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Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
11.06.2019, 12:16
Beitrag: #1
Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(24.02.2016 21:02)Suebe schrieb:  Im ausgehenden Hochmittelalter, dem beginnenden Spätmittelalter entwickelten sich "unterhalb" der Stammesherzogtümer regionale Territorialherrschaften.
Die im Spätmittelalter dann die Stammesherzogtümer mehr oder weniger ersetzten.

Ich habe hierzu leider nur regionale, sprich Südwestdeutsche Kenntnisse die ich die nächten Tage hier einbringen werde, es wäre aber schön, wenn weitere "Regionalisten" die Entwicklungen in "ihren" Regionen beschreiben könnten.

Anlass hierzu, der Wittelsbacher-3nd.


Ich hoffe, dass es die Forenmitglieder interessieren könnte.

Im Hause Hohenzollern gibt es am Anfang des 15. Jahrhunderts ein Ereignis, das sich mindestens 2 Jahrhunderte negativ auf die Entwicklung der Herrschaften der schwäbischen Hohenzollern auswirkte.

Es hat über Schwab/Hauff Eingang in die deutsche Literatur gefunden, einschl. eines Spielfilmes.
"Das Wirtshaus im Spessart"

Die Ereignisse haben bei mir praktisch "vor der Haustür" stattgefunden, und hier gibt es recht neue Forschungsergebnisse aus dem aktuellen Jahrtausend, über die ich bei Interesse berichten könnte.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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01.07.2019, 20:04
Beitrag: #2
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Um hier mal endlich weiter zu machen.

Die Grafen von Zollern haben sich im Jahr 1288 in zwei Linien aufgespalten.
Zollern-Hohenzollern und Zollern-Schalksburg.
Aber bei beiden Linien war die "Decke" recht dünn, sprich es haben die Mittel gefehlt um Chancen zur Erwerbung weiterer Besitzungen zu nutzen.
Die Linie Zollern-Schalksburg hatte ihre Besitzungen rund um die Schalksburg mit dem Mittelpunkt Balingen, die Herrschaft Winzeln nicht weit davon bei Tieringen, und rund um das Donaustädtchen Mühlheim a.D. herum.
Die Herrschaft Winzeln wurde schon recht bald verkauft, und Mühlheim wurde um 1330 herum verkauft, und als Lehnen zurückgenommen.
Alles deutet auf ständige finanzielle Probleme hin.
1377 fiel der damalige Schalksburg-Graf in der Schlacht bei Reutlingen, als die Württemberger plus Anhang im Städtekrieg böse unter die Räder kamen (siehe Ludwig Uhland) Leichname und Rüstungen mussten von den Hinterbliebenen ausgelöst werden. (in Reutlingen beim alten Rathaus zeigen sie noch heute die Wappen der damals Gefallenen)
der etwas jüngere Bruder, beide hießen Friedrich (echt, in der selben Generation ein bei den Zollern häufiger Fall) der "Erbe" trug zur Unterscheidung den Namen "Mülli" der sehr viele Schwestern und Brüder zu versorgen=zB im Kloster unterzubringen, hatte. So wurde die Decke noch dünner.
1403 starb sein einziger Sohn im jugendlichen Alter (Begraben in der Stadtkirche in Balingen)
Mülli und seine Frau sahen dann wohl nicht mehr ein, wofür sie sich weiter mit der Grafschaft belasten sollten. Außerdem musste die einzige Tochter noch versorgt werden.
So entschloss man sich recht rasch den "Bettel" loszuschlagen und verkaufte noch im Jahr 1403 an Graf Eberhard von Württemberg.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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02.07.2019, 19:22
Beitrag: #3
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(01.07.2019 20:04)Suebe schrieb:  ...So entschloss man sich recht rasch den "Bettel" loszuschlagen und verkaufte noch im Jahr 1403 an Graf Eberhard von Württemberg.

Hinzu dürfte noch gekommen sein, dass Friedrich Mülli und seine Ehefrau zwar zum Adel zählten, aber offensichtlich nach dem Tod des Sohnes auch keine relevante Möglichkeit bestanden haben dürfte, die eigene Familienlinie indirekt über die Nachfahren der Tochter weiterzuführen, wie sich das einigen anderen Fällen beim Adel (und nicht nur dort) beobachten lässt.

In diesem Zusammenhang wäre auch sicher interessant, ob die Grafen von Zollern (beziehungsweise dieser Familienzweig) jemals zum Reichsfürstenstand zählten oder das zumindest zu behaupten versuchen beziehungsweise diese Zugehörigkeit angestrebt haben. (Ein Indiz für die Zugehörigkeit zum Reichsfürstenstand ist übrigens die Verwendung der Formeln "von Gottes Gnaden ..... (in diesem Fall Graf) von" Dass die Grafen von Württemburg die Besitzungen einiger Linien der Grafen von Zollern durch Kauf (oder andere Aktivitäten) für sich in Besitz nehmen konnten und nicht etwa durch eine Heirat oder einen Erbvertrag (der zumindest auf einer verwandtschaftlichen Basis begründet gewesen wäre), zeigt, dass die Grafen von Zollern politisch offensichtlich zumindest im Spätmittelalter eine relativ schwache Position gehabt haben dürften. Eine Eheschließung mit einem der anderen noch bestehenden Familienzweige dürfte offensichtlich auch nicht relevant gewesen sein oder für diese nicht attraktiv genug. (Oder vielleicht fehlte es auch an Kontekten zur Kurie oder am Geld für den notwendigen päpstlichen Dispens.)

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

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02.07.2019, 20:22
Beitrag: #4
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Der Verkauf wurde vom Hofgericht Rottweil protokolliert. Auch hohenzl. Verwandte waren als Zeugen zugegen und haben gesiegelt.
Kaufpreis waren 28.000 Gulden.

Es stellt sich hier natürlich die Frage, warum hat Müli nicht an Zollern-Hohenzollern verkauft?
Die Antwort, die die Sage gibt, Streit unter Brüdern, ist natürlich "Roman"
Die Überlieferung berichtet von "ungebührlichen Benehmen" der beiden "Hohenzollerischen" Vettern während Leichenzug und Beerdigung des Sohnes, wobei es tatsächlich "eigenartige" Typen gewesen sein müssen. Sie haben dann im zusammenwirkenden Gegeneinander der Grafschaft fast gar den Rest gegeben.
Die heutige Forschung geht eher von Geldmangel des Hauses Zollern-Hohenzollern aus, die sehr wohl gewollt hätten, aber halt nicht konnten.

Etwa 20 Jahre nach dem Verkauf begann man dann auch den Verkauf anzufechten, insbesondere stört man sich an der Höhe des Kaufpreises. Man wollte einen kräftigen Nachschlag. Wobei Graf Müli und Frau da schon lange nicht mehr lebten.
Ein Prozess der sich in immer neuen Auflagen durch die Jahrhunderte zog, bis gegen Ende des Alten Reiches. Ohne das geringste zu erreichen.

Mit den SagenRomanen von Schwab und Hauff wurde der Vorgang "Hirschgulden" in Deutschland allgemein bekannt.

Im 19. Jahrhundert nahm sich dann ein schlesischer Adliger und Freund FW IV, und Wilhelm I. der Sache an.
Graf Stillfried-Alcantara, durch einen langjährigen Zivilprozess mit dem Haus Württemberg (kein Schimmer um was es ging, die Familie Württ. war aber in Schlesien begütert) nicht gerade ein Freund Württembergs, fühlte sich bemüssigt, Hohenzollern "hinterher" vor dem Raffgierigen Württemberg zu schützen.
Nach dem 1866er Krieg gab er Wilhelm I, den Ratschlag Balingen pp "wieder" mit Hohenzollern zu vereinigen, das einst "so hinterhältig Hohenzollern abgenommen worden war".
Bismarck weigerte sich aber ganz entschieden, was nichts daran änderte, dass der Plan in Württ. bekannt wurde.

Dann war Ruhe, bis ins Jahr 1945, die Franzosen hatten einen 1933 zwangspensionierten Studienrat zum Kommissarischen Landeschef der "Hohenzollerischen Lande" gemacht. (Ein Kollege des Herrn Kretschmann, zwei Gener Da sie keine rechte Vorstellung hatten, was sie mit dem Gebilde anfangen sollten, baten sie ihn, eine Stellungnahme dazu abzugeben. Was er im Juli 1945, in französischer Sprache!, auch tat.
Quintessenz: Hohenzollern hat innerhalb Preußens eine hohe Selbständigkeit genossen, ist aber so ohne Preußen im Hintergrund nicht
lebensfähig, Ergo: die einst "infam" dem Ländchen entzogenen Städte und Ortschaften müssen mit Hohenzollern "wiedervereinigt" werden.
In die selbe Kerbe schlug der damalige Chef des Hauses Hohenzollern-Sig im November 1945, mit einer Eingabe an die franz. Militärregierung.

Nun hatten die Franzosen zdZ aber schon regionale Kenntnisse erworben, und lehnten die Vorschläge, "da dies zu erheblicher Beunruhigung der Bevölkerung führen würde" rundweg ab.

Noch zum "Hirschgulden".
Das war eine württembergische Münze der "Wipper- und Kipper-Zeit" der 1620er Jahre die vom württ. Herzog selbst aus dem Verkehr gezogen wurde. Die Sage hat sich ausgehend von dem "zu geringen Kaufpreis" dieser wesentlich jüngeren Münze bedient.

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02.07.2019, 22:27
Beitrag: #5
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Nur einige Fragen Überlegungen:
- Dass mit dem Tod des Sohnes dürfte ein starkes Motiv für den Verkauf gewesen sein, aber wäre es vielleicht doch möglich, dass Graf Friedrich Mülli, unter Einbezug der übrigen Familienzweige, von den Grafen von Württemberg zum Verkauf an diese gezwungen wurde. (In diesem Zusammenhang könnte sehr aufschlussreich sein, wie sich die Beziehungen zwischen dem Grafen von Württemberg und ihm darstellen.)
- Kann ausgeschlossen werden, dass die als Zeugen in den Verkauf einbezogenen Zollern vielleicht dies nicht ganz freiwillig getan haben?

Vielleicht waren die Zollern in Wirklichkeit keine merkwürdige Verwandtschaft, dieser heutige Eindruck heute könnte auch eine Folge von zeitgenössischer Propaganda und gezielter Geschichtsfälschung ihrer Gegner beziehungsweise von denen, die sich allmählich in den Besitz der Zollern brachten gewesen sein. Wenn dabei nicht allzu "saubere" Mittel angewendet wurden, hatten die wahrscheinlich großes Interesse daran, die Zollern schlecht zu machen, um von ihren eigenen Machenschaften gegen diese abzulenken. Bei dem einen oder anderen Coup gegen die Zollern, der nicht gelang, könnte zudem Rache ein Motiv gewesen sein. Die Ehen der Zollern zeigen jedenfalls, dass sie offensichtlich im schwäbischen Adel (Fürstenberg, Sulz etc., sogar Baden) recht gut vernetzt waren, ab 16. Jahrhundert finden sich Ehen mit Frauen aus führenden Reichsfürstenfamilien (Brandenburg, Baden).

Die Verklärung eines Eberhard im Bart oder die etwas merkwürdige Angelegenheit um Ulrich von Württemberg, der sich trotz eines zweifelhaften Charakters und obwohl er zweimal abgesetzt und vertrieben wurden, letztlich als Herzog behaupten konnte und sogar letztlich Potential für einen Volksherrscher hatte, zeigen doch, dass politische Propaganda, Rufmord und Geschichtsglitterung im Herzogtum Württemberg Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts bereits eine im Machtkampf übliche Methode war. Was spricht dagegen, dass das bereits im 13. und 14. Jahrhundert auch so gewesen sein dürfte.

Bei den Zollern fällt immerhin auf, dass die meisten Linien letztlich Verlierer waren, ihre Gegner (und Nutznießer ihrer Schwächen) waren besonders die Grafen / Herzöge von Württemberg (ein Herrscherhaus, das sich, wenn gleich nicht in der ursprünglichen Linie, bis 1918 an der Macht gehalten hat) und einige in der Reichslandschaft Schwaben gelegene Reichsstädte. (Reichsstädte gehören zu jenen Herrschaftsträgern, für die spätere Generationen später eine gewisse Verklärung erfuhren und von diesen in den meisten Fällen positiv gesehen wurden. (Schlagwort: Warum gibt es zwar Raubritter, aber keine Raubstädte? Waren die Städte wirklich wahre "Unschuldslamperl", wie uns die Geschichtsforschung seit Jahrhunderten weis zu machen versucht?)

Zumindest auf der Wikipedia, deren Informationen aber ohnehin immer kritisch zu hinterfragen sind, wirken die Geschehnisse bei der noch bestehenden Linie der Grafen Zollern zwischen 1412 und 1433 eher undurchsichtig und widersprüchlich, ausgerechnet jene Zeit scheint der Tiefpunkt gewesen sein. Durchaus vorstellbar, dass diese Undurchsichtigkeit auf eine Quellenlage zurückzuführen ist, bei der einiges (vielleicht durchaus mit Absicht aus politischen Gründen) verfälscht wurde.

Nach 1433 dagegen entsteht der Eindruck, dass es mit der Familie wieder aufwärts ging und es ihr schließlich doch gelang, trotz bestehender Verluste sich in der Reichslandschaft Schwaben bis ins 19. Jahrhundert zu behaupten, eine Entwicklung, die mit Blick auf andere Adelsfamilie keineswegs selbstverständlich ist.

Dass der Verkauf von 1403 dann im 19. und 20. Jahrhundert Thema war, könnte allerdings mit dem damals errichteten Deutschen Reich der Hohenzollern zusammenhängen, von dem sich die Interessenten aufgrund der "Verwandtschaft" Unterstützung oder eine in ihrem Sinn erwünschte positive Entwicklung durch Rechtsbrechung erwarteten.

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03.07.2019, 09:28
Beitrag: #6
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Klasse Theresa!

Nur mal kurz vorab.
Das Geschehen bis 1433 wird ausgehend von der Überlieferung/Sage als Anlass für eine diesbezügliche moderne Untersuchung genommen. "Mülli sieht Ostertag und Co. derart negativ, dass er ihnen die Grafschaft absichtlich vorenthält" Dies wird aber letztlich dann verneint, und der These, dass es schlicht am Gelde gefehlt hat, der Vorzug gegeben.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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03.07.2019, 20:09
Beitrag: #7
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Jetzt habe ich den Wiki-Artikel gelesen.
Da ist aber mehr falsch als richtig.

Nein, Hohenzollern und Württemberg lebten keineswegs in ständiger Feindschaft.
Das sind Mären die auf den schlesischen Freiherrn Stillfried (späterer Graf Alcantara) zurück gehen, den "Kolumbus Hohenzollerns".

So ist zB die letzte eigenständige Aktion Müllis der Schleglerkrieg, als er an der Seite Württembergs und Habsburgs den Ritterbund der Schlegler bekämpfte.
Sein Bruder kam wie geschrieben bei der Schlacht bei Reutlingen auf der Seite Württembergs ums Leben.
Schon im ausgehenden 13. Jahrhundert waren ständig Zollern-Grafen in Diensten Württembergs zu finden.
Die beiden schwäbischen Hohenzollern-Linien (nicht Haigerloch) wurden im 30jährigen Krieg in den Fürstenstand erhoben.

Als Habsburg die beiden Grafschaften Veringen und Sigmaringen als Lehen (keineswegs als Reichslehen wie in Wiki behauptet) an Hzl. vergab, hat Württemberg auf seine Rechte in den beiden Grafschaften zugunsten Hzl. verzichtet.

undsoweiterundsofort

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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04.07.2019, 15:23
Beitrag: #8
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Der Kaufpreis "der elende Hirschgulden" wurde natürlich auch untersucht.

Württemberg hat 20-30 Jahre zuvor die Herrschaften Vaihingen und später Tübingen gekauft.
Die gezahlten Preise unterscheiden sich nicht wesentlich von den 28.000 fl die für die Herrschaft Balingen bezahlt wurde.
Württemberg hat in den 1450ern eine "Schatzung" in ganz Württemberg durchgeführt, und dabei ein Gesamtvermögen aller Einwohner der Schalksburg-Herrschaft von 150.000fl "geschätzt".
Darauf gründet sich der Jahrhundertelange Jammer der Hohenzollern, dass jener Kaufpreis zu niedrig gewesen wäre.
Ein Gesamtvermögen aller Einwohner kann aber doch niemals Basis für einen Kauf der Herrschaftsrechte gewesen sein.

Der Graf Ostertag von Zollern-Hohenzollern (in der Urkunde "Täglin") hat auf dem Kaufvertrag, den anschließend das Rottweiler Hofgericht noch begutachtet und für Rechtens erkannt hat, neben etlichen anderen von höherem Adel gesiegelt.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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06.07.2019, 11:23
Beitrag: #9
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(04.07.2019 15:23)Suebe schrieb:  Der Kaufpreis "der elende Hirschgulden" wurde natürlich auch untersucht.

Württemberg hat 20-30 Jahre zuvor die Herrschaften Vaihingen und später Tübingen gekauft.
Die gezahlten Preise unterscheiden sich nicht wesentlich von den 28.000 fl die für die Herrschaft Balingen bezahlt wurde.
Württemberg hat in den 1450ern eine "Schatzung" in ganz Württemberg durchgeführt, und dabei ein Gesamtvermögen aller Einwohner der Schalksburg-Herrschaft von 150.000fl "geschätzt".
Darauf gründet sich der Jahrhundertelange Jammer der Hohenzollern, dass jener Kaufpreis zu niedrig gewesen wäre.
Ein Gesamtvermögen aller Einwohner kann aber doch niemals Basis für einen Kauf der Herrschaftsrechte gewesen sein.

Der Graf Ostertag von Zollern-Hohenzollern (in der Urkunde "Täglin") hat auf dem Kaufvertrag, den anschließend das Rottweiler Hofgericht noch begutachtet und für Rechtens erkannt hat, neben etlichen anderen von höherem Adel gesiegelt.

Entscheidend ist weniger das Vermögen seiner Untertanen als die tatsächlichen Einkünfte für die Herrschaft. Wobei noch Schwankungen zu berücksichtigen ist und dass sich im Verlauf der Jahre sehr viel ändern kann. 40 Jahre bedeutete im Spätmittelalter etwa eine Zeitdauer von zwei Generationen.

Andererseits darf nicht übersehen werden, dass Legenden und Sagen (und auch die Propaganda) gewöhnlich zur Vereinfachung und Übertreibung neigen, was der Veranschaulichung des Geschehenen dient (bzw. Propaganda dienen soll.) Die Sage vom Hirschgulden enthält immerhin eine ganze Reihe von moralischen Vergehen (die vor dem Hintergrund des Mittelalters und der (frühen) Neuzeit, die Zerstörung von gesellschaftlichen "Horten" verursachen.

- Eine Familie wird durch die Gier ihrer Söhne und deren Zwietracht unter einander um ihre Vermögen (also Existenz) gebracht. Wobei nicht nur die beiden bösen Söhne, sondern auch der Vater (das Familienoberhaupt, dessen Aufgabe die Bewahrung von Eintracht und Zusammenhalt ist) Schuld an der Entwicklung trägt.

- Die Sage erzählt jedoch nicht nur von der Zerstörung und (existenziellen) Vernichtung einer reichen (adeligen) Familie, sondern es ist auch eine Geschichte von betrogenen Betrügern.

- Daneben spielt jedoch auch die Standesfrage eine Rolle, denn der gute Bruder, obgleich Adeliger, solidarisiert sich (zumindest was seine engsten Bezugspersonen betrifft) mit den Menschen aus dem einfachen Volk. Damit wird er aber unter "seinesgleichen" (dem Adel) zum Außenseiter.

- Weiter ist interessant, dass es zwar eine Stiefmutter, eine Mutter und die "weise alte Frau" gibt, aber keiner der Brüder verheiratet ist oder das Thema Eheschließung im Zusammenhang mit ihnen auftaucht. Die Brüder der Sage haben also offensichtlich keine konkreten Zukunftspläne oder Pläne zur Weiterführung der Familie, die etwa durch den Hirschgulden vereitelt wurde. Sie sind somit von Anfang an dem Untergang geweiht ...

Interessant ist übrigens, dass Hauff gewisse Motive wie den Brudermord nur als Wunsch der bösen Brüder und als Möglichkeit in den "Raum" seiner Sagenhandlung stellt, sich aber nicht darauf eindeutig festlegt.

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06.07.2019, 13:01
Beitrag: #10
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Gut dargestellt, die Hintergünde zu den Sagen.

Noch zwei Punkte, die Maßgebenden Aufschreiber der Sage, Schwab und Hauff, waren Alt-Württemberger, inwieweit die den Zollern Gerechtigkeit angedeihen lassen, ist natürlich fraglich. Schwab hörte die Sage in Dürrwangen am Fusse der Schalksburg, also vor Ort. Alles spätere soll Spuren der Schwab-Fassung aufweisen.

Es handelt sich bei den Grafen im Real-Life (grins) keineswegs um Brüder, die Grafschaft Zollern-Schalksburg bestand eingenständig knapp 120 Jahre, 7 Generationen kann man zählen.
Stillfried (s.o.) hebt ja darauf ab, dass Schalksburg mit Balingen "Uralter" Zollerischer Besitz gewesen wäre. Was keineswegs stimmt, Balingen wurde ca. 1250 zollerisch, war zuvor Fürstenbergisch, die Schalksburg pp. kauften die Zollern in den 1260ern von den Grafen von Veringen.
Zingeler, 40 Jahre nach Stillfried packt die Sache andersrum an, die Zollern wären Nachkommen der einstigen Grafen im Scherragau,
https://de.wikipedia.org/wiki/Scherragrafschaft
den Burchadingern,
deren Sitz wiederum auf der Schalksburg gewesen wäre, und deren Grablege in der Kirche von Burgfelden
https://de.wikipedia.org/wiki/St.-Michae...(Albstadt)
mit den wunderbaren Fresken gewesen wäre (die kurz zuvor in den 1890ern entdeckt worden waren)
Dafür fehlt aber bis heute jeder mögliche Nachweis. Nach wie vor ein Reines Fantasie-Konstrukt.

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06.07.2019, 16:43
Beitrag: #11
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Solange nicht das Gegenteil bewiesen, lässt sich alles behaupten. Für mich ist immer ausschlaggebend, ob es nur eine Behauptung ist oder zumindest ein paar glaubwürdige und seriöse Indizien existieren, dass dies keine Behauptung, sondern etwas im Rahmen dessen, was stimmen könnte ist.

Fakt ist für mich eigentlich, dass gewöhnlich eine mächtige Adelsfamilie nicht einfach auf dem Nichts auftaucht. Es sei denn, für dieses plötzliche Auftauchen aus dem Nirgendwo gibt es eine Erklärung. Die Grafen von Zollern gelten als schwäbische Adelsfamilie, wobei die frühere Reichslandschaft Schwaben auf heutige Verhältnisse umgelegt, eine ganze Reihe von Nationalitäten anbietet. Der Titel Graf verweist auf eine Familie, die jedenfalls ihre Karriere als "Verwaltungsbeamte" begonnen haben wird.

Die Reichslandschaft Schwaben zählte zu jenen Territorien des Heiligen Römischen Reiches, die im Spätmittelalter eine gewisse Sonderentwicklung aufweisen. Hier gelang es dem König / Kaiser langfristig tatsächliche Herrschaftsrechte zu halten, da sich nach dem Interregnum "Oberherrschaft" oder landesfürstliche Herrschaft ausbildete, die das ganze Gebiet umfasste. Der Umstand, dass es jedoch bis Anfang des 16. Jahrhunderts keiner der "königswürdige" Adelsfamilien im Reich gelang, sich "de facto" als die Herrscherdynastie zu etablieren, entstand aus der Reichslandschaft Schwaben auch nicht so etwas wie die Königsdomäne des Heiligen Römischen Reiches. (Bemühungen der neueren Forschung des 21. Jahrhunderts dem Heiligen Römischen Reich für den Zeitraum zwischen 1250 und dem 16. Jahrhundert mit den Luxemburgern ebenfalls eine Herrscherdynastie zu geben, sind Konstrukte und Wunschdenken, dass die historischen Fakten, soweit gesichert, völlig außer Acht lassen.)

Das Fehlen einer einheitlichen Herrschaft hatte für die Reichslandschaft Schwaben insofern Nachteile, als die politischen Verhältnisse äußerst instabil blieben, was wiederum auch wirtschaftlich nicht gerade von Vorteil war. Die Reichslandschaft war ein Spielball von mehreren mächtigen politischen Akteuren (König / Kaiser, mächtige Reichsfürsten etc., Reichsstädte / Städtebünde, Eidgenossenschaften, Fürsten von außen etc.) Hier gab es noch "Freiräume" und politische Möglichkeiten, von denen auch die weniger mächtigen und einflussreichen Herrschaftsträger profitieren konnten.

Ich vermute, dass dieser Hintergrund für die Grafen von Zollern im Spätmittelalter entscheidend war. Während einer Linie durch die Verbindung mit den Burggrafen von Nürnberg ein beachtlicher Aufstieg in die höchsten Adelskreise gelang, der letztlich mit dem Erwerb einer Kurfürstenwürde gekrönt war, waren die meisten Linien der Zollern allerdings auf eine weniger bedeutende, "lokalere" Liga beschränkt. In dieser dürften sie sich zunächst ganz gut in Interaktion mit mächtigeren Familien wie den Grafen von Württemberg behauptet haben, auch wenn dabei Kompromisse hingenommen werden musste, wie eben die Anerkennung von Lehensobrigkeiten etc. Der politische Wendepunkt war dann das erste Viertel des 15. Jahrhunderts, in welchem die Karten (mein Eindruck) neu gemischt wurden, was nicht nur für das Heilige Römische Reich, sondern auch für Gebiete außerhalb im heutigen Europa einschneidende Veränderungen zur Folge hatten, die langfristig die nächsten Jahrhunderte bestimmen sollten.

Jedenfalls dürfte es kein Zufall sein, dass die entscheidende Krise der Grafen von Zollern (ca. 1415-1435) gerade in diese Zeit fällt. Immerhin gelang es, langfristig betrachtet, diese Krise zu meistern. Den Grafen von Zollern gelang zwar der Aufstieg in die oberste Liga (ausgenommen die Linie der Burggrafen von Nürnberg), aber sie behaupteten sich immerhin im Reichsadel und auf der Landesebene. Ich könnte mir nun vorstellen, dass in der Erinnerung später auch Geschehnisse, die sich vor 1415 ereigneten wie eben der Verkauf der Herrschaft Balingen und der Schalksburg in diese Krisenzeit "verlegt" wurden. Hier könnte die Legende vom Hirschgulden beziehungsweise die Idee von den Grafen von Württemberg übervorteilt oder zum Kauf gezwungen worden zu sein, ihren Ursprung haben.

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08.07.2019, 12:09
Beitrag: #12
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(06.07.2019 16:43)Teresa C. schrieb:  Das Fehlen einer einheitlichen Herrschaft hatte für die Reichslandschaft Schwaben insofern Nachteile, als die politischen Verhältnisse äußerst instabil blieben, was wiederum auch wirtschaftlich nicht gerade von Vorteil war. Die Reichslandschaft war ein Spielball von mehreren mächtigen politischen Akteuren (König / Kaiser, mächtige Reichsfürsten etc., Reichsstädte / Städtebünde, Eidgenossenschaften, Fürsten von außen etc.) Hier gab es noch "Freiräume" und politische Möglichkeiten, von denen auch die weniger mächtigen und einflussreichen Herrschaftsträger profitieren konnten.
Auch die Habsburger gehören zu den Familien, die ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken.
Im Übrigen war die erste Frau von Rudolf I von Habsburg, Gertrud (die sich Anna nannte) von Hohenberg eine Zollern. Die Grafen von Hohenberg waren ein Linie des Hauses Zollern.
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08.07.2019, 12:15
Beitrag: #13
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(01.07.2019 20:04)Suebe schrieb:  1377 fiel der damalige Schalksburg-Graf in der Schlacht bei Reutlingen, als die Württemberger plus Anhang im Städtekrieg böse unter die Räder kamen (siehe Ludwig Uhland) Leichname und Rüstungen mussten von den Hinterbliebenen ausgelöst werden. (in Reutlingen beim alten Rathaus zeigen sie noch heute die Wappen der damals Gefallenen)
der etwas jüngere Bruder, beide hießen Friedrich (echt, in der selben Generation ein bei den Zollern häufiger Fall) der "Erbe" trug zur Unterscheidung den Namen "Mülli" der sehr viele Schwestern und Brüder zu versorgen=zB im Kloster unterzubringen, hatte. So wurde die Decke noch dünner.
Das ist noch nicht alles -Smile Die beiden Friedriche hatten drei weitere Brüder mit dem Namen Friechrich !
Friedrich, g. 1416, Ritter und Komtur des Deutschritterordens
Friedrich Schwarzgraf, g. 1407 oder später, Abt von Reichenau
Friedrich Weissgraf, g. ?, Mönch von St. Gallen

https://fmg.ac/Projects/MedLands/WURTTEM...d12511255A
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08.07.2019, 12:25
Beitrag: #14
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(08.07.2019 12:15)Aguyar schrieb:  
(01.07.2019 20:04)Suebe schrieb:  1377 fiel der damalige Schalksburg-Graf in der Schlacht bei Reutlingen, als die Württemberger plus Anhang im Städtekrieg böse unter die Räder kamen (siehe Ludwig Uhland) Leichname und Rüstungen mussten von den Hinterbliebenen ausgelöst werden. (in Reutlingen beim alten Rathaus zeigen sie noch heute die Wappen der damals Gefallenen)
der etwas jüngere Bruder, beide hießen Friedrich (echt, in der selben Generation ein bei den Zollern häufiger Fall) der "Erbe" trug zur Unterscheidung den Namen "Mülli" der sehr viele Schwestern und Brüder zu versorgen=zB im Kloster unterzubringen, hatte. So wurde die Decke noch dünner.
Das ist noch nicht alles -Smile Die beiden Friedriche hatten drei weitere Brüder mit dem Namen Friechrich !
Friedrich, g. 1416, Ritter und Komtur des Deutschritterordens
Friedrich Schwarzgraf, g. 1407 oder später, Abt von Reichenau
Friedrich Weissgraf, g. ?, Mönch von St. Gallen

https://fmg.ac/Projects/MedLands/WURTTEM...d12511255A

Edit:
Der Ordensritter war übrigens einer der wenigen, die Tannenberg überlebten.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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08.07.2019, 12:36
Beitrag: #15
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(08.07.2019 12:09)Aguyar schrieb:  
(06.07.2019 16:43)Teresa C. schrieb:  Das Fehlen einer einheitlichen Herrschaft hatte für die Reichslandschaft Schwaben insofern Nachteile, als die politischen Verhältnisse äußerst instabil blieben, was wiederum auch wirtschaftlich nicht gerade von Vorteil war. Die Reichslandschaft war ein Spielball von mehreren mächtigen politischen Akteuren (König / Kaiser, mächtige Reichsfürsten etc., Reichsstädte / Städtebünde, Eidgenossenschaften, Fürsten von außen etc.) Hier gab es noch "Freiräume" und politische Möglichkeiten, von denen auch die weniger mächtigen und einflussreichen Herrschaftsträger profitieren konnten.
Auch die Habsburger gehören zu den Familien, die ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken.
Im Übrigen war die erste Frau von Rudolf I von Habsburg, Gertrud (die sich Anna nannte) von Hohenberg eine Zollern. Die Grafen von Hohenberg waren ein Linie des Hauses Zollern.


Über die "Linien-Gleichheit" ist man sich erst in den letzten Jahrzehnten klar geworden.
Zuvor allerdings schon lange vermutet.
Es gab etliche "Kriegerische" Auseinandersetzungen zwischen Zollern und Hohenberg eine davon hat König Rudolf (v. Habsburg) geschlichtet, und mit einer Ehe zwischen Zollern und Hohenberg beendet. Zumindest vorläufig.
Die kurz danach wiederaufflammte, um wieder geschlichtet zu werden.

Die Teilung der Zollerngrafschaft (neue Linie Schalksburg) wird von manchen Historikern bis heute als "Strafmaßnahme" König Rudolfs gedeutet.
Was von Schöntag, Becker usw. allerdings verneint wird. Die Linientrennung wäre schon zuvor angelegt gewesen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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08.07.2019, 15:14
Beitrag: #16
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Noch eine Anmerkung, der eigentliche Gang in die Bedeutungslosigkeit war im späten 16. Jahrhundert, als nach Graf Karl (der Zollerngraf mit dem umfangreichsten Besitz) man sich in drei Linien teilte, Hechingen, Haigerloch und Sigmaringen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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08.07.2019, 16:24
Beitrag: #17
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Zitat Teresa:
Zitat:Dass der Verkauf von 1403 dann im 19. und 20. Jahrhundert Thema war, könnte allerdings mit dem damals errichteten Deutschen Reich der Hohenzollern zusammenhängen, von dem sich die Interessenten aufgrund der "Verwandtschaft" Unterstützung oder eine in ihrem Sinn erwünschte positive Entwicklung durch Rechtsbrechung erwarteten.

Ich denke mal, der Auslöser wird die Sage von den Hirschgulden gewesen sein. In der Hauffschen Fassung, Hauff war zdZ einer der meistgelesenen deutschsprachigen Autoren.
In der 1848er Revolution standen dann die Grafschaften Hohenzollern zum Verkauf. FW IV zögerte, ließ sich dann aber von Stillfried überzeugen, dass "ansonsten die Hohenzollerischen Stammlande unweigerlich dem Erbfeind Württemberg zufallen würden"
wobei der eigentliche Grund für den Verkauf alles andere als ein reputierlicher war. Aber das ist ein anderes Thema.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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09.07.2019, 19:57
Beitrag: #18
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(08.07.2019 16:24)Suebe schrieb:  ...
In der 1848er Revolution standen dann die Grafschaften Hohenzollern zum Verkauf. FW IV zögerte, ließ sich dann aber von Stillfried überzeugen, dass "ansonsten die Hohenzollerischen Stammlande unweigerlich dem Erbfeind Württemberg zufallen würden"
wobei der eigentliche Grund für den Verkauf alles andere als ein reputierlicher war. Aber das ist ein anderes Thema.

Es wäre nicht das erste Mal, dass frühere politische Verhältnisse aus der Sicht einer späteren Generation beziehungsweise deren zur Förderung von deren politischen, wirtschaftlichen und touristischen Interessen unrichtig oder auch verzerrt wahrgenommen wurden (oder auch gezielt verfälscht wurden). Gerade auch die wissenschaftliche Forschung unseren eigenen Zeit (21. Jahrhundert) dürfte da inzwischen schon beachtlich viel Dreck am Stecken aufweisen.

Zumindest ist es für mich hoch interessant, wenn ich die Beschreibungen gewisser historischer Geschehnisse seit den 1970er-Jahren beobachte und wie sich diese ideologisch verändert haben. Wobei dies selbst die Zeitgeschichte betrifft. Es ist schon lustig, wenn ich heute eine Darstellung von Geschehnissen lese, die ich noch selbst als Zeitzeugin erlebt habe. Dass meiste ist so schwachsinnig, dass es zum Lachen wäre, doch leider handelt es sich meistens bei den Verfassern und Verfasserinnen gewöhnlich um keine Vollkoffer, sondern angesehene, preisgekrönte, an renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen tätige oder eine dortige Karriere anstrebende Forscherinnen und Forscher.

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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten.
Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten.

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09.07.2019, 20:05
Beitrag: #19
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Da ist viel Wahres dran.

Zitat aus dem Gedächtnis:
Was nützt es dir, wenn du morgen die Schlacht gewinnst?
da du heute den Geschichtsschreiber beleidigt hast!

maw schon im Altertum war es nicht anders.......Thumbs_down

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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09.07.2019, 20:08
Beitrag: #20
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(08.07.2019 12:36)Suebe schrieb:  ...
Über die "Linien-Gleichheit" ist man sich erst in den letzten Jahrzehnten klar geworden.
Zuvor allerdings schon lange vermutet.
Es gab etliche "Kriegerische" Auseinandersetzungen zwischen Zollern und Hohenberg eine davon hat König Rudolf (v. Habsburg) geschlichtet, und mit einer Ehe zwischen Zollern und Hohenberg beendet. Zumindest vorläufig.
Die kurz danach wiederaufflammte, um wieder geschlichtet zu werden.

Die Teilung der Zollerngrafschaft (neue Linie Schalksburg) wird von manchen Historikern bis heute als "Strafmaßnahme" König Rudolfs gedeutet.
Was von Schöntag, Becker usw. allerdings verneint wird. Die Linientrennung wäre schon zuvor angelegt gewesen.

Zumindest ist anzumerken, dass die Teilungen innerhalb von Adelsfamilien im Spätmittelalter doch der Norm entsprochen haben dürften, denn sonst wäre sie nicht in so vielen Adelsfamilien zu dauernd durchgeführt worden.

Beispiel für das 14. Jahrhundert:
Ludwig der Bayer und seine Söhne - wenn alles, was seine Söhne unter sich aufteilten, unter die Herrschaft seines ältesten Sohnes, des "Brandenburgers" gekommen wäre, über was für ein riesiges Reich hätte dieser geherrscht, auch wenn es ziemlich viele "Lücken" und "Zwischenstaaten" gehabt hätte.
Offensichtlich aber scheint der Bayer nicht einmal eine solche Lösung versucht zu haben, als dank seiner Unterstützung die zweite Ehefrau nach dem Tod seines Schwagers mit Holland, Seeland und Hennegau drei besonders attraktive Reichslehen (Fürstentümer) erbte.

Wenn aber selbst eine "königswürdige" Reichsfürstendynastie eine solche (königliche) Lösung nicht durchsetzen konnte oder es etwa versucht hat, dürfte die Lage für kleinere Reichsherrschaftsträger oder Herren und Grafen, die nicht einmal im Reichsfürstenstand war (oder um dessen Anerkennung und Erhalt zu kämpfen hatten), noch wesentlich schwerer damit getan haben, Teilungen zu verhindern.

Zumindest der, der über die anderen herrschte, dürfte, dürfte an daran großes Interesse gehabt, haben, dass die, wenn mehrere erbberechtigte männliche Familienmitglieder da waren, auch brav geteilt wurde. Im Heiligen Römischen Reich kam noch hinzu, dass de facto jeder der König werden konnte, wenn er dazu gewählt wurde und die Wahl annahm beziehungsweise, wenn er im Vorfeld genügend Handsalbe und andere Reize hatte, mit denen er seine Wahl den Kurfürsten attraktiv machen konnte. (Wenigstens einmal, vermutlich sogar dreimal dürfte es allerdings auch den Fall gegeben haben, dass den Kurfürsten der "Kandidat" fehlte und sie letztlich wohl froh waren, dass sich so etwas wie ein "Notnagel" anbot, aber das ist eine eigene Geschichte.)

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09.07.2019, 20:30
Beitrag: #21
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(09.07.2019 20:05)Suebe schrieb:  Da ist viel Wahres dran.

Zitat aus dem Gedächtnis:
Was nützt es dir, wenn du morgen die Schlacht gewinnst?
da du heute den Geschichtsschreiber beleidigt hast!

maw schon im Altertum war es nicht anders.......Thumbs_down

Siehe Ludwig Uhland: …. Versunken und vergessen! | das ist des Sängers Fluch."

Und für die, welche es moderner möchten:
"Krieg der Sänger", Roman von Robert Löhr
Der Sängerkrieg auf der Wartburg und Markgraf Hermann von Thüringen, der "große" Kunstmäzen - in Löhrs Roman: Landgraf Hermann - der Wendehals und schlechte Verlierer, der sich an gewissen Sänger, der sich über ihn lustig gemacht hat, rächen will ---- am Schluss muss er auf seine (kleinliche) Rache verzichten, denn er will nicht als der zweifelhafte der Typ der sämtliche bekannte Sänger ermorden ließ, sondern doch lieber als der große Kunstmäzen in die Geschichte einzugehen … (und worauf Walther von der Vogelweide ihn aufmerksam macht - wenn er nicht alle (inklusive Walther) hinrichten lässt (und lässt sich wohl nicht so unauffällig bewerkstelligen), dann werden sie sicher darüber dichten, was wirklich auf der Wartburg damals stattgefunden hat. Walther lässt dabei durchblicken, dass er bereits einige Ideen dazu hat …)

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10.07.2019, 17:00
Beitrag: #22
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(09.07.2019 20:30)Teresa C. schrieb:  
(09.07.2019 20:05)Suebe schrieb:  Da ist viel Wahres dran.

Zitat aus dem Gedächtnis:
Was nützt es dir, wenn du morgen die Schlacht gewinnst?
da du heute den Geschichtsschreiber beleidigt hast!

maw schon im Altertum war es nicht anders.......Thumbs_down

Siehe Ludwig Uhland: …. Versunken und vergessen! | das ist des Sängers Fluch."

Und für die, welche es moderner möchten:
"Krieg der Sänger", Roman von Robert Löhr
Der Sängerkrieg auf der Wartburg und Markgraf Hermann von Thüringen, der "große" Kunstmäzen - in Löhrs Roman: Landgraf Hermann - der Wendehals und schlechte Verlierer, der sich an gewissen Sänger, der sich über ihn lustig gemacht hat, rächen will ---- am Schluss muss er auf seine (kleinliche) Rache verzichten, denn er will nicht als der zweifelhafte der Typ der sämtliche bekannte Sänger ermorden ließ, sondern doch lieber als der große Kunstmäzen in die Geschichte einzugehen … (und worauf Walther von der Vogelweide ihn aufmerksam macht - wenn er nicht alle (inklusive Walther) hinrichten lässt (und lässt sich wohl nicht so unauffällig bewerkstelligen), dann werden sie sicher darüber dichten, was wirklich auf der Wartburg damals stattgefunden hat. Walther lässt dabei durchblicken, dass er bereits einige Ideen dazu hat …)

und ganz modern,

es gibt auch welche die es geschafft haben,
die haben die Schlacht verloren, haben aber den Geschichtenschreiber
auf ihre Seite gezogen....
Der General war Rostmistrow
und der Geschichtenschreiber Paul Carell in "Unternehmen Zitadelle"
ausgerechnet dieser Obernazi und Schreibtisch holocaust-Täter

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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10.07.2019, 21:25
Beitrag: #23
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(08.07.2019 12:09)Aguyar schrieb:  
(06.07.2019 16:43)Teresa C. schrieb:  Das Fehlen einer einheitlichen Herrschaft hatte für die Reichslandschaft Schwaben insofern Nachteile, als die politischen Verhältnisse äußerst instabil blieben, was wiederum auch wirtschaftlich nicht gerade von Vorteil war. Die Reichslandschaft war ein Spielball von mehreren mächtigen politischen Akteuren (König / Kaiser, mächtige Reichsfürsten etc., Reichsstädte / Städtebünde, Eidgenossenschaften, Fürsten von außen etc.) Hier gab es noch "Freiräume" und politische Möglichkeiten, von denen auch die weniger mächtigen und einflussreichen Herrschaftsträger profitieren konnten.
Auch die Habsburger gehören zu den Familien, die ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken.
Im Übrigen war die erste Frau von Rudolf I von Habsburg, Gertrud (die sich Anna nannte) von Hohenberg eine Zollern. Die Grafen von Hohenberg waren ein Linie des Hauses Zollern.

Dass die Habsburger ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken - dem widerspricht, dass der Aufstieg der Habsburger bereits in das 13. Jahrhundert fällt. (Mit mit der Wahl des Grafen Rudolf (IV.) von Habsburg zu "römischen" König, auch wenn es in den Forschungsarbeiten des 21. Jahrhunderts große Mode ist, diesen Fakt (der immerhin doch als belegt gelten kann) wegzublenden, mit Absicht zu ignorieren oder zu übersehen.)

-----
In diesen Zusammenhang wäre sicher interessant zu untersuchen, inwieweit wir es hier mit einer durch aktuelle, politische Verhältnisse und Ideologien des 21. Jahrhunderts bzw. Zeitgeist eingegrenzten historischen Sicht zu tun haben.( Was mit Blick auf die politischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts und den dort wiederholten Missbrauch der Geschichte für zweifelhafte Ideolgien als beschämender Rückschritt zu sehen ist.) Vielleicht hängt es aber nur damit zusammen, dass der aktuellen seriösen Forschung heute wieder die Beachtung größerer Zusammenhänge abhanden gekommen ist und sie trotz einer immer wieder gerühmten Fächervernetzung sich in Wirklichkeit auf eingeengtes Schubladendenken und isolierte Faktenglauberei beschränkt. Ich vermute, dass es um eine Kombination aus beiden handelt.

--------

Tatsache ist aber, dass der Umstand, dass sich in der Reichslandschaft Schwaben umfassend keine halbwegs stabile oder wenigstens formale Landesherrschaft ausbildete, eine Entwicklung des 14. und 15. Jahrhundert ist. Noch im 12. Jahrhundert unterscheidet sich die Entwicklung in der Reichslandschaft Schwaben (die sogar als "Stammesherzogtum" Schwaben gesehen wird) nicht wesentlich von der Lage in anderen Reichslandschaften (Bayern, Sachsen etc.). Das 13. Jahrhundert ist dann im Wesentlichen von der Herrschaft Kaiser Friedrichs II. bestimmt, bei dem sich bereits Herrschaftsstrukturen entwickelten, die im Heiligen Römischen Reich dann auch die Zeit nach dem Interregnum bestimmen sollten und von dem Interregnum.

Vielleicht ist es nicht interessant, dass die Habsburger und die (später brandenburgisch-preußischen) Hohenzollern (sozusagen die Linie der Zollern (Burggrafen von Nürnberg), welcher der Aufstieg in "Erste Liga" im Reich gelang, eines verbindet. Beiden Dynastien gelangten im Ende des 12. beziehungsweise im 13. Jahrhundert in den Besitz eines Herrschaftsbereiches außerhalb der Reichslandschaft Schwaben und dieses "zweite" Standbein sollte letztlich das "Sprungbrett" ihres Aufstiegs sein …

Die Hohenzollern erbten durch ihre Verbindung mit den Grafen von Raabs die Burggrafschaft Nürnberg und bauten dann im früheren Stammesherzogtum Bayern eine Herrschaft auf (Ansbach, Kulmbach etc.), ehe sie Kurfürsten von Brandenburg wurden und sich letztlich durch Erhebung zu Königen in (später von) Preußen (das nicht direkt dem Heiligen römischen Reich unterstand) eine eigenständige, vom Reich einigermaßen unabhängige Herrschaft schufen.
(Dass sie bereits als Burggrafen von Nürnberg im 13. und 14. Jahrhundert eine bedeutende Dynastie waren, lässt sich gerade daran erkennen, dass sie mehrere Ehen mit Mitgliedern der "königswürdigen" Dynastien im Heiligen Römischen Reich schlossen.)
In diesem Zusammenhang ist übrigens interessant, dass es durchaus Theorien gibt, wonach die gräflichen Linien der (Hohen-)Zollern und die späteren preußischen "Hohenzollern" gar keine Verwandtschaft verbunden haben soll beziehungsweise diese erst ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts war, das sich aber nur mit Einschränkungen in der Forschung durchsetzen konnte. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass die Zollern (Grafen) und die Hohenzollern (später Brandenburg-Preußen) nichts auf ihre "Verwandtschaft" gaben. Wenn sie einmal tatsächlich miteinander verwandt waren, was zumindest mehrere Stammbäume andeuten, so scheint ein Zusammenhalt aufgrund von Verwandtschaft beziehungsweise das Wissen um diese bereits im Spätmittelalter abhanden gekommen zu sein. (Sie sahen sich zumindest nicht mehr als Familienmitglieder.)

Die Habsburgern gelang der Aufstieg in die "königswürdigen" Dynastien des Heiligen Römischen Reiches, in deren "Rang" sie sich trotz Rückschritten immerhin etwa 150 Jahre behaupteten. Wie das Beispiel eines Adolf von Nassau oder Günther von Schwarzburg zeigt, war der vorübergehende Gewinn der römischen Königswürde für einen solchen Aufstieg keineswegs selbstverständlich. Für ihren weiteren Status im Reich war entscheidend, dass sie im 13. Jahrhundert die Herrschaft über gleich zwei Reichsfürstentümer übernahmen, die Herzogtümer Österreich und Steier (die beide aus der Reichslandschaft Bayern hervorgegangen waren und im 12. Jahrhundert durch Abspaltung vom Herzogtum Bayern geschaffen wurden), die letztlich der Ausgangspunkt für die Schaffung einer Hausmacht wurde, die ihnen nicht nur im 16. Jahrhundert zwei Königkronen brachte, sondern sogar zeitweise ein Reich, in dem die Sonne nicht unterging.

Um aber beim Thema zu bleiben:
Im Unterschied zu den Grafen von Zollern, die auf die Reichslandschaft Schwaben beschränkt bleiben, gelang es den Burggrafen von Nürnberg und den Grafen von Habsburg außerhalb von der Reichslandschaft Schwaben Fuß zu fassen, wo sie letztlich auch ihre Herrschaftszentren errichteten. Ich vermute, dass hier das Hauptproblem für eine Adelsfamilie wie die (schwäbischen) Linien der Grafen von Zollern lag.

Da sich in der Reichslandschaft Schwaben im 14. und 15. Jahrhundert kein halbwegs stabiles umfassendes landesherrschaftliches Territorium ausbildete, konnten sich die Grafen von Zollern beziehungsweise jene Linie, die bis in die Gegenwart Bestand hatte, als Reichsfürsten doch bis ins 19. Jahrhundert behaupten. Andererseits aber gelang es ihnen nicht, auch außerhalb der Reichslandschaft Schwaben dauerhaft Fuß zu fassen, wodurch ihr politischer Handlungsspielraum auf diese beschränkt war, was wiederum ihre tatsächlichen Möglichkeiten, Macht und Herrschaft auszuüben, einschränkte.
-------

Interessant ist übrigens die Frage, warum Graf Karl, nachdem es ihm gelungen war, wesentliche Teile der einstigen Zollernherrschaft zurückzugewinnen beziehungsweise sogar neue Gebiete zu gewinnen, eine erneute Teilung nicht verhindern konnte. Denn zu seiner Zeit setzte sich, soweit es sich beobachten lässt, auch im Heiligen Römischen Reich bei Reichsfürsten allmählich die Primogenitur durch. Nach seinen eigenen Erfahrungen wäre doch zu erwarten gewesen, dass er selbst dieses Modell unterstützt hätte.

Könnte ein Grund gewesen sein, dass es zu seiner Zeit der Familie an Einfluss fehlte, um männliche Erben angemessen zu versorgen (z. B. durch kirchliche Pfründen etc.) und deswegen weiterhin die Erbteilung beibehalten werden musste?

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10.07.2019, 23:14
Beitrag: #24
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(10.07.2019 21:25)Teresa C. schrieb:  Dass die Habsburger ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken - dem widerspricht, dass der Aufstieg der Habsburger bereits in das 13. Jahrhundert fällt. (Mit mit der Wahl des Grafen Rudolf (IV.) von Habsburg zu "römischen" König, auch wenn es in den Forschungsarbeiten des 21. Jahrhunderts große Mode ist, diesen Fakt (der immerhin doch als belegt gelten kann) wegzublenden, mit Absicht zu ignorieren oder zu übersehen.)

Das ist kein Widerspruch. Die Verhältnisse in Schwaben waren im 13. Jahrhundert insofern dieselben wie im 14. Jahrhundert - nach dem Aussterben der Staufer gab es keine Zentralmacht in Schwaben. Und es waren genau diese Verhältnisse, die es auch Rudolf I bereits als Graf ermöglichten, aufzusteigen (auch die Reichsstädte Bern und Zürich verdankten ihren Aufstieg - zeitgleich - diesen Verählnisen).
Als König hat er sogar versucht, zu Gunsten seines Sohnes Rudolf II und seines Enkels Johann Parricida, das Herzogtum Schwaben wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang ist auch seine kurze Fehde mit der Stadt Bern zu verstehen. Meines Wissens war sein Enkel Johann Parricida auch der letzte (Titular)herzog von Schwaben.

In welcher Forschungsarbeit wird absichtlich ignoriert, dass Rudolf nicht König war ?
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10.07.2019, 23:31
Beitrag: #25
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(08.07.2019 12:36)Suebe schrieb:  
(08.07.2019 12:09)Aguyar schrieb:  Auch die Habsburger gehören zu den Familien, die ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken.
Im Übrigen war die erste Frau von Rudolf I von Habsburg, Gertrud (die sich Anna nannte) von Hohenberg eine Zollern. Die Grafen von Hohenberg waren ein Linie des Hauses Zollern.


Über die "Linien-Gleichheit" ist man sich erst in den letzten Jahrzehnten klar geworden.
Zuvor allerdings schon lange vermutet.
Es gab etliche "Kriegerische" Auseinandersetzungen zwischen Zollern und Hohenberg eine davon hat König Rudolf (v. Habsburg) geschlichtet, und mit einer Ehe zwischen Zollern und Hohenberg beendet. Zumindest vorläufig.
Die kurz danach wiederaufflammte, um wieder geschlichtet zu werden.

Die Teilung der Zollerngrafschaft (neue Linie Schalksburg) wird von manchen Historikern bis heute als "Strafmaßnahme" König Rudolfs gedeutet.
Was von Schöntag, Becker usw. allerdings verneint wird. Die Linientrennung wäre schon zuvor angelegt gewesen.

Ich bin auch der Meinung, dass die Linientrennung nicht auf Rudolf I zurückzuführen ist. Im Übrigen demonstriert die Heiratspolitik des schwäbischen Lokaladels jener Zeit geradezu das Bild wechselnder Koalitionen in dem ehemaligen Herzogtum Schwaben. Die Frau von Friedrich Mülli beispielsweise, Verena von Kyburg, stammt aus der habsburgischen Nebenlinie Neu-Kyburg resp. Habsburg-Laufenburg, welche zeitweise mit der habsburgischen Hauptlinie verfeindet war.
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11.07.2019, 17:58
Beitrag: #26
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Da hast du allerdings Recht.
Das ist das Merkmal des Schwäbischen Adels seit der späten Stauferzeit.
Brüder waren oftmals in beiden Lagern zu finden.
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12.07.2019, 12:34
Beitrag: #27
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Zitat Teresa:
Zitat:Interessant ist übrigens die Frage, warum Graf Karl, nachdem es ihm gelungen war, wesentliche Teile der einstigen Zollernherrschaft zurückzugewinnen beziehungsweise sogar neue Gebiete zu gewinnen, eine erneute Teilung nicht verhindern konnte. Denn zu seiner Zeit setzte sich, soweit es sich beobachten lässt, auch im Heiligen Römischen Reich bei Reichsfürsten allmählich die Primogenitur durch. Nach seinen eigenen Erfahrungen wäre doch zu erwarten gewesen, dass er selbst dieses Modell unterstützt hätte.

das ist tatsächlich eine bis dato ungeklärte Frage.
Graf Karl hat 1 Jahr vor seinem Tod ein Hausgesetz mit Einführung der Primogenitur erlassen. Das aber erst für die Generation nach ihm galt.
Auf dieser Basis erbte "Sigmaringen" ein paar Jahrzehnte später den Haigerlocher Teil, und letztlich Sigmaringen in den 1860ern den auch Hechinger Teil (wobei Hechingen "bürgerlich" betrachtet nicht ausstarb, aber hier OT) Vermutlich war ein Jahr vor seinem Tod "die Kappe schon verschnitten" und war so der Schaden nur noch zu begrenzen.

Die Zweifel an der Hechinger-Nürnberger Verwandtschaft lese ich zum ersten Mal.
Gehe ich nach.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.07.2019, 17:57
Beitrag: #28
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(10.07.2019 23:14)Aguyar schrieb:  [quote='Teresa C.' pid='66692' dateline='1562786758']
Dass die Habsburger ihren Aufstieg diesen schwäbischen Verhältnissen verdanken - dem widerspricht, dass der Aufstieg der Habsburger bereits in das 13. Jahrhundert fällt.

Das ist kein Widerspruch. Die Verhältnisse in Schwaben waren im 13. Jahrhundert insofern dieselben wie im 14. Jahrhundert - nach dem Aussterben der Staufer gab es keine Zentralmacht in Schwaben. Und es waren genau diese Verhältnisse, die es auch Rudolf I bereits als Graf ermöglichten, aufzusteigen (auch die Reichsstädte Bern und Zürich verdankten ihren Aufstieg - zeitgleich - diesen Verählnisen).

./.

Im ganzen Herzogtum Schwaben konnten die Staufer sich eigentlich nie durchsetzen. Grob gesprochen östlich der heutigen Autobahn Stuttgart-Singen Herzöge aus dem Hause Hohenstaufen, westlich Zähringen. Die Zähringer waren auch keineswegs "nur" Titular-Herzöge.

Die Verhältnisse änderten sich damals zum Teil sehr schnell, (halt auch eine schnelllebige ZeitInnocent) das in Verbindung mit den sehr wenigen Schriftquellen.... ein zutreffendes Bild kann man sich da fast nicht machen.
Bleibt alles rudimentär.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.07.2019, 19:49
Beitrag: #29
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Zitat Teresa
Zitat:In diesem Zusammenhang ist übrigens interessant, dass es durchaus Theorien gibt, wonach die gräflichen Linien der (Hohen-)Zollern und die späteren preußischen "Hohenzollern" gar keine Verwandtschaft verbunden haben soll beziehungsweise diese erst ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts war, das sich aber nur mit Einschränkungen in der Forschung durchsetzen konnte. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass die Zollern (Grafen) und die Hohenzollern (später Brandenburg-Preußen) nichts auf ihre "Verwandtschaft" gaben. Wenn sie einmal tatsächlich miteinander verwandt waren, was zumindest mehrere Stammbäume andeuten, so scheint ein Zusammenhalt aufgrund von Verwandtschaft beziehungsweise das Wissen um diese bereits im Spätmittelalter abhanden gekommen zu sein. (Sie sahen sich zumindest nicht mehr als Familienmitglieder.)

ich habe das auf die schnelle Quergelesen, kann aber nichts finden, dass die Verwandtschaft bestritten würde.
Hast du mir da mal ne Quelle, ist ja hochinteressant.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.07.2019, 20:03
Beitrag: #30
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Zitat Teresa:
Zitat:Um aber beim Thema zu bleiben:
Im Unterschied zu den Grafen von Zollern, die auf die Reichslandschaft Schwaben beschränkt bleiben, gelang es den Burggrafen von Nürnberg und den Grafen von Habsburg außerhalb von der Reichslandschaft Schwaben Fuß zu fassen, wo sie letztlich auch ihre Herrschaftszentren errichteten. Ich vermute, dass hier das Hauptproblem für eine Adelsfamilie wie die (schwäbischen) Linien der Grafen von Zollern lag.

Da sich in der Reichslandschaft Schwaben im 14. und 15. Jahrhundert kein halbwegs stabiles umfassendes landesherrschaftliches Territorium ausbildete, konnten sich die Grafen von Zollern beziehungsweise jene Linie, die bis in die Gegenwart Bestand hatte, als Reichsfürsten doch bis ins 19. Jahrhundert behaupten. Andererseits aber gelang es ihnen nicht, auch außerhalb der Reichslandschaft Schwaben dauerhaft Fuß zu fassen, wodurch ihr politischer Handlungsspielraum auf diese beschränkt war, was wiederum ihre tatsächlichen Möglichkeiten, Macht und Herrschaft auszuüben, einsc

Die Karten waren spätestens ca. 1500 gemischt und verteilt. Was da nicht zusammengerafft war, war auch nicht mehr zu bekommen.
Vergrößerung der Territorien waren im großen und ganzen nur noch auf dem Erbschaftsweg zu machen. Siehe hier vor Ort Fürstenberg.
Das HRR war von dem Moment in der Beziehung an ein überaus gut funktionierendes Gebilde. Die Fürsten kleinerer Territorien wussten auch bis 1803 sehr genau was sie am Reich hatten.
Was interessanterweise bis in die selbe Zeit (1803) auch für die kleinen Potentaten Italiens gilt.
Und siehe auch 1519-1535 Württemberg, die Reichsfürsten ließen es nicht zu, dass die Dynastie Württemberg unterging, gegen Kaiser und König!

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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12.07.2019, 20:08
Beitrag: #31
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Edit:
Die Grafen von Zollern-Hohenzollern waren zum entscheidenden Zeitpunkt von ca. 100 Jahren nicht handlungsfähig. Das ist der einzige Grund.
Das andere Beispiel das ich "neulich" hier beschrieb, Landau-Grüningen dito
einfach am entscheidenden Zeit-Punkt etwas falsch gemacht.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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13.07.2019, 13:39
Beitrag: #32
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(12.07.2019 19:49)Suebe schrieb:  Zitat Teresa
Zitat:In diesem Zusammenhang ist übrigens interessant, dass es durchaus Theorien gibt, wonach die gräflichen Linien der (Hohen-)Zollern und die späteren preußischen "Hohenzollern" gar keine Verwandtschaft verbunden haben soll beziehungsweise diese erst ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts war, das sich aber nur mit Einschränkungen in der Forschung durchsetzen konnte. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass die Zollern (Grafen) und die Hohenzollern (später Brandenburg-Preußen) nichts auf ihre "Verwandtschaft" gaben. Wenn sie einmal tatsächlich miteinander verwandt waren, was zumindest mehrere Stammbäume andeuten, so scheint ein Zusammenhalt aufgrund von Verwandtschaft beziehungsweise das Wissen um diese bereits im Spätmittelalter abhanden gekommen zu sein. (Sie sahen sich zumindest nicht mehr als Familienmitglieder.)

ich habe das auf die schnelle Quergelesen, kann aber nichts finden, dass die Verwandtschaft bestritten würde.
Hast du mir da mal ne Quelle, ist ja hochinteressant.

Mein Kenntnisstand ist, das die Trennung der Zollern in eine fränkische (später Preussen) und eine schwäbische Linie (später Sigmaringen, Hechingen, Haigerloch) auf die Söhne des ersten Burggrafen von Nürnberg der Zollern, Friedrich I (III) g. 1201 od. 1204, v. mit der Erbtochter Sophia von Raabs, zurückgeht. Es handelt sich dabei um Konrad I der Fromme, g. 1260/1261 (fränkische Linie) und Friedrich II (IV) mit dem Löwen, g. 1255 (schwäbische Linie).

In einer Genealogie des 13. Jahrhunderts (beinahe zeitgenössisch) erscheinen diese beiden als Brüder. Wenn das ganze ein Konstrukt sein soll, ist es zumindest kein Konstrukt des 19. Jahrhunderts sondern ein Mittelalterliches. Oder die mittelalterliche Genealogie ist eine eine Fälschung.
Wenn dem so wäre, müsste man aber immer noch erklären, weshalb in den zeitgenössischen Quellen (da sind Lehnsvergaben darunter) die Nachkommen von Konrad I als Burggrafen von Nürnberg und die Nachkommen von Friedrich IV (II) als Grafen von Zollern in Erscheinung treten. Ein Verkauf oder Schenkung der Grafschaft von Zollern an irgendjemand anders ist jedenfalls nirgends belegt.

PS: Der Sohn von Konrad I, Friedrich III der Eber, war nicht nur Burggraf von Nürnberg sondern durch Heirat (zweite Ehe mit der Askanerin Helene von Sachsen) bereits auch Markgraf von Kulmbach und Bayreuth. Die fränkische Linie der Zollern war also bereits vor der Belehung Friedrichs VI (durch Sigismund von Luxemburg) mit Brandenburg ein nicht ganz unbedeutendes Adelsgeschlecht.
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14.07.2019, 21:29
Beitrag: #33
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
So kenne ich dies auch.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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14.07.2019, 21:36
Beitrag: #34
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Nicht handlungsfähig.
daher:
Der Graf Müli, hat seine Herrschaft Mühlheim an der Donau in den 1380ern an die Weitingen verkauft, um Balingen/Schalksburg wieder auszulösen, das er an die Bubenhofen "verliehen" hatte.
(Die Bubenhofen ein niedrigadliges Geschlecht, von dem man auch ganz viel weiß, :thumbs_down:nur das wichtigste nicht, woher die ihren zeitweiligen immensen Reichtum hatten)
Ergo: Müli war "immer" erheblich überschuldet.
Hohenzollern-Zollern hat die Schalksburg-Herrschaft dem Müli nicht abgekauft. Württemberg kaufen lassen.
Ergo: Auch Zollern-Hohenzollern war ständig überschuldet.

So konnte man sich eventuell bietende Chancen zur Herrschaftserweiterung halt nicht nutzen.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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15.07.2019, 11:09
Beitrag: #35
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(10.07.2019 23:14)Aguyar schrieb:  [quote='Teresa C.' pid='66692' dateline='1562786758']
...
In welcher Forschungsarbeit wird absichtlich ignoriert, dass Rudolf nicht König war ?

Ob Fakten, wie dass Rudolf Herrscher des Heiligen Römischen Reiches war, mit Absicht ignoriert oder mit Absicht weggeblendet werden oder unserer derzeitigen Forscher/innen-Elite einfach inzwischen wieder die Fähigkeit abhanden gekommen ist, gewisse wichtige Kontexte mitzudenken, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist jedenfalls, dass die meisten Arbeiten über das Mittelalter, die ich in den letzten Jahren gelesen habe und in denen Habsburger vorkommen oder es um Habsburger geht (sonst wäre das nicht wichtig), gewöhnlich Rudolf und seine Sohn Albrecht wegblenden. Einzige Ausnahme sind Arbeiten, wo es um die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts geht - vermutlich, weil das nicht möglich ist.

Ein Beispiel dafür ist der Aufsatz, den du im Zusammenhang mit den Guglerkriegen verlinkt hast, in dem es letztlich darauf herausläuft: saubere, reine, redliche Eidgenossen (Schweizer), ein tragischer Enguerrand de Coucy oder eine miese und eingebildete Habsburgersippe, die sich für etwas Besseres hält, obwohl sie doch nur unbedeutende Reichsadelige wie andere Familien auch sind. Dieses Habsburgerbild wird von der Autorin noch durch unterschwellige Andeutungen, die sich dauernd wiederholen und über den ganzen Text verstreut sind und das Herumhacken auf Kleinigkeiten ausgebaut, womit die Habsburger auch noch als unterschwellig als primitive Mörderbande rübergebracht wird. (Dass der Aufsatz in einer Schweizer Zeitung publiziert wurde und die Autorin Schweizerin sein dürfte, legt natürlich, dass es hier auch um nationale Befindlichkeiten geht.)

Ein anderes Beispiel wäre die umfang- und materialreiche Arbeit von Konstantin Langmaier über den Habsburger Albrecht VI., die leider trotz ihres Materialreichtums nicht mehr als ein Materialsteinbruch ist, wenn gleich ihr zugute gehalten werden kann, dass sie - im Gegensatz zu manch anderer Arbeiten - frühere Aufsätze, die hier einbezogen sind, tatsächlich so korrekt wiedergibt, dass es nicht mehr notwendig ist, sie zu lesen. Abgesehen davon, dass hier dieselbe Stichelmethode, die ich oben beschrieben habe, zu finden ist, geht von einer Dynastie aus, die damals erst in ihren Anfängen stand und um ihren Aufstieg kämpfte.

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15.07.2019, 11:46
Beitrag: #36
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(13.07.2019 13:39)Aguyar schrieb:  
(12.07.2019 19:49)Suebe schrieb:  Zitat Teresa

ich habe das auf die schnelle Quergelesen, kann aber nichts finden, dass die Verwandtschaft bestritten würde.
Hast du mir da mal ne Quelle, ist ja hochinteressant.

Mein Kenntnisstand ist, das die Trennung der Zollern in eine fränkische (später Preussen) und eine schwäbische Linie (später Sigmaringen, Hechingen, Haigerloch) auf die Söhne des ersten Burggrafen von Nürnberg der Zollern, Friedrich I (III) g. 1201 od. 1204, v. mit der Erbtochter Sophia von Raabs, zurückgeht. Es handelt sich dabei um Konrad I der Fromme, g. 1260/1261 (fränkische Linie) und Friedrich II (IV) mit dem Löwen, g. 1255 (schwäbische Linie).

In einer Genealogie des 13. Jahrhunderts (beinahe zeitgenössisch) erscheinen diese beiden als Brüder. Wenn das ganze ein Konstrukt sein soll, ist es zumindest kein Konstrukt des 19. Jahrhunderts sondern ein Mittelalterliches. Oder die mittelalterliche Genealogie ist eine eine Fälschung.
Wenn dem so wäre, müsste man aber immer noch erklären, weshalb in den zeitgenössischen Quellen (da sind Lehnsvergaben darunter) die Nachkommen von Konrad I als Burggrafen von Nürnberg und die Nachkommen von Friedrich IV (II) als Grafen von Zollern in Erscheinung treten. Ein Verkauf oder Schenkung der Grafschaft von Zollern an irgendjemand anders ist jedenfalls nirgends belegt.

PS: Der Sohn von Konrad I, Friedrich III der Eber, war nicht nur Burggraf von Nürnberg sondern durch Heirat (zweite Ehe mit der Askanerin Helene von Sachsen) bereits auch Markgraf von Kulmbach und Bayreuth. Die fränkische Linie der Zollern war also bereits vor der Belehung Friedrichs VI (durch Sigismund von Luxemburg) mit Brandenburg ein nicht ganz unbedeutendes Adelsgeschlecht.

Wer das behauptet hat, weiß ich nicht mehr, da ich sehr viel lese und es muss schon länger her sein. Ich dürfte dieses Buch sicher nicht wegen der Verwandtschaft der Zollern gelesen haben.

Grundsätzlich bin ich schon einige Male mit dem Fall konfrontiert gewesen, ob Dynastien miteinander verwandt sind.

Da gibt es zum Beispiel mehrere Familien mit Namen Starkenberg, Starkenburg, Montfort etc., bei denen trotz Namensähnlichkeit eher doch keine Verwandtschaft bestehen dürfte.

Oder die Grafen von Schaumburg, Schaunberg, Schauenberg oder Schaunburg, die ständig miteinander verwechselt werden, aber doch unterschiedliche Familien sein dürften.

Ein Beispiel sind die Fürsten von Liechtenstein, die heute noch über Liechtenstein herrschen. Ihre Stammburg Liechtenstein befindet sich im heutigen Niederösterreich. Im Mittelalter finden sich allerdings mehrere Familien von Liechtenstein - ob die wirklich verwandt sind? Waren zum Beispiel der ("steirische") Minnesänger Ulrich von Liechtenstein und die ("niederösterreichisch-mährisch-böhmischen") Politiker Johann und Georg von Liechtensten aus der selben Familie. Immerhin gibt es auch in der heutigen Steiermark eine Burgruine Liechtenstein. Wie verhält es sich übrigens mit der Burg Liechtenstein, auf der Hauff seine Marie von Liechtenstein wohnen lässt. Da wird doch eher nicht, die "steirischen" oder die "niederösterreich-böhmisch-mährischen" Liechtensteiner "vor Auge" gehabt haben.

Für mich ist jedenfalls interessant, dass in der Forschungsliteratur auf eine Verwandtschaft zwischen den späteren Herrschern des Königreichs Preußen und den reichsgräflichen Zollern vor dem 19. Jahrhundert nie eingegangen wird. Das legt jedenfalls den Schluss nahe, dass sich beide Familienzweige, die aus der Verbindung Zollern-Raabs hervorgegangen sind, relativ rasch auseinander entwickelt haben und offensichtlich die Verwandtschaft zwischen den "schwäbischen" und den "fränkisch-bairischen" Zollern bereits im 13. und 14. Jahrhundert nicht mehr von den Familien selbst als wichtig empfunden wurden.


Immerhin aber gelang es den "fränkisch-bairischen" Zollern als Burggrafen von Nürnberg, Markfragen von Ansach und Kulmbach und letztlich als Kurfürsten von Brandenburg innerhalb von 200 Jahren in die "Oberliga" der Reichsfürsten aufzusteigen, wobei sich ihr Schwerpunkt im Reich von den Reichslandschaften Baiern (und Schwaben) weg mehr und mehr nach Osten und Norden verlagerte. Zu beobachten ist auch, dass sie im 13. Jahrhundert eine Reihe von prestigeträchtigen Ehen schlossen, darunter Verbindungen einer ganzen Reihe illustrer Familien im Reich (inklusive aller drei "königswürdigen" Herrscherfamilien).

Ganz anders dagegen die "schwäbischen" Zollern, ihr Handlungsspielraum und Herrschaftsmittelpunkt bleibt auf die Reichslandschaft Schwaben beschränkt, wo sie gerade im 14. und 15. Jahrhundert mehr und mehr an Status und (lokaler) Macht verlieren, auch wenn es ihnen im 15. Jahrhundert dann doch gelingt, sich zumindest Reichsfürsten zu etablieren.

Bei einem Vergleich Zollern - Habsburger entsteht der Eindruck, dass für den Aufstieg in die "Reichsoberliga" das Fuß fassen, außerhalb der Reichslandschaft Schwaben entscheidend gewesen sein dürfte.

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15.07.2019, 12:10
Beitrag: #37
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(12.07.2019 20:08)Suebe schrieb:  Edit:
Die Grafen von Zollern-Hohenzollern waren zum entscheidenden Zeitpunkt von ca. 100 Jahren nicht handlungsfähig. Das ist der einzige Grund.
Das andere Beispiel das ich "neulich" hier beschrieb, Landau-Grüningen dito
einfach am entscheidenden Zeit-Punkt etwas falsch gemacht.

Aber warum waren sie nicht handlungsfähig beziehungsweise warum waren sie hoffnungslos überschuldet? Welche anderen Möglichkeiten hätte es noch gegeben? Daneben gibt es genug Beispiele, wo der scheinbar sichere Niedergang letztlich aufgehalten werden konnte oder das Ganze eine Krisensituation war, die letztlich doch noch bewältigt werden konnten.
Solche Fragen und Überlegungen erscheinen mir hier relevanter.

Immer wieder finden wir "enorm überschuldete" oder "bettelarme" Dynastien, die nichtsdestoweniger imstande sind, eine Mitgift in bar auszuzahlen, einen wichtigen Kauf zu tätigen oder mit bezahlten Söldnern Krieg zu führen. Da drängt sich schon der Verdacht auf, dass da etwas nicht stimmen kann. War die Überlieferung fehlerhaft oder ungenau (oder wurde sie mit Absicht verfälscht wurde, da jemand etwas zu verbergen hatte)? Wurde vielleicht etwas nicht berücksichtigt oder ist der Forschung entgangen und wurden in der späteren Forschung fehlerhaft weiter überliefert? …

Beim Grafen Friedrich Mülli bietet sich immerhin mit dem Tod seines Sohnes und Erben ein Motiv an, warum er seine Besitzungen verkauft hat beziehungsweise nicht mehr halten wollte.

Die Verwandten hatten nicht das Geld, sie ihm abzukaufen, also verkaufte er mit ihrer Zustimmung an Württemberg.

Interessant wäre hier sicher, ob es Erbverträge oder -Vereinbarungen gegeben hat, und wer mit diesen Erbansprüche hätte geltend machen können.

Wenn zum Beispiel die anderen Linien ohnehin geerbt hätten, wäre auch vorstellbar, dass Mülli seine Besitzungen nicht abkaufen wollte, weil sie erwarten konnten, dass sie diese jetzt ohnehin erben würden.

Unklare Erbverhältnisse könnten allerdings auch ein Grund für den Verkauf gewesen sein. Graf Mülli mag befürchtet haben, dass es um seine Gebiete nach seinem Tod zu Erbstreitigkeiten kommen würde, die vermutlich auch Kriegshandlungen zur Folge hatten. Vielleicht wollte er mit dem Verkauf eine solche Entwicklung verhindern. Dass Verwandte als Zeugen aufscheinen, also offensichtlich damit einverstanden waren - vielleicht sahen sie die Lage genauso.

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15.07.2019, 18:13
Beitrag: #38
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(15.07.2019 12:10)Teresa C. schrieb:  Aber warum waren sie nicht handlungsfähig beziehungsweise warum waren sie hoffnungslos überschuldet? Welche anderen Möglichkeiten hätte es noch gegeben? Daneben gibt es genug Beispiele, wo der scheinbar sichere Niedergang letztlich aufgehalten werden konnte oder das Ganze eine Krisensituation war, die letztlich doch noch bewältigt werden konnten.
Solche Fragen und Überlegungen erscheinen mir hier relevanter.

Immer wieder finden wir "enorm überschuldete" oder "bettelarme" Dynastien, die nichtsdestoweniger imstande sind, eine Mitgift in bar auszuzahlen, einen wichtigen Kauf zu tätigen oder mit bezahlten Söldnern Krieg zu führen. Da drängt sich schon der Verdacht auf, dass da etwas nicht stimmen kann. War die Überlieferung fehlerhaft oder ungenau (oder wurde sie mit Absicht verfälscht wurde, da jemand etwas zu verbergen hatte)? Wurde vielleicht etwas nicht berücksichtigt oder ist der Forschung entgangen und wurden in der späteren Forschung fehlerhaft weiter überliefert? …

Ich denke, dass die Überschuldungen einzelner Dynastien auch eine Folge der Pestepidemien ab Mitte des 14. Jahrhundert ist. Der enorme Rückgang von Arbeitskräften führte dazu, dass viele Dynastien keine oder nur wenige Einnahmen erzielten, aber die Kosten blieben bestehen. Diese fehlenden Einnahmen führten zu Überschuldung bzw. Verkauf oder Pfändung von Gütern. Des Weiteren sollten aber auch die klimatischen Änderungen ab Ende des 13./Anfang des 14. Jahrhunderts betrachtet werden.

Dass sich die fränkischen Hohenzollern als Burggrafen von Nürnberg behaupteten und ihre Herrschaft in Franken ausbauen konnten, ist sicher mit dem Zusammenbruch der Staufer-Herrschaft bzw. dem faktischen Ende des Herzogtums Franken zu erklären. In anderen Herrschaften konnten sich Burggrafen nicht behaupten, ich denke da beispielsweise an die Herren von Dohna als Burggrafen von Meißen oder die Herren von Querfurt als Burggrafen von Magdeburg.

Der Niedergang beide Dynastien ist sicher mit der schwächeren wirtschaftlichen (und politischen) Lage gegenüber ihren Kontrahenten - den Markgrafen von Meißen bzw. den Erzbischof von Magdeburg zu erklären, deren Politik schon die Grundsteine für den Ausbau der Landesherrschaften ihrer Nachfolger legte. Die Herren von Dohna waren gut vernetzt, hauptsächlich in Böhmen, ebenso die Herren von Querfurt, von denen auch die Grafen von Hardegg abstammten.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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15.07.2019, 19:19
Beitrag: #39
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Ganz viele Punkte Devil

Also mal wild durcheinanderDevil

Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern-Sigmaringen haben es erst im 17. Jahrhundert zu Reichsfürsten gebracht. Die Linie Haigerloch wurde nicht "gefürstet" derweil die aktuelle Ehefrau dem niederen Adel entstammte.
Wobei, wies im HRR halt so war, Haigerloch war Reichsunmittelbar, Sigmaringen österr. Lehen.

Als Eitelfritz von Hzl. erstmals den "zu geringen" Kaufpreis ins Spiel brachte, hat Württemberg den Ehemann der Tochter Müllis auf das Erbe seiner Frau verzichten lassen, als er starb, die Tochter selbst nochmals.

Liechtenstein ist ein anderer Fall, reichgewordener Beamtenadel der, analog Thurn+Taxis sich eine "Fürstengerechte" Besitzung anschaffen musste. Erst nach dem Ende der Habsburger-Monarchie hat erstmals ein regierender Fürst den Boden Liechtensteins betreten. Also ganz anders gelagert. Im Deutschen Bund hat sich Hohenzollern und Liechtenstein übrigens einen "Truppenteil" geteilt.
Die heutige Burg Lichtenstein, angeregt durch Hauffs Roman, ist so eine Art schwäbisches Neuschwanstein. Nicht weit entfernt, bei Neufra gibt es noch zwei weitere Ruinen Lichtenstein keinen Kilometer voneinander entfernt. (auf dem "vorderen Lichtenstein" habe ich Anno 73 meinen 21. Geburtstag gefeiert, zwei Fass Bier, ein großes Feuer, hübsche Mädchen dabei .... kann man heute noch von schwärmenThumbs_up)

Es war ab dem 16. Jahrhundert im HRR nicht mehr möglich anders als durch Erbschaft oder Kauf das jeweilige Territorium zu vergrößern.
Siehe wie Herzog Ulrichs Gewalttat 1519 gegen Reutlingen ausgegangen ist.
Die Verrechtlichung des HRR war sehr weit fortgeschritten.

Ich würde Deiner These eine ganz andere entgegenstellen.
Es war Habsburg gerade wegen seinem Ausgriff nach Südosten nicht mehr möglich seine ganzen Rechte und Besitzungen im früheren Herzogtum Schwaben auszuüben und zusammenzufassen. die hatten doch mehr weiterver"liehen" als sie selbst "regierten". Aus Mangel an Mitteln.
1520 hat Habsburg Württemberg gekauft, gegen die Erstattung der Kriegskosten an den Schwäbischen Bund.
Wie konnte es da dem landflüchtigen Herzog möglich sein gegen König und Kaiser, beide aus dem Haus Habsburg, sein Herzogtum zurückzu"erobern"???
Nun, ganz einfach, Habsburg hat nicht bezahlt, keinen Roten Heller. Das hat dann der Herzog (sprich natürlich das Ländchen) übernehmen müssen.

Auch Ansbach-Bayreuth hat sich nennenswert nicht mehr vergrößert. Aber der Familienzusammenhang wurde von Königsberg bis Sigmaringen immer gesehen und gepflegt. Brandenburg hat Preußen geerbt, Brandenburg-Preußen Ansbach-Bayreuth. Sigmaringen hat Haigerloch geerbt.
Hats in Sigmaringen und Hechingen mal wieder Probleme gegeben, und die gab es oft..., hat man um Hilfe in Berlin nachgesucht, und soweit mir bekannt nie vergeblich.
Auch in der "Schalksburg-Sache" gibt es Hilfsgesuche an die preußischen Könige noch im 18. Jahrhundert

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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16.07.2019, 18:29
Beitrag: #40
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Zitat Teresa
Zitat:
Wer das behauptet hat, weiß ich nicht mehr, da ich sehr viel lese und es muss schon länger her sein. Ich dürfte dieses Buch sicher nicht wegen der Verwandtschaft der Zollern gelesen haben.

das stammt vermutlich aus dem Umfeld der Hohenzollern-Ausstellung von 2017.
Wilfried Schöntag, ein ausgewiesener Hohenzollern-Forscher, hat jüngst den "posthum" erschienenen Katalog zerrissen. "In tausend Fetzen"

Die schwäbischen Grafen und die Markgrafen standen immer in Kontakt, schreibt er, es ging ständig um Schuldenprobleme um die "Wiedererlangung" des Fürstenstandes usw..
MaW wie hätten auch die schwäbischen Hohenzollernfürsten mit ihrem überaus verhängnisvollen Hang zu Duodez-Gehaben anders die Zeitläufe überstehen können. Ohne Anlehnung an Preußisch-Berlin.
Allein in Hzl-Hechingen gab es von 1700 bis 1796 Stücker 15 Sensen-Revolutionen.
Da könnte man Geschichtchen erzählen.....

Auf alle Fälle nicht mal im Ansatz "Üb immer Treu und Redlichkeit" wie in Potsdam, sondern ganz im Gegenteil.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.07.2019, 12:25
Beitrag: #41
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
OT
aber irgendwie passt es dann doch

Die Welt berichtet von "Reparations"-Forderungen des Hauses Hohenzollern-Berlin

https://www.welt.de/kultur/article196840...llern.html


Hintergrund ist natürlich, dass die 1803-05 "enteigneten" wesentlich besser gestellt wurden, wie die von 1918.

Aber dafür kann Volk und Staat ja nichts.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.07.2019, 16:53
Beitrag: #42
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Der Tagesspiegel konkretisiert.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/anspr...740-3.html

oh mann...................

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.07.2019, 18:06
Beitrag: #43
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(15.07.2019 11:09)Teresa C. schrieb:  
(10.07.2019 23:14)Aguyar schrieb:  [quote='Teresa C.' pid='66692' dateline='1562786758']
...
In welcher Forschungsarbeit wird absichtlich ignoriert, dass Rudolf nicht König war ?

Ein Beispiel dafür ist der Aufsatz, den du im Zusammenhang mit den Guglerkriegen verlinkt hast, in dem es letztlich darauf herausläuft: saubere, reine, redliche Eidgenossen (Schweizer), ein tragischer Enguerrand de Coucy oder eine miese und eingebildete Habsburgersippe, die sich für etwas Besseres hält, obwohl sie doch nur unbedeutende Reichsadelige wie andere Familien auch sind. Dieses Habsburgerbild wird von der Autorin noch durch unterschwellige Andeutungen, die sich dauernd wiederholen und über den ganzen Text verstreut sind und das Herumhacken auf Kleinigkeiten ausgebaut, womit die Habsburger auch noch als unterschwellig als primitive Mörderbande rübergebracht wird. (Dass der Aufsatz in einer Schweizer Zeitung publiziert wurde und die Autorin Schweizerin sein dürfte, legt natürlich, dass es hier auch um nationale Befindlichkeiten geht.)

Ich habe eher den Eindruck, dass es bei Dir um nationale oder zum Mindesten um habsburgische Befindlichkeiten geht. Die Autorin ist (war) angehende Historikerin und als solche wird in diesem Aufsatz gar nichts gewertet. Das Mittelalter eignet sich sowieso nicht zum Ausleben nationaler Befindlichkeiten (zu lange her) - da müssten modernere Epochen hinhalten. Und wenn schon hat die Schweiz keine Befindlichkeiten gegenüber Österreich sondern höchstens gegen Deutschland. Und übrigens waren die Habsburger wenn man so will, bevor sie "Österreicher" wurden "Schweizer", und noch ursprünglicher "Elsässer". Wo willst Du hier Befindlichkeiten ausleben ?

Weder werden die Habsburger als unbedeutend oder mies dargestellt, sondern sie haben einfach nicht bezahlt - was ohne Ausnahme alle mitteralterlichen Adelssippen irgendwann und wiederholt gemacht resp. nicht gemacht haben. Sie waren einfach knapp bei Kasse. Und eine Mörderbande ? Sehr viele Adelssippen haben in ihrer Geschichte Verwandtenmörder, nicht nur die Habsburger.
Und Enguerrand von Coucy wird nicht als tragisch dargestellt sondern als der Condottiere der er war. Er hat lediglich versucht, Schulden einzutreiben deren Rechtmässigkeit ohnehin zweifelhaft war.
Und erst recht werden die Eidgenossen nicht als redlich und sauber dargestellt - sie haben Coucys Truppen besiegt obwohl sie diese gar nichts angingen. Die von Coucys Truppen besetzten Gebieten gehörten Habsburg und die Eidgenossen (genauer die Berner) haben sich Coucy nur in die Quere gestellt, um einen durch nichts gerechtfertigten Anspruch auf die Gebiete zu stellen (Herrschaft war im Mittelalter immer mit einer Schutzverpflichtung verbunden).
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17.07.2019, 18:42
Beitrag: #44
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(17.07.2019 16:53)Suebe schrieb:  Der Tagesspiegel konkretisiert.

https://www.tagesspiegel.de/berlin/anspr...740-3.html

oh mann...................

Tja, wenn es um das liebe Geld geht … Das Mittelalter liegt einem da gar nicht fern ...

Sollten die lieben "Kaisers Urenkel" Erfolg haben, kann das für andere "Enkel" und "Urenkel" noch recht interessant werden.Angel

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17.07.2019, 19:04
Beitrag: #45
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Um wieder zum ursprünglichen Thema, Territorialherrschaft / Grafen von Zollern bzw. Hohenzollern, zurückzukehren, das von Suebe hier zur Diskussion gestellt wurde. Für mich haben sich inzwischen da noch einige Fragen ergeben.

Wie war es eigentlich um die Besitzungen der Grafen von Zollern im 14. Jahrhundert tatsächlich bestellt? Handelt es sich um geschlossene kleinere oder größere Gebiete, die weitgehend eine geschlossene "Einheit" bildeten oder doch eher um "Streubesitz", also Gebiete, in denen auch andere politische Akteure, wenn gleich lokal begrenzt, Besitz und / oder sogar einige Recht durch die Grundobrigkeit besaßen (Adelige, Klerus, Freibauern etc.) ?

Eine weitere Frage, die sich für mich ergibt, ist - mit wem hatten die Grafen von Zollern politisch noch zu tun, außer mit den Grafen von Württemberg, die bisher genannt wurden sowie der "burggräflichen" Verwandtschaft oder den Herzöge von Österreich (Habsburger). [Anmerkung, um Missverständnisse zu vermeiden: Österreich bezieht sich hier auf den Namen jenes Gebietes, nach dem sich die Habsburger zu dieser Zeit benannten und nicht auf die heutige Republik Österreich. Da ergibt sich übrigens eine weitere Fragen - hatten die Grafen von Württemberg, ehe sie nach dem Land benannt wurden, auch eine Dynastie-Namen?]

Insgesamt entsteht bisher für mich der Eindruck, dass die Grafen von Württemberg die Hauptakteure waren, mit denen sich die Grafen von Zollern auseinanderzusetzen hatten. Allerdings waren die Grafen von Württemberg nicht die einzigen hier ansässigen oder zumindest mit Einfluss "gesegneten" Adeligen, sowie die Herzögen von Österreich oder die Burggrafen von Nürnberg (ich hoffe, es nimmt mir niemand übel, wenn ich die späteren "Preußen" hier als Burggrafen von Nürnberg bezeichne. Aber ich glaube, es ist übersichtlicher, wenn ich aus den möglichen Bezeichnungen die auswähle, bei der eindeutig klar ist, wer gemeint ist und wenn ich sie als Hohenzollern bezeichne, muss ich ständig sicherstellen, dass klar ist, welche Zollern beziehungsweise Hohenzollern gemeint sind).

Wie aber ist es um die anderen Akteure in der Reichslandschaft Schwaben bestellt? Spielten die in Bezug auf die Grafen von Zollern keine Rolle? Oder gibt es dazu bisher keine Untersuchung. Zumindest für mich entsteht eigentlich der Eindruck, dass es für die Grafen von Zollern außer Württemberg (und vielleicht noch Habsburg) keine weiteren Akteure gab. Allerdings habe ich auch nicht den Eindruck, dass die Württemberger und die Österreicher die einzigen Machthaber hier waren und die Zollern sich letztlich in einem Konflikt zwischen diesen beiden Reichsfürstenfamilien aufgerieben hätten?

Welche Rolle spielte da der Markgraf von Baden oder die pfälzischen Wittelsbacher? Inwieweit waren auch andere Nachbarn wie zum Beispiel die Fürstenberger, Werdenberger, Monforter, Freiburger, Mömpelgarter etc. (Suebe kennt sich noch einige andere Adlige), oder auch bestimmte Reichsstädte in die politische Entwicklung der Grafen von Zollern verwickelt?

Oder waren sie nicht in diese verwickelt, weil eben die Besitzungen der Grafen von Zollern hauptsächlich so gelegen waren, dass sie eben nur oder fast nur die Herrschaftsterritorien der Grafen von Württemberg betrafen. Bildeten sie nur für diese als Nachbarn, Unterbrechung ihrer Gebiete oder "Staat im Staat" ein Problem, sodass sie nur für die Württemberger von Interesse waren beziehungsweise deren Bestreben im ihren Gebiete die "lückenlose" Landesherrschaft aufbauen zu wollen, behinderten?

Mag sein, dass meine Frage für jemanden aus Württemberg etwas seltsam wirken, aber aus der Ferne ist es (meine eigene Erfahrung) oft gar nicht so einfach, sich ein halbwegs adäquates Bild von der Lage zu machen, selbst trotz Hilfsmittel wie Internet etc.

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17.07.2019, 20:16
Beitrag: #46
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Also....

einfach mal unzusammenhängend.
Die Württemberger wurden nicht nach dem Land benannt, sondern das Land nach der Dynastie.
Schon die sg Stammburg "Württemberg" trägt den Namen nach dem Geschlecht. Der Berg heißt heute noch Rotenberg, einschließlich dem dortigen "Burgweiler" heute ein nennenswertes Weinbaudorf.

Die Zollerngrafen hatten natürlich mit allen von dir genannten zu tun (Mömpelgard nicht, die sitzen in der Burgundischen Pforte) Von den Veringern zB. kauften sie die hier oft genannte Schalksburgherrschaft. Auch von den Zähringern kamen ein paar Dörfer, die Werdenberg waren die direkten Vorgänger in Sigmaringen und Gammertingen, von den Fürstenberg kam das Dorf Balingen, die Stadt gründeten die Zollern.
Mit den Zimmern war man durch ein paar Ehen verschwägert.
(in der Zimmerischen -Chronik ist mit die älteste Nachricht über Müllis Verkauf, mit der Einschätzung wie es läuft, wenn die Verwandten nicht zusammenhalten, wobei der Zimmern-Graf die Höhe der Kaufsumme nicht verläßlich kannte, es ist ein Freiraum in der Chronik wo die Kaufsumme noch eingesetzt hätte werden sollen)

Das Territorium der Zollern ist 1400 relativ geschlossen, wobei es die aktuelle Einschätzung (Bumiller?) gibt, dass sich Württemberg und Habsburg mit dem Umgang ihrer Erwerbungen klüger anstellten, und die Mehrschichtigen Besitztitel umfangreicher an sich brachten.

Man darf aber auf keinen Fall außer Acht lassen, dass die "Erbfeindschaft" Zollern-Württemberg ein Konstrukt des 19. Jahrhunderts ist.
Man hat eigentlich immer und gut harmoniert, abgesehen vom Glauben.

Reichsstädte? Nun, ein Zollern-Schalksburg-Graf ist vor Reutlingen bei der dortigen Schlacht im Städtekrieg gefallen. Rottweil ist nicht weit weg, aber müsste ich nachlesen.
Die Belagerung und Zerstörung der Burg durch den Städtebund und Württemberg resultierte aus dem Bruderzwist im Hause Zollern
Friedrich-Öttinger kontra Eitel-Friedrich

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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17.07.2019, 20:33
Beitrag: #47
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(15.07.2019 11:46)Teresa C. schrieb:  Grundsätzlich bin ich schon einige Male mit dem Fall konfrontiert gewesen, ob Dynastien miteinander verwandt sind.

Da gibt es zum Beispiel mehrere Familien mit Namen Starkenberg, Starkenburg, Montfort etc., bei denen trotz Namensähnlichkeit eher doch keine Verwandtschaft bestehen dürfte.

Oder die Grafen von Schaumburg, Schaunberg, Schauenberg oder Schaunburg, die ständig miteinander verwechselt werden, aber doch unterschiedliche Familien sein dürften.

Ein Beispiel sind die Fürsten von Liechtenstein, die heute noch über Liechtenstein herrschen. Ihre Stammburg Liechtenstein befindet sich im heutigen Niederösterreich. Im Mittelalter finden sich allerdings mehrere Familien von Liechtenstein - ob die wirklich verwandt sind? Waren zum Beispiel der ("steirische") Minnesänger Ulrich von Liechtenstein und die ("niederösterreichisch-mährisch-böhmischen") Politiker Johann und Georg von Liechtensten aus der selben Familie. Immerhin gibt es auch in der heutigen Steiermark eine Burgruine Liechtenstein. Wie verhält es sich übrigens mit der Burg Liechtenstein, auf der Hauff seine Marie von Liechtenstein wohnen lässt. Da wird doch eher nicht, die "steirischen" oder die "niederösterreich-böhmisch-mährischen" Liechtensteiner "vor Auge" gehabt haben.

Da Burgennamen (mit "Stein" wurden im Mittelalter ebenfalls Burgen bezeichnet) häufig ähnlich sind (ich kenne z.B. mindestens 12 "Falkenburgen") ist es nicht verwunderlich, dass sich Familien, die sich nach ihrer Stammburg nannten, denselben Namen tragen ohne miteinander verwandt zu sein. Aber Namensgleichheit gibt es auch sonst: es gibt/gab beispielsweise zwei Viscontis (der Name ist von "Vizegraf" abgeleitet), welche auch nicht miteinander verwandt sind.

Der Minnesänger Ulrich von Liechtenstein mit seinen Venusfahrten ist nicht verwandt mit den heutigen Fürsten von Lichtenstein, die, wie Du geschrieben hast, von den Herren von Mödling mit ihrer Stammburg Liechtenstein bei Maria Enzersdorf abstammen - sie haben Anfang des 18. Jahrhundert die Grafschaft Vaduz (so hiess das Fürstentum Liechtenstein früher) gekauft.

Mit den Namen Montfort (latein. Name der Stammburg) gibt es zwei bekannte Familien, die nicht verwandt sind. Die Herren von Montfort in der Ille de France (berühmtes Mitglied der Familie war Simon V, der Anführer des Albligenserkreuzzugs), Garfen von Évreux und später Earls von Leicester. Die anderen waren die Herren von Montfort in Voralberg, Grafen von Bregenz, Feldkirch, Werdenberg (eine Seitenlinie) und Vaduz.
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17.07.2019, 20:52
Beitrag: #48
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(17.07.2019 19:04)Teresa C. schrieb:  Eine weitere Frage, die sich für mich ergibt, ist - mit wem hatten die Grafen von Zollern politisch noch zu tun, außer mit den Grafen von Württemberg, die bisher genannt wurden sowie der "burggräflichen" Verwandtschaft oder den Herzöge von Österreich (Habsburger). [

Nebst dem (sehr) lokalen Adel wie Dillingen, Georldseck, Tübingen, Fürstenberg, Sulz, Werdenberg, Rhäzuns etc. waren das die anderen Zweige der Hohenzollern wie Hohenberg und Schalksburg, die Nebenlinie der Habsburger wie Habsburg-Laufenburg und Neu-Kyburg, die Zähringer (Baden) und die Pyrt (Ferrette im Sundgau).
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18.07.2019, 12:27
Beitrag: #49
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
Bumiller schreibt übrigens, dass Mülli 1391 beim Verkauf von Mühlheim an der Donau nachgewiesenermaßen sehr wohl die beiden Zollern-Hohenzollerngrafen fragte, die ihm zum Verkauf an "andere" rieten.
Und daraus die These ableitet, dass 1403 die Hohenzollerngrafen widerum gefragt wurden. Die Nichtteilnahme am Verkaufsvertrag vermutlich lediglich dem inzwischen eskalierten Streit der Brüder geschuldet ist. Vielleicht ist dieser dann in der Sage verarbeitet.
Graf Ostertag "Tägli" war ja dabei.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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18.07.2019, 15:23
Beitrag: #50
RE: Entwicklung von Territorialherrschaften im Spätmittelalter II Hohenzollern
(17.07.2019 20:33)Aguyar schrieb:  ./.
Da Burgennamen (mit "Stein" wurden im Mittelalter ebenfalls Burgen bezeichnet) häufig ähnlich sind (ich kenne z.B. mindestens 12 "Falkenburgen") ist es nicht verwunderlich, dass sich Familien, die sich nach ihrer Stammburg nannten, denselben Namen tragen ohne miteinander verwandt zu sein. Aber Namensgleichheit gibt es auch sonst: es gibt/gab beispielsweise zwei Viscontis (der Name ist von "Vizegraf" abgeleitet), welche auch nicht miteinander verwandt sind.
./.

Um uns heutigen die Sache noch komplexer zu gestalten, haben sich Ministerialien die auf einer Burg als "Verwalter" sassen, nach dieser Burg benannten.
Wenn sie dann woanders hockten, evtl, im eigenen, haben sie den Namen dann mitgenommen, so gibt es oberhalb Straßberg/Hzl. eine 2. viel kleinere Schalksburg-Ruine, 10-12 Kilometer von der eigentlichen.

Die "von Rosenfeld" eigentlich Zollerische Ministerialien "von Bisingen", sassen als württ. Vögte in Rosenfeld, und haben den Namen dieses Städtchens übernommen. (ein Rosenfeld spielte eine wichtige Rolle in der Schlacht bei Döffingen)

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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