Armer Konrad ./. Bauernkrieg
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19.08.2019, 14:42
Beitrag: #1
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Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Der "Große Deutsche Bauernkrieg" wie ihn Zimmermann nannte, hat in Württemberg einen Vorgänger, den "Armen Konrad"
nun gibt es neue Thesen die mehr Unterschiede wie Gemeinsamkeiten sehen. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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09.09.2019, 10:16
Beitrag: #2
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Worauf berufen sich die neuen Thesen?
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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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09.09.2019, 18:49
Beitrag: #3
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Mal ganz kurz gefasst.
Beim "Armen Konrad" fehlt die "Reformatorische Komponente" völlig. Der "Arme Konrad" forderte keine größeren Freiheiten und Rechte, siehe die 12 Artikel im Bauernkrieg, sondern forderte lediglich die althergebrachten Rechte und Freiheiten ein. Siehe die "Beschwerdeschreiben" (vermutlich) aller württembergischen Ämter. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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10.09.2019, 11:59
Beitrag: #4
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Andererseits fand der Arme Konrad noch vor der Reformation statt, das dürfte das Fehlen der Reformatorischen Komponente erklären. Daneben dürfte er in erster Linie doch auf das Herzogtum Württemberg beschränkt geblieben sein, womit er eigentlich ein interner "Landeskonflikt" innerhalb des Heiligen Römischen Reich war.
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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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10.09.2019, 21:01
Beitrag: #5
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Man muss das vielleicht etwas größer betrachten. Irgendwie war der Kessel am Dampfen und erst Luther gab dem eine Richtung. Obwohl, hätte man ihn nicht geschützt, mit Blick auf die reichen Klostergüter, hätte er geendet wie Jan Hus.
„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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10.09.2019, 22:59
Beitrag: #6
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(10.09.2019 21:01)Arkona schrieb: Man muss das vielleicht etwas größer betrachten. Irgendwie war der Kessel am Dampfen und erst Luther gab dem eine Richtung. Obwohl, hätte man ihn nicht geschützt, mit Blick auf die reichen Klostergüter, hätte er geendet wie Jan Hus. Dass Luther allem eine Richtung gab, scheint mir doch etwas einfach. Die Gefahr, dass er wie Jan Hus verbrannt worden wäre, bestand dagegen, und Luther dürfte sich dessen auch bewusst gewesen sein. Allerdings gab es bei Hus eine Reihe von Aspekten, die für Luther nicht zutrafen (ebenso wie auch bei Luther eine Reihe von Punkten zu berücksichtigen ist, die bei Hus nicht zutreffen), und die erst in den letzten Jahren ansatzweise in dem einen oder anderen Aufsatz, wenn gleich eher zögernd, Erwähnung finden. (Zum Beispiel das politische Umfeld, das für Luther eindeutig günstiger war etc.) Hinzu kommt, dass sich in den ca. 100 Jahren, die seit der Verbrennung von Jan Hus vergangen war, einige Menge verändert hat, wovon Luther durchaus profitierte. (So zum Beispiel die Erfindung und die Verwendung des Buchdrucks, der auch einem Martin Luther Möglichkeiten eröffnete, über die ein Jan Hus und seine Anhänger nicht verfügten.) In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Bauernaufstände keineswegs das ganze Areal des Heiligen Römischen Reich betrafen und in den 1520er-Jahren auch keineswegs als "gesamteuropäisches" Phänomen gesehen werden können. In der neueren Forschung findet sich auch eine Theorie, wonach der Arme Konrad wesentlich auch von bürgerlichen Kreisen unterstützt wurde, also so zu hinterfragen ist, ob es dabei tatsächlich um einen (reinen) Bauernaufstand gehandelt hat, in den halt einige Vertreter des Bürgertums ebenfalls verwickelt waren. ---------------------------
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11.09.2019, 09:53
Beitrag: #7
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Nächster Aspekt: Im Südwesten (alemannisches Erbe) waren die Bauern noch frei und waffentragend, nicht wie in Ostelbien (unterworfene Slawen), wo sie als adliger Besitz geknechtet wurden.
„Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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11.09.2019, 11:44
Beitrag: #8
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(11.09.2019 09:53)Arkona schrieb: Nächster Aspekt: Im Südwesten (alemannisches Erbe) waren die Bauern noch frei und waffentragend, nicht wie in Ostelbien (unterworfene Slawen), wo sie als adliger Besitz geknechtet wurden. Das stimmt, gehörte auch in Württemberg zur hochoffiziellen Landesverteidigung. Die "Landesdefension" Aber schon im Bauernkrieg, in den allerdings weniger Württemberger verwickelt waren, und dann endgültig bei der Schlacht von Nördlingen zeigte sich, dass diese Miliz gegen Berufskrieger keine Chance hatten. Zitat:In der neueren Forschung findet sich auch eine Theorie, wonach der Arme Konrad wesentlich auch von bürgerlichen Kreisen unterstützt wurde, also so zu hinterfragen ist, ob es dabei tatsächlich um einen (reinen) Bauernaufstand gehandelt hat, in den halt einige Vertreter des Bürgertums ebenfalls verwickelt waren.Darauf wollte ich als nächstes kommen. Das scheint tatsächlich eine bisher übersehene Größe zu sein. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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11.09.2019, 12:17
Beitrag: #9
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(11.09.2019 09:53)Arkona schrieb: Nächster Aspekt: Im Südwesten (alemannisches Erbe) waren die Bauern noch frei und waffentragend, nicht wie in Ostelbien (unterworfene Slawen), wo sie als adliger Besitz geknechtet wurden. Auch im Südwesten waren die Bauern nicht frei. Freie, waffenfähige Bauern gab es im Alpenraum (und dort auch nicht überall) sowie im Friesland. Diese Freiheit - wobei man besser von "Freiheiten" spricht - war zudem kein alemannisches Erbe sondern hat mit der mitttelalterlichen Kolonisationstätigkeit zu tun. Waldgebiet galt nicht nur im HRR oft als "Reichsland", und derjenige der es rodete wurde dadurch Besitzer des Gebiets, d.h. er war für das gerodete Land lediglich dem König verpflichtet, d.h. "reichsunmittelbar". Da er durch diesen Status nun aber auch selbst für seinen Schutz verantwortlich war, musste er zwangsläufig waffenfähig sein - und somit "frei". Die Organisatoren solcher Kolonisationstätgikeiten, historisch oft als "mittelalterlicher Landesausbau" bezeichnet, waren häufig kleinadlige Freiherren, die auf diese ihren Besitz erweiterten. Die Rodungsarbeiten selbst wurden von ihren Bauern ausgeführt, welche häufig das gerodete Land als Lehen, verbunden mit weitgehenden Freiheiten, erhielten, was sie gewissermassen zu "freien Bauern" machte. Im Alpenraum wurden solche Rodungskolonien oftmals von den Bauern selbst errichtet, was diese "automatisch" zu freien oder nur halbabhängigen Bauern machte (ein bekannteres Beispiels dafürsind etwa die Walserwanderungen). Der Arme Konrad im Jahr 1514 war tatsächlich kein reiner Bauernaufstand, es waren Handwerker und zum Teil sogar auch Vertreter des Grossbürgertums (Kaufleute etc.) beteiligt. Ebenso stimmt es, dass die Revolte auf Württemberg beschränkt blieb: Allerdings gehört der Arme Konrad in den Zusammenhang der von 1493 bis 1517 aktiven Bundschuh-Bewegung (Joss Fritz), welche auch in Baden und Elsass aktiv war und dort verschiedene Aufstände anzettelte, die alle niedergeschlagen wurden (Schlettstadt, Untergrombach, Lehen). Auch diese Aufstände waren nicht immer reine Bauernaufstände - der Aufstand von Schlettstadt beispiesweise wurde vom ehemaligen Bürgermeister angeführt. Joss Fritz selbst hingegen war ursprünglich tatsächlich höriger Bauer, hatte aber als Reisläufer / Landsknecht die Waffenfähigkeit und taktisches Können erlangt. Er konnte sogar lesen und schreiben. Der Einfluss der Reformation resp. die "reformatorische Komponente" im deutschen Bauernkrieg von 1524 bis 1526 halte ich für marginal. Nicht nur Luther sondern auch Melanchthon haben die Bauernaufstände vehement abgelehnt; sie haben sich vollständig auf die Seite der adligen Herren gestellt (sie wurden ja auch von diesen geschützt). Thomas Müntzer war der einzige Reformator, welcher sich auf die Seite der aufständischen Bauern schlug. Das Zentrum des Bauernkriegs befand sich zwar, wie bei der Bundschuh-Bewegung, in Südwestdeutschland und im Elsass, aber die Aufstände waren durchaus überregional. Es gab Aufstände in der Pfalz (Neustadt, Landau), in Ostpreussen und in Thüringen (Müntzer). Im Tirol und in Salzburg zettelte Michael Gaismair in jener Zeit verschiedne Bauern- und Bergwerksknappenaufstände an - dies waren meines Wissens die einzigen Austände, welche (aufgrund der protestantischen Bergwerksknappen) einen Bezug zur Reformation hatten. Eine klassenkämpferische Idee war bei allen mittelalterlichen Bauernaufständen kaum ausgebildet. Nicht nur beim Armen Konrad, auch bei den 12 Meminger Artikel bezogen sich die Forderungen mehrheitlich auf "alte Rechte". Wenn sich darunter neue Forderungen befanden, so behauptete man dennoch, dass es sich um überkommenes Recht - mit Vorliebe aus der Zeit von Barbarossa - handeln würde, da "altes Recht" im Mittealter immer höher gewichtet wurde. Eine Forderung der Abschaffung der gottgewollten Ständegesellschaft war auch für die meisten Bauern ein Tabu. Ansätze dazu finden sich am ehesten bei Thomas Müntzer, Joss Fritz, Michael Gaismaier (der "demokratische" Forderungen stellte und sich auf Vorbilder im eidgenössischen Graubünden und oberitalienischen Städteverfassungen bezog) und im damals aufgekommenen Spruch "Als Adam grub und Eva spann, wo war da der Edelmann ?". Der Ausspruch stammt im übrigen ursprünglich aus England, vom Bauernaufstand des Wat Tyler, aus dem Jahr 1381 - ein Hinweis darauf, dass im Mittelalter über die Regionen und Epochen hinweg offenbar auch unter dem dritten Stand durchaus ein gewisser "Kulturaustausch" stattfand. |
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11.09.2019, 18:45
Beitrag: #10
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Irgendwo hat Arkona aber schon recht.
In Oberschwaben: Die allererste Maßnahme, wenn die Bauern Anno 1525 zu verhandeln anfingen, war ihre Entwaffnung, nicht die vielbeschriebenen geradegeschmiedeten Sensen, sondern "echte" Kriegswaffen die sie aus "altem Herkommen" ihr eigen nannten. Und die ihnen der Bauernjörg abnahm und für die Zukunft verbot. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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11.09.2019, 19:43
Beitrag: #11
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(11.09.2019 11:44)Suebe schrieb:(11.09.2019 09:53)Arkona schrieb: Nächster Aspekt: Im Südwesten (alemannisches Erbe) waren die Bauern noch frei und waffentragend, nicht wie in Ostelbien (unterworfene Slawen), wo sie als adliger Besitz geknechtet wurden.. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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11.09.2019, 19:52
Beitrag: #12
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(11.09.2019 12:17)Aguyar schrieb: Der Einfluss der Reformation resp. die "reformatorische Komponente" im deutschen Bauernkrieg von 1524 bis 1526 halte ich für marginal. Nicht nur Luther sondern auch Melanchthon haben die Bauernaufstände vehement abgelehnt; sie haben sich vollständig auf die Seite der adligen Herren gestellt (sie wurden ja auch von diesen geschützt). Thomas Müntzer war der einzige Reformator, welcher sich auf die Seite der aufständischen Bauern schlug. Das ist richtig, aber wahrscheinlich komplexer. Thomas Müntzer wurde beispielsweise von Heinrich Pfeiffer, einen evangelischen Theologen und ehemaligen Zisterzienser-Mönch unterstützt. An der Seite der Bauern in Frankenhausen kämpften beispielsweise Melchior Rinck und Hans Hut, die später in der Täuferbewegung Bedeutung erlangten. Andreas Bodenstein (Karlstadt) lehnte sowohl die Gewalt der Bauern, als die der Fürsten ab. Im Gegensatz zu Luther und Melanchthon stellte er sich aber nicht gegen die Bauern. (11.09.2019 12:17)Aguyar schrieb: Im Tirol und in Salzburg zettelte Michael Gaismair in jener Zeit verschiedne Bauern- und Bergwerksknappenaufstände an - dies waren meines Wissens die einzigen Austände, welche (aufgrund der protestantischen Bergwerksknappen) einen Bezug zur Reformation hatten. Michael Gaismair war Schreiber des Bischofs von Brixen. 1526 verfasste er eine Tiroler Landesordnung. Er sollte nicht nur in seinem Bezug zur Reformation gesehen werden, sondern auch als politischer und sozialer Reformer. (11.09.2019 12:17)Aguyar schrieb: Eine klassenkämpferische Idee war bei allen mittelalterlichen Bauernaufständen kaum ausgebildet. Nicht nur beim Armen Konrad, auch bei den 12 Meminger Artikel bezogen sich die Forderungen mehrheitlich auf "alte Rechte". Wenn sich darunter neue Forderungen befanden, so behauptete man dennoch, dass es sich um überkommenes Recht - mit Vorliebe aus der Zeit von Barbarossa - handeln würde, da "altes Recht" im Mittealter immer höher gewichtet wurde. Soziale Aufstände haben oft eine konservative Komponente. Nach der Pest von 1347 bis 1352 fehlten Arbeitskräfte. Die überlebenden Bauern wurden stärker ausgebeutet, ihre Rechte eingeschränkt. Um 1500 war für die Bauern die Schmerzgrenze erreicht. Das Rückbesinnen auf "alte Rechte" war ein Versuch, sich gegen die höhere Effizienz ihrer Ausbeutung zu wehren. Klassenkampf war dies sicher nicht, aber es war ein Kampf gegen die Modernisierung, d.h. ein Kampf gegen die Landesherren und ihre Amtmänner und gegen die Gewinner der frühkapitalistischen Geldwirtschaft. Zu den Verlierern gehörten neben den Bauern die Rittern. Deswegen ist es erklärbar, dass Ritter bzw. Angehörige des niedrigen Adels sich den Bauern anschlossen bzw. sich als Bauernführer etablierten. Momentan bin ich mir noch unschlüssig, ob ich Parallelen zwischen den deutschen Bauernkrieg von 1524 und 1526 und den Aufständen in der Vendée während der Französischen Revolution ziehen kann. (11.09.2019 12:17)Aguyar schrieb: "Als Adam grub und Eva spann, wo war da der Edelmann ?". Der Ausspruch stammt im übrigen ursprünglich aus England, vom Bauernaufstand des Wat Tyler, aus dem Jahr 1381 - ein Hinweis darauf, dass im Mittelalter über die Regionen und Epochen hinweg offenbar auch unter dem dritten Stand durchaus ein gewisser "Kulturaustausch" stattfand. Der Spruch wurde nicht nur von Wat Tyler verwendet, sondern auch von dem Priester John Ball, der neben Tyler zu den Führern des Bauernaufstands von 1381 gehörte. Ende des 14. Jh. war ein Teil der englischen Priesterschaft von John Wyclif beeinflusst (Lollarden), möglicherweise stammte dieser Spruch von Wyclif. Auch bei Wat Tyler zeigte sich ein konservativ-traditionelles Gesellschaftsverständnis. Er sah seine Hauptgegner in den Beratern des Königs. Die Autorität des Königs stellte er nie in Frage. Deshalb gelang es Richard II. relativ schnell, die aufständischen Bauern zu besiegen. Der englische Bauernführer Robert Ket setzte sich 1549 sogar für eine Inthronisierung der katholischen Mary Tudor, der späteren "Bloody Mary" ein. Dies war nicht nur ein Bekenntnis zur katholischen Religion, sondern vor allem Widerstand gegen die Nutznießer der Säkularisierung. "Geschichte erleuchtet den Verstand, veredelt das Herz, spornt den Willen und lenkt ihn auf höhere Ziele." Cicero |
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12.09.2019, 15:17
Beitrag: #13
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
In der Osterwoche 1525 traf zwischen Ravensburg und Baindt, genauer zwischen dem Kloster Weingarten und Baindt, das Heer des Schwäbischen Bundes unter dem Befehl des Truchsess von Waldburg auf ein Oberschwäbisches Bauernheer.
Beide Heere waren an Kopfzahl etwa gleichstark, zwischen 9.000 und 10.000 Mann, die Artillerie des Bundesheeres war stärker, und das Bundesheer hatte auch 2.000 Reiter, die dem Bauernheer gänzlich fehlten. Als der Bauernjörg seine Truppen entwickelte, zum Angriff aufstellte, und die Artillerie in Stellung brachte, entschlossen sich die "Bauern" zu verhandeln. Man schloss am Ostermontag 1525 den "Vertrag von Weingarten" ab, allen Bauern einschließlich ihren Führern wurde das Leben garantiert, "nur zwei Pfaffen mussten sterben" im übrigen blieb der Bund frei sie nach "gutdünken zu strafen" insbesondere wurde dann Urfehde verlangt. Der Vertrag endet mit der Verfügung, dass die Bauern "ihre Fahnen, Wehr und Waffen" abzugeben hatten. Ergo: Die Bauern waren sehr wohl, und gar nicht schlecht bewaffnet, hatten aber gegen ein gleich starkes Berufsheer natürlich trotzdem keine Chance. Die "Pfaffen" hatten insbesondere den Unwillen der Obrigkeit auf sich gezogen. aus der "Bodmaner Chronik" die 1975 unter den Akten der Pfarrei Bodman (am Bodensee) aufgefunden, und 1979 publiziert wurde. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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12.09.2019, 19:25
Beitrag: #14
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Gibt es irgendwelche Informationen dazu, ob dieser Vertrag eingehalten wurde?
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13.09.2019, 12:30
Beitrag: #15
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(12.09.2019 19:25)Teresa C. schrieb: Gibt es irgendwelche Informationen dazu, ob dieser Vertrag eingehalten wurde? Meines Wissens wurde der Vertrag eingehalten. Die Bauern einschl. deren Hauptleute (in der Regel oberschwäbische Stadtpatrizier) konnten nach Hause gehen. Die zudiktierten Geld-Strafen wurden in den nächsten Jahren abgetragen, unter scharfer Kontrolle des Zahlungseingang. Hierzu später mehr. Einem "Bauern-Heer" am westlichen Bodensee wurden die selben Bedingungenwie in dem Weingartener Vertrag geboten, was die quittierten, dass sie den Vertrag zumindest einmal lesen müssten. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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13.09.2019, 16:31
Beitrag: #16
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Der Passus "ihre Fahnen, Wehr und Waffen" lautet richtig
"ihre Fahnen, Wehr und Harnisch" sorry "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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15.09.2019, 21:32
Beitrag: #17
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(13.09.2019 12:30)Suebe schrieb:(12.09.2019 19:25)Teresa C. schrieb: Gibt es irgendwelche Informationen dazu, ob dieser Vertrag eingehalten wurde? Ein Teil der "Hegaubauern" hielt sich dann nicht an den abgeschlossenen Vertrag und belagerte Radolfzell. Wobei sich die habsburger "Nellenburgische Verwaltung" anscheinend auch "blöd" verhielt. Jedenfalls wurden die Bauern von insbesondere Überlingen bezahlten Truppen geschlagen und 15 Anführer "enthauptet". Die Strafen der Anführer waren in der 2. Kriegshälfte meist recht drakonisch. Die anderen wurden mit Geld bestraft. Strafhöhe bis zu 40 Gulden. Nach dem Ende des Bauernkrieges hatte der Schwäbische Bund weiterhin 2 Truppenkontingente in Kempten und Ulm stehen. Um die Umsetzung der Beschlüsse und Strafen abzusichern. Der Krieg hatte den Bund über 160.000 Gulden gekostet. Der Bundesprofoss Aichelin war mit dem Einzug der Strafgelder befasst, für die Quittungen ausgestellt wurden, und verhängte auch weitere. Patroullien wurden in die Dörfer geschickt, und jeder der nicht beweisen konnte, dass er nicht am Aufstand beteiligt war, wurde mit 6 Gulden gestraft. Diese Maßnahme war Anfangs bis April 1526 befristet, wurde dann bis Juni 1526 verlängert. Anschließend ausgesetzt "damit der Schaden nicht noch größer wurde" und im März 1527 nochmals aufgenommen. Außerdem wurden, soweit möglich, Reparationen für die angerichteten Schäden eingetrieben. Mancher "Herr" hat seine Bauern gegen die Forderungseintreiber des Bundes "geschützt" .... um sie selbst einzustreichen... Der Abt von Ochsenhausen dagegen hat die Strafgelder "seiner" Bauern bezahlt, um ihnen einen Neuanfang zu ermöglichen. Quelle: In allem der Bodmaner Chronik folgend. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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18.09.2019, 17:08
Beitrag: #18
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Theresa hat weiter oben richtig bemerkt, dass der "Arme Konrad" logischer Weise nichts mit der "Reformation" zu tun haben konnte, derweil vor zB dem Thesenanschlag.
Mit "Religion" hat aber zB der Bundschuh vor dem "Armen Konrad" zB schon recht viel zu tun, hier Beispielhaft Joß Fritz Auch die politischen Forderungen von Bundschuh und dann auch im Bauernkrieg, die ja sehr konkret ausformuliert sind, fehlen beim "Armen Konrad" völlig, tauchen lediglich in den Gerichtsprotokollen anschließend auf. Der "Arme Konrad" hat lediglich die Rechte der Bauern wieder eingefordert. Vermutlich jedes württembergische Amt hat seine "Beschwerden" zu den Verhandlungen eingereicht. Soweit sie erhalten sind, haben sie alle einen sehr ähnlichen Inhalt. Auch die Namensfindung "Armer Konrad" war bewusst als Unterscheidung zum Bundschuh gewählt. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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19.09.2019, 15:06
Beitrag: #19
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(18.09.2019 17:08)Suebe schrieb: Theresa hat weiter oben richtig bemerkt, dass der "Arme Konrad" logischer Weise nichts mit der "Reformation" zu tun haben konnte, derweil vor zB dem Thesenanschlag. Da muss ich widersprechen. Unter dem "Bundschuh" versteht man die sogenannte Bundschuh-Bewegung zwischen 1493 und 1517 in Südwestdeutschland (inkl. Elsass), welche verschiedene lokale Aufstände des dirtten Standes beinhaltet. Eine Gemeinsamkeit dieser Aufstände waren die "Bundschuh-Verschwörungen", konspirative Treffen und geheimbündlerische Zusammenkünfte welche von den Teilnehmern mit der Symbol-Bezeichnung "Bundschuh" belegt wurden. Der "Arme Konrad" ist lediglich ein Bestandteil dieser Bewegung. Einer der Anführer des Armen Konrad war der Pfarrer von Grüningen, Reinhard Gaisser der als Initiant der Bundschuh-Verschwörung im Rahmen des Armen Konrad nachgewiesen ist. Der Arme Konrad war ebenfalls eine Bundschuh-Verschwörung und gehört somit zur Bewegung. Gaisser hatte übrigens auch sozialkritisch (d.h. entspr. den damaligen Verhältnissen auschliesslich mit dem Evangelium) argumentiert - unabhängig von allfällig überkommenen Rechten. Er gilt als Angehöriger des Kreises der "Reformtheologen von Tübingen", welche angeblich auch Martin Luther beeinflusst haben sollen. Die Forderungen des Armen Konrad wurden im Übrigen nicht - wie mehrfach behauptet - angenommen. Im Vertrag von Tübingen zwischen Herzog Ulrich und dem württembergischen Patriziat wurden sie zwar vorgelesen aber ansonsten ignoriert. |
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19.09.2019, 15:22
Beitrag: #20
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(19.09.2019 15:06)Aguyar schrieb:(18.09.2019 17:08)Suebe schrieb: Theresa hat weiter oben richtig bemerkt, dass der "Arme Konrad" logischer Weise nichts mit der "Reformation" zu tun haben konnte, derweil vor zB dem Thesenanschlag. Die württ. Ehrbarkeit, Patriziat triffts nicht so ganz, hat die Bewegung des "Armen Konrad" ausgenützt, genauer den Druck der dadurch auf den Herzog zusätzlich ausgeübt wurde. Die "Beschwerden" die die einzelnen Ämter eingereicht hatten, sind allem nach, mindestens zum Teil von der Ehrbarkeit aufgestellt worden. Für die Landbevölkerung blieb der "Tübinger Vertrag" soweit hast Du recht, ohne große Verbesserungen ihrer Lage. Wobei, die Grundrechte die in ihm zum ersten mal überhaupt im HRR verbrieft wurden, galten auch für die Landbevölkerung! Der Markgröninger Pfarrer Gaisser wird inzwischen nicht mehr so sehr als "intellektueller Kopf" das "Armen Konz" gesehen. Teilweise als "Ideengeber" aber weiter nicht. Dazu muss ich aber noch schnell in meine Literatur schauen. More tommorrow morning. ![]() "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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25.09.2019, 17:21
Beitrag: #21
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Noch zum Tübinger Vertrag. Auch der Leibeigene Württemberger genoß ab dem Tübinger Vertrag die Freizügigkeit!
Darauf musste man in anderen Gebieten des HRR noch 400 Jahre warten! Einer der Gründe warum die Auswanderungszahlen aus Württ. immer am höchsten waren im HRR. Es gibt ebenfalls eine in Mainz gedruckte Publikation, netto 800 Verse lang... ebenfalls für den Verkauf bestimmt, in der dem "Armen Konrad" die "Bundschuheigenschaft" massivst unterstellt wird. Weiter, was für ein gütiger und vorsorgender Herrscher der Herzog Ulrich wäre.... und was für ein Unrecht die Aufständischen deshalb begangen hätten... ................... Dem Pfarrer Gaisser ist übrigends im Nachgang nichts geschehen, ganz im Gegensatz zu etlichen anderen, denen der Kopf vor die Füsse gelegt wurde. Insofern muss man die Anführerschaft schon in Abrede stellen. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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07.10.2019, 20:23
Beitrag: #22
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Der Anlass der ersten Erhebungen im großen Bauernkrieg war laut Zimmerischer Chronik das Verlangen des Grafen Lupfen in der Herrschaft Stühlingen, dass die Bauern ihm Schnecken sammeln sollten....
ich habe es bei Zimmermann nachgelesen, es stimmt. Zusätzlich schreibt der noch von Erdbeeren die gesammelt werden mussten.... OT Ähnliches geschah in der Grafschaft Hzl-Hechingen im 17. Jahrhundert, da sollten Untertanen einen Fuchsbau ausgraben.... Was zu einer der dortigen Sensenrevolutionen führte "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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08.10.2019, 20:33
Beitrag: #23
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Könnte es nicht sein, dass diese Anlässe gar keine historisch-gesicherten Fakten sind, sondern in Wirklichkeit aus der Legende stammen? Zumindest ist das Schema dahinter merkwürdig ident. Der "böse" Herr(scher) demütigt seine Untertanen, in dem sie nötigt, etwas tun zu müssen, was dumm und unsinnig wirkt (und demütigend ist), worauf es zum Aufstand kommt.
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09.10.2019, 14:51
Beitrag: #24
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Die Aufstände des Jahres 1525 waren im Herbst 1524 längst angelegt.
Unter den "Bauern" besprochen und vereinbart. Das verlangte Schneckensammeln, die Schnecken waren damals wie heute eine gesuchte Delikatesse, die sich der Graf von Lupfen gönnen wollte, war insofern lediglich ein Anlass. Aber, Ursache der Bauernaufstände, auch für den Armen Konrad, war die fehlende Rechtssicherheit, "Bekommt der Herzog morgen was er heute will, will er übermorgen noch viel mehr....." Zitat aus dem Schrifttum zum AK Der Zimmermann, "Der große deutsche Bauernkrieg" ist obwohl inzwischen 160 Jahre alt, eine nach wie vor zuverlässige Quelle. Das "Fuchsausgraben" als eine der hzl-Sensenrevolutionen ist hier mow OT, wobei auch da geht es um die fehlende Rechtssicherheit. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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25.10.2019, 19:38
Beitrag: #25
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Eines der Grundanliegen der Bauern im "Armen Konrad" dm "Bundschuh" und natürlich auch im "Großen Deutschen Bauernkrieg" war die fehlende Rechtssicherheit.
Weiter oben habe ich schon darauf hingewiesen. Und, bisher wurde hier von keiner Seite darauf verwiesen, diese Rechtsunsicherheit wurde nach dem Bauernkrieg tatsächlich beseitigt. Was als unmittelbarer Erfolg des Bauernkrieges gesehen werden muss. Ab ca. 1540 waren "Untertanenprozesse" vor dem Reichskammergericht möglich und wurden vielfach auch angestrengt. Die Prozesse der Bauern sind in einer speziellen Rechtssammlung, der "Bauernrechtsliteratur" niedergelegt. https://de.wikipedia.org/wiki/Bauernrechtsliteratur als Teil des "Untertanenprozessrechts", es gab sogar Bestimmungen wie das heutige "Armenrecht" damit auch ein unbegüterter in der Lage war einen Prozess gegen zB seinen Territorialherr zu führen. Die Bauern sind also nach dem Bauernkrieg keineswegs wieder für 400 Jahre in einer völligen Unfreiheit und Knechtschaft versunken! Ganz im Gegenteil, der Untertan des Heiligen Römischen Reiches erfreute sich einer Rechtssicherheit, die zB in Frankreich erst mit der Franz. Revolution 1789ff erreicht wurde! Mein Landsmann Wieland hat in etlichen Schriften in den 1790er Jahren darauf verwiesen, dass "der Franzose sich jetzt Rechte und Freiheiten erkämpft habe, die der Deutsche schon seit Jahrhunderten hat" https://de.wikipedia.org/wiki/Untertanenprozess aus dem wiki-link Zitat:Damit trug es nach heutiger Forschungsmeinung zur Integration der seit dem Hochmittelalter reichsfernen Gebiete Niederdeutschlands in das Reich bei. Der Historiker Gerhard Oestreich sah in der Schaffung einer Rechtswegegarantie durch den Untertanenprozess auch einen Faktor, der die Entstehung eines deutschen Nationalbewusstseins gefördert hat: "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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26.10.2019, 09:16
Beitrag: #26
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Offensichtlich waren die Bauernkriege in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts keineswegs eine totale Niederlage für diesen Stand und legte dessen völlige Rechtlosigkeit fest. Also haben wir hier wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, dass das, was die breite Masse weiß und als Allgemeinwissen gilt, so wie es bekannt ist, gar nicht richtig ist, und das es für Otto und Emma NormalverbraucherIn gut wäre, nicht alles, was ihnen als Geschichte unterjubelt wird, zu glauben.
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Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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31.10.2019, 20:43
Beitrag: #27
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(26.10.2019 09:16)Teresa C. schrieb: Offensichtlich waren die Bauernkriege in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts keineswegs eine totale Niederlage für diesen Stand und legte dessen völlige Rechtlosigkeit fest. Also haben wir hier wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, dass das, was die breite Masse weiß und als Allgemeinwissen gilt, so wie es bekannt ist, gar nicht richtig ist, und das es für Otto und Emma NormalverbraucherIn gut wäre, nicht alles, was ihnen als Geschichte unterjubelt wird, zu glauben. Dazu passt auch: Zimmermann schreibt, dass das laufend ergänzte Heer des Schwäbischen Bundes in den paar Monaten des Großen Bauernkrieges über 100 % Verluste gehabt hätte. Also keine Rede davon, dass das einfache Siege für die "Berufskrieger" waren, die "Waffentragenden" Bauern durchaus auch im Gebrauch ihrer Waffen geübt waren. Was natürlich je nach Gegend unterschiedlich war. Vielfach werden ja noch heute in den Adelssitzen "Beutewaffen aus dem Bauernkrieg" gezeigt, die "gerade geschmiedete Sense" insbesondere. Das gab es bestimmt auch, aber ich würde das doch als große Ausnahme und bereits damals als Merkwürdigkeit bezeichnen. Kein normaler Mensch hat sich doch mit solchen "Behelfswaffen" mit schwer bewaffneten Berufskriegern angelegt. Die Führer der Aufstände waren doch allen bis heute aufgefundenen Nachweisen nach alles andere als blöd. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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01.11.2019, 08:41
Beitrag: #28
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Behelfswaffen werden gewöhnlich verwendet, wenn nichts Besseres vorhanden ist, werden also gewöhnlich von Menschen verwendet, die in der Verteidigung sind und offensichtlich keine Zeit mehr hatten, sich auf diese sinnvoll vorzubereiten. Das sagt eigentlich der gesunde Menschenverstand, und ich sehe keinen Grund, warum das die Menschen im Mittelalter anders gemacht haben sollen, zudem es hier wohl auch um Leben und Existenz gegangen sein dürfte.
Daneben wäre zu berücksichtigen, dass der Besitz einer Waffe auch ein Merkmal von "freien" Personen war, wenn es sich dabei nicht um Angehörige von Gruppen, die einen Sonderstatus hatten oder um Personen, ohne Zugehörigkeit zur etablierten Gesellschaft (Randgruppen etc.) handelte. Es gab im Mittelalter auch freie Bauern, ebenso wie es Städte gab, deren Bürger "de facto" Leibeigene der Stadtherrschaft waren, auch wenn für das Gros in vielen Gegenden das Gegenteil galt. ---- Um noch einmal zum Thema zurückzukehren, bei den Beutewaffen aus dem Bauernkrieg wäre in vielen Fällen auch zu überprüfen, inwieweit sie das tatsächlich sind oder nicht vielleicht eine Entdeckung des 18. und 19. Jahrhunderts. ---------------------------
Nur die Geschichtenschreiber erzählen uns, was die Leute dachten. Wissenschaftliche Forscher halten sich streng an das, was sie taten. Josephine Tey, Alibi für einen König |
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11.11.2019, 19:36
Beitrag: #29
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
Da sind wir uns einig, keiner der angreifend in den Krieg zieht, wird das mit Behelfswaffen tun.
Und die Bauern haben "angegriffen", den Krieg ausgelöst. Natürlich gibt es Fälle, dass die Reiterei des "Bauernjörg" einen Trupp Bauern auf freiem Feld stellte, und niedermachte, aber auch das sind Ausnahmen. Die bauern haben sich in dem Fall umgehend in Wälder, oder, in Oberschwaben, Sümpfe zurückgezogen, wo ihnen die Reiterei nichts anhaben konnte. Als Fazit möchte ich aber festhalten: Der "Arme Konrad" brachte den württ. Bauern etliche Erleichterungen, ua die Freizügigkeit. In der Folge der Bauernkriege wurde die Verrechtlichung im Reich entscheidend vorangetrieben. (Schon 1530 hat eine Stuttgarterin gegen die württ. Regierung geklagt - wohlgemerkt eine Frau! woanders im HRR werden sich vergleichbare Fälle finden lassen) Eine Rechtssicherheit, die die Bevölkerung in anderen Ecken Europas erst 250 Jahre später erkämpfte. Das muss man doch auch mal sagen, unsere Vorfahren waren keine Dumpfbacken die sich von irgendwelchen Baronen "von Schatten am Wald hinab" alles gefallen ließen, gefallen lassen mussten. Auch im HRR wurde Freiheit erkämpft und verteidigt. "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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11.11.2019, 21:26
Beitrag: #30
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(11.11.2019 19:36)Suebe schrieb: Natürlich gibt es Fälle, dass die Reiterei des "Bauernjörg" einen Trupp Bauern auf freiem Feld stellte, und niedermachte, aber auch das sind Ausnahmen. Die bauern haben sich in dem Fall umgehend in Wälder, oder, in Oberschwaben, Sümpfe zurückgezogen, wo ihnen die Reiterei nichts anhaben konnte. Sorry, das ist m.E. falsch. Im Gegensatz zu disziplinierten Schweizer Söldnern liefen die Bauern in der Regel schon beim Anblick von schwerer Reiterei auseinander und sie zogen sich nicht geschlossen in Wälder und Sümpfe zurück, sondern versteckten sich dort zusammenhanglos. Du selbst zitierst doch gern den Zimmermann, lies mal nach. „Der Horizont der meisten Menschen ist ein Kreis mit dem Radius 0. Und das nennen sie ihren Standpunkt.“ (Albert Einstein) |
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12.11.2019, 21:20
Beitrag: #31
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(11.11.2019 21:26)Arkona schrieb:(11.11.2019 19:36)Suebe schrieb: Natürlich gibt es Fälle, dass die Reiterei des "Bauernjörg" einen Trupp Bauern auf freiem Feld stellte, und niedermachte, aber auch das sind Ausnahmen. Die bauern haben sich in dem Fall umgehend in Wälder, oder, in Oberschwaben, Sümpfe zurückgezogen, wo ihnen die Reiterei nichts anhaben konnte. bin ich froh, dass mir auch mal einer widerspricht. Morgen mehr "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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16.11.2019, 13:25
Beitrag: #32
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RE: Armer Konrad ./. Bauernkrieg
(12.11.2019 21:20)Suebe schrieb: [quote='Arkona' pid='67370' dateline='1573500393'] Die Wahrheit hat, wie immer zwei Seiten. Die Bauernheere sind zu einem erheblichen Teil durch "Zwangs-Rekrutierung" entstanden. Etwa so: Der Bauernhaufe zog in in Dorf ein, "ihr stellt 50 Mann ins Heer, oder wir zünden Euch die Häuser an" Dass diese 50 Mann bei nächster Gelegenheit "stiften gingen" versteht sich ja von selbst. Auch so: Das Bundesheer des "Bauernjörg" besetzte einen Landstrich der im Aufruhr war. Es wurden den einzelnen Dörfern die Strafen, im allgemeinen Geldstrafen, das Bundesheer wollte bezahlt sein, zudiktiert. In allen Fällen mit der bindenden Auflage, die "ausmarschierten" des Landstrichs sofort aus dem Bauernheer zurück zurufen. Was natürlich gemacht und überwiegend von den Ausgerückten auch befolgt wurde. Die Auflage war natürlich mit der Androhung weiterer empfindlicher Strafen unterlegt. Insbesondere der bei Würzburg liegende Bauernhauf verlor so innerhalb kurzer Zeit fast die Hälfte der Mannschaft. Nichtsdestotrotz: Das Heer des Schwäbischen Bundes verlor innerhalb zwei Monaten, März/April 1525 50% des Bestandes von Anfang März, ohne laufende Ergänzung wäre da umgehend Schluss gewesen. Die Bauernheere wurden da sehr wohl als ernstzunehmender Gegner wahrgenommen. Und wenn Karl V. gegen Franz I. verloren hätte, wer weiß wie die Sache dann ausgegangen wäre. Und auch die Feststellung, dass die Bauern des HRR in Folge des Krieges ihre Lage verbessern konnten, auf ein "höheres Niveau" als in den meisten anderen "Staaten" Europas bleibt als Fakt! Ach so, ich habe die Quelle vergessen, Zimmermann, "Der Große Deutsche Bauernkrieg" "Die Inflation muss als das hingestellt werden, was sie wirklich ist, nämlich als Betrug am Staatsbürger, der um einen Teil seines Einkommens, aber noch mehr um seine Ersparnisse gebracht wird.!" (Ludwig Erhard, Bundeskalnzler 1963 bis 1966) |
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