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Reformation
10.06.2012, 14:24
Beitrag: #4
RE: Reformation
Luthers Theologie war übrigends vorreformatorisch deckungsgleich mit der der katholischen Kirche. Was damals zum Streit geführt, war lediglich eine sprachliche Subtilität und zum anderen eine andere Aufassung zum Verhältnis zur Bibel.

Nach Luthers Ansicht würde der Mensch sich nur durch den Glauben "sola fidei" [!] rechtfertigen, das in den Augen der katholischen Kirche so nicht haltbar war. Glauben ist für die Kirche des 16. Jahrhunderts lediglich ein Intellektueller Akt (Scholastik bestimmte Theologie), aber eben auch der Akt der Ganzen und vor allem des Willens "voluntas" (Thomas von Aquin) um das mit dem Geist zu greifen was nicht bewiesen werden kann mit Verfahren, Experimenten. Sondern Glaube ist der willentliche Akt den Geist über das Beweisbare hinauszusteigern. Also ist es nicht die Rechtfertigung. Letzliche Gewissheit gibt der Glauben nicht. Und das ist eigentlich die Grundaussage von beiden in diesem Falle. Am 30.10.1999 haben übrigends beide Kirchen erklärt, dass sie das selbe meiten, das aber nie eigentlich gemerkt hätten.

Das andere der Rechtfertigungslehrer Luthers ist die "Sola scriptura", also nur der Kanon der Schrift ist wichtig für die Wahrheitsfindung und nicht das Lehramt der Kirche. Leider ist das - tut mir leid - logisch nicht begründbar, denn das was Luther als Bibel kannte wurde nur durch das Lehramt der Kirche festgelgt, eine reine Exegese ist in anbetracht der Zeit auch schon gar nicht mehr möglich gewesen um die Antworten auf die Zeit zu finden. Vor allem weil auch das was als Theologie auch von Luther her tradiert war von niemand anderem her kommen konnte als aus der katholischen Schule.

Zitat:Hätte sich die katholische Kirche von alleine reformiert?

Reformiert wahrscheinlich nicht, aber langsam gewandelt. Immerhin war die Kirche bis 1780 in das europäische Geistes- und Kultursystem Mitteleuropas fest inkulturiert, die Entwicklung hatte interessanterweise erst einen Bruch um 1790 mit der sog. Säkularisierung (siehe auch meine Serie). Den Anschluss hat meiner Ansicht die Kirche aber schon mit dem Ende des Mittelalters verloren, denn in der frühen Neuzeit wurde dann alles etwas chaotisch.

Zitat:Wir sehen doch am Besten, was die kath. Kirche heute noch für Schwierigkeiten mit dem Zölibat, der Empfängnisverhütung (sogar gegen Kondome), Frauen als Pfarrerinnen und mit homosexuellen Menschen hat.

Zum Zölibat: Es ist folgendes überliefert: "Nicht alle fassen dieses Wort, sondern jene, denen es gegben ist. Denn es gibt Ehelose, die vom Mutterleib so geboren sind und es gibt Ehelose, die von Menschen eheunfähig gemacht wurden; und es gibt Ehelose, die um des Himmelsreich willen sich aus der Ehe enthalten [...]" (Mt. 19 11 - 12). Zölibat. Und übrigends auch aus einem praktischen Grund: das mittelalterliche Erbrecht hat dazu geführt, dass man das Priesteramt auch vererben kann. Das wiederum bricht mit dem Recht der Kirche Priester einzusetzen, die sich dafür qualifizieren. Zölibat ist demnach eine willentliche Entscheidung eines Priesteranwärters, das er sich selbst auferlegt.

Zu den Kondomen: das verstehe ich auch nicht. Hat wohl etwas mit der Erbsündentheologie zu tun, bin mir aber nicht sicher. Möglicherweise steckt da aber auch der Neoplatonismus dahinter, dass der Körper an sich das schelchte am Menschen ist, nur der Geist das Gute. Somit wäre ein Sexualakt also deswegen verwerflich - weil er mit Geburtenkontrolle eben nur da ist um körperlichen Trieben nachzugeben ohne den eigentlichen Zweck zu verfolgen. Somit würde der Körper erst recht abgewertet, weil man ihn dann zum Selbstzweck für seine Bedürftnisse missbraucht. Das denke ist eher in der Philosophie des Hellenismus zu finden was sich auf das Christentum übertragen hat und somit tradiert ist. Also auch nicht änderbar.

Frauen als Pfarrerinnen: Gab es in der Frühkirche. Alledings steckt da auch wieder die griechische Philosphie dahinter: Die Frau ist auf den Haushalt, (oikos) reduziert, somit nicht berechtigt Mythen durchzuführen. Ist so tradiert, auch nicht änderbar.

Homosexuelle: siehe oben; allerdings ist hier anzumerken, dass gerade im Mittelalter und der Renaisance solche Menschen durch bestimmte Ämter (wie z. B. Sekretär von Prälaten) geschützt worden sind. (berühmtes Beispiel der Sekretär von Ascanio Kardinal Sforza um 1500). Eine aktive Bekämpfung (abgesehen von Priestern [!] fand nie statt.

Zitat:Wie wäre es geistesgeschichtlich in den nächsten paar Jahrhunderten weitergegangen?

Entweder langsamer Zerfall der kath. Kirche oder eine extreme Spaltung.

Wer die Vergangheit nicht achtet, dem kann es die Zukunft kosten

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