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Reformation
09.06.2012, 07:40
Beitrag: #1
Reformation
Was wäre wohl geschehen, wenn es Luther nicht gegeben hätte oder wenn er einfach ein stiller stockkatholischer Mönch geblieben wäre?

Hätte die Reformation dann auch irgendwann stattgefunden? Hätte sich die katholische Kirche von alleine reformiert? Wie wäre es geistesgeschichtlich in den nächsten paar Jahrhunderten weitergegangen?

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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10.06.2012, 10:15
Beitrag: #2
RE: Reformation
Es wäre überhaupt nichts passiert, da die Katholische Kirche bis heute stockkonservativ ist.Confused Wir hätten auch keine deutsche Schriftsprache, da Luther die lat.Bibel in die neugeschaffene deutsche Schriftsprache übersetzt hat.
Wir sehen doch am Besten, was die kath. Kirche heute noch für Schwierigkeiten mit dem Zölibat, der Empfängnisverhütung (sogar gegen Kondome), Frauen als Pfarrerinnen und mit homosexuellen Menschen hat.Angry

Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu
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10.06.2012, 12:36
Beitrag: #3
RE: Reformation
Abgesehen davon, dass ich glaube Luther wäre mit vielen Dingen die Dieter da aufgezählt hat auch nicht glücklich gewesen wäre, ist es ein Irrtum zu glauben Luther sei der einzige Reformator gewesen.
Nach ihm wären andere gekommen.
Calvin, Hus etc. gab es ja auch.

Der vernetzte Mensch von heute gerät in Gefahr,
die globalisierte Welt als eine Ansammlung von Zitaten zu erleben.

Doug Mack
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10.06.2012, 14:24
Beitrag: #4
RE: Reformation
Luthers Theologie war übrigends vorreformatorisch deckungsgleich mit der der katholischen Kirche. Was damals zum Streit geführt, war lediglich eine sprachliche Subtilität und zum anderen eine andere Aufassung zum Verhältnis zur Bibel.

Nach Luthers Ansicht würde der Mensch sich nur durch den Glauben "sola fidei" [!] rechtfertigen, das in den Augen der katholischen Kirche so nicht haltbar war. Glauben ist für die Kirche des 16. Jahrhunderts lediglich ein Intellektueller Akt (Scholastik bestimmte Theologie), aber eben auch der Akt der Ganzen und vor allem des Willens "voluntas" (Thomas von Aquin) um das mit dem Geist zu greifen was nicht bewiesen werden kann mit Verfahren, Experimenten. Sondern Glaube ist der willentliche Akt den Geist über das Beweisbare hinauszusteigern. Also ist es nicht die Rechtfertigung. Letzliche Gewissheit gibt der Glauben nicht. Und das ist eigentlich die Grundaussage von beiden in diesem Falle. Am 30.10.1999 haben übrigends beide Kirchen erklärt, dass sie das selbe meiten, das aber nie eigentlich gemerkt hätten.

Das andere der Rechtfertigungslehrer Luthers ist die "Sola scriptura", also nur der Kanon der Schrift ist wichtig für die Wahrheitsfindung und nicht das Lehramt der Kirche. Leider ist das - tut mir leid - logisch nicht begründbar, denn das was Luther als Bibel kannte wurde nur durch das Lehramt der Kirche festgelgt, eine reine Exegese ist in anbetracht der Zeit auch schon gar nicht mehr möglich gewesen um die Antworten auf die Zeit zu finden. Vor allem weil auch das was als Theologie auch von Luther her tradiert war von niemand anderem her kommen konnte als aus der katholischen Schule.

Zitat:Hätte sich die katholische Kirche von alleine reformiert?

Reformiert wahrscheinlich nicht, aber langsam gewandelt. Immerhin war die Kirche bis 1780 in das europäische Geistes- und Kultursystem Mitteleuropas fest inkulturiert, die Entwicklung hatte interessanterweise erst einen Bruch um 1790 mit der sog. Säkularisierung (siehe auch meine Serie). Den Anschluss hat meiner Ansicht die Kirche aber schon mit dem Ende des Mittelalters verloren, denn in der frühen Neuzeit wurde dann alles etwas chaotisch.

Zitat:Wir sehen doch am Besten, was die kath. Kirche heute noch für Schwierigkeiten mit dem Zölibat, der Empfängnisverhütung (sogar gegen Kondome), Frauen als Pfarrerinnen und mit homosexuellen Menschen hat.

Zum Zölibat: Es ist folgendes überliefert: "Nicht alle fassen dieses Wort, sondern jene, denen es gegben ist. Denn es gibt Ehelose, die vom Mutterleib so geboren sind und es gibt Ehelose, die von Menschen eheunfähig gemacht wurden; und es gibt Ehelose, die um des Himmelsreich willen sich aus der Ehe enthalten [...]" (Mt. 19 11 - 12). Zölibat. Und übrigends auch aus einem praktischen Grund: das mittelalterliche Erbrecht hat dazu geführt, dass man das Priesteramt auch vererben kann. Das wiederum bricht mit dem Recht der Kirche Priester einzusetzen, die sich dafür qualifizieren. Zölibat ist demnach eine willentliche Entscheidung eines Priesteranwärters, das er sich selbst auferlegt.

Zu den Kondomen: das verstehe ich auch nicht. Hat wohl etwas mit der Erbsündentheologie zu tun, bin mir aber nicht sicher. Möglicherweise steckt da aber auch der Neoplatonismus dahinter, dass der Körper an sich das schelchte am Menschen ist, nur der Geist das Gute. Somit wäre ein Sexualakt also deswegen verwerflich - weil er mit Geburtenkontrolle eben nur da ist um körperlichen Trieben nachzugeben ohne den eigentlichen Zweck zu verfolgen. Somit würde der Körper erst recht abgewertet, weil man ihn dann zum Selbstzweck für seine Bedürftnisse missbraucht. Das denke ist eher in der Philosophie des Hellenismus zu finden was sich auf das Christentum übertragen hat und somit tradiert ist. Also auch nicht änderbar.

Frauen als Pfarrerinnen: Gab es in der Frühkirche. Alledings steckt da auch wieder die griechische Philosphie dahinter: Die Frau ist auf den Haushalt, (oikos) reduziert, somit nicht berechtigt Mythen durchzuführen. Ist so tradiert, auch nicht änderbar.

Homosexuelle: siehe oben; allerdings ist hier anzumerken, dass gerade im Mittelalter und der Renaisance solche Menschen durch bestimmte Ämter (wie z. B. Sekretär von Prälaten) geschützt worden sind. (berühmtes Beispiel der Sekretär von Ascanio Kardinal Sforza um 1500). Eine aktive Bekämpfung (abgesehen von Priestern [!] fand nie statt.

Zitat:Wie wäre es geistesgeschichtlich in den nächsten paar Jahrhunderten weitergegangen?

Entweder langsamer Zerfall der kath. Kirche oder eine extreme Spaltung.

Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten

"Im übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielem Bücherschreiben und viel studieren ermüdet den Leib!" Kohelet 12,12
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10.06.2012, 16:47
Beitrag: #5
RE: Reformation
(09.06.2012 07:40)Maxdorfer schrieb:  Was wäre wohl geschehen, wenn es Luther nicht gegeben hätte oder wenn er einfach ein stiller stockkatholischer Mönch geblieben wäre?

Hätte die Reformation dann auch irgendwann stattgefunden? Hätte sich die katholische Kirche von alleine reformiert? Wie wäre es geistesgeschichtlich in den nächsten paar Jahrhunderten weitergegangen?
Es hätte eine Reformation gegeben, denn es gab auch andere Reformatoren zum Beispiel Calvin.
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13.06.2012, 16:43
Beitrag: #6
RE: Reformation
(09.06.2012 07:40)Maxdorfer schrieb:  Was wäre wohl geschehen, wenn es Luther nicht gegeben hätte oder wenn er einfach ein stiller stockkatholischer Mönch geblieben wäre?

Hätte die Reformation dann auch irgendwann stattgefunden? Hätte sich die katholische Kirche von alleine reformiert? Wie wäre es geistesgeschichtlich in den nächsten paar Jahrhunderten weitergegangen?

So etwas wie "Reformation" hätte es sicher im Laufe der Zeit gegeben. Ein Schisma war ja auch nicht neu, sondern gab es auch schon vor Luther. Letztlich fügt sich ja Luther in den geistigen Aufbruch Europas im 16. Jahrhundert ein. Interessanter wäre wohl die Frage, was wäre passiert, wenn es keinen Calvin oder Zwingli gegeben hätte, die sich mit ihren Lehren viel weiter von der Kirche entfernt haben, als Luther.

Man könnte das auch mit der Frage verbinden, was die reformierten Gemeinden überhaupt als identitätsstiftenden Wesenskern haben. Bis heute ist das ein gewisser Antipapismus, mehr aber auch nicht. "Errungenschaften" die Protestanten für sich reklamieren, wie etwa die Verbreitung des Bibellesens, scheiterten im Mittelalter an der praktischen Umsetzbarkeit. Die kulturelle und gesellschaftlichen Krisen um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert haben verschiedene religiöse Reformbewegungen hervorgebracht. Von den Niederlanden haben sie sich ab dem 15. Jahrhundert bis nach Westfalen und Württemberg ausgebreitet. Das bekannteste Zeugnis ist die "Nachfolge Christi" von Geert Groote bzw. Thomas von Kempen (die genaue Urheberschaft ist umstritten). Hier finden sich schon vor Luther Anweisungen für das Bibellesen. Freilich hat Luther mit seiner Übersetzung einen bleibenden historischen Fußabdruck hinterlassen, dessen Ungenauigkeiten wir gerne bis in die Gegenwart liebevoll pflegen. So liest man heute noch im modernen katholischen Bibelübersetzungen, dass Jesus ein "Zimmermann" war, obwohl das im Grunde eine Erfindung Luthers war. Den Beruf des Zimmermanns gab es zur Zeit Jesu überhaupt nicht.
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14.06.2012, 02:23
Beitrag: #7
RE: Reformation
(09.06.2012 07:40)Maxdorfer schrieb:  Was wäre wohl geschehen, wenn es Luther nicht gegeben hätte oder wenn er einfach ein stiller stockkatholischer Mönch geblieben wäre?

Hätte die Reformation dann auch irgendwann stattgefunden? Hätte sich die katholische Kirche von alleine reformiert? Wie wäre es geistesgeschichtlich in den nächsten paar Jahrhunderten weitergegangen?

Die Reformation hätte so oder so stattgefunden. Es gab neben Luther auch andere Reformatoren. So z.B. Zwingli, Müntzer, Melanchthon oder Calvin. D.h. die Reformation hätte sich auch ohne Luther nicht irgendwann, sondern eben (wie mit Luther) in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durchgesetzt.

Die katholische Kirche hätte sich im 16. Jahrhundert ohne die Reformation nicht neu formiert. Das Konzil von Trient, die Gegenreformation oder der Orden der Jesuiten sind ohne die Reformation nicht denkbar.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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14.06.2012, 14:45
Beitrag: #8
RE: Reformation
Generell stimme ich Sansavoir zu - die Reformation hätte es auch so gegeben.
Aber dass man die Gegenreformation Luther verdankt, bin ich mir nicht sicher. Denn auch die anderen Reformatoren hätten so etwas hervorgerufen.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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16.06.2012, 10:45
Beitrag: #9
RE: Reformation
Die Gegenreformation ist eine Reaktion der katholischen Kirche auf die Reformation im Allgemeinen und im Besonderen auf Luther. Hätte es Luther nicht gegeben, ständen andere Reformatoren im Blickpunkt. Ohne den äußeren Anstoß der Reformatoren hätte sich die katholische Kirche (zumindest im 16. Jh.) nicht zur Gegenreformation entschlossen bzw. das Konzil von Trient begonnen. Paul III. war ja noch ein typischer Vertreter der Renaissancepäpste.

Calvin begann sein reformatorisches Wirken erst 1536 in Genf, wobei er vom Werk und Wirken des Reformators Guillaume Farel beeinflusst wurde. Zwischen 1538 und 1541 predigte er in der französischen Gemeinde von Straßburg, er wird dort auf alle Fälle die Bekanntschaft Martin Bucers gemacht haben. Schließlich kehrte Calvin 1541 nach Genf zurück, wo er die Reformierte Kirche aufbaute bzw. die Lehre des Calvinismus begründete.

Ich führe dies auf, um zu zeigen, dass das Wirken Calvins etwa zeitgleich mit der Entstehung der Gegenreformation verlief. Calvin setzte sich nicht nur mit der katholischen Kirche sondern auch mit der Lehre Luthers auseinander.

Interessant ist auch, dass der Augsburger Religionsfriede von 1555 nur ein Kompromiss zwischen Katholiken und den Anhängern Luthers war. Für Calvinisten trafen die Bestimmungen nicht zu. Nach 1560 fanden z.B. im Kurfürstentum Sachsen erbitterte Kämpfe zwischen orthodoxen Lutheranern und Calvinisten bzw. sog. Kryptocalvinisten statt.

Abschließend würde ich sagen, dass Luther nicht nur ein Reformator von vielen war, sondern die zentrale Figur der Reformation. Hätte er es vorgezogen, weiterhin ein kleiner Augustinermönch zu bleiben, hätte ein anderer Reformator die zentrale Rolle Luthers während der Reformation ausfüllen müssen.

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16.06.2012, 11:01
Beitrag: #10
RE: Reformation
Ich danke für eure interessanten und vielfältigen Antworten. Mal sehen, ob ich eine Zusammenfassung schreibe.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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22.06.2012, 11:35
Beitrag: #11
RE: Reformation
(10.06.2012 12:36)Viriathus schrieb:  Abgesehen davon, dass ich glaube Luther wäre mit vielen Dingen die Dieter da aufgezählt hat auch nicht glücklich gewesen wäre, ist es ein Irrtum zu glauben Luther sei der einzige Reformator gewesen.
Nach ihm wären andere gekommen.
Calvin, Hus etc. gab es ja auch.
Lieber Viriathus,
diese Reformatoren sind mir bekannt, ich könnte noch Zwingli nennen. Übrigends Hus wurde als Ketzer verbrannt und auch Calvin ist kein natürlichen Todes gestorben.Rolleyes

Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu
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22.06.2012, 14:32
Beitrag: #12
RE: Reformation
(10.06.2012 14:24)WernerS schrieb:  Luthers Theologie war übrigends vorreformatorisch deckungsgleich mit der der katholischen Kirche. Was damals zum Streit geführt, war lediglich eine sprachliche Subtilität und zum anderen eine andere Aufassung zum Verhältnis zur Bibel.

Du verkennst dabei, dass Luther zentrale Lehren der römisch-katholischen Kirche ablehnte:

1. "Gute Werke" sind sinnlos, denn die Gnade Gottes erlangt der Mensch allein durch den Glauben (Rechtfertigungslehre).

2. Hinfällig sind damit Askese, Mönchtum und Priestertum.

3. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien, woduch das Sakrament der Priesterweihe entfällt.

4. Jeder hat die Fähigkeit zum Verständnis der Bibel, zur Predigt und Taufe.

5. Päpste und Konzilien können irren und haben sich im Verlauf der Geschichte bereits mehrfach geirrt.

6. Die Heiliige Schrift ist alleinige Glaubengrundlage, sodass es statt der 7 Sakramente nur noch 2 gibt: Taufe und Abendmahl.

7. All das führt zu einem Ende des in der katholischen Kirche gebräuchlichen Marienkults.

Aus all dem geht hervor, dass Luthers Lehre keineswegs "deckungsgleich" mit der katholischen Kirche war, sondern ihr in zentralen Glaubenssätzen widersprach.
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22.06.2012, 18:10
Beitrag: #13
RE: Reformation
Zitat:1. "Gute Werke" sind sinnlos, denn die Gnade Gottes erlangt der Mensch allein durch den Glauben (Rechtfertigungslehre).


Das widerspricht sich nicht mit der Lehre der Vorreformatorischen Kirche. Es ist nur anders formuliert, das ist allerdings erst in den 1990ern aufgefallen: die Rechtfertigung durch den Glauben, ist ein vollständig intellektueler Akt. Das ist nichts neues und deckt sich ebenso mit der kath. Scholastik: fides querens intellektum. Glaube durch durch die Vernunft. Und die Vernunft wiederum kann nur durch die Gnade Gottes daran glauben.

Zitat:2. Hinfällig sind damit Askese, Mönchtum und Priestertum.

Was es in der Lutherisch-protestantischen Kirchen teilweise immernoch gibt.
Hat mit der Theologie als Solches aber nichts zu tun.

Zitat:Es gibt keine Unterscheidung zwischen Geistlichen und Laien, woduch das Sakrament der Priesterweihe entfällt.

Das ist mir zwar neu, hat aber mit der Theologie an sich nichts zu tun. Es geht mir um die Lehre bzw. Theologie als die Rede über Gott.

Zitat:5. Päpste und Konzilien können irren und haben sich im Verlauf der Geschichte bereits mehrfach geirrt.
6. Die Heiliige Schrift ist alleinige Glaubengrundlage, sodass es statt der 7 Sakramente nur noch 2 gibt: Taufe und Abendmahl.

Wernn fünf stimmt, dann kann 6 auch nicht unbedingt stimmen. Denn die Kanonbildung ist ja gerade aus der Lehre der Kirche entstanden. Also das ist nun wirklich gegen die kath. Kirche, wobei auch die Wahrheitsfindung keine Theologie in Sinne ist. Hier geht es um die Exegese (die man ja dann nicht bräuchte) und um die Religionsphilosphie. Das habe ich bereits gesagt.

Zitat:Jeder hat die Fähigkeit zum Verständnis der Bibel, zur Predigt und Taufe.

Das geht in die selbe Richtung wie 5 + 6, nur weiß ich nur nicht, ob die Taufe hier aktiv oder passiv gemeint ist.

Zitat:7. All das führt zu einem Ende des in der katholischen Kirche gebräuchlichen Marienkults.

Das ist ein nachreformatorischer Punkt. Der Marienkult ist hauptsächlich schon erst dem 19. Jahrhundert entwachsen, eine Kulturalisierung war vorher eher latent keine Lehre in dem Sinne.

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23.06.2012, 00:44
Beitrag: #14
RE: Reformation
(22.06.2012 18:10)WernerS schrieb:  
Zitat:1. "Gute Werke" sind sinnlos, denn die Gnade Gottes erlangt der Mensch allein durch den Glauben (Rechtfertigungslehre).


Das widerspricht sich nicht mit der Lehre der Vorreformatorischen Kirche. Es ist nur anders formuliert, das ist allerdings erst in den 1990ern aufgefallen: die Rechtfertigung durch den Glauben, ist ein vollständig intellektueler Akt. Das ist nichts neues und deckt sich ebenso mit der kath. Scholastik: fides querens intellektum. Glaube durch durch die Vernunft. Und die Vernunft wiederum kann nur durch die Gnade Gottes daran glauben.

Für die katholische Kirche waren nicht allein der Glaube, wie Luther sagte, sondern auch die "Guten Werke" eines Christen für dessen Seligkeit notwendig. Diese Auffassung wurde nicht 1990 "zufällig entdeckt", sondern auf dem Konzil von Trient im 16. Jh. nochmals ausdrücklich bekräftigt.

(22.06.2012 18:10)WernerS schrieb:  Was es in der Lutherisch-protestantischen Kirchen teilweise immernoch gibt.
Hat mit der Theologie als Solches aber nichts zu tun.

Es ging in diesem Thread um wichtige Veränderungen, die Luthers Lehre bewirkte. Und dazu zählt eindeutig die Aussage, dass Mönchtum und Askese entbehrlich seien, da der Christenmensch dies nicht auf dem Wege zu Gott brauche.

(22.06.2012 18:10)WernerS schrieb:  Das ist mir zwar neu, hat aber mit der Theologie an sich nichts zu tun. Es geht mir um die Lehre bzw. Theologie als die Rede über Gott.

Nach Luthers Lehre gab es kein privilegiertes Priestertum, das allein binden und lösen konnte. Luther sagte ganz deutlich:

"Ein jeglicher Christenemsch ist zweierlei Natur, geistlicher und leiblicher ... Also hilft es der Seele nichts, ob der Leib heilige Kleider anlegt, wie Priester und Geistliche tun..., ob er leiblich bete oder faste, wallfahre und alle guten Werke tue ... Wo (die Seele) das Wort hat, bedarf es keines anderen Dings mehr." (Martin Luthers Werke, Briefwechsel, Bd. 7, Weimarer Ausgabe, S. 21 f.)

Damit ist wirklich alles gesagt! Für Luther gibt es keine Unterscheidung mehr zwischen Geistlichen und Laien, keinen Priester, der eine privililegierte Stellung zu Gott hat. Der lutherische Pfarrer ist künftig lediglich Prediger und höchstens Amtsperson.

(22.06.2012 18:10)WernerS schrieb:  Wernn fünf stimmt, dann kann 6 auch nicht unbedingt stimmen. Denn die Kanonbildung ist ja gerade aus der Lehre der Kirche entstanden. Also das ist nun wirklich gegen die kath. Kirche, wobei auch die Wahrheitsfindung keine Theologie in Sinne ist. Hier geht es um die Exegese (die man ja dann nicht bräuchte) und um die Religionsphilosphie. Das habe ich bereits gesagt. .

In seiner Rede in Worms sagte Luther am 16. April 1521 u.a.:

"Denn weder dem Papst noch den Konzilien allein vermag ich zu glauben, da es feststeht, dass sie wiederholt geirrt und sich selbst widersprochen haben." (zit. nach: Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung, Bd. 3, hrsg. von Ulrich Köpf, Stuttgart 2001, S. 175)

Im Gegensatz zu Luther erklärte die katholische Kirche nicht nur die Heilige Schrift, sondern auch die Tradition der Kirche und die Lehren der Kirchenväter zur Glaubensgrundlage.

Für Luther hingegen war lediglich die Heilige Schrift in ihrem ursprünglichen Wortlaut als alleinige Glaubensgrundlage verbindlich, sodass deswegen nur zwei Sakramente - Taufe und Abendmahl - statt bislang sieben Sakramente galten.

(22.06.2012 18:10)WernerS schrieb:  Das ist ein nachreformatorischer Punkt. Der Marienkult ist hauptsächlich schon erst dem 19. Jahrhundert entwachsen, eine Kulturalisierung war vorher eher latent keine Lehre in dem Sinne.

Fakt ist, dass die Marienverehrung - ebenso wie die Verehrung der Heiligen und der Reliquien - durch Luthers Glaubenssätze ein Ende fand.
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23.06.2012, 09:40
Beitrag: #15
RE: Reformation
(22.06.2012 14:32)Dietrich schrieb:  
(10.06.2012 14:24)WernerS schrieb:  Luthers Theologie war übrigends vorreformatorisch deckungsgleich mit der der katholischen Kirche. Was damals zum Streit geführt, war lediglich eine sprachliche Subtilität und zum anderen eine andere Aufassung zum Verhältnis zur Bibel.

Du verkennst dabei, dass Luther zentrale Lehren der römisch-katholischen Kirche ablehnte:

Dietrich hat allerdings darin recht, dass er offenbar unterscheidet zwischen dem "vorreformatorischen" Luther und dem nach 1517 (?). Vor dem Thesenanschlag (eigentlich auch noch MIT dem Thesenanschlag) wollte Luther eigentlich immer noch INNERHALB der katholischen Kirche auf Missstände aufmerksam machen und diese bekämpfen, danach sah er, dass dies nicht gehen würde und entfernte sich immer mehr von der katholischen Kirche, bis es zur Bannbulle des Papstes und zum Bruch auch seitens von Luther kam.
Dass sich im Laufe diese Prozesses zwischen 1517 (als Luther erstmals als Reformer auf eine größere Bühne trat) und 1520 (als er die päpstliche Bannbulle verbrannte) auch theologisch so einiges bei Luther tat, er sich bspw. von Augustinus und den Scholastikern und Mystikern des Mittelalters entfernte bzw. emanzipierte, dürfte eigentlich logisch sein.

Worauf wir bei dieser Diskussion auch noch aufpassen müssen, siehe das Thema "Askese und Protestantismus" oder auch "Mystik im Protestantismus" (was m.E. erst mit dem Pietismus so richtig im deutschen Protestantismus ankam), ist, dass Luther nach 1517 so Einiges erst richtig ausformulierte, und dass NACH Luther die protestantische Theologie natürlich nicht stehen blieb, sondern sich weiter entwickelte. Und auch die Gläubigen machten öfter mal aus der lutherischen und protestantischen Theologie etwas, was die Theologen so gar nicht gewollt hatten.

VG
Christian
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26.06.2012, 10:03
Beitrag: #16
RE: Reformation
(23.06.2012 09:40)913Chris schrieb:  Worauf wir bei dieser Diskussion auch noch aufpassen müssen, siehe das Thema "Askese und Protestantismus" oder auch "Mystik im Protestantismus" (was m.E. erst mit dem Pietismus so richtig im deutschen Protestantismus ankam), ist, dass Luther nach 1517 so Einiges erst richtig ausformulierte, und dass NACH Luther die protestantische Theologie natürlich nicht stehen blieb, sondern sich weiter entwickelte. Und auch die Gläubigen machten öfter mal aus der lutherischen und protestantischen Theologie etwas, was die Theologen so gar nicht gewollt hatten.
VG
Christian
Lieber Christian,
das ist das Gute an einer lebendigen Kirche, dass sie sich immer weiterentwickelt.Wink

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