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Verteidigungsanlagen :
16.02.2013, 13:28
Beitrag: #16
Linzer (Maximilianische) Turmlinie:
Da hier schon Beiträge über manche sehr interessante Verteidigungsanlagen zu finden sind möchte ich mal ein Thema bringen, das ich schon im alten Forum gebracht habe, die Linzer Turmlinie, mit dieser habe ich mich vor allem im Jahr 2011 sehr intensiv auseinandergesetzt:

Zwischen 19.7 und 23.7 1832 wurde die Stadt Linz von einer prominenter Persönlichkeit besucht, nicht irgendeiner bekannten Person damaliger Zeit sondern von Kaiser Franz I persönlich. Sein Besuch wurde begleitet von zahlreichen Feierlichkeiten.
Kein Wunder sorgten in dieser Zeit doch 2 wichtige Projekte, die nun vom Kaiser besucht wurden für Aufsehen und Interesse, zum einen die der Pferdeeisenbahn zwischen Linz und Budweis, die am 1. August 1832 ihren Betrieb aufnahm und zum anderen stand die Besichtigung der Maximilianischen Turmlinie durch den Kaiser an. Auf diese weltweit einzigartige Verteidigungsanlage möchte ich nun näher eingehen.

-Ausgangslage-Erfinder: Im 19. Jahrhundert wurde zunehmend klar, dass die alten Festungsbauten ausgedient hatten. Bei den Zügen Napoleons und den Abwehrmaßnahmen gegen ihn spielten sie kaum noch eine Rolle. Es stellte sich die Frage wie man Städte sonst verteidigen sollte. Einer der versuchte auf diese Frage eine Antwort zu finden war Erzherzog Maximilian d Este (ein Enkel Maria Theresias). Er war Hochmeister des Deutschen Ordens und „Erfinder“ der Linzer Turmlinie.
Die mehrmalige Eroberung der Stadt Linz durch Napoleon (ein besonders grausamer Abschnitt der Stadtgeschichte jener Zeit ist die Schlacht von Ebelsberg im Jahr 1809) war es die Maximilian dazu bewegte die von ihm konzipierte Befestigung bei Linz errichten zu lassen.

-Konzept: Rund um die Stadt wurde ein Gürtel aus „Festungstürmen“ gebildet. Die Türme waren nicht das was man im klassischen Sinn als Turm versteht, sie waren eher gar nicht so hohe Rundbauten, die als Kasernen genutzt werden konnten.
Angelegt waren die „Türme“ so das sie die Stadt umgaben, aber weit genug außerhalb dieser entfernt lagen, das Linz nicht von Gefechten betroffen waren. Ein jeder Turm lag in Sichtweite des jeweiligen Nachbarturms und konnte daher im Kriegsfall den „Nachbarn“ zu Hilfe kommen, oder sich mit Hilfe von Palisaden verbinden (es wäre gedacht gewesen die Türme mit einer Palisadenlinie im Kriegsfall zu verbinden). Insgesamt bestand die Anlage aus 32 solche Türme, daneben existierten noch Vorwerke, die gebaut wurden wenn der Abstand zwischen 2 Türmen relativ groß war.
Betrachtet man das Thema genauer kommt man drauf, das die Verteidigungslinie in ihren Einzelheiten sehr gut durchdacht war. Die Türme waren so angelegt das die wichtigsten Straßen die in die Stadt führten durch sie zu verteidigen waren, die Donau konnte im Westen durch eine Sperrkette zwischen 2 Türmen die wiederum mit Anschlussmauern mit einer etwas höher liegende Warte verbunden waren, abgeriegelt werden, im Osten des Flusses standen mehrere Türme zur Verteidigung bereit.
Außer den erwähnten Anschlusstürmen befanden sich zwischen in Türmen in Friedenszeiten keine ständigen Mauern, eine Ausnahme stellte das Fort-Pöstlingberg dar, dieses beherbergte mehre (heute noch zu sehende) Türme, die mit Mauern verbunden waren. Im Kriegsfall sollte das Fort als Komandozentrale dienen.
Nicht nur die Gesamtanlage auch die Türme selbst hatten ein interessantes Konzept. Um eine
eigenständige Wasserversorgung im Fall einer Belagerung gewährleisten zu können, befand sich im Zentrum der meisten Türme ein Brunnen, außerdem sollte jeder Turm Vorräte für mehrere Monate und eine große Menge an Waffen beherbergen. Von Außen waren sie zusätzlich geschützt durch einen Schutzwall der die von der Stadt abgewandte Seite schützte. Eine interessante Rolle hatte das Dach, dieses wurde gleich am Anfang gebaut und diente als „Arbeiterunterkunft“ im Kriegsfall sollte es abgenommen werden um auf dem Offenen Verdeck Kanonen positionieren zu können.

-Geschichte: Nachdem am Freinberg (einer der „Hausberge“ von Linz) ein Probeturm errichtet und erfolgreich beschossen wurde, wurde mit dem Bau der Turmlinie begonnen, etwas was auch die Stadtbevölkerung sehr interessierte. Die Türme waren noch lange später beliebte Ausflugsziele und der Pöstlingberg, mit einer Wahlfahrtskirche war in Friedenszeiten keineswegs militärisches Sperrgebiet.
Im Jahr 1838 wurden die Türme dem Militär übergeben, die neuartige Anlage sollte Vorbild für Verteidigungsanlagen in anderen Städten der Monarchie werden, aber schon bald sorgten enorme Kosten und eine Veränderung der Waffentechnik dafür das die Anlage aufgelassen wurde, ohne je auf die Probe gestellt worden zu sein. Ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden die Türme verkauft, war nur einen Bruchteil der Kosten zurückbrachte.
Viele der Türme fielen dem Bau von Wohnungen, Straßen (etwa der Anschlussturm in der Puchenau) oder dem Bau von Industrieanlagen (vor allem an der östlichen Donauseite) zum Opfer.

-Mein Bezug/heutiges: Einige der Türme existieren jedoch heute noch, manche sind ungenutzt, stehen einfach so in der Landschaft herum, manche wurden stark verändert und werden z.B. heute als Wohntürme genutzt und bei manchen ist es sogar so das sie zu den bedeutenden Attraktionen der Stadt gehören und kaum jemand ist sich bewusst das sie mal Teil der Turmlinie waren. So ist etwa die Grottenbahn auf dem Pöstlingberg ein ehemaliger Turm, genauso wie die Aussichtsplattform dort oder die Bergstation der Pöstlingbergbahn. Aber nicht nur auf dem Pöstlingberg gibt es bedeutende Bauten, die von damals stammen, am Probeturm am Freinberg gehen täglich etliche Spatziergänger vorbei, in Leonding gibt es ein Museum zum Thema und der sehr gut erhaltene Anschlussturm auf der Südseite der Donau, der heute einer Burschenschaft gehört, bildet die Stadtgrenze zwischen Linz und Willhering.
Neben diesen relativ bekannten Gebäuden gibt es auch noch etliche andere heute noch bestehende Türme, die Stadt Leonding und die Puchenau (beide schließen an Linz an) haben beide „Turmwege“ angelegt, die sehr interessante Informationen bieten.
Bin diese Turmwege schon etliche mal gegangen und ständig auf der Suche nach neuen Infos zum Thema. Bin draufgekommen das ich mich schon als Kind gefragt habe was es mit dem Turm nahe des Kreuzwegs (aufstieg zum Pöstlingberg) auf sich hat (es handelt sich dabei um Turm 20), genauso wie mit den zahlreichen Mauern am Berg oben. Gerade auf diesem bekannten Ausflugsberg findet man viele Spuren, aber auch in der Stadt selbst findet man Türme, etwa Turm 24 (nicht allzu weit weg von meinem Wohnort) und Turm 25. Die Stadt war damals viel kleiner, was damals außerhalb war ist heute in der Stadt. Aber auch auf Standortsuche begebe ich mich (mit meinem Fotoapparat „bewaffnet“) gerne, die Markante Schanze oder manche Straßenverläufe deuten oft noch heute darauf hin das hier ein Turm gestandne hat. Nach Informationssuche im Internet gehe ich den Standorten immer wieder gerne mal nach (manche Standorte wie z.B. der von Turm 14 sind wirklich noch gut erkennbar).

Das Thema ist in Linz wenig beachtet, vielleicht auch deshalb weil der Militärische Versuch ja im Prinzip ein Flop war. Aber, wie schon etliche male hier im Forum erwähnt finde ich gerade Themen die nicht so viel Beachtung finden oft sehr interessant. Zu schreiben gäbe es noch genug, ich habe im heurigen Jahr viele Infos gesammelt, aber ich denke das Infos über genaue Standorte, heutige Nutzung, usw. nicht nur den Rahmen sprengen würden sondern auch für Nichtlinzer kaum von Interesse sein wird.

Abschließend möchte ich noch sagen: Wie bei anderen Themen der Geschichte auch, habe ich den Eindruck das Linz hier mehr zu bieten hat als es sich bewusst ist.
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