Adalbert II. von Calw

Kalw und Hiersau am Südrand des Herzogtum Franken um 800.

Wappen der Grafen von Calw. Johann Siebmacher (1561–1611)

Teil 1 Der erste Calwer Graf – Klostergründer, Burgenbauer, Mönch

 

Zum ersten Mal fassbar wird die Sippe bzw. der Personenkreis, aus dem später die Calwer Grafen hervorgehen sollten, um 830 n. Chr. als Stifter des ersten Hirsauer Kloster, dem hl. Aurelius geweiht. Diese Klostergründung wird in mehreren Berichten (allerdings erst im 12. bzw. 15. Jh. verfasst) hinreichend genau, wenn auch in einigen Punkten widersprüchlich, beschrieben. Nach 830 schweigen die Quellen sowohl hinsichtlich des jungen Klosters als auch hinsichtlich der Klosterstifter und ihrer Nachfahren für die nächsten 150 Jahre. Erst um 1050 n. Chr. ändert sich die Quellenlage für uns wieder und wird mit Adalbert dem II. - dem ersten „Calwer Grafen“ nachvollziehbar und belegbar.

 

In Erscheinung trat Adalbert II. († 1099) im Jahr 1049, als er begann im Bereich der heutigen Stadt Calw auf einem Umlaufberg des Nagoldflusses eine Burg zu bauen. Man nimmt an, dass Adalbert als Nachfahre der Stiftersippe von 830 die Besitzungen im Nordschwarzwald geerbt hatte, denn viel ist über seine Zeit „vor Calw“ nicht bekannt. Seine Familie hatte ihren Grafensitz wohl zunächst in Sindelfingen, den sie einige Zeit nach der Übersiedlung in das Chorherrenstift umwandelte. Über seinen Vater weiß man außer dem Namen (Adalbert I. - wer hät's gedacht) nichts (*), die Mutter stammte aus der Familie der Egisheimer Grafen und war die Schwester des Bruno, Bischof von Toul, dem späteren Papst Leo IX (1049-1054).

 

Adalbert II. war also gerade dabei, seine zukünftige Hauptburg das „Kastellum Kalwa“ auf einem kahlen Felsen (kahle Stelle = kalwa, chalo, chalawa, chalewa, calwe, calw....) hoch über der Nagold – ungeschickterweise auf ehemaligem Klosterbesitz – zu erbauen, als er Besuch von seinem Onkel Papst Leo IX. bekam. Von ihm wurde er verpflichtet, das verfallene Kloster in Hirsau wieder aufzubauen und die Klostergüter in vollem Umfang wieder zurückzugeben. Im Jahr 1059 wurde das Kloster in Hirsau wieder aufgebaut, erneut dem hl. Aurelius geweiht (Aurelius II) und ab 1065 von ca. 15 Mönchen aus Einsiedeln bewohnt. Aus diesem unbedeutenden Klösterlein entwickelte sich unter Abt Wilhelm aus Regensburg das Kloster solchermaßen, dass zeitweilig 150 Mönche zuzüglich der Konversen versuchten, im Kloster Platz zu finden. Unter Abt Wilhelm, noch zu Lebzeiten von Adalbert II., wurde mit dem Neubau des dritten Klosters (dies mal aber St. Peter und Paul) in Hirsau, mit der damals größten Klosterkirche in Mitteleuropa, begonnen (Bauzeit 1082-1092). Hirsau wurde zum wichtigsten Reformkloster im südwestdeutschen Raum und zum machtpolitischen Zentrum im Investiturstreit.

 

Adalbert II. stellte sich übrigens bemerkenswerterweise im Investiturstreit ganz klar auf die päpstliche Seite und unterstützte Abt Wilhelm in seinen Reformbestrebungen (in Anlehnung der cluniazenser Reform), hatte er doch nur wenige Jahre vor Beginn des Investiturstreites selbst großmütig seine Rechte am Kloster abgeben und sich statt der Klosterherrschaft nur noch mit dem Vogteirecht begnügen müssen. Schlimm kann es aber nicht gewesen sein, denn nach dem Tod seiner Frau Wiltrud, Tochter von Herzog Gottfried dem Bärtigen aus Lothringen, gab Adalbert im Jahr 1099 die Geschäfte an seinen Sohn Gottfried III. weiter und begab sich selbst als einfacher Mönch in das Kloster.

 

(*) Über den Namen Adalbert lassen sich laut einiger Historiker Verbindungen bzw. verwandtschaftliche Beziehungen zu den Konradinern, laut anderen Historikern zu den Saliern bzw. den Württembergern ableiten. Bewiesen ist hier aber überhaupt nichts, höchstens der sehr weitläufige Verwandtschaftsgrad über Papst Leo IX. der mit den Salischen Königen verwandt war.

 

Teil 2: Aus der Provinz an den Rhein und an die Seite des Königs

 

Graf Gottfried III., der dritte Sohn Adalberts II., übernahm ab 1099 die Geschäfte des Vaters. Viel war es eigentlich nicht, hauptsächlich das verbriefte Vogteirecht sowie einige recht weitläufige Besitzungen, womit die finanzielle Seite gut abgedeckt war. Was aber viel wertvoller war, waren die Beziehungen, die sich sein Vater gemeinsam mit dem äußerst charismatischen und in seinen Kreisen populären Abt Wilhelm erarbeiten konnte. So suchte z.B. Berthold I. der Zähringer Zuflucht im Aureliuskloster während des Investiturstreits (*) und auch Rudolf von Rheinfelden, der Gegenkönig zu Heinrich IV., verbrachte 1077 das Pfingstfest zusammen mit seinen engsten Vertrauten im Hirsauer Konvent.

 

Die Verbindungen zwischen den Calwern und den Zähringern wurde durch die Heirat von Gottfried III. von Calw mit der Zähringertochter Luitgart weiter verfestigt, was beiden Familien doch deutliche Vorteile brachte. Aus der Ehe zwischen Gottfried und Luitgart gingen vermutlich 3 Töchter hervor, wobei nur eine Tochter – die Uta – in der weiteren Geschichte der Familie eine Rolle spielte, dazu aber später mehr.

 

Graf Gottfried III. schaffte es in den inneren Zirkel von Heinrich V. zu gelangen. Nachdem dieser 1105/1106 seinen Vater Heinrich IV. im Amt ersetzte, wurde Graf Gottfried III. anscheinend einer seiner engsten Weggefährten. In zahlreichen Urkunden wird er als Zeuge benannt, aber auch in erzählenden Quellen taucht er immer häufiger auf.

Als sich Heinrich V. mit dem Pfalzgrafen am Rhein, Siegfried von Ballenstedt überworfen hatte (und Siegfried in der Schlacht starb), setzte Heinrich an dessen Stelle Graf Gottfried von Calw ein. Belegbar ist der Titel „Pfalzgraf am Rhein“ für Gottfried von 1111 bis 1114, also bis zu seinem Tode.

 

Was bedeutete das aber alles für Calw und die Grafenfamilie?

 

Gottfried war nahezu nicht mehr in seiner Stammburg anwesend. Die anfallenden Aufgaben übertrug er seinem Bruder, Adalbert III., der sie mehr schlecht als recht wahrnehmen konnte. Im Kloster war der alte Abt Wilhelm bereits 1091 verstorben und sein Amtsnachfolger bemühte sich nach Kräften, das Kloster im Sinne Wilhelms fortzuführen. Die Strahlkraft und das Charisma Wilhelms fehlten jedoch in allen Bereichen, was sich immer mehr auch im Konvent bemerkbar machte. (Bereits 40 Jahre nach dem Tode Wilhelms versank Hirsau wieder in Mittelmäßigkeit und der Bedeutungslosigkeit eines Provinzklosters.) Die Stadt Calw bestand zu diesem Zeitpunkt kaum aus mehr als den Gesindehäusern am Fuße der Burg und das Wohl der Stadt war noch bis auf das Engste mit dem Wohl des Klosters verknüpft. Trotz der aufstrebenden politischen Karriere des Calwer Grafen, wurde es zu Hause zunehmend schwerer.

 

Darüber hinaus gab es noch ein weiteres, wirklich ernstes Problem – Graf Gottfried und Luitgart hatten keinen Sohn!

 

Um das Beste aus der Situation zu machen, übertrug Gottfried die Geschäfte weiterhin an seinen Bruder, bzw. dessen Sohn Adalbert IV. Seine erste Tochter – Uta – versuchte er so gut wie möglich zu verheiraten. Das gelang ihm auch, denn in Anbetracht ihrer mittlerweile recht ansehnlichen Mitgift, wie auch dem wachsenden Ansehen der Familie war Uta eine gute Partie und sie wurde mit Welf VI. verheiratet.

 

Gottfried war vermutlich wirklich der Ansicht, damit das Bestmögliche für seine Tochter, bzw. für den Fortbestand der Calwer getan zu haben, vielleicht unwissentlich aber sicher ungewollt hatte er damit aber den raschen Niedergang und das Ende einer hoffnungsvollen „Dynastie“ eingeleitet.

 

 

 

(Bild: Historisches Wappen der Grafen von Calw, erweitert durch die Hirschstange derer von Württemberg.)

 

(*) Nachdem Berthold I. 1078 auf der Burg Limberg bei Weilheim/Teck gestorben war, wurde sein Leichnam gemäß seiner Verfügung nach Hirsau gebracht und in der Aureliuskirche beigesetzt. Noch heute erinnert eine Gedenkplatte in der Aureliuskirche an ihn.

Berthold und seine Frau Richwara finanzierten wohl auch einen beträchtlichen Teil der neuen Klosterkirche mit (Erbauungszeit 1082-1091).