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Testament Konradins von Hohenstaufen
17.08.2018, 15:46
Beitrag: #12
RE: Testament Konradins von Hohenstaufen
Dass eine Tochter von König Rudolf I. (Graf Rudolf IV. von Habsburg) einen Sohn von König Karl heiratete, es ist zwar verlockend, hier bereits eine Verschwörungstheorie gegen Konradin zu vermuten, aber ich selbst halte es für glaubwürdiger, dass Rudolf bei der Hinrichtung keine Rolle gespielt hat. Die Vorteile, die Rudolf langfristig aus Konradins und Friedrichs Hinrichtungen hatte, dürften nämlich zum Zeitpunkt von diesen (auch für Rudolf) noch nicht absehbar gewesen sein, und auch wenn ich es für wahrscheinlich halte, dass Rudolf bei seiner Königswahl keineswegs völlig unbeteiligter Kandidat war, zum Zeitpunkt von Konradins und Friedrichs Hinrichtung war sein Aufstieg doch wohl kaum vorhersehbar. Ohne seine Wahl zum König hätte Rudolf wahrscheinlich nicht die Möglichkeit gehabt, die Herzogtümer beziehungsweise Reichsfürstentümer Österreich und Steier (und vielleicht auch Kärnten) für die eigene Familie zu gewinnen und mit Blick auf deren Lage hätte er sich selbst wohl eher um Herrschaften bemüht, die direkt an seine damaligen Gebiete grenzten. (Rudolf belagerte gerade Straßburg, als er zum König gewählt wurde. Wäre er weiterhin Graf geblieben, wer weiß, ob er nicht in irgendeiner Form die Herrschaft über Straßburg gewonnen hätte.

Die spätere Heirat zwischen seiner Tochter und dem Sohn von Karl dürfte eher damit zusammenhängen, dass es galt, die Beziehungen zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Karl zu bereinigen. Der Aufsteiger Rudolf brachte so erstens eine weitere vorteilhafte (internationale) Ehe für eine seiner Töchter zustande, auf der anderen Seite wurde so der Konflikt bereinigt (der zukünftige Kaiser ist nicht länger der Erbe der Staufer für Sizilien-Neapel.) Außerdem dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass Karl Kontakte mit dem ungarischen Herrscherhaus der Arpaden aufbaute, ein Nachfahre von ihm sollte die Arpaden später tatsächlich beerben und das Königreich Ungarn war ein Nachbar der Herzogtümer Österreich und Ungarn.

Für Przemysl Ottokar dagegen war die Hinrichtung Friedrichs von Baden jedenfalls sehr günstig. Auch wenn seine Position damals recht sicher war, damit wurde ein Erbe mit Ansprüchen, die als berechtigt gelten konnten, endgültig ausgeschaltet (Friedrich hatte noch keine Nachkommen). Dass es keinen Herrscher Konradin geben würde, dürfte Ottokar nicht gestört haben. Er soll selbst Interesse an der Kaiserkrone gehabt haben, damit wurde ein wichtiger Konkurrent endgültig ausgeschaltet. Aber selbst, wenn die Annahme, dass er selbst Kaiser werden wollte, falsch ist, wird es Ottokar nicht gestört haben, Konradin los zu sein, dessen Parteigänger (und Freund?) Friedrich war und der sicher dessen Ansprüche und auch im Fall von dessen Tod nicht Ottokars Ansprüche unterstützte.

(Eine Bestätigung könnte darin zu finden sein, dass Friedrichs Mutter Gertrud nach seiner Hinrichtung das Herzogtum Steier verließ und ihre letzten Lebensjahre bei einem Zweig der Wettiner, zu dem über ihre bereits verstorbene Schwester Konstanze eine Verwandtschaft bestand) verbrachte. Auch wenn berücksichtigt wird, dass jene Chronik, die diesbezüglich als Hauptquelle gilt (und die erst nach Ottokars Tod verfasst wurde), Gertruds Vertreibung (angeblich zwang Ottokar sie zum sofortigen Aufbruch, obwohl gerade ein Gewitter niederging, sie durfte nicht einmal bleiben, bis dieses vorbei war) drastisch ausgeschmückt haben, um Ottokar als besonders üblen und rücksichtslosen Kerl zu zeigen, dürfte ihre endgültige Abreise nicht freiwillig erfolgt sein.)

Über Richard von Cornwall weiß ich zu wenig, um da Überlegungen anstellen zu können. Allerdings war Richard ein Neffe jener Joanna, die mit Roger II. von Sizilien verheiratet gewesen war, und immerhin kommt noch der Umstand, dass sie alle aus der Normandie waren, hinzu. Mag sein, dass Richard von Cornwall sich durchaus als Erbe des Königreiches Neapel-Sizilien sah, auch wenn er diesen Erbanspruch nicht aktiv verfolgt hat. Er könnte in einer Hinrichtung von Konradin durch Karl für sich einen doppelten Nutzen gesehen habe. Einerseits wird ein Konkurrent um die Kaiserkrone ausgeschaltet, andererseits ein Anwärter auf die Königskrone von Neapel-Sizilien, und der große Vorteil für Richard. Er macht sich dabei nicht selbst die Hände schmutzig, sehr wohl aber Karl. Später, wenn die Bedingungen günstiger für Richard sein, erhebt dieser Ansprüche auf Sizilien, er ist nicht einmal vorbelastet und dort herrscht mit Karl ein "Königsmörder" …

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Josephine Tey, Alibi für einen König
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RE: Testament Konradins von Hohenstaufen - Teresa C. - 17.08.2018 15:46

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