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Die Großreiche Afrikas:
16.06.2017, 11:44
Beitrag: #14
RE: Die Großreiche Afrikas:
(15.06.2017 00:44)WDPG schrieb:  FRAGE: Was ich nicht ganz verstehe, Mali und das Songhaireich waren beides mächtige und reiche Staaten, beide scheiterten auch daran das man über keine modernen Feuerwaffen verfügte. OK, von Portugal waren diese nicht zu bekommen. Aber warum baute man nicht selbst welche? Über das Handelssystem müsste man doch die nötigen Materialen besorgen können. Und warum versuchte man es nicht über andere Handelspartner? Zur Songhaizeit etwa das Osmanischen Reich?

Für das Songhai-Reich habe ich folgende Erklärung: Es ist m.E. richtig, dass das Songhai-Reich 1590/91 unterging, da die Marokkaner Feuerwaffen einsetzten. Die Marokkaner hatten aber ihre Feuerwaffen nicht selbst gebaut, sondern eine Truppe Renegaten, meist aus Spanien stammend eingesetzt. Inwieweit Morisken nach dem gescheiterten Aufstand von 1569 bis 1571 nach Marokko auswanderten und ihr militärisches Wissen einbrachten, kann ich bis jetzt nicht belegen. Vorstellbar ist es. Dagegen waren die sogenannten Renegaten christliche Spanier, die als Kriegsgefangene oder auch Freiwillige zum Islam konvertierten und dann ihren Dienst als Musketier, Arkebusier oder Kanonist unter Judar Pascha leisteten. Judar Pascha war ebenfalls ein gebürtiger Spanier, der in seiner Kindheit von Korsaren geraubt wurde. Vermutlich hatte er seine Jugend in Algier verbracht, wo er kastriert wurde, aber auch militärisch ausgebildet wurde. Als junger Mann trat er in Dienste des späteren Sultans Ahmad al-Mansur aus der Dynastie der Saadier.

Die Saadier herrschten erst seit 1549 über Marokko. Sie setzten sich gegen die schwachen Wattasiden (1465-1549) durch. Nach dem Tod des Stammvaters bzw. ersten Sultans dieser Dynastie im Jahr 1557 traten Machtkämpfe unter dessen Söhne auf. Es setzte sich Abdallah al Ghalib durch, seine unterlegenen Brüder Abu Marwan Abd al-Malik und Ahmad al Mansur gingen ins osmanische Exil. Sie hielten sich die meiste Zeit in Algier auf. 1574 starb Abdallah al Ghalib und ihm folgte sein Sohn Abu Abdullah. Da Abdallah al Ghalib 1573 einen islamischen Rechtsgelehrten kreuzigen ließ, breitete sich Unzufriedenheit aus. Diese Situation nutzten Abd al-Malik und Ahmad al Mansur, denen es vor allem wegen dem militärischen Geschick von Judar Pascha gelang, ihren Neffen zu stürzen. Abd al-Malik wurde 1576 neuer Sultan von Marokko. Der gestürzte Sultan Abu Abdullah bat Portugal um Hilfe. Ihm gelang es, den jungen König Sebastian auf das für die Geschichte Portugals katastrophale Abenteuer eines Marokko-Feldzugs zu überzeugen. Dieser portugiesische Marokko-Feldzug von 1578 endete mit dem Tod des portugiesischen Königs Sebastian, aber auch mit dem Tod der marokkanischen Kontrahenten Abu Abdullah und Abd al-Malik.

Der Tod Sebastians leitete jedoch den Verlust der staatlichen Unabhängigkeit Portugals ein. Ihm folgte sein alter Onkel Kardinal Heinrich, der 1580 als letzter König der Avis-Dynastie starb. Sebastians Mutter Katharina war die jüngste Schwester Karls V. bzw. eine Tante Philipps II. von Spanien, der seine Ansprüche auf die Thronfolge mit der Besetzung Portugals sofort durchsetzte. Die Portugiesen konnten erst 1640 wieder ihre Unabhängigkeit erlangen. Das bedeutete Portugal fiel als möglicher Verbündeter für das Songhai-Reich aus.

In Marokko übernahm Ahmad al Mansur die Macht. Er war ein Verbündeter, wenn nicht sogar ein Satellit des Osmanischen Reiches, der aber ähnlich wie der Dey von Algier oder der Dey von Tunis relativ unabhängig agieren konnte. Da Ahmad al Mansur loyal gegenüber dem Sultan des Osmanischen Reiches war und seine Tributverpflichtungen nachkam, hatte die Osmanen 1590/91 keinerlei Interesse daran, zugunsten des Songhai-Reiches einzugreifen. Ein potentieller Partner des Songhai-Reichs wäre Spanien gewesen, aber nach der Niederlage bzw. dem Verlust der Armada im Jahr 1588 und seinen Problemen in den Niederlanden zeigte Philipp II. keinerlei Interesse an militärischen Aktionen gegen Marokko. Frankreich war infolge der Hugenottenkriege geschwächt, außerdem war von 1589 bis 1594 die Macht Heinrichs IV. noch nicht gefestigt. Bliebe nur noch England übrig. (?) Eine wichtige Frage ist natürlich, ob die Herrscher bzw. Politiker des Songhai-Reichs Kenntnisse über die europäischen Staaten hatten.

Ahmad al Mansur brachte die Eroberung des Songhai-Reichs kein Glück. Alte, durch Marokko führende Handelswege verlagerten sich nach Tunis und Tripolis. Ahmad al Mansur (und Judar Pascha) konnten ihre Herrschaft behaupten. 1603 starb der Sultan an den Folgen der Pest, 1606 wurde Judar Pascha ermordet. Danach zerfiel Marokko in zwei Teilreiche, die von Fes und Marrakech aus regiert wurden. Es entstanden außerdem auf den Boden Marokkos eine Korsaren-Republik und ein Staat der Dila-Bruderschaft. In Südmarokko konnten die Alawiden (Alaouiten) die Macht erlangen. 1659/60 beseitigten sie die beiden Sultanate der Saadier in Fes und Marrakesch und 1668 wurde die Korsaren-Republik besiegt. Der heutige Sultan Mohamed VI. ist ein Angehöriger der seit 1660 in Marokko herrschenden Dynastie.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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