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Investiturstreit
28.09.2012, 19:03
Beitrag: #1
Investiturstreit
Gruß in die Runde!

Ein paar Gedanken zum Investiturstreit:
Es ging nicht nur um bloße Macht. Um Macht natürlich auch, besonders bei der Frage, wer nun der ranghöhere sei, Papst oder Kaiser. Doch es ging auch um etwas anderes, nämlich um Ruhm und ein positives Bild in den Augen der Nachwelt.
Der Papst, Gregor, war sich der Argumente bewusst, die er besaß, um die Macht des Kirchenstaates und des Papsttums wieder gegenüber den erstarkeneden Nationalstaaten in ganz Europa und besonders im Heiligen Römischen Reich (das aufgrund des Kaisertums besonders mit ihm verbunden war) aufzurichten. Er wusste, dass er Millionen Gläubige mobilisieren könnte, wenn er es richtig anstellte, und er wusste ebenfalls, dass, falls sein Plan gelingen sollte, ihm der Ruhm der Nachwelt gewiss war.
Heinrich IV., der deutsche Kaiser, dachte ähnlich, bloß nicht ganz so direkt. Es ging ihm - außer wie gesagt um die Statusfrage - ganz besonders um das Recht, die Bischöfe einzusetzen. Denn so schuf er sich eine Menge ihm freundlich gesinnter Menschen in hohen Positionen. Und die brauchte er auch, nicht nur, um Macht auszuüben, sondern auch, um die Nachwelt von seiner Person zu überzeugen. Denn das ganze Mittelalter hindurch waren im christlichen Abendland meist die einzigen, die lesen oder gar schreiben konnten, die Mönche. Sie verfassten Chroniken, sie schrieben die Geschichten von den Herrschern auf, und ihre Meinung war bis in die letzten Jahrzehnte auch so gut wie überall die allgemein anerkannte. Wenn Heinrich ihm treu ergebene Männer als Bischöfe in seinem Reich hatte, konnten diese ihm eine "gute Presse" verschaffen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser Punkt eine Rolle gespielt hat, denn es ist wirklich bemerkenswert, wie wichtig Heinrich das Recht der Bischofseinsetzung war. Wie es wirklich war, ist natürlich so gut wie nie hundertprozentig herauszufinden, aber man kann versuchen, den Menschen näher zu kommen - bis auf eine gewisse Distanz, die die Dauer der Jahrhunderte ist und die wie ein Nebel die Sicht trübt. Und es ist sicher keine Errungenschaft der Moderne, dass Herschende auf eine "gute Presse" aus sind.

Der Maxdorfer

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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28.09.2012, 23:19
Beitrag: #2
RE: Investiturstreit
(28.09.2012 19:03)Maxdorfer schrieb:  Ein paar Gedanken zum Investiturstreit:
Es ging nicht nur um bloße Macht. Um Macht natürlich auch, besonders bei der Frage, wer nun der ranghöhere sei, Papst oder Kaiser. Doch es ging auch um etwas anderes, nämlich um Ruhm und ein positives Bild in den Augen der Nachwelt.
Es ging SCHON um Macht, und du schreibst das auch richtig - aber eben nicht nur. Der Ruhm, das Ansehen für nachfolgende Generationen war sekundär.

Das Andere war das Geld. Es ging um Macht, Geld, Besitz und Einfluß. Das bildet eine Einheit. Bis heute.
Denn wenn du Macht besitzt, aber keine Kohle, ist es relativ schnell um dich und diese Macht und deinen Einfluß bestellt. Siehe auch Simonie und Ablasshandel.

Und du warst schön. In deinem Auge schien
sich Nacht und Sonne sieghaft zu versöhnen.
...
So kam dich meine Liebe krönen.
Und meine nächteblasse Sehnsucht stand,
weißbindig wie der Vesta Priesterin,
an deines Seelentempels Säulenrand
und streute lächelnd weiße Blüten hin.

(Rainer Maria Rilke)
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29.09.2012, 09:27
Beitrag: #3
RE: Investiturstreit
Es ging noch tiefer. Es ging um das grundlegende Verhältnis zwischen weltlicher und geistlicher Macht.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich die weltlichen Herrscher die Kirche zu Nutzen gemacht. Es ging ja im Investiturstreit nicht nur um die Investitur sondern auch um Simonie. Weltliche Herrscher nutzten sowohl Amtshinaber als auch die Ämter direkt als äußerst effektives Werkzeug, um ihre Interessen durchzusetzen.

Gerade um die Jahrtausendwende dürfte es vor allem der Kirche gelungen sein, auch das einfache Volk auf dem Land oder in den Städten zu erreichen, mehr als das der Fürst selbst je gekonnt hätte. Denn die Mönche, die Prister, die Bischöfe waren ja vor Ort und sie konnten die Menschen mit einem einfachen Hinweis auf die mögliche Gefährdung ihres Seelenheils bei der Stange halten. Die Kirche verfügte also über Geld und Einfluss, vor allem aber hatte sie Macht über das Volk. Sehr praktisch, wenn ein Herrscher sich diese Ressource zu eigen macht und steuern kann.

Gregor VII strebte aber nun nichts Geringeres an, als eine Gleichstellung zwischen ihm und dem Regenten. Gregor wollte über die Kirche herrschen, wie Heinrich über sein Volk. Er würde nicht mehr Heinrichs Werkzeug sein, sondern ihm auf Augenhöhe begegnen. Das war eine Ungeheuerlichkeit!

Heinrich nutzte zwar die Investitur in allen Ämtern, die ihm strategisch wichtig schienen, aber er war nicht der vehemente Befürworter der Laieninvestitur, wie er häufig dargestellt wird. Er hatte z.B. keine Probleme damit, einzelne Klöster aus der Laienherrschaft zu entlassen und sie dem Papst zu unterstellen. Das wissen wir aus einigen Freiheitsurkunden, die er am Vorabend des Investiturstreites noch unterzeichnete. Doch das was Gregor wollte, ging für Heinrich entschieden zu weit.

Meine persönliche Meinung ist, dass sich dieser Zwist zwischen den beiden Kontrahenten irgendwann verselbständigt hat. Zumindest bei Heinrich scheint es irgendwann zur Obsession geworden zu sein.

nicht ärgern, nur wundern...
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29.09.2012, 10:32
Beitrag: #4
RE: Investiturstreit
(29.09.2012 09:27)Uta schrieb:  Es ging noch tiefer. Es ging um das grundlegende Verhältnis zwischen weltlicher und geistlicher Macht.

./.


Meine persönliche Meinung ist, dass sich dieser Zwist zwischen den beiden Kontrahenten irgendwann verselbständigt hat. Zumindest bei Heinrich scheint es irgendwann zur Obsession geworden zu sein.

Meine Meinung:

Genau genommen ging der Investiturstreit doch unter anderen Namen weiter, bis zum Ende des Hochmittelalters. noch Konradins Tod gehört dazu.
Am Ende, gab es noch einen Papst (oft mehrere) und einen Kaiser, aber Macht, Macht hatten beide nicht mehr.

"Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966)
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29.09.2012, 11:12
Beitrag: #5
RE: Investiturstreit
(29.09.2012 10:32)Suebe schrieb:  Genau genommen ging der Investiturstreit doch unter anderen Namen weiter, bis zum Ende des Hochmittelalters. noch Konradins Tod gehört dazu.
Am Ende, gab es noch einen Papst (oft mehrere) und einen Kaiser, aber Macht, Macht hatten beide nicht mehr.

Sicherlich. Das zeigt allein schon die Tatsache, dass es nach der Machtübernahme Heinrichs V. noch 16 Jahre dauerte, bis es endlich zur scheinbaren Beilegung der Streitigkeiten im Wormser Konkordat kam. Und das obwohl sich Heinrich V. die Unterstützung der papsttreuen Reichsfürsten ja genau mit dem Versprechen, den Streit zu beenden, gesichert hatte.

Es stimmt auch, dass beide Seiten enorm Federn gelassen hatten, was aber meiner Meinung nach auch an der Ambivalenz der jeweils beteiligten Personen lag. Während es zwischen Gregor VII. und Heinrich IV. eigentlich noch ganz klar war, um was es eigentlich ging, verfolgten Pascalis II und Heinrich V. bereits ganz andere, persönliche Ziele. Das setzte sich dann so noch einige Zeit fort.
Dazu kam, dass es gerade in der Kirche, die ja kurz vor und während des Investiturstreits einen riesen Wandel und Aufschwung erlebte, wieder begann mächtig zu gären. Von erlahmender Frömmigkeit, vielbeweibten Priestern, entlaufenen Mönchen, etc. ist in vielen Quellen zu lesen. Das hat natürlich der Glaubwürdigkeit geschadet.
Einen ähnlichen Imageschaden hatten auch die jeweiligen Herrscher zu verkraften. Viele junge Adlige hatten bereits zu Beginn des Investiturstreits ihr Heil in den Klöstern gesucht, und somit sich dem ewigen Kampf zu verweigern begonnen. Dieser Trend setzte sich auch fort, man wollte nicht immer nur von einer Schlacht in die andere ziehen müssen.
Das Volk sah sich auch ständig nur zwischen kriegerischen Auseinandersetzungen und Machtgerangel zerrieben, zumal sie das Streben ihrer Herren nicht selten mit Hunger und Not bezahlen mussten.

nicht ärgern, nur wundern...
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29.09.2012, 11:52
Beitrag: #6
RE: Investiturstreit
(29.09.2012 09:27)Uta schrieb:  Es ging noch tiefer. Es ging um das grundlegende Verhältnis zwischen weltlicher und geistlicher Macht.
Und da waren zwei Kontrahenten aneinander geraten, wie sie gegensätzlicher nicht sein konnten:
Gregor VII. ging es offenbar tatsächlich um eine grundlegende Reform der Kirche. Und mit seinem Kirchenverständnis war es einfach nicht vereinbar, dass weltliche Herrscher der Kirche "ins Handwerk" pfuschten. Anders als Heinrich, der Gregor - welcher ja per "Volkswahl" Papst geworden war ("Hildebrand soll Papst werden!") - als von Menschen erwählt, sich selber aber als von gott eingesetzt sah, verstand sich Gregor quasi als "Handlager Gottes auf Erden" - und als solcher allen weltlichen Herrschern an Autorität überlegen.

Natürlich war Hildebrand auch Machtpolitiker, ganz klar. Aber sein Hauptanliegen dürfte es gewesen sein, die Macht der Kirche deswegen zu stärken, weil ihr einfach mehr Macht zukam. Sie stand ja in seinem Verständnis immerhin stellvertretend für die Macht Gottes! BTW: Nur mit mehr weltlicher Macht konnte Gregor hoffen, die Kirche wirklich grundlegend zu reformieren...

Vgl. auch das "Dictatus Papae" Gregors: Hier wird ganz klar gesagt, dass niemand über Gott, Kirche und Papst steht und dass der Kaiser auch nur ein Fürst wie alle anderen auch sei. Ein grundlegend anderes Verständnis vom Kaisertum wie das Heinrich hatte, der sich als "weltlicher Arm" Gottes sah und damit dem Papst mindestens gleichgeordnet; da der Kaiser in der (mittelalterlichen) Vergangenheit die meisten Päpste eingesetzt hatte, war er im Verständnis Heinrichs sogar ganz klar dem Papst ÜBERgeordnet!

VG
Christian
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01.10.2012, 01:39
Beitrag: #7
RE: Investiturstreit
Der Investiturstreit von 1076 bis 1122 war eine Auseinandersetzung zweier Weltanschauungen. Vordergründig ging es um die Frage: Ist die Kirche dem Staat untertan oder ist der Staat der Kirche untergeordnet? Und das bedeutet in letzter Konsequenz die Befürwortung oder die Ablehnung eines christlichen Gottesstaates bzw. einer christlichen Theokratie. Nicht so deutlich, aber trotzdem sichtbar, ging es auch um die Frage, inwieweit sich die Zentralmacht oder (partikularer) Föderalismus behauptet.

Das Reformpapsttum, dessen wichtigster Vertreter Gregor VII. war, bekämpfte die Einsetzung von kirchlichen Laien in wichtige Kirchenämter. Damit war der Konflikt mit dem deutschen Königtum vorprogrammiert. Dessen wichtigste Stütze war das von Otto I. geschaffene Reichskirchensystem. Höhepunkt dieses nach weltlichen Interessen des Königs bzw. Kaisers ausgerichteten Systems war die Herrschaft Heinrichs III., der in Rom Päpste nach seinem Gutdünken einsetzte. Um 1050 ließ sich Heinrich III. als gottgleicher, über alle weltlichen und geistlichen stehender Herrscher verehren. Das Papsttum war eindeutig dem Kaisertum untergeordnet. Die Stellung des Papstes gegenüber dem Kaiser lässt sich in dieser Zeit mit der des Patriarchen von Konstantinopel gegenüber dem byzantinischen Kaiser vergleichen.

Die fast sakrosankte Stellung des Kaisertums ging mit dem frühen Tod Heinrichs III. im Jahr 1056 unter. Die weltlichen und geistlichen Fürsten waren zu diesem Zeitpunkt nicht gewillt, dem kindlichen König Heinrich IV. bzw. seiner Mutter Agnes von Poitou die Position Heinrichs III. an der Spitze der gesellschaftlichen Pyramide zu gewähren. Eine ähnlich bedrohliche Situation mit einem minderjährigen König bestand schon einmal nach dem Tod Ottos II. im Jahr 983, die jedoch von der Regentin Theophanu gemeistert wurde. Agnes von Poitou war aber keine Frau vom politischen Format Theophanus. Sie erkannte nicht die prekäre Lage ihres Sohnes und sie war auch nicht fähig, eine sein Erbe bewahrende Regentschaft zu führen.

In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts bildete sich in der Abtei von Cluny eine Bewegung zur Reformierung der Kirche und des Papsttums. Das Papsttum befand sich seit dem 10. Jahrhundert in einer Krise, das Amt wurde häufig nur von Angehörigen der römischen Oberschicht besetzt. So forderten z.B. der 6. Abt von Cluny, Hugo († 1109) den Verbot von Laien bei der Führung von Kirchenämtern. Die Äbte, wie Odilo oder Hugo von Cluny, forderten dass ein Bischof unbedingt die Priesterweihe erhalten haben muss. Diese Forderung war vor allem gegen die römischen Adelsfamilien gerichtet, konnte aber auch gegen die Reichskirche angewandt werden.

Zulauf erhielten die Reformer aus Cluny vor allem nach dem Schisma zwischen der römischen und griechischen Kirche im Jahr 1054. Humbert von Silva Candida, der im Auftrag des Papstes Leo X. Unionsverhandlungen mit Michael Kerullarios, dem Patriarchen von Konstantinopel, führte und bei diesen Verhandlungen scheiterte, befürwortete daraufhin immer stärker die Reform der römischen Kirche, mit dem Ziel, die Position des Papsttums gegenüber den geistlichen und weltlichen Herrschern hervorzuheben. Begünstigt durch den Tod Heinrichs III. und dem damit verbundenen Machtvakuum setzten sich die Reformer in Rom durch. Seit dem Pontifikat von Nikolaus II. (1058–1061) bzw. der Lateransynode von 1059 bestimmten die Reformer die Kirchenpolitik. Herausragender Akteur dieser Reformbewegung war der Subdiakon Hildebrand, der spätere Papst Gregor VII.

Erste außenpolitische Erfolge erlangte das Reformpapsttum mit Hilfe des Herzogs Wilhelm von der Normandie, der sich vor der Eroberung von England im Jahr 1066, beim Papst rückversicherte und nach der erfolgten Eroberung Englands den Papst als Lehnsherr anerkannte. Damit wurde dem Papst eine ähnlich übergeordnete weltliche Stellung wie dem Kaiser zugestanden. 1077 unterstellte sich der ungarische König Ladislaus dem Papst und 1083 folgte der sizilianische Herrscher Robert Guiscard, der Gregor VII. nach der 1084 erfolgten Belagerung Roms in Salerno politisches Asyl gewährte. Dies, aber auch Heinrichs IV. Gang nach Canossa im Jahr 1077, bedeutet, dass das Papsttum in der 2. Hälfte des 11. Jahrhundert eine enorm wichtige politische Bedeutung in Europa erlangte. Das Beispiel Ungarn zeigt auch, dass dessen Königtum mit Hilfe des erstarkten Papsttums die Chance nutzte, sich von der de facto seit 955 bestehenden deutschen Bevormundung zu lösen.

Heinrich IV. versuchte mit dem Erreichen seiner Volljährigkeit die gesellschaftliche Position seines Vaters zu übernehmen. So setzte er 1070 einen ihm genehmen Mann zum Erzbischof von Mailand ein. Daraus entbrannte ein Konflikt mit Papst Alexander II., der nicht gewillt war auf seine Investiturrechte zu verzichten und einen geweihten Priester zum Erzbischof einsetzte. Eine Einigung konnte Heinrich nicht erreichen, mit dem Amtsantritt Gregors VII. verschärfte sich dir Situation. Verbündete fand Gregor in den deutschen Fürsten, die während der Minderjährigkeit Heinrichs ihre Macht erweiterten und diesen Machtzuwachs auch weiterhin behalten wollten. So musste sich Heinrich einerseits mit der Gegnerschaft des Papstes, andererseits mit der Opposition der Fürsten und später auch der eigenen Söhne auseinandersetzen. Zeitweise war er als politische Kraft ausgeschaltet, so 1096 als er die von Kreuzfahrern verübten Judenpogrome in deutschen Städten nicht verhindern konnte.

Das Wormser Konkordat von 1122 beendete den Investiturstreit und ist einer der wichtigsten mittelalterlichen Verträge. Es wurde ein Kompromiss gefunden, in dem staatliche und kirchliche Aufgaben, Rechte und Pflichten festgelegt wurden. Ebenso wurden die Rangstreitigkeiten zwischen Kaiser und Papst beendet, der Kaiser galt als das weltliche Oberhaupt und der Papst als das geistliche Oberhaupt. De facto bedeutete dies, dass die römisch-katholische Christenheit von einer Doppelspitze geführt werden sollte. Praktisch war dies nicht so einfach, ein starker Kaiser, wie Friedrich I. Barbarossa setzte ein ihm genehmen Gegenpapst ein, ein starker Papst, wie Papst Innozenz III. förderte die Machtübernahme seines Gegenkönigs Friedrich II. Sowohl Kaiser als auch Papst konnten bei der Unterzeichnung des Konkordats wissen, dass noch im 12. Jahrhundert mit dem erstarkten französischen Königtum ein für beide gefährlicher Gegner erwuchs.

Ich denke, dass mit dem Konzil von Lyon 1245, als der Papst zum Feldzug gegen Friedrich II. und die Staufer aufrief, das Wormser Konkordat nur noch Makulatur war. Friedrich II., der sich als deutscher König mit Hilfe des Papstes und dem französischen Königtum durchsetzte, wurde in den folgenden 5 Jahren eben von diesen Kräften vernichtet. Es ist eben kein Zufall, dass Friedrichs Enkel Konradin 1268 von Karl I. von Anjou, dem Sohn von Ludwig VIII., des Siegers der Schlacht von Bouvines 1214, hingerichtet wurde. Doch der Sieg des päpstlichen Vasallen Karl von Anjou rettete die Päpste nicht. Spätestens mit dem erzwungenen Umzug der Päpste von Rom nach Avignon verlor das mittelalterliche Papsttum sein Ansehen und seine Bedeutung.

"Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero
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22.10.2012, 09:30
Beitrag: #8
RE: Investiturstreit
Der Papst war ja einer der Reformpäpste, was den mächtigen Bischöfen im Reich gar nicht passte. Aus einem Brief von Papst Gregor VII. an den Erzbischof von Mainz: "Weil wir - angestachelt durch apostolische Autorität und die wahrhaften Sätze der heiligen Väter - wegen der Verpflichtung unseres Amtes fest entschlossen sind, die simonistische Häresie zu beseitigen und die Keuschheit der Kleriker vorzuschreiben, haben wir beschlossen, Dir, dem in einem weiten Gebiet Klerus und Volk anvertraut sind, folgende Gehorsamspflicht aufzuerlegen..." (zit. nach: Martin Kaufhold: Die Kreuzzüge. S. 25) Besonders der Empfänger dieses Briefes, einer der mächtigsten Männer des Heiligen Römischen Reiches, war es nicht gewohnt, von Rom Anweisungen zu erhalten, genau wie die anderen Kleriker. Deswegen standen auch anfangs sehr viele zu Heinrich IV. und fanden selbst bei Androhung der Exkommunikation eine relativ milde Lösung.

Wäre ich Antiquar, ich würde mich nur für altes Zeug interessieren. Ich aber bin Historiker, und daher liebe ich das Leben. (Marc Bloch)
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