanz?
(14.01.2017 13:58)Dietrich schrieb:  
(13.01.2017 21:58)WDPG schrieb:  -Was das mit der Sprache betrifft: Müsste nochmals nachlesen, aber was ich weiß war unter den Rum-Seldschuken lange Zeit Persisch die Sprache der Elite.

Obwohl sich die türkischen Seldschuken als aufstrebende Großmacht im Laufe der Zeit aufgrund der Etabliertheit der persischen Schriftsprache in der islamischen Welt zunehmend iranisierten, konnten sich dennoch, insbesondere unter der nomadisch lebenden Bevölkerung außerhalb der Städte, türkische Traditionen und Mundarten aufgrund ihrer oghusischen (türkischen) Vergangenheit lange erhalten. Hofsprache der Seldschuken war nach Dynastiegründung das Persische, das sie schon zu Beginn angenommen hatten.

Das heute gesprochene Türkisch ist eine auf Anordnung Atatürks von persischen Fremdwörtern gereinigte Sprache. Bis 1918/23 war das sogenannte Osmanische oder osmanische Türkisch die Verkehrssprache im Osmanischen Reich.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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