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Titel "erheiratet"
28.08.2017, 13:22
Beitrag: #25
RE: Titel "erheiratet"
(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb:  Ein ganz toller Beitrag Teresa. Thumbs_up

Danke, danke für das KomplimentShy
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(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb:  Du schreibst, Friedrich III. und Eleonore wurden vom Papst getraut, waren aber schon ein Jahr verheiratet. War die kirchliche Trauung überhaupt notwendig? Im 15. Jahrhundert? Die Zivilehe die im 19. Jahrhundert eingeführt wurde, war ja keine Neuerung, eher eine Wiedereinführung.

In einem seriösen Fachbuch über Agnes Bernauer (die wahrscheinlich die Ehefrau von Herzog Albrecht IV. von Baiern war), habe ich eine Abhandlung dazu gelesen. Offensichtlich war ursprünglich ein Priester bei einer Heirat nicht zwingend notwendig, das dürfte sich erst im Spätmittelalter durchgesetzt haben. Jedenfalls scheint es, dass Eheabsprachen und Eheversprechungen vor Zeugen bereits als eine Art gültige Ehe gesehen werden konnte.

Eine Rolle bei dieser Entwicklung gespielt haben, dass Eheschließungen gewöhnlich Geschäfte waren und desto wichtiger die Erträge aus der Eheschließung war, desto wichtiger, dürfte es für die Betroffenen gewesen sein, deren Gültigkeit abzusichern. Wenn zwei Personen einander die Ehe versprechen und dann miteinander schlafen (sie also vollziehen), ist es sicher einfacher, die Gültigkeit dieser Ehe anzufechten, als wenn die ganze Familie beim Zustandekommen einbezogen wurde, ein Vertrag und Zeugen vorhanden sind. Und der priesterliche Segen bzw. eine besonders feierliche Inszenierung der Eheschließung dürfte die Absicherung auch sehr genützt haben. (Mein persönlicher Eindruck, nachdem ich einiges dazu gelesen haben.)

Was die mehrmaligen Stadien von Eheprojekten mit Eheschließungen im Adel (und vielleicht nicht nur dort) handelte, so dürfte das auch damit zusammenhängen, dass diese Eheschließungen eigentlich Handelsprojekte waren, bei denen geachtet wurde, dass die eigene Partei nicht draufzahlte. Daneben mag auch das Ansehen der Familien wichtig gewesen sein.

Zumindest ist auffallend, dass bei den meisten gescheiterten Eheprojekten, die bereits als Ehen gesehen wurden, zumindest in den meisten Fällen, der zuletzt "verschmähte" Bräutigam wenigstens finanziell entschädigt wurde.

Beispiele:
Bei der gescheiterten Eheschließung zwischen Herzog Albrecht IV. von Baiern-München und Gräfin Elisabeth von Württemberg, die ich einmal im Jux-Rätsel als Frage formuliert habe, dürfte es ein Glücksfall für die Beteiligten gewesen sein, dass die Braut wenigstens mit einem standesgemäßen Grafen durchgebrannt war (auch wenn dieser im Vergleich zu Albrecht am Heiratsmarkt wohl die schlechtere Partie war) und die Beziehung somit nachträglich legalisiert werden konnte, ohne dass dies auch einen gesellschaftlichen Abstieg und Ansehensverlust für Elisabeth zur Folge hatte. Ein weiterer Glücksfall aber war sicher, dass Albrechts Familie sich mit einer finanziellen Entschädigung zufrieden gab.

Bei der Auflösung der Verlobung oder auch bereits geschlossenen Ehe (die Quellenlage ist da nicht so ganz eindeutig) zwischen der polnischen Königin Jadwiga (der Hl. Hedwig) und einem Habsburger durch die polnischen Stände, um sie mit dem Großherzog Jagiello von Litauen verheiraten zu können, erhielt dieser zumindest eine hohe finanzielle Entschädigung.

Als Kaiser Karl IV. das Eheprojekt zwischen dem Habsburger Albrecht III. mit einer ungarischen Prinzessin (die damals als eine mögliche Erbin der ungarischen und auch der polnischen Krone galt) zur Auflösung brachte, verlobte er diese mit seinem Sohn Wenzel (der zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind war) und den Habsburger mit einer seiner Töchter, die zu dem Zeitpunkt auch noch ein Kind war. Es ist zwar in diesem Fall anzunehmen, dass Karl mit dieser Verlobung (die einen weiteren gegenseitigen Erbvertrag der Luxemburger und Habsburger zur Folge hatte) auch verhindern wollte, dass der Habsburger ein weiteres für den Kaiser gefährliches Eheprojekt eingehen würde, aber immerhin war die Ersatzbraut zumindest eine seiner eigenen Töchter.
Wichtig scheint mir, dass Karl IV. auch hätte versuchen können, den Habsburger mit einer weniger prestigereichen Braut aus seiner Familie abzufinden. Die Ehe, die allerdings ohne Nachkommen blieb, wurde einige Jahre später tatsächlich geschlossen, und das Verhältnis zwischen Schwiegersohn und Schwiegervater dürfte recht gut gewesen sein. (Offensichtlich profitierten beide Seiten von dieser Allianz.)
Auf jeden Fall findet sich auch hier der Fall, dass es sozusagen eine "Ersatzbraut" gibt.
(Die Ehe zwischen Wenzel IV. und der ungarischen Prinzessin kam letztlich nicht zustande, was wohl auch damit zusammenhing, dass die weitere Entwicklung in den Königreichen Ungarn und Polen ihren "Marktwert" wesentlich geschmälert haben dürfte.)
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Bei Friedrich III. und Eleonore ist zwar bis heute nicht eindeutig geklärt, welche Ambitionen mit diesem Eheprojekt verbunden waren, aber das Zustandekommen der Ehe ist von den Quellen her recht gut belegt.
- Vorsichtige erste Kontaktaufnahme zwischen dem Hof des Kaisers und dem Hof des Königs von Neapel (er war der Bruder der Mutter von Eleonore und die Verhandlungen mit dem portugiesischen Königshaus wurden über seinen Hof geführt, weswegen heute in der Forschung vermutet wird, dass die politischen Hintergründe der Eheschließung in der damaligen Italienpolitik des Kaisers lagen.)
- Einigung und daraufhin offizielle Werbung und Vereinbarungen der Modalitäten für Eheschließung und Ehe
- Sendung einer Gesandtschaft nach Lissabon (auf dem Landweg), um die Braut dort abzuholen
- Stellvertreterhochzeit in Lissabon (mit entsprechenden Festivitäten, die mehrere Wochen andauerten)
- Reise per Schiff von Lissabon nach Italien (wobei die Reise durch Wetterbedingungen beeinträchtigt wurde, ein Piratenüberfall abgewehrt werden musste und die Schiffe schließlich abgetrieben wurden und Eleonore so in einem anderen Hafen, als geplant, strandete. (Was einige Umplanungen der ursprünglichen Route bedeutete.)
(Geplant war, dass die erste Begegnung in Siena stattfinden sollte, was den Wünschen von Enea Silvio Piccolomini (später Papst Pius II.) entsprochen haben dürfte, der damals Bischof von Siena war. Ihm wird jedenfalls unterstellt, dass er wahnsinnige Angst hatte, nachdem Eleonore in einem anderen Hafen gelandet war, als ursprünglich geplant gewesen war. Der Hafen befand sich auf dem Hoheitsgebiet der Stadt Florenz und er soll befürchtet und daher alles unternommen haben, um zu verhindern, dass sich die Stadt Florenz die zukünftige Kaiserin schnappt und die erste Begegnung mit Friedrich bei ihnen stattfindet.)
- Einholung der Braut in dem Hafen, wo sie gestrandet war, durch Gesandte des Kaisers (darunter auch Bischof Enea), die ihr und ihrem Gefolge das Geleit nach Siena gaben, dort erste offizielle Begegnung des Paares, die entsprechend gefeiert wurde und angemessen inszeniert werden musste.
- Weiterreise nach Rom (nach den Quartieren zu schließen, waren beide immer in unterschiedlichen Häusern untergebracht)
- Einzig in Rom (mit entsprechender Inszenierung und Feiern)
...

Heute hätte es Friedrich sehr einfach: Er müsste nur das Flugzeug von Wien-Schwechat nach Lissabon nehmen, wäre zwei oder drei Stunde später dort, könnte seine Verlobte gleich selbst auf dem Standesamt heiraten und wahrscheinlich noch am selben Tag per Flugzeug nach Rom zur kirchlichen Trauung und Krönung durch den Papst weiterreisen.
Aber auch wenn er selber erst mit ihr in Rom zusammentreffen will, ist es möglich, dass die Abholung der Braut in Lissabon und der Flug nach Rom von seinen Bevollmächtigten innerhalb weniger Stunden durchgeführt werden kann.

Zu seiner Zeit allerdings war das zeitlich wesentlich aufwändiger. Bei Friedrich und Eleonore kam vermutlich dazu, dass der zeitliche Rahmen wegen des Romzuges besonders groß war, aber auch bei anderen Eheschließungen waren längere meistens längere Entfernungen zu bewältigen, wenn die Braut (oder manchmal auch der Bräutigam) die Reise an den Hof des zukünftigen Ehepartners antrat.

Diese Stellvertreterhochzeit dürfte vor allem eine Sicherheitsmaßnahme gewesen sein, um zu verhindern, dass weder die Braut noch der Bräutigam bzw. deren Familien zwischen der Abreise und Ankunft der Braut etwas erlauben können, sodass die Hochzeit nicht zustande kommt und die Braut vielleicht nach Hause geschickt werden muss. Es wäre z. B. für Eleonore und ihre Familie peinlich und auch problematisch gewesen, wenn Friedrich zwischen August 1451 und Februar bzw. März 1452 plötzlich auf die Idee gekommen wäre, doch eine andere zu heiraten, weil sich ihm inzwischen eine bessere Partie geboten hätte oder die Ehe mit ihr aufgrund politischer Entwicklungen an "Marktwert" verloren hätte ...

Andererseits wäre es auch für ihn ein Affront gewesen, wenn er in Siena ihre Ankunft erwartet und sie inzwischen nach Frankreich reist, weil eine Ehe mit Ludwig XI. oder einem anderen Mann plötzlich interessanter ist.

(25.08.2017 10:57)Suebe schrieb:  Interessant ist auch die "Kaiserinnen-Krone"
die Krone des Heiligen Römischen Reiches hat ja durchaus sakralen Charakter wie zB auch die Stephanskrone,
eine "Einrichtung" die aber ansonsten in Mittelalter und Neuzeit und woanders unbekannt ist.
Die überaus sakrale/heilige Handlung der Krönung eines Römischen Kaisers ansonsten beispiellos ist. Wobei "heilig" in dem Fall wohl "altdeutsch" früh-hochmittelalterlich verstanden werden muss, Übertragung des "Königs-Heils".

Vielleicht wurde auch nur deswegen auf die Krone, die für Barbara bestimmt gewesen wäre, zurückgegriffen, weil sie eben vorhanden war oder damit sie endlich doch noch verwendet wird.
(Ich frage mich, ob Barbaras spätere Krönung zu böhmischen Königin nicht auch eine Entschädigung dafür war, dass sie ihre Krönung zur Kaiserin nicht stattgefunden hatte.)

Was die Reichskleinodien betrifft, hat die Stadt Nürnberg sie nach längeren Verhandlungen (und wohl eher widerwillig, verständlich, immerhin musste sie die Transportkosten, inklusive Sicherheitseskorte selbst auslegen) nach Rom geschickt. Ob die tatsächlich verwendet wurden ist nicht klar.

Unsicher ist jedenfalls, dass Friedrich (und auch Sigismund) tatsächlich mit der Krone, die heute als die Kaiserkrone gilt, gekrönt wurden. Angaben von Zeitzeugen zu den Kronen, die sie getragen haben, stehen im Widerspruch zum Aussehen der Kaiserkrone.

Es gibt auch die Vermutung, dass zu diesem Zeitpunkt noch mehrere Kronen gab, die den Anspruch hatte, die Kaiserkrone sein. Angeblich soll es einige Skizzen von Dürer zu seinen Türbildern von Karl dem Großen und Sigismund geben, wo beide noch andere Kronen tragen. Wenn das tatsächlich der Fall ist, wäre es schon ein Hinweis dafür, dass sich die Kaiserkrone etwa zu dieser Zeit gegen "Konkurrenzkronen" durchgesetzt hat.

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